
Zum ersten Thema lautet das Fazit der slowakischen Zeitung SME aus Bratislava: "Nachdem mehr als 200.000 Menschen durch die Hauptstadt Ungarns zogen, kann Ministerpräsident Orban über den Marsch nicht mehr als Treffen von 'ein paar Verrückten in Frauenkleidern' sprechen. Der Marsch hat Orban daran erinnert, wie Freiheit aussieht. Budapest ist eine freie Stadt."
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA resümiert: "Damit die Demonstration zur größten Budapester Pride aller Zeiten werden konnte, brauchte es die Angriffe von Orban und seiner Regierung. Es gelang, den Freiheitsdrang der Ungarn zu erwecken und mit mächtiger Kraft den friedlichen Widerstand herauszufordern. Der Ministerpräsident erlitt eine totale Niederlage. Sein politischer Schachzug, von dem er glaubte, er sei gut ausgeklügelt, ging nach hinten los. Letzten Endes hat er selbst den Aufstand gegen seine Regierungsmacht organisiert", unterstreicht die Zeitung NEPSZAVA aus Budapest.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN bezeichnet das Verbot der Pride-Parade als einen politischen Fehler Orbans. "Allerdings ist es auch nicht auszuschließen, dass er angesichts der Parlamentswahl im April 2026 noch autoritärer auftritt. Denn derzeit nimmt die Unterstützung für die EU-freundliche Oppositionspartei Tisza vor allem bei jüngeren Menschen in den Städten zu. Bei der jüngsten Umfrage lag sie vor der Regierungspartei Fidesz", hält NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio fest.
Die polnische GAZETA WYBORCZA aus Warschau geht ebenfalls auf diesen Aspekt ein: "Zehn Monate vor der ungarischen Parlamentswahl scheint Fidesz' Strategie, die Ungarn zu spalten, zu scheitern. Oppositionsführer Magyar umsegelt dieses Riff geschickt – seine Partei Tisza bricht alle Popularitätsrekorde. Magyar gab acht, in keine Falle zu tappen – er bezog entgegen den Erwartungen der Fidesz-Politiker keine Stellung zum Marsch. Er wertete jedoch die Tatsache der hohen Beteiligung als Niederlage für Orbán. Es scheint, als sei Magyar mit seiner Partei auf dem Vormarsch – und nichts kann ihm etwas anhaben."
Aus Sicht der spanischen Zeitung EL MUNDO hat Orban mit seinem Verbot seine illiberale Provokation gegenüber Europa fortgesetzt. "Er hat fundamentale Werte der EU bedroht, zu denen so sensible Bereiche wie individuelle Freiheiten und Menschenrechte gehören. Die autoritären Tendenzen von Orbán haben Ungarn für die EU auch zu einem prorussischen trojanischen Pferd werden lassen. Orbán hat die Unabhängigkeit der Justiz unterminiert, die Pressefreiheit eingeschränkt und eine ultrakonservative Agenda auf den Weg gebracht, die nicht mit einer Mitgliedschaft in der EU vereinbar ist. Die Union verfügt über Mechanismen, um gegen Mitglieder vorzugehen, die sich nicht an die Regeln halten. Es ist an der Zeit, sie endlich zu aktivieren", findet EL MUNDO aus Madrid.
Die Zeitung PHILADELPHIA INQUIRER befasst sich mit den Folgen der US-Angriffe auf iranische Atomanlagen für das Atomprogramm der Islamischen Republik: "Eine Woche, nachdem US-Präsident Trump die Bombardierung von drei wichtigen Atomanreicherungsanlagen angeordnet hat, ist das Schicksal des Atomprogramms weiterhin ungewiss. Aber so viel ist klar: Die Bombardierung hat sehr wenig gebracht, wenn es um einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten oder darüber hinaus geht. Experten für die Verbreitung von Kernwaffen warnen davor, dass der Iran nun stärker motiviert sein könnte, sich Atomwaffen zu beschaffen, um künftige Angriffe zu verhindern. Trumps Anspielung auf einen Regimewechsel könnte ebenfalls Teherans Entschlossenheit stärken", vermutet die Zeitung PHILADELPHIA INQUIRER aus den USA.
"Die Machtbalance verändert sich", heißt es in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG: "Teheran hat sich verkalkuliert. Es hat darauf gesetzt, dass die USA Schritt für Schritt die Region aufgeben würden. Wir sehen jetzt, wie morsch das Regime eigentlich ist. Jetzt ist das Atomwaffenprogramm zumindest erheblich beschädigt worden. Damit wird die Perspektive eines neuen Nahen Ostens sichtbar: nicht postamerikanisch, nicht dominiert von Iran und auch nicht von Russland, sondern geprägt von den USA und seinen Verbündeten – Israel, Saudi-Arabien und der Türkei. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Eindämmung Irans von Dauer ist", meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
Die panarabische Zeitung ELAPH, die in London erscheint, sieht den Iran durch die jüngsten Angriffe an einem Scheideweg. "Die Führung in Teheran könnte sich entscheiden, das Atomprogramm trotz der erlittenen Verluste fortzusetzen. Allerdings dürfte es dann zu weiteren Sanktionen kommen, die die Wirtschaft des Landes zusätzlich schwächen. Auch wären Proteste im Inneren aufgrund zusätzlich steigender Inflation und Arbeitslosigkeit zu erwarten. Zudem haben die Angriffe gezeigt, dass Israel und westliche Länder, allen voran die USA, es weiterhin nicht zulassen werden, dass der Iran die nukleare rote Linie überschreitet. All dies könnte Teheran aber auch zu einer entgegengesetzten Politik veranlassen, also dazu, diplomatische Alternativen in Betracht zu ziehen", bemerkt die panarabische Zeitung ELAPH.
Und die türkische Zeitung YENI BIRLIK aus Istanbul bilanziert: "Die USA hatten Israel grünes Licht für diesen Krieg gegeben. Er endete am 12. Tag mit einem brüchigen Waffenstillstand. Während sich der Iran und Israel offiziell jeweils zum Sieger erklären, sagen realistische Stimmen, dass es weder Gewinner noch Verlierer gibt. Der Krieg könnte im gesamten Nahen Osten viel verändern. Denn die aggressive Botschaft der USA richtet sich nicht nur gegen den Iran, sondern auch gegen andere Länder der Region."
Die norwegische Zeitung DAGBLADET geht auf die Situation der Menschen im Gazastreifen ein: "Jeden Abend ziehen tausende ausgehungerte Palästinenser in Gaza zu den vier Lebensmittelausgabestellen. Vier Zentren der von Israel und den USA unterstützten Hilfsorganisation Gaza Humanitarian Foundation, GHF, mit einer Stunde Öffnungszeit sollen mehr als zwei Millionen Menschen ernähren. Über den Wartenden fliegen Drohnen, die manchmal auch sie treffen. Israelische Offiziere und Soldaten haben bestätigt, dass sie einen Schießbefehl gegen die unbewaffneten Menschenmengen an den Verteilzentren hatten. Die Ausgabe von Hilfsgütern durch die GHF wird als politisches Druckmittel genutzt und untergräbt die etablierte Hilfsarbeit, die von der UNO und internationalen Organisationen betrieben wurde, bevor Israel die Kontrolle übernahm. Das muss aufhören", verlangt das DAGBLADET aus Oslo.
Die Zeitung POLITIKEN aus Dänemark sieht das ähnlich: "Die ganze Zeit sterben Menschen in Gaza, und alle wissen es. Ebenso wissen alle, dass große Teile von Gaza dem Erdboden gleichgemacht sind und Verwundete und Kranke nicht mehr behandelt werden können. Es gibt den Begriff 'Responsibility to protect', die Verantwortung für die übrige Welt, Zivilisten zu schützen, deren eigene Staaten oder Besatzungsmächte dies nicht tun können oder wollen", mahnt POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die Hitzewelle in vielen Ländern ist Thema in der taiwanesischen Zeitung LIANHE BAO: "Ob in den USA oder in China, besonders in Europa und am Mittelmeer werden weit über 40 Grad erwartet; in einigen Ländern ist es bereits so heiß. Diese Temperaturen sind zu Beginn des Sommers ungewöhnlich. In diesem Jahr wird das Pariser Klimaabkommen 10 Jahre alt. Keines der fast 200 Vertragsländer hat das beschlossene 1,5-Grad-Ziel in Bezug auf die Erderwärmung bislang erreicht. Auch beim Ziel der Emissionsreduzierung sieht es nicht gut aus. Es wird zu viel geredet und zu wenig gehandelt. Wollen wir Menschen die Grenzen unserer Überlebensfähigkeit testen?", fragt die Zeitung LIANHE BAO aus Taipeh, mit der die internationale Presseschau endet.