
Die argentinische Zeitung LA NACION führt aus: "In Sevilla debattieren noch bis Donnerstag Vertreter aus mehr als 150 Staaten darüber, wie die Schäden behoben werden können, die Donald Trump verursacht hat. Die USA standen bislang für rund 40 Prozent der globalen Entwicklungshilfe, und was in den Augen von Trump eine unnötige Ausgabe war, diente jahrzehntelang zur Bekämpfung von Armut, zur Ausrottung von Krankheiten, zur Bekämpfung des Menschenhandels und zur Stärkung der liberalen Demokratie. In Sevilla bietet sich nun die Gelegenheit, den Grundstein für ein neues System zur internationalen Entwicklungshilfe zu legen, das freilich nicht mehr mit den USA rechnen kann. Zusammenarbeit ist aber keine Form des Almosengebens und auch kein Druckmittel, wie Trump glaubt, sondern eine moralische Verpflichtung, von der alle profitieren: Denn die Verzweifelten von heute sind die Migranten oder die bewaffneten Kämpfer von morgen", argumentiert LA NACION aus Buenos Aires.
Mit Blick auf das Treffen in Sevilla stellt die spanische Zeitung EL MUNDO fest: "Die USA sind nicht erschienen. Trump muss die Entwicklungshilfe seines Landes kürzen, um sein Wahlversprechen einzulösen, Amerika wieder groß zu machen. Die Welt ist heute viel schlechter dran als vor zehn Jahren, als die Entwicklungsziele festgelegt wurden. Ziele, die sich nicht durch eine symbolische Einheitsbekundung in der andalusischen Hauptstadt finanzieren lassen. Es braucht mehr Ressourcen, denn, wie UNO-Generalsekretär António Guterres sagte: 'Finanzierung ist der Motor der Entwicklung.' Und dieser Motor, der nie besonders gut lief, ist jetzt zum Stillstand gekommen", unterstreicht EL MUNDO aus Madrid.
Auch die spanische Zeitung DIARIO DE SEVILLA verweist auf Aussagen des UNO-Generalsekretärs: "Guterres rief internationale und nationale Entwicklungsbanken zur Kooperation auf, um Großprojekte in Angriff zu nehmen, doch geht dies nur, wenn sich auch die Länder engagieren, die die Macht dazu haben – und auffallend viele westliche Staatsführer glänzen gerade durch Abwesenheit. Der König selbst rief die Gipfelteilnehmer zur Stärkung des Multilateralismus auf – und wie es Don Felipe ausdrückte: Die allgemein herrschende Unsicherheit darf nicht zu einem Ende der globalen Solidarität und der Menschenwürde führen", mahnt die Zeitung DIARIO DE SEVILLA.
Themenwechsel. Der israelische Premierminister Netanjahu steht im eigenen Land immer mehr unter Druck. "Kann ihn US-Präsident Trump retten?", fragt die Zeitung YENI ŞAFAK aus Istanbul: "Netanjahu droht in Israel Gefängnis und er würde alles opfern, um sich zu retten. Trump nennt Netanjahu einen 'großen Helden', dabei hat er den Tod vieler palästinensischer Kinder auf dem Gewissen. Trump fordert, dass 'Bibi' begnadigt wird. Andernfalls könnten die jährlichen Milliarden Dollar Amerikas für den Schutz und die Unterstützung Israels eingestellt werden. Trump hat Israel an seinem schwächsten Punkt erwischt. Seine Amnestie-Botschaften und Netanjahus Antworten auf diese deuten darauf hin, dass sie das Thema miteinander besprochen haben könnten. Doch eine beträchtliche Anzahl von Israelis möchte Netanjahu nur loswerden", notiert YENI ŞAFAK aus der Türkei.
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM spekuliert über die Beweggründe des US-Präsidenten: "Wenn Trump nun dafür plädiert, dass Netanjahu begnadigt wird, tut er das weniger aufgrund persönlicher Sympathien, sondern um den israelischen Premier aus den Fängen seiner rechtsextremen Koalitionspartner zu befreien. Denn Trump geht davon aus, dass der zweijährige Krieg der israelischen Rechten zur Veränderung des Nahen Ostens abgeschlossen ist. Das ist aber nur möglich, wenn Netanjahu nicht gezwungen ist, den Krieg unter dem Druck seiner Koalitionspartner wie auch der israelischen Justiz immer weiter zu treiben. Letztlich will das auch Netanjahu. In der Summe zeigt sich, dass die USA und Israel weitgehend dasselbe wollen", vermutet AL AYYAM aus Ramallah.
Die israelische Zeitung THE JERUSALEM POST macht angesichts der Vorwürfe gegen Regierungschef Netanjahu diesen Vorschlag: "Man könnte eine staatliche Untersuchungskommission einsetzen, die untersucht, welche Fehler im Vorfeld des 7. Oktobers gemacht wurden - nicht um Schuld zuzuweisen, sondern um sicherzustellen, dass wir nie wieder unvorbereitet angegriffen werden. Für das Land wäre es ein echter Gewinn, wenn der Premierminister eine förmliche Erklärung abgäbe, dass er bei den nächsten Wahlen nicht mehr kandidiert."
Die französische Zeitung LIBÉRATION aus Paris fragt vor dem Hintergrund der Bemühungen der USA, ein Ende des Nahost-Konflikts zu erreichen: "Wo sind die neuen Abkommen, wann beginnen die Gespräche mit den Saudis und den Katarern? Wie steht es um den palästinensischen Staat? Der israelische Premierminister kann nicht ewig Jagd auf die Palästinenser machen. Trump sagt, dass Verhandlungen mit der Hamas laufen, um die Geiselnahme zu beenden, möglicherweise mit einem Waffenstillstand als Ergebnis. Es ist dringend."
Nun geht es um die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. Fünf Jahre nach der Verabschiedung des Gesetzes über nationale Sicherheit bilanziert die Zeitung TAKUNGPAO: "Die politische Landschaft wurde neu strukturiert, sodass Unruhen in der Stadt nun der Vergangenheit angehören und antichinesische Elemente nicht mehr ihr Unwesen treiben können. Inzwischen haben ausländische Investoren wieder Vertrauen in unsere internationale Finanz- und Handelsdrehscheibe gefasst. Von einer Gefährdung der Menschenrechte und der Freiheit der Hongkonger Bürger durch das Gesetz kann keine Rede sein. Fakt ist, dass in den vergangenen fünf Jahren nur eine geringe Zahl von Menschen in Haft genommen wurden, was ein Beleg dafür ist, dass das Gesetz eine ausreichend abschreckende Wirkung entfaltet", meint TAKUNGPAO aus Hongkong.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN stellt fest: "Hongkong, das einst als 'Perle Asiens' gefeiert wurde und die Freiheit lebte, gibt es nicht mehr. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre wurden mehr als 330 Personen festgenommen. Mit der Auflösung der Partei 'Liga der Sozialdemokraten' Ende Juni sind alle demokratischen Kräfte de facto vernichtet worden. Die Situation wird immer schlimmer. Die internationale Gemeinschaft darf den Frevel der kommunistischen Führung unter Xi Jinping, der mit seiner autoritären Methode Hongkong die Freiheit geraubt hat, nicht weiter stillschweigend billigen. Auch die Regierung in Tokio sollte viel lauter Kritik üben", empfiehlt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Abschließend ein Kommentar zu den anhaltenden Protesten in Serbien. Die dänische Zeitung POLITIKEN erläutert: "Seit über einem halben Jahr findet in Serbien eine Art Schlacht um die Seele des Landes und seinen künftigen Kurs statt. Zuletzt kamen bis zu 140.000 Menschen in Belgrad zusammen, um gegen den prorussischen Präsidenten Aleksandar Vučič zu protestieren. Die Demonstrierenden forderten von ihm, Wahlen auszuschreiben, und das ist eine gute Idee, bevor die zunehmende Polarisierung zur Explosion führt. Alles begann mit Protesten nach dem Einsturz eines frisch renovierten Bahnhofsdachs in Novi Sad mit 15 Toten. Es folgte ein Aufstand der Studenten, der auch als eine Art Generationenkonflikt zwischen einer alten Politikergarde und einer Jugend verstanden werden kann, die nach einer anderen Gesellschaft strebt. Es ist aber auch ein Kampf zwischen liberalen Demokraten und einer illiberalen Vučić-Herrschaft, die sich politisch eher am Enfant terrible Ungarn ausrichtet als an den Kernwerten der EU. Der Aufstand in Serbien sollte uns in der übrigen EU in höchstem Maße interessieren", betont POLITIKEN aus Kopenhagen. Und mit diesem Auszug endet die internationale Presseschau.