10. Juli 2025
Die internationale Presseschau

Themen sind die angekündigte Parteigründung des Milliardärs Elon Musk in den USA und die Lage im Gazastreifen. Zunächst aber geht es um die Strategie der US-Regierung in der Ukraine.

Donald Trump spricht in einer Kabinettssitzung im Weißen Haus.
Das Vorgehen von US-Präsident Donald Trump in Bezug auf die Ukraine ist Thema in den Zeitungen. (picture alliance / AP / Evan Vucci)
Die WASHINGTON POST fragt: "Wie sollte Trumps Strategie aussehen? Das Ziel kann nicht sein, der Ukraine zu helfen, ihre Vorkriegsgrenzen wiederherzustellen – jeder vernünftige Mensch weiß, dass es zumindest kurzfristig unrealistisch ist. Die Antwort darf aber auch nicht darin bestehen, zu Bidens wirkungsloser Politik der langsamen Waffenlieferungen zurückzukehren und die Ukraine gerade so weit aufzurüsten, dass Russland sie nicht überrollen kann, ohne dass ein Ende in Sicht ist. Das Ziel sollte vielmehr sein, Putin zu dem zu zwingen, was Trump von Anfang an gefordert hat – den Krieg am Verhandlungstisch zu beenden – indem er Russland so hohe wirtschaftliche und militärische Kosten auferlegt, dass Putin keine andere Wahl hat, als um Frieden zu bitten", meint die WASHINGTON POST.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA hält fest: "Es gibt Anzeichen dafür, dass die USA und ihre Verbündeten ihre Politik gegenüber Russland bald verschärfen werden. Donald Trump versprach Russland eine 'kleine Überraschung' und machte deutlich, dass er seine Versuche, eine Einigung mit Wladimir Putin zu erzielen, für wirkungslos hält. Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte offen, die Zeit der Diplomatie sei vorbei. Sowohl die EU als auch die USA werden in Kürze neue Sanktionen gegen Russland verhängen, und zwar in der schärfsten Variante. Darüber hinaus spricht Trump bereits über die Lieferung neuer Waffen an die Ukraine – die ersten während seiner Amtszeit. Das Weiße Haus versucht deutlich zu zeigen, dass der US-Präsident seine Russlandpolitik tatsächlich ändern wird", folgert NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die italienische Tageszeitung CORRIERE DELLA SERA aus Mailand beobachtet: "Der einzige Frieden, den Russlands Präsident Putin in Kiew sieht, ist der eines Friedhofs. Trotz seiner Charakterschwankungen hat Trump in Putin seinen Leitstern, nicht erst seit heute. Man muss sich fragen, warum. Es könnte sich um eine schlaue Strategie handeln: um zu vermeiden, dass der russische Staatschef in die Hände Chinas gerät und sich der antiwestliche Block verdichtet. Leider hat diese Verdichtung bereits stattgefunden", stellt CORRIERE DELLA SERA aus Italien fest.
Der britische GUARDIAN kommentiert: "Trumps chaotische, launische Haltung erschwert es Selenskyjs standhafteren Verbündeten herauszufinden, wozu ihre Koalition tatsächlich bereit sein könnte. Es ist eine Überlebensfrage für die Ukraine, aber auch eine existenzielle Herausforderung für alle Demokratien des Kontinents. Sollte Europa nach strategischer Autonomie streben, weil Washington unzuverlässig ist? Oder sind militärische Abschreckung und Selbstverteidigung ohne die USA so ferne Ziele, dass die eigentliche Aufgabe darin besteht, die Höhe der Schutzgelder zu kennen, die ein krimineller Präsident verlangt - und sie zu zahlen? Die schwierige Antwort lautet: beides. Man muss hoffen, den Verrat Trumps verhindern zu können und sich gleichzeitig darauf vorbereiten", mahnt der GUARDIAN aus London.
Israels Premierminister Netanjahu hat US-Präsident Trump für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. LIANHE BAO aus Taipeh urteilt: "Die Geschichte, Friedensnobelpreis an die amerikanischen politisch Verantwortlichen zu verleihen, sollte sich nicht wieder wiederholen. Kissinger, der den Vietnamkrieg intensiviert hat, und Obama, der keinen Krieg gestoppt und den Weltfrieden nicht vorangetrieben hat, sind eine bittere Lektion", heißt es in LIANHE BAO aus Taiwan.
Das Vorgehen Israels im Gazastreifen kommentiert die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT: "Es wird immer deutlicher, was Israel im Nachkriegs-Gaza vorhat: ethnische Säuberung. Einem Plan von Verteidigungsminister Katz zufolge soll auf den Ruinen von Rafah eine 'humanitäre Stadt' entstehen, in der 600.000 Menschen aus dem Gazastreifen zusammengepfercht werden. So will Israel die Hamas von der normalen Bevölkerung trennen. Doch die Absicht dahinter ist klar: Das Leben in Gaza soll so unerträglich werden, dass viele Bewohner weggehen wollen. Für Israel ist die Zweistaatenlösung, die international oft als einziger Ausweg gesehen wird, eine Illusion. Die Palästinenser sollen weg", folgert DE VOLKSKRANT aus Amsterdam
Die israelische Zeitung HAARETZ kritisiert: "Netanjahu wirbt in Washington für diesen verdrehten Plan, wo er unter Beleidigung der Intelligenz der ganzen Welt erklärte: 'Das nennt man freie Wahl. Wenn die Menschen bleiben wollen, können sie bleiben; aber wenn sie gehen wollen, sollten sie gehen können.' Der Premierminister fügte ohne jede Scham hinzu, Gaza solle 'kein Gefängnis sein. Es sollte ein offener Ort sein.' Nur in einer verzerrten Realität kann man von freiem Willen sprechen im Zusammenhang mit Menschen, die die letzten 20 Monate unter Dauerbombardements, Hunger, Wasser-, Strom- und Medikamentenmangel verbracht haben", stellt HAARETZ aus Tel Aviv fest.
Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz befindet: "Das ist, nüchtern betrachtet, blanker Zynismus, nachdem israelisches Bombardement das Küstengebiet in eine Ruinenlandschaft verwandelt hat, Zehntausende Zivilisten gestorben sind und die Menschen seit Monaten ausgehungert werden. Was soll in dieser Situation noch freiwillig geschehen? Die Einrichtung von Lagern in Gaza dürfte vielmehr Netanyahus innenpolitischen Bedürfnissen entgegenkommen: Seine rechtsextremen Koalitionspartner fordern explizit die Vertreibung der Palästinenser aus Gaza. Da könnte ihm, so augenscheinlich das Kalkül, doch sein Waffenbruder im Weißen Haus helfen", glaubt der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM aus Ramallah notiert: "Diese Stadt könnte zwar vielen Palästinensern vorläufigen Schutz bieten. Ob das Ansinnen aber dazu beitragen kann, den nun diskutierten Waffenstillstand tatsächlich umzusetzen, ist offen. Denn ungeachtet aller Annäherungen bei den Verhandlungen liegt es auf der Hand, dass Israel an seinem Ziel festhält, die Hamas endgültig zu eliminieren. Das aber bedeutet, dass der Krieg nicht mit der Freilassung der Geiseln aus dem Gazastreifen enden wird. Darum ist es durchaus zweifelhaft, dass die Hamas den Waffenstillstand wirklich akzeptiert", bemerkt AL AYYAM aus Ramallah.
Die angekündigte neue Partei des amerikanischen Milliardärs Elon Musk ist Thema in der kanadischen Zeitung THE GLOBE AND MAIL aus Kanada: "Welch herrliche Ironie wäre es, wenn Elon Musk, der zu Trumps Sieg 2024 beitrug, nun Niederlage von Trumps Partei herbeiführen würde. Was für eine gute Nachricht für Kanada, wenn die Demokraten wieder an der Macht wären. Auf geht's, Elon! Die Flut feindseliger Publicity wird die Republikaner wahrscheinlich spalten und Trump in den Wahnsinn treiben. Die Republikaner verfügen im Repräsentantenhaus und im Senat nur über sehr knappe Mehrheiten. Bei den Zwischenwahlen haben die Demokraten hervorragende Chancen, das Repräsentantenhaus zu gewinnen. Im Senat ist diese Aufgabe schwieriger, aber ebenfalls machbar", heißt es in der Zeitung THE GLOBE AND MAIL aus Toronto.
Und die dänische Tageszeitung POLITIKEN argumentiert: "Man braucht keinen Doktortitel in Politikwissenschaft, um zu sehen, dass die Demokratie in den USA in einer Krise steckt. Die Parteien sind eher ein Motor für politische Polarisierung als fürs verantwortungsvolle Regieren. Dass jedoch Elon Musk die Antwort sein soll, ist absurd. Er hat offen Verachtung für die Demokratie gezeigt. Musks Stärke ist sein nahezu unerschöpflicher Reichtum, aber wenn die Demokratie in den USA eine Sache nicht braucht, dann ist es eine noch engere Verbindung zwischen Großkapital und dem politischen System. Die Ungleichheit, die Musk repräsentiert, ist das Verderben der USA. Möge Musks Drohung die beiden alten Parteien dazu veranlassen, sich zu reformieren, bevor es zu spät ist. Es eilt", warnt POLITIKEN aus Kopenhagen.