15. Juli 2025
Die internationale Presseschau

Neben dem Zollstreit zwischen den USA und der EU geht es um die Zusage von US-Präsident Trump, der Ukraine weitere Waffen liefern und Russland und dessen Unterstützer mit Sanktionen belegen zu wollen.

NATO-Generalsekretär Rutte und US-Präsident Trump sitzen im Weißen Haus nebeneinander.
Bei einem Treffen mit NATO-GeneralsekretärRutte und Mitgliedern der US-Regierung hat US-Präsident Trump seine neue Haltung gegenüber dem Ukraine-Krieg und Russland bekanntgegeben - das ist zentrales Thema auf vielen Kommentarseiten im ausland. (AP / Evan Vucci)
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG hält die Ankündigung nicht für einen verbindlichen Kurswechsel: "Trump will in diesem Krieg einen Frieden vermitteln, das ist nach wie vor sein erklärtes Ziel. Auf diesem Weg wird er nun zum Waffenhändler der Europäer, was er nie sein wollte. Der amerikanische Präsident ist in einem Prozess der fortschreitenden Desillusionierung, was Putin anbelangt. Er wirkt aber noch nicht ganz geheilt. Vor einigen Wochen noch suggerierten manche Medien, Trump habe einen Diktatfrieden zu Ungunsten der Ukraine schon fast abgewickelt. Nun klang es dieser Tage fast so, als vollziehe Trump eine spektakuläre Wende in der Russland-Politik, die alles ändere. Trumps Tun bleibt aber ambivalenter. Wer ihm in der Außenpolitik die finstersten Absichten unterstellt, irrt fast immer. Wer glaubt, nun ändere er alles, ebenso. So wenig, wie er die Ukraine verrät, so wenig wird er zu ihrem Verbündeten." Das war die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
Aus drei Gründen hat Trump sich für die Eskalation entschieden, vermutet die WASHINGTON POST: "Erstens findet er, Putin lasse es an Respekt mangeln, indem er eine Bereitschaft für den Frieden vortäuscht, sämtliche Appelle des US-Präsidenten zu einer Feuerpause aber zugleich ignoriert hat. Zweitens hat er beim Einsatz von B-2-Bombern und Tomahawk-Raketen gegen den Iran gesehen, wie effektiv die militärische Macht der USA ist. Und drittens scheint er inzwischen überzeugt, dass Putin nur dann verhandelt, wenn man ihm mit Gewalt droht. Damit hat sich der US-Präsident aber auch auf einen Eskalationskurs begeben, dessen Risiken nicht absehbar sind. Interessanterweise war die einzige Frage, die Trump in der Sitzung im Oval Office nicht beantworten wollte, folgende: 'Wenn Putin beschließt, weiter zu eskalieren, wie weit würden Ihre Reaktion darauf gehen?'. Der Weg zum Frieden könnte mit Sprengstoff gepflastert sein", warnt die WASHINGTON POST.
Die chinesische Zeitung XINJINGBAO wertet Trumps neuen harten Kurs gegenüber Putin als – Zitat - "bemerkenswerten Sinneswandel des US-Präsidenten, der noch im März den ukrainischen Präsidenten Selenskyi im Weißen Haus vor den Augen der ganzen Welt wie einen Schuljungen vorgeführt hat. Ein Grund dafür ist, dass der Druck auf die ukrainische Luftverteidigung seit Juni erheblich zugenommen hat und sich die Arsenale des Landes gleichzeitig bedenklich leeren. Gleichzeitig will Trump aber nicht neuen Unmut seines MAGA-Lagers auf sich ziehen, das ihn schon wegen der Luftangriffe auf den Iran kritisiert hatte. Allem Anschein nach wird Deutschland in erster Linie die Kosten für die Lieferung der US-Waffensysteme an Kiew übernehmen", vermerkt XINJINGBAO aus Peking.
"Trump hat offensichtlich die Geduld mit dem Kreml verloren und will Putin nicht mehr durch Zugeständnisse zu Friedensverhandlungen bewegen, sondern durch Stärke", schreibt die polnische RZECZPOSPOLITA: "Amerika will Russland ein neues Wettrüsten aufzwingen. Das Weiße Haus hat die Lieferung hochentwickelter Militärausrüstung an die Ukraine auf Kosten der europäischen NATO-Verbündeten angekündigt. Dazu könnten auch Langstreckenraketen gehören, die sogar Moskau erreichen würden. Dies hätte enorme symbolische Bedeutung und könnte sich als wichtiger Schritt zum Sturz des Putin-Regimes erweisen. Seit Kriegsbeginn ist es dem russischen Diktator im Allgemeinen gelungen, die in der Hauptstadt lebenden Eliten vor den Auswirkungen des Konflikts abzuschirmen. Dies könnte nun ein Ende haben", hält RZECZPOSPOLITA aus Warschau fest.
Nach Einschätzung der IRISH TIMES hat sein neuer politischer Ansatz für Trump auch innenpolitische Vorteile: "Sein Beharren darauf, dass die USA nicht für die Waffen bezahlen werden, dürfte den lautstarken Widerstand innerhalb seiner Anhänger gegen ein direktes Engagement der USA in diesem Krieg deutlich abschwächen – und zudem der amerikanischen Rüstungsindustrie enorme Geschäftsmöglichkeiten bieten. Zudem entspricht seine Zusage, neue Sanktionen gegen Russlands Handelspartner zu verhängen, einem parteiübergreifenden Gesetzentwurf für ein Sanktionspaket, der dem US-Kongress vorliegt", bemerkt die IRISH TIMES aus Dublin.
Der russische KOMMERSANT meint dagegen, die angedrohten Sanktionen blieben hinter ihren Möglichkeiten zurück: "Erst in 50 Tagen sollen die Sanktionen greifen, zudem hat Trump keine konkreten Details genannt. Das dürfte die Erwartungen der Unterstützer des Sanktionspakets im Kongress enttäuscht haben. Den 'Sanktionshammer', den die Regelung Trump geliefert hätte, nimmt er nicht in die Hand. Er hält die Verabschiedung des Gesetzes wohl nicht für notwendig. Seiner Meinung nach braucht er den Kongress nicht, um Sanktionen zu verhängen - er wird selbst entscheiden, welche Maßnahmen ergriffen werden. Ungeachtet der harten Formulierungen Trumps gegen Moskau verzeichnete der russische Aktienmarkt weiter wachsende Kurse. In der Ukraine hingegen vernahm man enttäuschte Stimmen", heißt es im KOMMERSANT aus Moskau.
Zu den von Trump angekündigten Sanktionen gehören auch hohe Strafzölle gegen Länder wie China und Indien, falls sie Moskau über Handelsbeziehungen weiter unterstützen. Ein Gastkommentator der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN zweifelt an der Wirksamkeit dieser Drohung: "Erstens haben die USA solche Strafzölle bereits gegenüber einigen chinesischen Banken verhängt, und dennoch will Putin den Krieg nicht beenden. Zweitens: Mit China und Indien befinden sich die USA gerade in Verhandlungen über Handelszölle, und die dürften dann nicht mehr zugunsten der USA laufen. Drittens ist es schwer vorstellbar, dass sich die betroffenen Staaten nur wegen der Strafzölle für eine Waffenruhe einsetzen", heißt es in ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Der britische GUARDIAN kommentiert die von der US-Regierung angekündigten Importzölle auf Waren aus der EU: "Bislang hält EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen Vergeltungsmaßnahmen in der Hoffnung zurück, dass 'vernünftige Lösungen' gefunden werden können. Angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, ist es weiterhin sinnvoll, auf den Erfolg einer sanften Herangehensweise bei den Handelsverhandlungen zu setzen. Die zuvor von Trump verhängten Zölle in Höhe von 25 Prozent auf europäische Autos haben insbesondere deutsche Hersteller schon in Panik versetzt. Wenn der US-Präsident nun noch weiter versucht, Europa in die wirtschaftliche Unterwerfung zu treiben und dafür einen Handelskrieg mit Verbündeten riskiert, dürfte dies einen weiteren Einbruch der Märkte auslösen. Dennoch hat die jüngste Zollsalve erneut deutlich gemacht, dass die EU ihre wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit stärken muss", unterstreicht der GUARDIAN aus London.
DIE PRESSE aus Österreich bezweifelt, dass die USA wieder Abstand von den Importzölle nehmen werden: "Aufgrund des soeben fixierten Steuersenkungspakets wird den Amerikanern über kurz oder lang nichts anderes übrig bleiben, als die Finanzierung ihres Staates auf Zolleinnahmen umzustellen. Die toxische Kombination aus steigenden Schulden, höheren Ausgaben für Rüstung, Grenzschutz und Pensionen sowie einer pathologischen Abneigung gegen Steuern wird selbst einen demokratischen Nachfolger von Trump – sofern die Demokraten je wieder eine Wahl gewinnen – dazu zwingen, die Zölle beizubehalten. Als Handelspartner der USA ist die EU noch wichtiger als China und kann den USA entsprechend wehtun. Mehr als Schadensbegrenzung werden die Europäer aber nicht erreichen können. Wenn am Ende des Tages europäische Firmen auf dem US-Markt nicht schlechter behandelt werden als Mitbewerber aus Japan oder Großbritannien und wenn Trump Respekt vor der EU hat, weil ihre Sanktionen die Finanzmärkte bewegen können, wäre schon viel erreicht", findet DIE PRESSE aus Wien, und damit endet die Internationale Presseschau.