
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT fragt: "Warum 50 Tage, in denen Bombardierungen und Bodenoffensiven bis zum Maximum intensiviert werden können? Ist das ein Ultimatum oder eine Chance für Russlands Präsidenten Putin, zu sehen, wie weit er kommen kann? Ähnliche Fragen stellen sich hinsichtlich der angekündigten Waffenlieferungen: Inwieweit wird die Ukraine die Möglichkeit erhalten, Waffenfabriken und Militärstützpunkte in Russland anzugreifen? Alles in allem kann zwar von einer hoffnungsvollen Entwicklung die Rede sein, aber sie ist immer noch weit entfernt von der Kombination aus maximalem militärischem, politischem und wirtschaftlichem Druck, die nötig wäre, um Putins Kriegskalkül zu beeinflussen", ist DE VOLKSKRANT aus Amsterdam überzeugt.
ADALET aus Baku vermutet: "US-Präsident Donald Trump will seine Amtszeit offenbar mit Zahlenspielen beenden. Zunächst erfüllten sich seine Versprechen nicht, den Krieg in 24 Stunden, dann in 24 Wochen zu beenden. Vielleicht hofft er immer noch, dass sich Russen und Ukrainer in 50 Tagen gegenseitig vernichten werden. Der US-Präsident zieht es offenbar vor, seine Zahlen bis ins Unendliche, oder besser gesagt bis zum Ende seiner Amtszeit, weiterzuspinnen. In der Ukraine geht der blutige Krieg derweil erbarmungslos weiter, mit zahlreichen Opfern und der Zerstörung von Städten und Dörfern", klagt die aserbaidschanische Zeitung ADALET.
Die in Tokio erscheinende ASAHI SHIMBUN schreibt: "Russlands Präsident Putin sollte erkennen, dass der Preis, den er für seinen Invasionskrieg zahlen muss, noch höher ausfallen wird, und schnell einer Waffenruhe zustimmen. Die Sorgen bleiben aber: Die USA billigen die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen, attackierten den Iran ohne Rechtsgrundlage und verschlimmern mit ihrer egoistischen Zollpolitik ihre Beziehungen zu vielen Staaten der Welt. Für die internationale Gemeinschaft ist es notwendig, an der Rechtsstaatlichkeit festzuhalten", mahnt die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN.
Die in Schanghai erscheinende Tageszeitung WENHUIBAO blickt in ihrem Kommentar nach Moskau: "Der Kreml reagiert gelassen auf Trumps Ultimatum und geht davon aus, dass seine großspurige Ankündigung der stetigen Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht im Wege stehen wird. Russische Analysten gehen davon aus, dass Trump es bei diesen verbalen Drohungen belassen wird, ohne Taten folgen zu lassen. Sie verweisen auf das große handelspolitische Potenzial ihres Landes, das sich der Geschäftsmann Trump sicher nicht entgehen lassen will. Zudem scheint das Patriot-Luftabwehrsystem, das nun der Ukraine zur Verfügung gestellt werden soll, wenig Eindruck auf das russische Militär gemacht zu haben", glaubt die chinesische WENHUIBAO.
Die in Sydney erscheinende Zeitung THE AUSTRALIAN interpretiert die jüngsten Äußerungen von US-Präsident Trump als Anzeichen für eine mögliche Kehrtwende: "Seine Ankündigung, dass die USA 'hochmoderne' Waffen in die Ukraine liefern werden, und seine Drohung mit 100-prozentigen Zöllen gegen Putins Russland, wenn innerhalb von 50 Tagen kein Waffenstillstand zustande kommt, sind hoffentlich ein Zeichen dafür, dass der US-Präsident endlich die verabscheuungswürdige Rolle des russischen Tyrannen in diesem Krieg erkannt hat."
In der norwegischen Zeitung VERDENS GANG heißt es: "Donald Trumps scheinbare Kehrtwende im Ukraine-Krieg kam sowohl für Wladimir Putin in Moskau als auch für seine eigenen eingefleischtesten Anhänger in der Maga-Bewegung überraschend. Denn hatte Trump nicht im Wahlkampf versprochen, die USA aus allen Kriegen herauszuhalten und kein Geld für die Unterstützung der Ukraine auszugeben? Momentan könnte es so aussehen, dass er seinen Kurs bei dem Krieg in Europa komplett geändert hat."
DER STANDARD aus Österreich äußert sich dagegen skeptisch: "Ob diese Ansagen tatsächlich eine 'Kehrtwende' des US-Präsidenten in Sachen Ukrainekrieg und vor allem Putin sind, darf bezweifelt werden. Trump ist ein Meister darin, vollmundige Ankündigungen zu machen. Beim Ukraine-'Kurs' des Weißen Hauses hat sich vorerst nur die Tonalität geändert. Trump wird zum Charmeur, wenn die Europäer für Waffenlieferungen mehr zahlen als bisher. Aber die berüchtigte Trump-Sprunghaftigkeit bleibt bestehen: Morgen kann alles wieder ganz anders sein", warnt DER STANDARD aus Wien.
JIEFANG RIBAO beleuchtet die möglichen Gründe für die geänderte Haltung Trumps gegenüber Russland: "Zum einen schauen die Republikaner nicht zuletzt wegen Trumps Zerwürfnis mit Elon Musk und wegen der nach wie vor ungelösten Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine mit einem bangen Blick auf die Zwischenwahlen im kommenden Jahr. Mit der Waffenhilfe für Kiew will der US-Präsident den Demokraten nun zumindest etwas Wind aus den Segeln nehmen. Ein weiterer Grund ist die unveränderte Haltung des Kreml, der in den direkten Verhandlungen in Katar seinen Forderungen zu Kriegsbeginn gar noch weitere hinzugefügt hat. Dieser unverhohlene diplomatische Affront hat bei Trump das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht", analysiert die chinesische JIEFANG RIBAO.
Die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" findet den US-Präsidenten nicht unberechenbar: "Er fährt Zickzack, sicher. Er beschleunigt, bremst, verwirft. Er stellt Ultimaten auf und verwandelt sie dann sofort in Fast-Ultimaten. Denn auch die US-Regierung hat mit Druck und Zwängen zu kämpfen, national und international, denen sie sich nicht entziehen kann. Daher das Zickzack-Verfahren. Aber die Richtung ist klar. Eine internationale Ordnung mit den USA an der Spitze wird völlig destabilisiert", meint CORRIERE DELLA SERA aus Mailand.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG betrachtet mit Sorge, dass die internationalen Börsen so ruhig bleiben. "Am Samstag kündigte Trump die Einführung von 30 Prozent hohen Strafzöllen auf Einfuhren aus der EU an. Was durchaus zu einem Ausverkauf an den Börsen hätte führen können, wurde schlicht ignoriert. Anleger setzen darauf, dass bellende Hunde nicht beißen. Man mag solche Nonchalance begrüssen. Denn die größte Strafe für einen Provokateur ist stets die Nichtbeachtung. Doch die Sache ist komplizierter. Wenn die Märkte keine Gegenwehr mehr signalisieren, wächst die Gefahr, dass Trump immer aggressivere Positionen einnimmt. Es kommt zu einem sich selbst verstärkenden Prozess – mit destruktivem Potenzial. Die vermeintliche Stabilität des Marktes geht dann einher mit einem wachsenden Risiko der Destabilisierung. Die derzeitige Ruhe ist daher in hohem Mass beunruhigend", urteilt die Schweizer NZZ.
Zum Abschluss ein Kommentar zum Urteil gegen die beiden Männer, die vor zwei Jahren den als "Robin-Hood-Baum" weltberühmten Bergahorn in England gefällt haben und dafür mehr als vier Jahre ins Gefängnis müssen. "Der Baum war nicht nur Holz und Blätter - er war ein Symbol für Erinnerung, Geschichte und Zugehörigkeit", betont der DAILY EXPRESS aus London und fährt fort: "Die Richterin erklärte, dass es trotz der überwältigenden öffentlichen Emotionen keinen ausreichenden Grund gebe, über dieses Strafmaß hinauszugehen. Sie konzentrierte sich auf die Bedeutung des Baumes als Teil eines UNESCO-Weltkulturerbes. Es war die erste Freiheitsstrafe in Großbritannien wegen illegaler Baumfällung. Aber sie schafft keinen neuen Präzedenzfall und bietet keine Orientierung für die Zukunft. Es war einfach unglaublich traurig – für den Baum, die Landschaft, die Menschen, die ihn liebten - und für die beiden Männer, deren Leben nun für immer verändert ist." Mit diesem Kommentar aus dem DAILY EXPRESS endet die internationale Presseschau.