21. Juli 2025
Die internationale Presseschau

Diesmal mit einem Blick nach Japan, wo die Regierung ihre Mehrheit verliert. Außerdem befassen sich die Kommentare mit der Lage in Syrien nach tagelanger Gewalt.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt bei der Pressekonferenz auf der Zugspitze; er trägt einen Anorak und spricht in ein Mikrofon. Neben ihm stehen weitere Personen.
Bundesinnenminister Dobrindt bei einem Gipfel mit Amtskolleginnen und -kollegen auf der Zugspitze (IMAGO / pictureteam / IMAGO / Matthias Gränzdörfer)
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aber schaut zurück auf das Treffen von Bundesinnenminister Dobrindt mit mehreren europäischen Amtskollegen auf der Zugspitze - und kommt zu dem Schluss: "Dieser Gipfel auf dem Gipfel war eine aufwendige Inszenierung. Die Veranstaltung zeigte aber auch: Die deutsche Migrationspolitik verändert sich. Die neue Regierung will die Regeln so schnell wie möglich verschärfen, im eigenen Land und in ganz Europa. Der CSU-Politiker Alexander Dobrindt arbeitet im Eiltempo ab, was der Kanzler Friedrich Merz im Wahlkampf versprochen hatte. Weniger Einwanderung, mehr Abschiebungen, bei gleichzeitiger Absprache mit den Nachbarländern. Dobrindt fährt einen harten Kurs. Wenn er auftritt, ist er dennoch ruhig und unaufgeregt im Ton. Es ist ein anderes Auftreten als jenes des stürmischen Generalsekretärs. Vielleicht ist es seine Art, mit dieser politischen Wende umzugehen. Nur die etwas großspurige Veranstaltung auf der Zugspitze in Bayern, die ließ er sich nicht nehmen", resümiert die NZZ.
ASAHI SHIMBUN aus Japan beschäftigt sich mit der Oberhauswahl in dem Land gestern, bei der die Regierungskoalition von Ministerpräsident Ishiba ihre dortige Mehrheit verloren hat. Die Zeitung fordert dessen Rücktritt, denn: "Wie schon bei der Unterhauswahl im vergangenen Jahr ist es Ishiba nicht gelungen, das Vertrauen des Volkes zurückzugewinnen. So kann man keine Regierung führen. Doch selbst wenn er im Amt bliebe, markiert die Wahl einen historischen Wendepunkt. Die Partei LDP, die im November ihr 70-jähriges Gründungsjubiläum feiert, hat seitdem bis auf zwei ganz kurze Perioden fast ununterbrochen regiert. Das Ergebnis der jüngsten Wahlen zeigt, dass diese Zeiten vorbei sind", betont ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Die chinesische Zeitung XINJING BAO aus Peking nennt einige Gründe für das Wahlergebnis: "Zum Beispiel war der stark steigende Reispreis symbolisch für die Unfähigkeit der Regierung; der Unmut in der Bevölkerung darüber hat letztendlich viele Stimmen gekostet. Des weiteren hat die MAGA-Bewegung aus den USA nun auch Japan erreicht: Zwei neu gegründete rechtspopulistische Parteien konnten viele junge Wähler für sich gewinnen".
NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio nimmt vor allem die Partei Sanseito unter die Lupe und sieht ähnliche Entwicklungen in Europa: "Die AfD in Deutschland, der Rassemblement National in Frankreich oder die FPÖ in Österreich dürften für Sanseito Vorbilder gewesen sein. Ihre Strategien ähneln sich stark: Während die Wirtschaft stagniert und in der Gesellschaft eine negative Stimmung herrscht, attackieren diese Parteien das Establishment mit scharfer Kritik. Sie nutzen die Verunsicherung der Bürger wegen der Migration aus und fahren intensive Kampagnen in den Sozialen Netzwerken. Ob die Rechtspopulisten am Ende den Einzug in die Regierung schaffen, ist allerdings eine andere Frage - auch das gleicht der Situation in Europa. Zu oft stecken die Parteien in einem Dilemma: Schwächen sie für eine Koalitionsbildung ihre radikale Politik ab, kann sich das negativ auf die gewonnene Anhängerschaft auswirken", erklärt die japanische NIHON KEIZAI SHIMBUN.
Das amerikanische WALL STREET JOURNAL macht sich Gedanken über Auswirkungen des Wahlergebnisses auf die USA: "Japan ist Amerikas wichtigster Verbündeter im asiatisch-pazifischen Raum und wohl auch weltweit. Das ist bereits so lange der Fall, dass die US-Amerikaner es als selbstverständlich ansehen. Das aber ist ein Fehler. Japan mag aktuell vor politischen Herausforderungen stehen. Aber die Vereinigten Staaten können helfen, indem sie das Land nicht wie einen Gegner behandeln. Mögliche Strafzölle gegen Japan sollte man deshalb vermeiden", rät das WALL STREET JOURNAL aus New York.
Nach Syrien. Dort beruhigt sich die Lage in der Stadt Suwaida nach tagelangen Kämpfen zwar langsam. Die Stabilität Syriens ist nach Einschätzung der pan-arabischen Zeitung SHARQ AL-AWSAT aber immer noch bedroht - und zwar von mehreren Akteuren: "Zur ersten Gruppe gehören pro-iranische Kräfte, lokale, teils kriminelle Gruppen sowie die Drogenmafia. Diese Akteure werden immer wieder versuchen, ein Klima der Konfrontation zu schaffen, um auf diese Weise ihren Einfluss zu wahren. Die zweite Gruppe entstammt dem Regime selbst, hat aber eigene Vorstellungen davon, wie das Land zu führen ist. Diese Gruppe ist für die Regierung nicht weniger gefährlich als ihre Feinde, denn auch sie setzt alles daran, Gräben zu vertiefen. Außerdem werden ausländische Staaten dazu eingeladen, sich in lokale Konflikte einzuschalten. Der Weg zu einem einheitlichen Syrien bleibt also schwierig. Die Bewältigung dieser Situation erfordert weniger militärische Macht als vielmehr ein ausgeprägtes politisches Geschick", analysiert die Zeitung SHARQ AL-AWSAT, die in London erscheint.
Nach Ansicht der türkischen Zeitung YENI BIRLIK ist der Übergangsregierung in Damaskus durchaus bewusst, dass die eigene Zukunft von einem regionalen Gleichgewicht abhängt. "Deshalb versucht die syrische Regierung, den Widerstand von Akteuren wie den Kurden oder den drusischen Gruppen in Suwaida zu brechen – und zwar durch Diplomatie, Druck und Überzeugungsarbeit statt durch Gewalt. Der Aufbau zentraler Institutionen und der Armee gemäß dem angekündigten Verfassungsentwurf ist jedoch nicht einfach. Dazu kommt: Israel wollte die Regierung durch sein Eingreifen in den Konflikt stürzen. Wenn Damaskus die Kontrolle über Suwaida erlangt, wird es einen wichtigen Sieg errungen haben", prophezeit YENI BIRLIK aus Istanbul.
Die saudische Zeitung ARAB NEWS geht näher auf die Rolle Israels ein - und warnt die Regierung von Premierminister Netanjahu davor, Instabilität zu verbreiten: "Die Einheit Syriens zu gefährden ist kein Spiel, sondern russisches Roulette. Und die Kugel bedroht nicht nur Syrien, sondern die gesamte Region. Die internationale Gemeinschaft, allen voran die USA, muss Israel bremsen. Washington verfügt über genügend Druckmittel und sollte diese einsetzen, um die fragile Stabilität im Nahen Osten zu bewahren. Die neue Regierung in Syrien ist nicht perfekt, aber sie ist legitim. Und sie versucht, was bisher nur wenige Regime in der Region gewagt haben: Reformen von innen heraus umzusetzen. Diese Bemühungen sollten unterstützt werden - nicht nur von den Menschen in Syrien selbst, sondern auch von den Nachbarländern und Verbündeten. Denn wenn Syrien fällt, verliert die Region nicht nur ein Land; sie verliert ihren Kompass. Das sollte man in einer Region, die bereits jetzt durch Stürme navigiert, nicht riskieren", meinen die ARAB NEWS aus Dschidda.
Zum Abschluss noch eine Stimme zur Verbindung zwischen US-Präsident Trump und dem inzwischen gestorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein. Trump fordert wegen eines Berichts im "Wall Street Journal" darüber Milliarden Dollar Schadenersatz. Dazu schreibt CORREIO DA MANHA aus Lissabon: "Es ist rührend, Trumps verzweifelte Bemühungen zu beobachten, sich von seinem früheren Kumpel Epstein zu distanzieren. So viele Dementis und Beschimpfungen der US-Präsident heute auch äußert, um seinen einstigen Partykollegen zu beschreiben - Tatsache ist, dass die beiden über mindestens 15 Jahre unzertrennlich waren. Die New York Times berichtete, dass Trump in New York eine Party mit 'Models und Kalender-Mädchen' organisiert habe, bei der die einzigen Gäste er und Epstein waren. Wenn man dazu noch die Glückwunschbotschaft rechnet, in der Trump auf 'wunderbare Geheimnisse' angespielt haben soll, wird klar, dass der heutige US-Präsident viel mehr über Epsteins Vorlieben und Neigungen weiß, als er zugeben will. Wie man so treffend sagt: Wo Rauch ist, ist meist auch Feuer." Mit diesem Ausschnitt aus der portugiesischen Zeitung CORREIO DA MANHA endet die internationale Presseschau.