22. Juli 2025
Die internationale Presseschau

Themen sind die Niederlage der japanischen Regierung bei der Wahl des Oberhauses und das Gedenken an das Massaker von Utoya vor 14 Jahren. Doch zunächst zur Lage im Gazastreifen.

Gaza-Stadt: Rauch und Flammen entstehen bei einem israelischen Luftangriff.
Im Gaza-Streifen gab es erneut israelische Luftangriffe. (Jehad Alshrafi / AP / dpa / Jehad Alshrafi)
Die Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv kritisiert: "Die israelischen Medien spielen verrückt wegen des Massakers an den Drusen in Syrien und das aus gutem Grund. Aber zur selben Zeit tötet Israel jeden Tag und jede Nacht massenhaft palästinensische Zivilisten - Frauen, Kinder, junge Menschen und Erwachsene, ohne dass dafür jemand zur Rechenschaft gezogen würde. Nur eine Autostunde von Tel Aviv entfernt rufen hungrige Kinder nach Essen, während in Israel die Menschen Kochshows im Fernsehen anschauen. Die israelische Armee nennt sich selbst diejenige mit der höchsten Moral der Welt und verübt gleichzeitig Kriegsverbrechen im Namen der israelischen Regierung. Außer einer kleinen Minderheit im Land haben die Israelis kein Problem damit. Unter Berufung auf das Massaker der Hamas und im Namen der Geiseln sind wir blind geworden", führt die israelische Zeitung HAARETZ aus.
Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA aus Mailand betont: "Mit der Praxis eines 'immerwährenden Krieges' entfernt sich Israels Regierung von den Werten der westlichen Demokratien. Denn sie nutzt den bewaffneten Konflikt nicht mehr als Mittel, um eines Tages Frieden zu erreichen, sondern als Selbstzweck, als gewohnte Methode der Politik: die einzige, auf die sie glaubt, zählen zu können, um einen weiteren 7. Oktober zu vermeiden."
Die JERUSALEM POST vertritt die gegenteilige Ansicht: "Dieser Krieg war eine Antwort auf die Taten der Hamas am 7. Oktober. Es bestand nie die Absicht, eine Bevölkerungsgruppe zu zerstören. Der Krieg hätte in einem Tag beendet werden können, wenn die Hamas zugestimmt hätte, die Kämpfe zu beenden und die Geiseln freizulassen. Es war und ist immer noch die Entscheidung der Hamas, ihre eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilder zu missbrauchen. Sie hat entschieden, den Menschen in Gaza den Zugang zu humanitärer Hilfe zu verwehren und unrealistische Forderungen zu stellen, sobald ein Waffenstillstandsabkommen bevorzustehen scheint." Das war die Meinung der israelischen Zeitung JERUSALEM POST.
Die türkische Zeitung STAR erklärt: "Im Gazastreifen tötet das von den USA unterstützte Israel täglich Dutzende Palästinenser auf brutale Weise. Die Regierungen der islamischen Welt mit ihren zwei Milliarden Bewohnern schauen zu. Es mangelt nicht an finanziellen Möglichkeiten oder Spenden. Tausende Tonnen an Lebensmitteln, Medikamenten und anderen lebensnotwendigen Gütern warten außerhalb der Grenze. Israel verhindert, dass Hilfsgüter nach Gaza gelangen. Selbst wer eine Million Dollar hat, kann sich kein Kilo Fleisch kaufen, weil es in Gaza keine lebensnotwendigen Güter gibt. Vor allem die ägyptische Regierung trägt eine große Verantwortung, da sie die einzige Landgrenze, den Grenzübergang in Rafah, nicht öffnet", unterstreicht STAR aus Istanbul.
Die palästinensische Zeitung AL QUDS aus Jerusalem stellt fest: Seit Monaten sterben die meisten palästinensischen Zivilisten durch den Mangel an Nahrung. Dies gilt umso mehr, als einige israelische Politiker ausdrücklich dazu aufrufen, der palästinensischen Bevölkerung Nahrungsmittel und Wasser vorzuenthalten.Selbst die USA können dieses Vorgehen nicht mehr verschleiern. Im Gegenteil: Die von ihnen mitbegründete 'Gaza Humanitarian Foundation' trägt offenbar zusätzlich zum Tod von Zivilisten bei, denn für viele Palästinenser wurde das Warten an den Ausgabestellen zur tödlichen Falle. Dringender als je zuvor gilt es, die Versorgung mit Nahrungsmitteln und lebensrettenden Hilfsgütern sicherzustellen und die Menschlichkeit und Würde der Bevölkerung im Gazastreifen wiederherzustellen", befindet die palästinensische Zeitung AL QUDS.
In Japan hat die Regierungskoalition von Ministerpräsident Ishiba bei einer teilweisen Neuwahl des Parlaments-Oberhauses seine dortige Mehrheit verloren. Dazu schreibt die finnische Zeitung ILTA-SANOMAT: "Die erst vor fünf Jahren gegründete rechtspopulistische Sanseito-Partei erhielt 14 der 248 Sitze im Oberhaus. Dadurch verlor Japans Regierungskoalition ihre Mehrheit, wenngleich Premier Ishiba versicherte, nicht zurücktreten zu wollen. Sanseito entstand 2020 im Zuge der Corona-Pandemie mit der Verbreitung von Verschwörungsmythen über angebliche Gefahren einer Impfung. Heute reitet Sanseito auf der Welle einer 'Japan-first'-Ideologie nach der Art von Trump und gibt an, die Bedrohung durch Einwanderer und sexuelle Minderheiten zu bekämpfen. Es besteht aber auch der Verdacht, dass die Partei ihren Erfolg zumindest teilweise russischer Einflussnahme zu verdanken hat. Es wäre zu begrüßen, wenn Japan in unruhigen Zeiten ein stabilisierender Anker wäre. Aber der Aufstieg von Sanseito lässt vielmehr weitere Turbulenzen erwarten", hebt ILTA-SANOMAT aus Helsinki hervor.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO erläutert: "Nach dem Willen der Parteien vom rechten Rand sollen die Schulbücher umgeschrieben und die Rolle Japans als Aggressor im Zweiten Weltkrieg beschönigt oder gar geleugnet werden. Ein zunehmender Einfluss dieser Partien in der japanischen Politik ist weder der Entwicklung der Beziehungen zu den Nachbarländern, die unter Japans Aggression gelitten haben, noch der Verbesserung des internationalen Renommees Japans förderlich. Insofern stehen auch die Beziehungen zwischen Peking und Tokio vor einer neuen Bewährungsprobe", ist HUANQIU SHIBAO aus Peking überzeugt.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA kommentiert: "Japans Premier Ishiba begründete seine Weigerung zurückzutreten unter anderem mit der Notwendigkeit, ein dringendes Problem zu lösen – den Abschluss eines Handelsabkommens mit den Vereinigten Staaten. Die Trump-Regierung wird höhere Zölle auf Importwaren aus Japan einführen, sollte bis zum 1. August keine Einigung erzielt werden. Gestern erklärte Ishiba, er hoffe auf eine für beide Seiten vorteilhafte Einigung und ein Treffen mit Trump. Ein Scheitern in dieser Angelegenheit wäre ein schwerer zusätzlicher Schlag für Ishibas politisches Ansehen. Japan stürzt in innenpolitische Turbulenzen mit unklaren Aussichten, aus diesen Schwierigkeiten wieder herauszukommen", befürchtet die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Abschließend ein Blick nach Norwegen. Heute vor 14 Jahren starben bei Terrortaten des Rechtsextremen Anders Breivik in Oslo und auf der Insel Utøya insgesamt 76 Menschen. Die schwedische Zeitung AFTONBLADET warnt: "Der Terror wurde ganz offensichtlich von rechtsextremen und gewaltbereiten Ideologen inspiriert. Andere nahmen sich die Tat zum Vorbild nahmen wie beim Anschlag von Christchurch in Neuseeland. Es ist durchaus denkbar, dass Breiviks sogenanntes Manifest weiterhin bei radikalisierten Neonazis verfängt. Sicherheitskräfte warnen vor einer Rekrutierung Jugendlicher in Sommerlagern. Aber auch Jugendgruppen erstarken, deren Ziel die Jagd auf Juden, Muslime oder LGBTQ-Personen ist. Wir müssen die Graswurzelradikalisierung stoppen, die vor unser aller Augen stattfindet, und wir müssen verhindern, dass Kinder und Jugendliche in einen Rassenkrieg im Sinne von Breivik ziehen", appelliert AFTONBLADET aus Stockholm.
Die Zeitung AFTENPOSTEN aus Oslo vermerkt: "Unter den 19 Mitgliedern der norwegischen Regierung sind heute fünf, die den Terror von Utøya am 22. Juli 2011 überlebt haben. Das sagt viel über die Zahl der dort versammelten Talente aus. Fünf Ministerinnen und Minister teilen die brutalen Erinnerungen an diesen Tag. Aber Norwegen ist auch Teil einer größeren Welt, in der die Demokratie zunehmend unter Druck gerät. Der Täter von damals war ein Mann, der sich in eine Hassideologie hineingesteigert hatte, und es bleibt eine schwere Aufgabe für Polizei, Sicherheitskräfte und Zivilgesellschaft, die Gruppen und Einzelpersonen aufzufangen, die sich radikalisieren." Mit diesem Kommentar der norwegischen Zeitung AFTENPOSTEN endet die internationale Presseschau. Die Redaktion hatte Victoria Reith, Sprecher/in war_________.