23. Juli 2025
Die internationale Presseschau

Kommentiert werden die für heute angekündigten erneuten Gespräche zwischen der Ukraine und Russland. Zunächst geht es aber um Israels Kriegsführung im Gazastreifen.

Palästinenser besehen sich ein durch eine Rakete völlig zerstörtes Haus.
Es gab erneut israelische Angriffe auf den Gazastreifen. (picture alliance / Anadolu / Khames Alrefi)
Dazu schreibt die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT: "Israel hat nicht vor, die humanitäre Lage in Gaza zu verbessern. Das ist an einem Wochenende mit völkermörderischer Gewalt - es gab gezielte Tötungen bei Lebensmittelverteilungsstellen und Hungertote - erneut deutlich geworden. Auch über die Absicht, den Gazastreifen dem Erdboden gleichzumachen und die Palästinenser ein für alle Mal zu vertreiben, kann es nach der neuen Offensive auf Deir al-Balah - eine der letzten Städte, die bis jetzt nicht vollständig in Schutt und Asche gelegt wurden - keine Missverständnisse mehr geben. Die Möglichkeit der Aussetzung des Partnerschaftsabkommens der Europäischen Union mit Israel liegt auf dem Tisch, aber es fehlt der politische Wille und die Entschlossenheit, dies durchzusetzen. Die einzelnen EU-Mitgliedstaaten verstecken sich hinter der dafür erforderlichen Einstimmigkeit", beobachtet DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die britische Zeitung THE INDEPENDENT führt aus: "Die Bilder aus Gaza von ausgezehrten, sterbenden Kindern sind - wie der britische Außenminister David Lammy es ausdrückte - entsetzlich und krank machend. Diese jüngste Welle menschlichen Leids sollte bei allen zivilisierten Völkern noch größere Betroffenheit hervorrufen. Es ist an der Zeit, dass der Krieg in Gaza beendet wird, wie Lammy und seine Amtskollegen aus 27 Staaten es in einem offenen Brief fordern. Realistisch gesehen wird dies jedoch nicht geschehen – zumindest nicht sofort. Die israelische Regierung weist Forderungen nach Einstellung der Kämpfe in einer Art unfreiwilliger Ironie als 'realitätsfern' und 'eine falsche Botschaft an die Hamas' zurück. Im Gegensatz dazu könnte man kritisch fragen, was die Regierung Netanjahu denn derzeit für eine Botschaft an die Hamas sendet. Sie lautet nämlich, dass es niemals Frieden geben wird, dass Israels Streitkräfte entschlossen sind, Gaza als Ort menschlicher Besiedlung zu vernichten", meint THE INDEPENDENT aus London.
Die norwegische Zeitung DAGBLADET ist folgender Meinung: "Die Flut an schlechten Nachrichten deprimiert, denn Israel fügt der Bevölkerung in Gaza unfassbares Leid zu. Die Hungersnot bedroht immer mehr Menschen, weil die Lieferung von Hilfsgütern schon lange unterbrochen ist. Nur noch die israelisch-amerikanische GHF teilt Lebensmittel über vier Zentren mit einer Öffnungszeit von lediglich einer Stunde pro Tag aus. Dort wird systematisch auf die Wartenden geschossen und manche werden in ihrem verzweifelten Kampf um Brot zu Tode getrampelt. Gleichzeitig stehen die UNO und andere Organisationen bereit, ohne Zugang zu bekommen. Selbst aus dem Weißen Haus hieß es zuletzt, Donald Trump sei überrascht über Israels Handeln wie die Luftangriffe in Syrien oder das Vorgehen gegen die einzige katholische Kirche in Gaza. So kann es nicht weitergehen. Israel ist dabei, Gaza dem Erdboden gleichzumachen und die dort lebenden Menschen zu töten", stellt DAGBLADET aus Oslo klar.
Die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO erläutert: "Immer deutlicher muss die ganze Welt zu ihrem Entsetzen erkennen, dass der Hunger in Gaza keine Begleiterscheinung des Kriegs ist. Immer mehr Kinder sterben an Unterernährung und Journalisten der Nachrichtenagentur AFP warnen, dass auch ihren Korrespondenten in Gaza dasselbe Schicksal droht. Sie sind die einzigen direkten Zeugen dieser Tragödie und Berichterstatter aus einem Gebiet, das seit Oktober 2023 für die internationale Presse gesperrt ist. Wenn es einen Beleg dafür braucht, dass die israelische Militäroperation gegen jedes Prinzip des humanitären Völkerrechts verstößt, dann ist es dieser massive Einsatz von Hunger als Waffe gegen die Zivilbevölkerung, ob nun durch aktives Zutun oder durch Unterlassung. Seit Monaten warnen zahlreiche Organisationen, dass ein Lieferstopp für humanitäre Hilfsgüter zu einem solchen Szenario führen werde. Was jetzt passiert, war also längst absehbar, aber es darf nicht so weitergehen", fordert EL TIEMPO aus Bogotá.
Die in London erscheinende arabischsprachige Zeitung AL QUDS AL-ARABY sieht es so: "Die Staaten, die die internationale Erklärung unterzeichnet haben, können das brutale Vorgehen Israels vor der heimischen Öffentlichkeit nicht länger kleinreden. Denn die von UNO-Agenturen und internationalen humanitären Organisationen – und eben nicht vom palästinensischen Gesundheitsministerium im Gazastreifen - veröffentlichten Statistiken enthalten unerträgliche, nicht weiter hinnehmbare Daten. Vorausgesetzt, die Erklärung ist nicht bloß ein PR-Versuch, die massiven Proteste gegen das israelische Vorgehen verstummen zu lassen, lässt sie sich auch als verspätetes Erwachen angesichts einer am 7. Oktober 2023 begonnenen humanitären Katastrophe verstehen. Allerdings schmälert die fehlende Unterschrift von Ländern wie den Vereinigten Staaten, Deutschland und der Außenbeauftragten der Europäischen Union den moralischen Gehalt der Erklärung erheblich", urteilt AL QUDS AL-ARABY.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE notiert: "Wenn es Österreichs Ziel ist, zum Frieden im Nahen Osten beizutragen, dann sollte es etwas tun, um den Patienten wiederzubeleben: Österreich sollte den Staat Palästina anerkennen. Diese Geste würde das Völkerrecht und die UNO-Resolution 242, die den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten erfordert, achten. Die Anerkennung eines Palästinenserstaats bedeutet nicht, die geltende Staatsräson mit dem Bade auszuschütten. Es wäre eine Neuakzentuierung des Prinzips, dass Österreich das Existenzrecht Israels verteidigen muss", unterstreicht DIE PRESSE aus Wien.
Und die ebenfalls in Wien erscheinende Zeitung DER STANDARD ergänzt: "Israel wehrt sich legitimerweise gegen eine Terrororganisation, die ein barbarisches Massaker angerichtet hat. Das Land setzt sich ringsum gegen Feinde zur Wehr, deren erklärtes Ziel es ist, den jüdischen Staat auszulöschen. Aber es darf nicht jede Grenze überschreiten. Es ist geboten, Unverhältnismäßigkeiten und Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren. Österreichs Solidaritätsverpflichtung gilt Israels Bevölkerung – und nicht der Regierung von Benjamin Netanjahu."
Themenwechsel. Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA blickt auf die erneuten Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland, die heute in Istanbul stattfinden: "Die vorherigen Verhandlungen waren unterbrochen worden, nachdem der Kreml eine Reihe von Ultimatumsforderungen gestellt hatte, die Kiew jedoch ablehnte. Damals forderten die Russen unter anderem die internationale Anerkennung der Besetzung der Krim und vierer ukrainischer Oblaste sowie die Aufhebung aller vom Westen verhängten Sanktionen. Die ukrainische Delegation hingegen forderte einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand. Vergeblich. Bisher hat Kremlchef Putin alle Vorschläge Kiews für ein persönliches Treffen mit Präsident Selenskyj ignoriert. Wird der russische Diktator seine Meinung nun ändern? Experten bezweifeln dies. Denn seit Donald Trump das Weiße Haus übernommen hat, hat Putin stets betont, dass er Selenskyj nicht für einen geeigneten Verhandlungspartner hält. Er will das Schicksal der Ukraine in Gesprächen mit den wichtigsten Akteuren der Welt entscheiden – den Staatschefs der USA und Chinas", stellt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau klar.
In der chinesischen Zeitung JIEFANG RIBAO ist zu lesen: "Unter dem Druck der internationalen Staatengemeinschaft werden sich die Ukraine und Russland in Istanbul ein weiteres Mal an einen Tisch setzen. Gemeinhin werden jedoch nicht allzu viele Hoffnungen an diese neuen Gespräche geknüpft. Bestenfalls könnte es Fortschritte beim humanitären Zugang, der Rückkehr von Flüchtlingen und dem Austausch von Kriegsgefangenen geben. Bei den Kernfragen in Richtung einer Friedenslösung dürfte es aber wohl kaum eine Annäherung zwischen den verhärteten Positionen geben." Das war zum Ende der internationalen Presseschau JIEFANG RIBAO aus Schanghai.