31. Juli 2025
Die internationale Presseschau

Im Zentrum der Kommentare stehen weiterhin die Situation im Gazastreifen und der Umgang westlicher Regierungen mit Israel. Nach Frankreich erwägen nun auch Großbritannien und Kanada die Anerkennung eines palästinensischen Staates.

Im Gazastreifen wird aus großen Töpfen Essen an Kinder verteilt.
Im Gazastreifen wird aus großen Töpfen Essen an Kinder verteilt (imago / Anadolu Agency / Hassan Jedi)
Dazu schreibt die australische Zeitung SYDNEY MORNING HERALD: "Der mutige Schritt von Frankreichs Präsident Macron hat zweifellos einen festgefahrenen Friedensprozess aufgerüttelt, den britischen Premier Starmer und seinen kanadischen Amtskollegen Carney zum Handeln veranlasst. Außerdem hat er einen wichtigen Appell arabischer Staaten an die Hamas ausgelöst, sich zu entmilitarisieren und Gaza zu verlassen. Und er hat der unflexiblen Palästinensischen Autonomiebehörde Zusagen zu Reformen und Demokratisierung abgerungen. Anstatt jedoch koordiniert vorzugehen, verfolgen die Staats- und Regierungschefs der Welt unterschiedliche Ziele und nennen ganz unterschiedliche Gründe für die Anerkennung Palästinas", kritisiert der SYDNEY MORNING HERALD.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN hält die Ankündigung der Staaten für ein starkes Druckmittel: "Auch die japanische Regierung sollte folgen. Netanjahu protestiert und kritisiert, eine Anerkennung Palästinas als Staat sei eine Belohnung für den Hamas-Terror. Aber nicht die Hamas, sondern die Autonomie-Regierung fordert eine Anerkennung als Staat und die Position der Hamas würde damit nicht gestärkt. Gerade dieser Protest entblößt Netanjahus wahres Gesicht: Feinde sind für ihn nicht nur die Hamas, sondern die Palästinenser allgemein", betont ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
"Das Bild Israels hat sich in den Augen der meisten liberalen Demokratien verändert", stellt EL MUNDO aus Madrid fest: "Der traditionelle Diskurs weicht zunehmend der Forderung nach einer Neubewertung der Lage, denn die Welt verfolgt mit Sorge, wie sich die Grenze zwischen dem Recht auf Selbstverteidigung und kollektiver Bestrafung immer weiter verschiebt. Es wächst der Verdacht, dass die ultrarechte Koalition eine Politik der ethnischen Säuberung betreibt und bewusst die humanitäre Hilfe blockiert. Vor diesem Hintergrund ist es bedeutsam, dass Macron die Anerkennung von Palästina als Staat angekündigt hat. Eine Anerkennung von Palästina als Staat hat eine hohe symbolische Bedeutung und ist zweifelsohne ein Druckmittel", unterstreicht EL MUNDO.
Anders sieht es die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA. Sie vermutet in der Ankündigung zur Anerkennung einen politischen Schachzug: "Macron analysiert den Rückgang seines Ansehens und sucht nach einer Möglichkeit, es wieder zu verbessern. Viele in Frankreich sympathisieren mit den Palästinensern. Das ist der wahre Ursprung dieser Erklärung. Die meisten UNO-Mitgliedsstaaten haben Palästina schon lange anerkannt – die Sowjetunion beispielsweise tat dies bereits 1988. Die Entscheidung der Länder, sich dieser Mehrheit anzuschließen, ist also nichts Revolutionäres", konstatiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die italienische Zeitung LA STAMPA führt an: "Die Anerkennung Palästinas ist eine sinnvolle Geste, wenn sie mit konkreten und nicht nur symbolischen Maßnahmen einhergeht, um die laufenden Kriegsverbrechen zu stoppen. Andernfalls läuft sie Gefahr, eine leere Geste zu bleiben oder sogar grotesk zu wirken."
Das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA müsse in die Lage versetzt werden, den Menschen im Gazastreifen zu helfen, schreibt der britische GUARDIAN: "Mit diplomatischen Gesten in Richtung einer palästinensischen Staatlichkeit wird sich das kaum durchsetzen lassen. Die Europäische Union, die Israels größter Exportmarkt ist, hat Trümpfe in der Hand. Und Großbritannien könnte den bevorzugten Handelszugang für Israel aussetzen und zugleich den Verkauf von Waffen noch weiter einschränken", schlägt der GUARDIAN aus London vor.
"Die Welt kann viel mehr tun", meint die NEW YORK TIMES. "Israel kann weitaus mehr Hilfsorganisationen die Einreise nach Gaza gestatten und ihre Sicherheit gewährleisten. Die Regierung von US-Präsident Trump kann auf die Rückkehr der internationalen Hilfsorganisationen drängen. Die arabischen Staaten können mehr Hilfe schicken und den Druck auf die Hamas erhöhen, einem Waffenstillstand zuzustimmen. Um das schreckliche Leid der Menschen im Gazastreifen zu beenden, sind letzten Endes ein Waffenstillstand und ein Friedensabkommen erforderlich, das eine neue Zukunft ermöglicht, in der weder die Hamas noch Israel den Gazastreifen beherrschen. Bis das geschieht, brauchen die Menschen Nahrung", mahnt die NEW YORK TIMES.
Die israelische Zeitung HAARETZ findet deutliche Worte: "Es ist soweit. Wir können nicht mehr um den heißen Brei herumreden und Antworten vermeiden. Wir können uns nicht länger verstecken, ausweichen, murmeln, beschwichtigen oder verschleiern. Wir können uns auch nicht mehr an juristische Spitzfindigkeiten über die 'Frage des Vorsatzes' klammern oder auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag warten, das vielleicht erst kommt, wenn es zu spät ist. Es ist schon zu spät. Deshalb ist es an der Zeit, das Grauen beim Namen zu nennen - und dieser Name ist Völkermord", schreibt HAARETZ aus Tel Aviv.
"Nur die jüdische Gemeinschaft und das israelische Volk wird Netanjahu von seiner Politik abbringen können", glaubt MILLIYET aus Istanbul: "Für die israelische Bevölkerung ist eine neue, ungewohnte Situation entstanden. Sie, die selbst einer Vernichtung ausgesetzt war, sieht sich plötzlich mit Völkermordvorwürfen konfrontiert. Netanjahu hat es geschafft, dass sich weltweit Sympathie für die Palästinenser entwickelt und die Wut gegen Israel zugenommen hat", vermerkt die türkische Zeitung MILLIYET.
"Der internationale Druck auf Israel steigt in den letzten Tagen zunehmend", notiert auch die panarabische Zeitung AL-ARABY AL-JADEED, die in London erscheint: "Offen ist, wie Israel darauf reagiert. Bislang scheint es, als sei das Land wenig beeindruckt. Es werden zwar einige Lebensmittel durchgelassen, aber von seinem grundsätzlichen Kurs rückt Israel nicht ab. Stattdessen geht das israelische Militär weiter mit aller Härte gegen die Bevölkerung vor. Für die internationale Gemeinschaft, die sich derzeit so vehement äußert, stellt sich daher die Frage, wie ernst sie es meint: Begnügt sie sich mit mahnenden Worten oder erhöht sie den Druck, wenn es sein muss? Klar ist, dass es längst nicht mehr allein um Gaza geht, sondern darum, wie Konflikte künftig gelöst werden: diplomatisch oder unter Einsatz brutaler Gewalt", hält AL-ARABY AL-JADEED fest.
Zum Schluss noch zwei Kommentare zum Krieg in der Ukraine. Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN geht auf das zehntägige Ultimatum ein, das US-Präsident Trump dem russischen Präsidenten Putin gestellt hat: "Es ist höchste Zeit, dass die USA mehr Druck auf Putin ausüben, aber man muss auch hoffen, dass es sich Trump in den nächsten Tagen nicht wieder einmal anders überlegt. Der Umgang der USA mit dem Krieg in der Ukraine war, gelinde gesagt, chaotisch. Zuerst versprach Trump im Wahlkampf ein rasches Ende des Krieges und direkt nach seinem Einzug ins Weiße Haus gab es Friedensverhandlungen. Aber das Ganze kulminierte in der Demütigung des ukrainischen Präsidenten. Die Unterstützung für die Ukraine war unberechenbar und schwankend", beobachtet AFTENPOSTEN aus Oslo.
SYDSVENSKAN aus Malmö thematisiert die wieder aufgenommenen Direktflüge zwischen Russland und Nordkorea: "Kaum jemand ist ein so enger Partner für Putin wie Nordkoreas Diktator Kim Jong-un. Erst kürzlich teilte der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes mit, dass Nordkorea rund 40 Prozent der Munition liefert, die Russland für den Krieg braucht. Außerdem sollen weitere nordkoreanische Soldaten zur Unterstützung der russischen Truppen entsendet werden. Der Direktflug zwischen den beiden Hauptstädten kann somit eher als symbolische Geste betrachtet werden, weniger als ernsthafter Versuch, den Tourismus in Gang zu bringen", argumentiert die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN zum Ende der Presseschau.