02. August 2025
Die internationale Presseschau

Frankreich, Großbritannien und Kanada haben die Anerkennung eines palästinensischen Staates angekündigt. Das ist ein Thema in den Kommentaren. Außerdem geht es um die Zollpolitik der USA und die Entwicklung der Demokratie in El Salvador.

Frauen, Männer und Kinder in Gaza-Stadt strecken Helfer, die Lebensmittel verteilen, bunte Plastikschüsseln entgegen.
Die Hungerkrise in Gaza hat die Debatte über einen Palästinenserstaat befeuert. (picture alliance / Anadolu / Ali Jadallah)
Der britische DAILY TELEGRAPH macht sich Gedanken darüber, warum mehrere westliche Länder einen Palästinenserstaat anerkennen wollen: "Es ist zu vermuten, dass sie Israel zuvorkommen wollen. Sie glauben, dass Regierungschef Netanjahu den Gazastreifen annektieren will, und sie befürchten, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass US-Präsident Trump ihn davon abhält. Sie glauben, dass ihre Erklärung der palästinensischen Staatlichkeit dies verhindern kann. Aber der Aufruf zur Anerkennung eines palästinensischen Staates ist wohl auch von Motiven getrieben, die wenig mit einer langfristigen internationalen Lösung zu tun haben. Am offensichtlichsten ist, dass die beteiligten Länder eine große, unruhige muslimische Bevölkerung haben, die besänftigt werden muss", heißt es im DAILY TELEGRAPH aus London.
"Es scheint, dass die anhaltenden militärischen Offensiven und die Hungersnot in Gaza die Weltpolitik wachgeschüttelt haben", beobachtet die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO. "Eine Zwei-Staaten-Lösung ist zwar nicht ideal, jedoch der einzige gangbare Weg. Der gegenseitige Hass der beiden Bevölkerungen wird dadurch nicht auf der Stelle beendet. Doch es werden Rahmenbedingungen für eine friedliche Koexistenz geschaffen. Nun sind die USA und Israel aufgefordert, dem Wunsch der internationalen Gemeinschaft eine Chance zu geben. Es geht nicht nur um eine moralische Pflicht, sondern auch um politische Verantwortung. Angesichts der Misere im Gasastreifen ist sofortiges Handeln gefragt", unterstreicht HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM bemerkt: "Angesichts des Krieges in Gaza erkennen nun immer mehr Staaten das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser an. Im Lichte dieser Entwicklung scheint es, als kämpfe Israel mit seiner Militärmaschine letzten Endes gegen sich selbst. Angesichts des brutalen Vorgehens sehen die westlichen Staaten in Israel offenbar nicht länger einen Akteur, der ihre Interessen noch durchzusetzen vermag. Das heißt letztlich, Israel kann seine eigenen Interessen militärisch nicht durchsetzen, sondern schadet ihnen im Gegenteil sogar", erklärt AL AYYAM aus Ramallah.
Die JERUSALEM POST spricht von einer "fehlgeleiteten Kampagne" des französischen Präsidenten Macron. "Die hochmütigen westlichen Staats- und Regierungschefs, die gerade jetzt ihre Liebe zu einer palästinensischen Staatlichkeit bekunden, wollen in Wirklichkeit nur Israel diskreditieren. Sie bestrafen die Regierung Netanjahu für ihren Mut, Israel zu verteidigen, und dafür, dass sie in der Region zu dominant geworden ist. Dies zu tun, obwohl sie wissen, dass die palästinensische Staatlichkeit sowohl eine Fiktion als auch wahrscheinlich eine große Gefahr für Israel ist, ist geradezu böswillig", urteilt die JERUSALEM POST.
Die türkische Zeitung MILLIYET geht auf die Reaktion von US-Präsident Trump ein, der Kanada wegen der geplanten Anerkennung Palästinas gedroht hatte: "Als erstem Land hat Trump dem Nachbarn Kanada die Peitsche gezeigt: Er unterzeichnete ein Dekret zur Erhöhung der Zölle auf kanadische Waren. Das wird Premierminister Mark Carney stark unter Druck setzen. Es bleibt abzuwarten, ob Kanada trotz Trumps wirtschaftlicher Drohungen an seiner Entscheidung zu einem Palästinenserstaat festhalten kann. Trumps wirtschaftlicher Knüppel, der auf Kanada niederging, könnte auch Großbritannien treffen. Obwohl das Vereinigte Königreich im Juni ein Handelsabkommen mit den USA unterzeichnet hat, besteht weiterhin ein Risiko. Wenn Großbritannien beschließt, Palästina anzuerkennen, kann Trump das Land immer noch zur Kasse bitten, wenn er das möchte", glaubt MILLIYET aus Istanbul.
Mit der Zollpolitik des US-Präsidenten setzt sich die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN auseinander: "Trump tritt internationale Regeln mit Füßen. Dieses Verhalten muss gestoppt werden. Der Freihandel, der unserer Welt Reichtum beschert hat, ist in Gefahr. Durch Verhandlungen mit einzelnen Staaten will Trump erreichen, dass das jeweilige Land die Forderung der USA akzeptiert. Wenn jedes Land oder jede Region dabei nur noch an sich denkt, hat Trump sein Ziel erreicht. Deshalb ist es erforderlich, dass sich die Staaten zusammenschließen, die den Freihandel unterstützen, und Trump davon überzeugen, dass seine aktuelle Zollpolitik auch für die USA nichts Gutes bringt. Außerdem muss rasch eine Wirtschaft aufgebaut werden, die unabhängig von den USA funktioniert. Die internationale Gemeinschaft sollte geschlossen verhindern, dass die Trump-Zölle als neue Normalität akzeptiert werden", lautet der Appell von NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die russische Zeitung KOMMERSANT kommentiert: "Eine besondere Geschichte entwickelt sich um den Handels-'Waffenstillstand' zwischen Washington und Peking. Die chinesischen Zölle auf Lieferungen aus den USA betragen derzeit 10 Prozent, die US-Gegenzölle 30 Prozent, und die Verhandlungen zwischen den Ländern über die Bedingungen für eine Beibehaltung auf diesem Niveau dauern an. China bleibt eines der wenigen Länder, das mit einem relativ günstigen Abkommen mit den USA rechnen kann: Die Abhängigkeit der USA von chinesischen Lieferungen ist erheblich. Zudem reagiert Peking dank seiner Erfahrungen mit dem Handelskrieg während Donald Trumps erster Amtszeit schneller auf Drohungen und diversifiziert seine Lieferungen aktiver als andere Länder", stellt der KOMMERSANT aus Moskau fest.
Für die Schweiz wurden besonders hohe Zölle von 39 Prozent angesetzt, wie der TAGESANZEIGER aus Zürich erklärt: "Es ist so brutal wie einfach: Donald Trump will keine besondere Beziehung zur Schweiz. Eher das Gegenteil: Er will sie unter Druck setzen und von ihr profitieren. Und die Schweiz, die sich so gern als Sonderfall inszeniert, steht plötzlich recht allein da. Wenn eine Supermacht das Chaos zum politischen Prinzip erhebt, hat ein Kleinstaat wie die Schweiz nicht viel Spielraum. Die Handelsbeziehung mit den USA ist zu wichtig, ein Stück weit wird sie sich deshalb mit der Willkürmaschine aus Washington arrangieren müssen. Aber die Schweiz hat verlässliche Partner, allen voran in Brüssel. Auf diese sollte sie sich stärker ausrichten", verlangt der TAGESANZEIGER.
Das Parlament von El Salvador hat eine Verfassungsänderung beschlossen, die dem Präsidenten eine unbegrenzte Wiederwahl ermöglicht. Dazu schreibt die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR: "Präsident Nayib Bukele hat der Demokratie in seinem Land den Todesstoß versetzt. Anfangs befürworteten die Wähler mit überwältigender Mehrheit den Kampf gegen die organisierte Bandenkriminalität, obwohl Menschenrechtsorganisationen kritisierten, dass dabei auch viele Unschuldige inhaftiert wurden. Aber dann demontierte das Regime die Meinungsfreiheit, übernahm die Kontrolle über die Justiz und zwang Gegner ins Exil. Bukele, der sich selbst als 'coolsten Diktator der Welt' bezeichnet, schließt sich damit den populistischen Autokraten an, die zuerst demokratisch gewählt werden, dann aber den Weg in die Diktatur ebnen", erläutert EL ESPECTADOR aus Bogotá.
In der mexikanischen Zeitung EL ECONOMISTA ist zu lesen: "Bukele hat es klug angestellt: Er schloss Abkommen mit den kriminellen Banden, übernahm die Kontrolle über alle staatlichen Institutionen und wurde religiös. Er brachte der Bevölkerung mehr Sicherheit, aber der Erfolg hatte seinen Preis: Um die mörderischen Banden loszuwerden, opferten die Menschen ihre Freiheit. Dies ist eine Geschichte ohne Happy End. Regieren mit eiserner Hand und ein unbegrenzter Ausnahmezustand sind keine nachhaltige Lösung. El Salvador braucht keinen Messias und keinen starken Mann, sondern starke Institutionen und mehr Demokratie."