
"Das Treffen mit Trump ist für Putin ein Glücksfall", glaubt der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz, "und zwar in mehrfacher Hinsicht. Kurzfristig wird Putin in Alaska mitnehmen, was er kriegen kann: einen vorläufigen Deal, mehr Druck auf Kiew, Spekulationen über einen ukrainischen Rückzug aus dem Donbass. Schon die vergangenen Tage sind exzellent für ihn gelaufen: Statt Strafzölle für Russlands Handelspartner, wie sie Trump vergangene Woche noch androhte, gibt es für ihn jetzt Gipfelvorbereitung plus Erfolgsmeldungen von der Front. Für ihn wäre es schon ein Gewinn, wenn Trump später nachbetet, was Putin ihm eingeredet hat, über Kiews Schuld, über Europas Russlandfeindlichkeit, über den amerikanischen Deep State. Wenn Putin von einer multipolaren Welt spricht, dann meint er eine Welt, in der Russland wieder überall Einfluss hat. In der keiner mehr an ihm vorbeikommt. Alaska ist für Putin ein Anfang", vermutet der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Die tschechische Zeitung HOSPODARSKE NOVINY mit Sitz in Prag verweist auf Folgendes: "Die Befürchtungen, dass der erfahrene Verhandlungsführer Putin den großspurigen, aber naiven amerikanischen Präsidenten ausspielen wird und ganz Europa darunter leiden wird, sind berechtigt. Trump und Putin treffen sich vor allem, damit der russische Machthaber seine Isolation durchbricht und wieder das Gefühl bekommt, dass der Leader der mächtigsten Weltmacht ihn als Gleichberechtigten behandelt. Das Thema Ukraine selbst wird an zweiter Stelle stehen."
"Trumps Diplomatie ist zu amateurhaft", hebt der Gastkommentar in ASAHI SHIMBUN aus Tokio hervor. "Normalerweise wird solch ein wichtiges Treffen durch Minister und hochrangige Mitarbeiter sorgfältig vorbereitet, was für den heutigen Gipfel aber nicht gilt. Nach Trumps Amtseintritt im Januar sind viele US-Diplomaten entweder entlassen worden oder selbst gegangen. Es fehlt nun an nötigem Personal. Mitarbeiter auf dem Feld der Außenpolitik oder der Staatssicherheit hätten verschiedene Szenarien für dieses Gipfeltreffen ausarbeiten müssen. Denn so könnte das Ganze lediglich als eine Show enden. Vom heutigen Treffen kann man kein Ergebnis erwarten", lautet die Erwartung des Gastkommentators in ASAHI SHIMBUN aus Japan.
In der türkischen Zeitung MILLIYET aus Istanbul heißt es: "Die Erwartungen sind hoch, aber jeder will etwas anderes. Die einen wollen Frieden, andere wollen Land. Oder Handel und Bodenschätze. Trump will derjenige sein, der den Frieden herbeigeführt und wirtschaftliche Ergebnisse erzielt hat. Zudem möchte er den Friedensnobelpreis. Putin aber will etwas ganz anderes: die gesamte Ukraine."
"Trump will den Eindruck eines Scheiterns vermeiden", schreibt die FINANCIAL TIMES aus London und führt aus: "Sei es durch eine erbitterte Auseinandersetzung mit Putin oder durch einen Pakt, der Moskau gegenüber nachgiebig ist. Trump ist Putin in früheren Treffen entgegengekommen, und das hat bei vielen die Befürchtung geweckt, dass er sich überrumpeln lassen und den Forderungen des Kremls zustimmen könnte."
In der niederländischen Zeitung DE VOLKSKRANT lesen wir: "Während europäische Staats- und Regierungschefs versuchen, die Fiktion einer westlichen Einheit aufrechtzuerhalten, macht die Trump-Regierung immer wieder deutlich, dass sie 'Bidens Krieg' loswerden will. Da weiterhin davon auszugehen ist, dass sich die Ukraine ohne amerikanische Waffen und Geheimdienstinformationen nicht halten kann, gibt dies Trump die Macht, Kiew zu Zugeständnissen zu zwingen. Ob Trump eine solche Macht auch gegenüber Putin hat? Derweil sitzt eine willensstarke, aber erschöpfte Ukraine zwischen Putins maximalistischen Zielen und seiner riesigen Armee einerseits und halbherziger westlicher Unterstützung andererseits fest." So weit DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die Zeitung DAGENS INDUSTRI aus Stockholm befasst sich mit der ökonomischen Situation Russlands. "Wladimir Putin weiß, dass er zurzeit militärisch im Vorteil ist. Aber die Kräfteverhältnisse auf dem Schlachtfeld geben kein vollständiges Bild ab. Denn fast überall blinken in der russischen Wirtschaft die Alarmlampen. Die Ausgaben für den Kriegseinsatz schießen durch die Decke, während die Einnahmen schrumpfen. Gleichzeitig wird gemeldet, dass mehreren Banken der Kollaps droht. Schlimmstenfalls muss der Staat mit Steuermitteln eingreifen, um konkursbedrohte Banken zu retten, und die Wut der Bürger richtet sich dann gegen den Staat. Für Selenskyj sind das willkommene Nachrichten, denn das alles verschiebt die Machtbalance. Lange hat die Aufrüstung in Russland für Wachstum gesorgt, und das hat den Eindruck hinterlassen, dass die westlichen Sanktionen wirkungslos seien. Aber nun macht sich die Wirklichkeit bemerkbar. Es herrscht ein Mangel an Arbeitskräften, und die Inflation ist hoch. Amerikaner wie Europäer sollten die wirtschaftliche Schwäche Russlands nutzen, um den Druck auf Putin zu erhöhen. Unabhängig davon, was das Treffen in Alaska ergibt, muss Europa an seinen Sanktionen festhalten, denn sie beginnen endlich zu schmerzen", analysiert DAGENS INDUSTRI aus Schweden.
Auch die Gastkommentatorin in der NEW YORK TIMES sieht Putin in keiner starken Position. "Russlands schwindende Fähigkeit, sich durchzusetzen, hat andere Akteure ermutigt. Dass der aserbaidschanische Präsident Aliyev es wagte, Putin zu kritisieren und Russland in den Abschuss eines Passagierflugzeugs zu verwickeln, oder dass Trump gerade mit großem Tamtam einen Friedensgipfel mit den Staatschefs Armeniens und Aserbaidschans veranstaltet hat, zeigt: Diese Mächte agieren mit neuem Selbstbewusstsein in einer Region, die Russland als seinen Einflussbereich betrachtet. Und Russland kann wenig dagegen tun. Der Krieg in der Ukraine, eine Sackgasse von enormem Ausmaß, hat eine Reihe kleinerer Sackgassen für die russische Außenpolitik geschaffen und ihre Grenzen offenbart", betont die Gastkommentatorin in der NEW YORK TIMES aus den USA.
Hören Sie nun einen Kommentar aus der lettischen Zeitung DIENA zu der Friedensvereinbarung zwischen Aserbaidschan und Armenien. "Während der letzten Jahrzehnte konnte Aserbaidschan die rund 30 Kilometer lange Verbindung über armenisches Territorium nicht nutzen, und das dürfte künftig der interessanteste Punkt werden. Der Erklärung zufolge erhalten die USA das Exklusivrecht für die Verwaltung des künftig auch als 'Trump-Brücke' bezeichneten Verkehrskorridors durch Armenien, und das führt auch zu einer zumindest symbolischen militärischen Präsenz der USA in der Region. Dies dürfte sowohl in Russland als auch im Iran für Kopfzerbrechen sorgen, denn durch den Südkaukasus verläuft eine wichtige Verbindungsroute zwischen den beiden Ländern. All das berührt auch die Interessen anderer asiatischer Staaten und nährt die Befürchtung, dass statt Friede und Wohlstand neue Konflikte in der Region drohen", mahnt DIENA aus Riga.
Abschließend eine Stimme zu den Waldbränden in Spanien. EL PAIS aus Madrid kommentiert: "Spanien ist eines der Länder mit den besten Brandbekämpfungssystemen, aber Brände sollten im besten Fall gar nicht erst entstehen. Es ist unerlässlich, die derzeitige Strategie zu überarbeiten und auf eine bessere Bewirtschaftung des Landes zu setzen, um es weniger leicht entflammbar zu machen, sowie die Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel zu verdoppeln. Und vor allem müssen die Präventionsmaßnahmen überdacht werden. Angesichts der brennenden Wälder Spaniens ist es alarmierend zu erfahren, dass die Ausgaben der Zentralregierung und der autonomen Gemeinschaften in die Prävention solcher Katastrophen zwischen 2009 und 2022 um fast 52 Prozent zurückgegangen sind. Die Tragödie dieses Augusts muss uns zwingen, zu reagieren und besser auf den nächsten verheerenden Sommer vorbereitet zu sein, der bestimmt kommen wird", prophezeit EL PAIS aus Spanien.