20. August 2025
Die internationale Presseschau

Viele ausländische Zeitungen kommentieren weiterhin das Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen Staatschef Selenskyj sowie mehreren EU-Spitzenpolitikern im Weißen Haus.

Praesident Wolodymyr Selenskyj mit fuenf Europaeischen Staas-und Regierungschefs beim Ukraine Gipfel am 18.08.2025 im Weissen Haus in Washington.
Weiterhin Thema in vielen ausländischen Zeitungen ist das Ukraine-Treffen in Washington. (picture alliance / SvenSimon-ThePresidentialOfficeU / Presidential Office of Ukraine)
Die norwegische Zeitung DAGBLADET bemerkt zum US-Präsidenten: "Trump sprach wieder von den USA als natürlichem Garanten für die europäische Sicherheit, und sein Ton war so entspannt und entgegenkommend wie lange nicht. Die westliche Familie trat versöhnt und geeint auf - zumindest nach außen. Irgendetwas ist seit dem skandalösen Treffen mit Putin in Alaska passiert, als es beinahe so klang, als lese Trump die Standpunkte des Kremls vor und habe bereits die Forderung nach der Annexion ukrainischer Gebiete akzeptiert. Es war Ursula von der Leyen, die den Elefanten im Raum ansprach: Putin wird wegen Kriegsverbrechen angeklagt, und Russland hat zehntausende ukrainische Kinder entführt. Die EU-Kommissionschefin lehnte sich über den Tisch und sagte zu Trump, dass sie als Mutter und Großmutter spreche und ein Friedensabkommen forderte, das eine Rückkehr dieser Kinder vorsehe. Das scheint Eindruck auf Trump gemacht zu haben", vermutet DAGBLADET aus Oslo.
Die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen findet, es gebe viel Gutes über den europäisch-amerikanischen Gipfel im Weißen Haus zu sagen: "Erstens traten Europa und die NATO als Einheit auf und standen Schulter an Schulter mit Selenskyj. Wenn Europa zusammenhält, hat es eine wirtschaftliche Macht auf Augenhöhe mit den USA, und das ist die Sprache, die Donald Trump am besten versteht. Zweitens ist es ein echter Durchbruch, dass sich die USA offen für Sicherheitsgarantien zeigen, damit Putin einen Frieden nicht nur zur Vorbereitung der nächsten Invasion nutzt. Dass konkrete Beträge für Waffen genannt werden, zeugt von ernsthaften Verhandlungen. Drittens soll es nun binnen weniger Wochen ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj geben", hält POLITIKEN fest.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER aus Zürich stellt fest: "Heikle Fragen zu ukrainischen Territorien, zur Krim und dem entscheidenden Donbas, wurden ausgeklammert. Für den Moment war das wohl gut, um so Trumps Aufmerksamkeit auf die Frage eines Waffenstillstands und dessen Absicherung zu lenken. Doch ist die Territoriumsfrage nicht vom Tisch, nur weil man sie nicht bespricht. Russland wird auf den annektierten Gebieten bestehen", ist sich der TAGES-ANZEIGER sicher.
"Vorerst scheint sich die Taktik Europas ausgezahlt zu haben", schreibt die britische Zeitung THE GUARDIAN aus London: "Trump hat davon abgesehen, Selenskyj anzugreifen oder von der Ukraine die sofortige Übergabe von Gebieten zu fordern. Putin hingegen ist nun gezwungen, vorsichtig zu reagieren, da Trump auf ein Treffen mit Selenskyj drängt."
Die türkische Zeitung KARAR geht der Frage nach, ob es zu einem Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und dem russischen Staatschef Putin in Istanbul kommen könnte: "Die Ukraine und Russland werden den Verhandlungsort bestimmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Verhandlungen in Istanbul fortgesetzt werden, wo sie begonnen haben. Sollte Putin nicht versuchen, in letzter Minute mehr zu beanspruchen, als er in Alaska zugestimmt hat, ist eine Friedenssicherung durchaus realistisch. Die Türkei sollte sich nicht nur darum bemühen, dass die nächsten Verhandlungen in Istanbul oder einer anderen Stadt nach Wahl der Parteien stattfinden, sondern auch um die Verwirklichung des Friedens", empfiehlt KARAR aus Istanbul.
Die chinesische Zeitung XINJINGBAO aus Peking beobachtet: "Auf diesem eilig einberufenen Gipfel waren diesmal alle Seiten um eine gute Atmosphäre bemüht, und von Trump waren sogar ungewohnt selbstkritische Worte zu hören, als er sagte, dass sich eine Beilegung des Konflikts in der Ukraine entgegen seiner ursprünglichen Einschätzung doch viel schwieriger gestalte. Der US-Präsident hat sogar den von Selenskyi geforderten Sicherheitsgarantien grundsätzlich zugestimmt. Trotz aller Bemühungen der angereisten Staatsgäste, Trump zu umschmeicheln und ihn nicht zu reizen, hat sich aber an den unterschiedlichen Standpunkten auf beiden Seiten des Atlantiks, wie mit Putin umzugehen ist, nichts geändert. Trump scheint jedoch langsam zu erkennen, dass sich beide Konfliktparteien vollkommen misstrauen, weshalb derzeit weder auf dem Schlachtfeld noch am Verhandlungstisch an der verfahrenen Lage etwas bewegt werden kann", schätzt XINJINGBAO.
Die kolumbianische Zeitung EL ESPECTADOR wirft ein: "Der anfängliche Optimismus nach dem Treffen in Washington verflog schon bald wieder, als Trump nach einem Gespräch mit Putin sagte, dieser wolle möglicherweise gar keine Einigung erzielen. Putin befinde sich angeblich in einer schwierigen Situation, die sich in den nächsten Wochen klären werde. Das aber ist nicht das erste Mal und wird wohl auch nicht das letzte Mal sein, dass Russland auf Zeit spielt", notiert EL ESPECTADOR aus Bogotá.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA bilanziert das Treffen wie folgt: "Die Gespräche in Washington zeigen, dass Europa trotz der Zurückhaltung der Trump-Administration entschlossen ist, im Prozess um die Beendigung des Ukraine-Krieges mitzuwirken. Man muss das Geschick der europäischen Staats- und Regierungschefs und Diplomaten bewundern, die Trump - einen Politiker mit einer schwierigen Persönlichkeit - davon überzeugen konnten, dass sie gemeinsam mehr erreichen werden und dass die Zusammenarbeit mit Europa seine Bemühungen um den Friedensnobelpreis nicht ausschließt. Das ist ein Erfolg", urteilt GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Nach Ansicht der französischen Zeitung OUEST FRANCE vermittelten die Gespräche in Washington "erstmals den Eindruck einer kleinen Öffnung. Ein Gipfeltreffen zwischen Putin und Selenskyj scheint in naher Zukunft möglich. Die Diplomatie ist endlich am Werk, ein Prozess ist im Gange, und das ist an sich positiv. Donald Trump spricht nun ausdrücklich vom amerikanischen Beitrag zu den von der Ukraine geforderten Sicherheitsgarantien im Falle einer Einigung mit Moskau. Ursprünglich schien der amerikanische Präsident geneigt, diese Aufgabe vollständig an die Europäer zu delegieren", gibt OUEST FRANCE aus Rennes zu bedenken.
Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA analysiert Europas Rolle bei den Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg: "Seit der Invasion vom 24. Februar 2022 haben die EU-Kommission und die Regierungen bemerkenswerte Schritte zur Verteidigung der Ukraine und zur Stärkung der Verteidigung des Kontinents unternommen. Viele hatten das nicht erwartet. Doch in einer Welt, in der es wieder zu Konfrontationen zwischen Mächten kommt und die Bühne nun von Trump und Putin besetzt ist, ist mehr nötig", resümiert CORRIERE DELLA SERA aus Mailand.
Die US-amerikanische Zeitung THE WASHINGTON POST rechnet nicht mit einem baldigen Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine, denn "wenige Stunden nachdem Selenskyj das Weiße Haus verlassen hatte, starteten die Russen ihren bisher größten Raketen- und Drohnenangriff auf die Ukraine in diesem Monat. Indem Putin zumindest vorläufig die Gefahr weiterer US-Sanktionen beseitigt, verschafft die diplomatische Offensive seinen Truppen lediglich eine Atempause. Somit sind die jüngsten Friedensgespräche weit davon entfernt, das Töten zu beenden." Das war THE WASHINGTON POST.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio betont, die Frage sei nun, wie die Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen sollten: "Wirkungsvoll wäre jetzt ein internationaler Rahmen, nicht nur mit Beteiligung der USA und Europas, sondern auch mit China. Japans Premierminister Ishiba verspricht, sein Land werde eine Rolle spielen. Aber natürlich kommen den USA bei den Sicherheitsgarantien eine bedeutende Aufgabe zu. Besorgniserregend ist, dass Präsident Trump immer noch zurückhaltend agiert und die Verantwortung am liebsten Europa zuschieben will. Von der gesamten Thematik hängt aber die Zukunft der Weltordnung ab", mahnt NIHON KEIZAI SHIMBUN zum Ende der internationalen Presseschau.