23. August 2025
Die internationale Presseschau

Die Kommentare beschäftigen sich mit dem Krieg in der Ukraine, der zunehmenden Gewalt in Kolumbien und der Lage im Gazastreifen.

Palästinenser, darunter auch Kinder, die aufgrund der Blockade Israels und der Angriffe auf den Gazastreifen Schwierigkeiten haben, sich mit Lebensmitteln zu versorgen, stehen Schlange, um warme Mahlzeiten zu erhalten.
Die IPC hat für Teile des Gazastreifens eine Hungersnot erklärt (picture alliance / Anadolu / Abed Rahim Khatib)
Die IPC-Initiative für Ernährungssicherheit hat für Teile des Gazastreifens eine Hungersnot erklärt. Die panarabische Zeitung AL QUDS kritisiert: "Israel versucht, mit Bildern und Videos von überfüllten Märkten seine Behauptung zu untermauern, es gäbe keinen Hunger. Doch die Realität zeigt etwas anderes. Kinder hungern, und die Zivilgesellschaft kann sich nicht ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgen. Chaos ist weit verbreitet; weder die Hamas noch eine andere Partei kontrolliert effektiv die Nahrungsmittelversorgung, und jeder, der im Besitz einer Waffe ist, hat ein wenig Kontrolle über die knappen Ressourcen. Gaza ist darum nicht nur ein Schauplatz von Zerstörung und Gewalt, sondern auch eines systematischen Aushungerns, bei dem die Schwachen zuerst sterben und die Starken auf deren Kosten überleben. Kinder, Alte und Kranke sind die wahren Opfer", urteilt AL QUDS aus Jerusalem.
Die französische Zeitung LIBÉRATION führt aus: "Es ist undenkbar, dass jemand das Recht haben könnte, Tausende unschuldiger Kinder aus politischem Kalkül, Blindheit oder Rache verhungern zu lassen. Die IPC bekräftigt in dem sehr detaillierten Bericht, dass sie nicht befugt ist, politische Schlussfolgerungen zu ziehen. Gerade die scheinbare Machtlosigkeit angesichts dieser orchestrierten Hungersnot verstärkt die Frustration und Wut westlicher Beobachter. Die Europäer müssen ihre abwartende Haltung aufgeben, wie Deutschland dies zunehmend zu tun scheint. Die Israelis ihrerseits müssen der Versuchung widerstehen, diese Hungersnot im Gazastreifen zu leugnen und anerkennen, dass sie dafür verantwortlich sind", fordert LIBÉRATION aus Paris.
Die türkische Zeitung YENI BIRLIK merkt an: "Im Schatten jahrelanger Konflikte, Kriege und humanitärer Krisen steht Gaza im Mittelpunkt einer verzweifelten menschlichen Tragödie. Was sich dort ereignet, erschüttert das Gewissen der gesamten Menschheit. Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die islamischen Länder, sollte aktivere Maßnahmen ergreifen, um die humanitäre Krise in Palästina zu beenden. Jeder Tag, an dem wir das nicht tun, bedeutet weitere Verluste für die Menschen in Gaza. Dieser Konflikt ist nicht nur für die Palästinenser, sondern für die gesamte Menschheit zu einem Problem geworden." Soweit YENI BIRLIK aus Istanbul.
Schauen wir nun auf den Krieg in der Ukraine. Zu einem von US-Präsident Trump angekündigten Gipfeltreffen der Staatschefs Russlands und der Ukraine, Putin und Selenskyj, meint der Schweizer TAGESANZEIGER : "Solange Feinde nicht gewillt sind, gemeinsame Interessen auszuloten, birgt ein Gipfel mehr Risiken als Chancen. Putin dürfte von seinen Maximalforderungen kaum abrücken, wenn ihn Trump nicht dazu drängt, und danach sieht es nicht aus. Selenskyj wiederum will verhindern, dass ihn der US-Präsident erneut als Hindernis für den Frieden hinstellen kann. Er ist darum beinahe gezwungen, sehenden Auges in die Falle zu treten, als die sich dieser Gipfel erweisen könnte. Weigert er sich, die russischen Forderungen anzunehmen, riskiert er eine Eskalation des Kriegs und gleichzeitig das Ende der amerikanischen Waffenhilfe. Stimmt er einem Deal zu, droht ein Diktatfrieden. Es wäre das Ende der freien Ukraine und ein Triumph für alle Autokraten", ist im TAGESANZEIGER aus Zürich zu lesen.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD titelt "Die Rückkehr der Sowjetunion" und warnt: "Der russische Präsident Putin will selbstverständlich die Ukraine wiederhaben, koste es, was es wolle. Daraus ist zu schließen, dass sich Putin wahrscheinlich nicht einmal temporär auf irgendwelche 'Deals' einlässt, von denen US-Präsident Trump faselt. Die Realität ist, dass Putin nicht zufrieden sein wird, wenn er die Ukraine wieder bekommen sollte. Er will zumindest die alten osteuropäischen 'Satelliten-Staaten' unter seinen Einfluss bringen, wie seinerzeit die Sowjetunion. Damals gab es allerdings die USA als Schutzmacht und Gegengewicht. Darauf kann man sich heute nicht verlassen, im Gegenteil", warnt DER STANDARD aus Wien.
Die nordirische Zeitung BELFAST TELEGRAPH befürchtet: "Nun könnten sich britische und russische Truppen bald erneut in einer gefährlichen bewaffneten Auseinandersetzung entlang der ukrainischen Frontlinie wiederfinden. Sicher ist, dass die Planungen dazu bereits im Gange sind. Während US-Präsident Trump, der ukrainische Präsident Selenskyj und der russische Präsident Putin offenbar so langsam auf ein Friedensabkommen für die Ukraine zusteuern, schmieden britische, französische und amerikanische Militärchefs Pläne zur Wahrung des Waffenstillstands, falls dieser erfolgreich sein sollte", erläutert der BELFAST TELEGRAPH.
Und die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT aus Baku bemerkt: "Nach dem Scheitern des Alaska-Prozesses zur Beendigung des Ukraine-Kriegs werden im internationalen diplomatischen Raum neue Lösungsformate diskutiert. Eines dieser Formate ist die Entsendung von Friedenstruppen durch die Türkei in die Ukraine. Allerdings würde Russland türkische Friedenstruppen nur unter der Bedingung akzeptieren, dass die türkische Friedensmission außerhalb der NATO stattfindet. Die Türkei verfolgt diese Strategie, die sowohl die Sicherheitsgarantien für die Ukraine unterstützt als auch die Beziehungen zu Russland aufrechterhält. Diese wichtige strategische Entscheidung verschafft Ankara eine einzigartige Position innerhalb der NATO. Die türkische Friedensmission ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch theoretischer Natur. Mehrere Länder stehen der Rolle der Türkei als alleiniger Friedensstifter nämlich skeptisch gegenüber. In naher Zukunft könnte Ankara jedoch zur wichtigsten 'Schlüsselfigur' der Friedensverhandlungen werden", erwartet MÜSAVAT aus Baku.
Themenwechsel: Nach Kolumbien ist die Gewalt zurückgekehrt. Für Anschläge auf Sicherheitskräfte mit 19 Toten macht die Regierung Splittergruppen der ehemaligen Farc-Guerilla verantwortlich. Die kolumbianische Zeitung EL UNIVERSAL erklärt: "Medien warnen schon seit Monaten vor einer solchen Entwicklung, denn sie verfolgten, wie sich der Terror in immer mehr Teilen des Landes ausbreitete. Der Staat hat sich aus vielen Städten und Dörfern zurückgezogen, und die Bewohner wissen, wer das Sagen hat und wann sie schweigen müssen, um am Leben zu bleiben - und sie wissen auch, an wen sie sich wenden müssen, wenn sie Gerechtigkeit wollen. Um zu verstehen, was sich in abgelegenen Provinzen abspielt, musste der Terror die großen Städte erreichen und Opfer unter Polizeibeamten der Abteilung für Drogenbekämpfung fordern. Offenbar hat man im Präsidentenpalast nun endlich verstanden, was längst allgemein bekannt ist: Der 'totale Friede' hat sich als Lüge entpuppt, und der Terror ist eine Folge des internationalen Drogenhandels, für den Kolumbien allenfalls ein Feld auf einem großen Spielbrett ist", betont EL UNIVERSAL aus Cartagena de Indias.
Die spanische Zeitung EL PAIS erinnert: "Noch vor wenigen Jahren galt Kolumbien als international gefeiertes Vorbild für eine Aussöhnung. Der 2016 mit der Farc-Guerilla geschlossene Friedensvertrag beendete nicht nur eine jahrzehntelange Ära der Gewalt, sondern es entstand auch das Bild von einem Staat, der dazu fähig ist, mit seinem größten Feind zu verhandeln und tausende Kämpfer in das zivile Leben zu integrieren. Inzwischen bekommt dieses Bild immer mehr Risse. Kolumbien durchlebt seine schlimmste Sicherheitskrise seit Jahren. Die Angst kehrt zurück in ein Land, das ein friedliches Zusammenleben versprach, weil die vor zehn Jahren erreichten Fortschritte nicht genug geschützt wurden. Wenn eine Gesellschaft erlebt, dass das Gewaltmonopol des Staats in Frage gestellt wird und die Institutionen und die Politik keine Strategie verfolgen, macht sich ein Gefühl der kollektiven Hilflosigkeit breit." Das war EL PAIS aus Madrid. Und damit endet die internationale Presseschau.