
Nach erneut schweren Angriffen Russlands auf die Ukraine, bei denen auch das Gebäude der EU-Delegation in Kiew beschädigt wurde, schreibt die spanische Zeitung LA VANGUARDIA: "EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, man werde weiter maximalen Druck auf Russland ausüben und die Konfiszierung von eingefrorenem russischem Vermögen prüfen. Aber die Möglichkeiten der EU zur Einflussnahme sind gering. Die mittlerweile 18 gegen Russland verhängten Sanktionspakete haben den Kriegsverlauf nicht verändert und Russland vertreibt weiter Öl über seine Schattenflotte. Putin ignoriert nicht nur die Forderungen nach einem Waffenstillstand, sondern intensiviert seine Angriffe sogar. Putin zeigt keine Furcht vor Europa. Es ist an der Zeit, dass der Alte Kontinent lernt, sich zu verteidigen", meint LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Der britische GUARDIAN beschäftigt sich mit dem Verhältnis von US-Präsident Trump und Russlands Präsident Putin: "Der Angriff auf Kiew zeigt, dass Putin den US-Präsidenten auf die Probe stellt. Trump scheint jedoch nicht in der Lage zu sein, die naheliegende Schlussfolgerung zu ziehen, und seiner erklärten Wut entsprechende Taten folgen zu lassen. Stattdessen macht er weiterhin Selenskyj Vorwürfe für Russlands unprovozierte Invasion der Ukraine", klagt die Zeitung THE GUARDIAN aus London.
Die Zeitung THE IRISH INDEPENDENT ist überzeugt: "Putin hat nicht die Absicht, nachzugeben. Anstatt für seine Aggression bestraft zu werden, wird er belohnt. Nachdem er in den USA gelobt und bejubelt wurde, ist er nun vom chinesischen Staatschef Xi Jinping nach Peking eingeladen worden. Aus Peking kommt ein klares Signal: Wenn es ein Machtvakuum zu füllen gibt, ist China bereit, dies zusammen mit seinen Freunden zu tun."
Die USA haben Importe aus Indien mit Zöllen von 50 Prozent belegt. Doch vielleicht treffen sie das bevölkerungsreichste Land gar nicht so heftig, überlegt die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN: "Indien hat in der Vergangenheit ein vernünftiges Verhältnis zu vielen aufgebaut. Premierminister Modi muss nun auf jeden Fall viel reisen und reden. Ende der Woche trifft er Putin und Xi Jinping auf dem Gipfel der Schanghai-Gruppe im chinesischen Tianjin. Trumps Zollmauern werden natürlich eines der Themen sein, denn sie betreffen alle drei. Wird sich Modi Putin und Xi in die Arme werfen? Das wäre schlecht, vor allem für die Ukraine. Will Modi lieber Trumps bester Freund werden? Beides ist unwahrscheinlich. Modi will sich vermutlich am liebsten in seiner Mittelposition halten, aber einfach wird das nicht", prophezeit AFTENPOSTEN aus Oslo.
Ähnlich sieht es die SOUTH CHINA MORNING POST aus Hongkong: "Die hohen Zölle könnten sich als Segen erweisen und die Bemühungen um eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Nachbarn Indien und China verstärken. Die beiden Länder haben vereinbart, einen ärgerlichen Territorialstreit beizulegen und den wechselseitigen Handel und Direktflüge wieder aufzunehmen. China und Indien müssen sich gegenseitig als Partner ansehen. Von Elektrofahrzeugen bis hin zu Mobiltelefonen können beide Seiten voneinander stark profitieren. Hätten sie schon früher engere Handelsbeziehungen geknüpft, wäre es für die USA von vornherein schwieriger gewesen, höhere Zölle zu erheben. Doch wie man so sagt: Besser spät als nie", meint die SOUTH CHINA MORNING POST.
Für HUANQIU SHIBAO aus Peking sollten Indien und China trotz der Annäherung außenpolitisch unabhängig bleiben: "Trumps Zollpolitik gegenüber Indien hat Neu-Delhi sicher verärgert. Es ist jedoch falsch anzunehmen, dass Modi nur deshalb an diesem Wochenende nach China zum Gipfel der Shanghaier Kooperationsorganisation kommt und Gespräche mit Xi Jinping führt. China und Indien streben außenpolitisch vollständige strategische Autonomie an. Keines der beiden Länder will von irgendeinem Lager eingenommen werden. In einer multilateralen Welt ist das eine vernünftige Wahl", findet die chinesische HUANQIU SHIBAO.
Wenige Tage nach dem Treffen der Shanghai-Gruppe richtet China in Peking eine große Militärparade aus. Als Gäste hat Präsident Xi Jinping unter anderem Russlands Präsident Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un geladen. LIANHE ZAOBAO aus Singapur sieht darin eine dreifache Botschaft: "Vor allem Amerika soll die Bildersprache verstehen: China hat Freunde und ist in der Lage, dem Druck aus Washington, in erster Linie hinsichtlich der Handels- und Zollpolitik der Trump-Administration, standzuhalten. Russland will damit demonstrieren: Die westlichen Sanktionen werden nichtig durch die guten Beziehungen zu China. Und Kims Anwesenheit appelliert an Peking: Gib meinem Land Hilfe."
Auch die in Tokio erscheinende NIHON KEIZAI SHIMBUN widmet sich der Gästeliste bei der Parade in Peking: "Zum ersten Mal tritt Kim Jong-Un auf der multilateralen außenpolitischen Bühne auf. Er hat das lange vermieden, weil das zum nordkoreanischen außenpolitischen Prinzip nicht passt, wo der oberste Führer stets die Hauptrolle spielen muss. Diese Tradition bricht er nun, weil er wohl feststellt, dass die aktuelle internationale Lage eine Gelegenheit bietet, wo er die für ihn günstige Außenpolitik betreiben kann. Wahrscheinlich will Nordkorea eine Achse China-Nordkorea-Russland bilden, um sich gegen die von den USA geführte Weltordnung zu stellen", vermutet NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Japan.
Die Zeitung ILTA-SANOMAT aus Helsinki nennt die drei Herrscher "Seelenverwandte" und führt weiter aus: "Kim meidet sonst Reisen, Putin wird vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht - nun sind sie zum ersten Mal gemeinsam bei Xi. Die Gästeliste der Militärparade unterstreicht den vermeintlichen Triumph des Autoritarismus unter der Führung Chinas. Die Parade ist aber auch ein Zeichen der Unterstützung für Russlands Krieg gegen die Ukraine, und China zeigt damit sowohl den USA unter Trump als auch der EU den Mittelfinger. Das Selbstbewusstsein der Diktaturen wächst - und das im Eiltempo", konstatiert ILTA-SANOMAT aus Finnland.
Zum letzten Thema: "In Gaza stirbt die Menschlichkeit" schreibt die türkische Zeitung BIRGÜN angesichts der verheerenden Lage dort und fordert mehr Engagement von der internationalen Gemeinschaft: "Israels Angriffe auf Gaza gehen weiter. Die UNO und das internationale Recht sind machtlos. Aufgrund des internationalen Drucks der Ärzteschaft sah sich die Israelische Ärztekammer IMA gezwungen, eine Erklärung abzugeben. In einem Brief an Armeechef Eyal Zamir soll die Besorgnis über Schäden an Gesundheitseinrichtungen, Patienten und Zivilisten zum Ausdruck gebracht worden sein. Auch der Weltärzteverband WMA hat eine ähnliche Erklärung abgegeben. Sie ist wichtig. Sie zeigt den Wert internationaler Bemühungen, vor allem, wenn die Einwände immer wieder aus mächtigen Kreisen kommen. Diesem Übel Einhalt zu gebieten ist eine dringende Angelegenheit der gesamten Menschheit und darf nicht der 'Gnade' der Herrscher einzelner Länder überlassen werden", mahnt die in Istanbul erscheinende BIRGÜN.
Die Zeitung AL AYYAM aus Ramallah analysiert: "Die Gewalt, mit der Israel im Gazastreifen wie auch im Westjordanland vorgeht, sorgt in der internationalen Öffentlichkeit zunehmend für Unmut. Ungeachtet dieser Entwicklung wie auch der wachsenden Erschöpfung der israelischen Armee treibt Israels Premier Netanjahu den Krieg aber weiter. Dabei ist der Erfolg zweier Ziele, der Freilassung der Geiseln und die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung, weiterhin ungewiss. Es scheint, als hätten Israelis keine andere Wahl als sich den eigenen Extremisten entgegenzustellen. Denn diese sind zu einer existenziellen Bedrohung für das eigene Land und dessen Ansehen als Mitglied der internationalen Gemeinschaft geworden." Mit dieser Stimme von AL AYYAM endet die internationale Presseschau.