04. September 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit Kommentaren zur Militärparade in China und dem Angriff des US-Militärs auf ein mutmaßliches Drogen-Schmugglerschiff. Zunächst geht es aber um das geplante Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur, das gestern eine weitere Hürde genommen hat.

Das Logo des Mercosur ist an einer Wand hinter Flaggen der Mercosur-Mitglieder am Rande eines Gipfels des Wirtschaftsbündnisses zu sehen.
Die neue Freihandelszone mit mehr als 700 Millionen Einwohnern wäre nach Angaben der EU-Kommission die weltweit größte. (picture alliance / dpa / Santiago Mazzarovich)
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT ist überzeugt: "Die Vereinbarung bietet Europa zwar nur beschränkte, aber dennoch deutliche wirtschaftliche Vorteile. Nur als Block wird Europa eine Antwort auf die immer härtere Machtpolitik der USA und Chinas finden können, die nicht zögern, ihre Wirtschaftsmacht als Waffe einzusetzen. Letztlich sprechen politische und wirtschaftliche Argumente für das Mercosur-Abkommen. Europa muss seine Abhängigkeit von den USA und China verringern. Dazu muss es mehr Vielfalt bei den Absatzmärkten und Lieferwegen geben, und der Zugang zu wichtigen Rohstoffen muss gesichert werden. Die Zusammenarbeit mit mehr oder weniger gleichgesinnten Ländern in Nord- und Südamerika, Asien, Afrika und Ozeanien ist daher von enormer Bedeutung", bekräftigt DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die französische Zeitung LES ECHOS aus Paris hält fest: "Letztlich werden 91 Prozent der von europäischen Unternehmen exportierten Waren von Zöllen befreit sein. Insgesamt werden europäische Unternehmen durch dieses Abkommen mit dem Mercosur etwa vier Milliarden Euro an Zöllen einsparen können. Die Stärke der EU lag schon immer im Handel. Und auch wenn wir nun weniger naiv hinsichtlich der Absichten und Praktiken unserer Partner sein müssen, sollten wir weiterhin an den freien Handel glauben und uns dafür einsetzen."
Die belgische Zeitung DE STANDAARD wirft ein: "Seit 25 Jahren verhandelt die Europäische Kommission über ein Freihandelsabkommen mit vier südamerikanischen Ländern, die im regionalen Handelsblock Mercosur vereint sind: Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Die größten Stolpersteine waren immer die gleichen: Europäische Bauernorganisationen befürchteten, von billigem Fleisch aus der Pampa überschwemmt zu werden. Die lateinamerikanischen Länder prangerten die europäischen Umweltklauseln gegen Entwaldung unter anderem als versteckte Handelsbarrieren an. Mehrmals wurde der Deal für tot erklärt. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob die Garantien und Vorteile ausreichen, um das Handelsabkommen über den Protest der Landwirte hinaus und durch den Rat und das Europäische Parlament zu bringen", folgert DE STANDAARD aus Brüssel.
Die österreichischen SALZBURGER NACHRICHTEN blicken auf die Militärparade in Peking: "Das Militärspektakel, offiziell ausgerichtet, um das Ende des Zweiten Weltkriegs zu feiern, eigentlich ausgerichtet, um das Bündnis dreier vom Westen sanktionierter Autokraten zu besiegeln, zeigte im Gleichschritt: Wladimir Putin, Xi Jinping, Kim Jong Un. Bilder der Stärke, der Harmonie und der Drohung, die jeden demokratisch gesinnten Menschen erschaudern lassen", fürchten die SALZBURGER NACHRICHTEN.
"Putin, Xi Jinping und der Rest der Welt. Entsteht tatsächlich eine antiwestliche Allianz?", fragt die polnische RZECZPOSPOLITA und listet auf: "Ohne Chinas technologische und wirtschaftliche Unterstützung hätte Russlands Staatschef Putin nicht ein viertes Kriegsjahr in der Ukraine realisieren können. Ohne nordkoreanische Truppen hätte er die ukrainischen Streitkräfte nicht aus der Oblast Kursk vertrieben. Ohne den belarussischen Diktator hätte er Kiew 2022 nicht angegriffen. Man kann durchaus von einer zunehmenden militärischen Zusammenarbeit zwischen den vier Diktatoren sprechen, und gemeinsame Manöver sind in Zukunft nicht ausgeschlossen. Eine Formalisierung dieser Zusammenarbeit ist jedoch noch weit entfernt – falls sie überhaupt jemals möglich sein wird", gibt RZECZPOSPOLITA aus Warschau Entwarnung.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA stellt fest: "Die Besorgnis Washingtons über den Ausbau des Atomwaffenarsenals Pekings wird nun durch die bei der Parade auf dem Platz des Himmlischen Friedens präsentierten Waffen konkretisiert. China verfügt nun auch über eine 'nukleare Triade' mit Waffen, die aus der Luft, vom Boden und aus See von U-Booten aus eingesetzt werden können. Sicher sind Paraden kein Indikator für die tatsächliche Kampfkraft, aber die gestrige Militärparade in Peking hat den 'Großen Sprung nach vorn' sichtbar gemacht, um Mao Zedong zu zitieren, den die Volksarmee in nur zehn Jahren vollbracht hat", warnt LA REPUBBLICA aus Mailand.
Die türkische Zeitung CUMHURIYET erläutert, dass der Einfluss der USA sinkt, während der Einfluss Chinas steigt: "Anstatt die internationale Position der USA zu stärken, hat diese protektionistische Tendenz das Misstrauen der Verbündeten gegenüber den USA verstärkt und neue Kooperationen gefördert. So begannen sich das globale Sicherheitsgleichgewicht und die Architektur der Allianzen in eine Richtung zu verändern, die die USA zunehmend isoliert. Als Trump führende EU-Politiker im Oval Office wie Schuljungen vorführte, war das auch der Beweis für die Schwächung der Führungs- und Vorbildfunktion der USA – und damit ihrer Hegemonie", erinnert CUMHURIYET aus Istanbul.
Die britische FINANCIAL TIMES beobachtet: "Obwohl Staats- und Regierungschefs aus ganz Asien und anderen Regionen nach China strömten, befürchten viele von ihnen wohl insgeheim, dass die Hegemonie der demokratischen USA durch die eines kommunistischen Chinas ersetzt werden könnte. Der unter Präsident Trump begonnene Zusammenbruch der internationalen Führungsrolle der USA könnte noch aufgehalten werden. Doch wenn dies nicht geschieht, sollten andere Nationen und Blöcke eine größere Rolle spielen – insbesondere die EU, die bislang stets unter ihren Möglichkeiten bleibt. Die Welt braucht zwar eine neue globale Ordnung, aber keine, die von Xi Jinping entworfen wurde", fordert die FINANCIAL TIMES aus London.
Zum nächsten Thema. Die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN befasst sich mit dem Angriff des US-Militärs auf ein mutmaßliches Drogen-Schmugglerschiff und den Folgen: "Nach einer Woche außerhalb des Rampenlichts trat US-Präsident Trump wieder vor die Presse und erläuterte seine politischen Präferenzen. Unmengen von Drogen strömten ins Land, und viele davon kämen aus Venezuela, sagte er und erklärte, warum ein mutmaßliches Drogenhändlerschiff in internationalen Gewässern von der US-Marine versenkt wurde. Trump spricht schon lange von Expansion und hat unter anderem Grönland auf dem Schirm. Warum sollte er also dem Impuls widerstehen, mit Venezuela das Land mit den weltweit größten Ölreserven zu kolonisieren?" fragt SYDSVENSKAN aus Malmö.
Die venezolanische Zeitung ULTIMAS NOTICIAS hält dagegen: "Es gibt Belege dafür, dass ein Land sehr wohl dafür sorgen könnte, das Geschäftsmodell des globalen Drogenhandels dramatisch zu schwächen - und dieses Land ist nicht Venezuela. Die USA sind der weltweit größte Abnehmer von Drogen, und die enorme Nachfrage ist der finanzielle Motor, der die gesamte Handelskette am Leben hält. Die Vorwürfe gegen unser Land sind somit haltlos. Schon 2006 warnte der damalige venezolanische Präsident Chávez davor, dass der Drogenhandel als Vorwand für Aggressionen gegen Venezuela genutzt werden könne. So wird das Thema geopolitisch instrumentalisiert, statt den legitimen Kampf gegen Drogen zu führen", bemerkt ULTIMAS NOTICIAS aus Caracas.
Die mexikanische Zeitung LA RAZON warnt: "Am Ende trägt Trumps militärischer Druck auf Venezuela dazu bei, Maduros Legitimität in den Augen der lateinamerikanischen Gemeinschaft zu stärken. Die lange Geschichte des Kalten Kriegs in der Karibik sollte genug Lehren für die Gegenwart parat halten. Denn dazu gehört vor allem die Erfahrung Kubas, dass die Androhung einer militärischen Invasion durch die USA ein politisches Regime ohne demokratische Legitimität sehr wohl stärken kann. Und das weiß Nicolás Maduro und nutzt es zu seinen Gunsten", konstatiert die in Mexiko-Stadt erscheinende Zeitung LA RAZON. Damit endet die internationale Presseschau.