
Nach dem bislang größten Luftangriff Russlands mit mehr als 800 Drohnen ist die spanische Zeitung EL MUNDO überzeugt: "Das zeigt, dass das Ziel von Wladimir Putin nach wie vor darin besteht, sich das Nachbarland zu unterwerfen. Diese Eskalation der russischen Angriffe unterstreicht, dass Donald Trump mit der Suche nach einem Friedensabkommen gescheitert ist: Trump hat mit seiner Appeasement-Politik lediglich Putin gestärkt und Selensykj geschwächt. Die Ukraine wird erst dann in der Lage sein zu verhandeln, wenn sie über ausreichende Sicherheitsgarantien verfügt", konstatiert EL MUNDO aus Madrid.
Für die in Baku erscheinende Zeitung MÜSAVAT ist es längst nicht mehr nur ein Krieg zwischen zwei Staaten: "Der Krieg wird nicht mehr nur mit Panzern und Raketen, sondern auch über Kapitalströme und Marktstrukturen geführt. Die Aussage des ukrainischen Geheimdienstchefs zu einem möglichen russischen Angriff auf Europa hat die Sicherheitsbedenken verstärkt. Wie man sieht, ist der Krieg in der Ukraine nicht mehr nur regionaler, sondern auch globaler Natur. All dies deutet darauf hin, dass der Krieg nicht so schnell enden, sondern eine tiefere und vielschichtigere Ebene erreichen wird" vermutet MÜSAVAT aus Aserbaidschan.
Die polnische GAZETA WYBORCZA betrachtet die aktuelle Situation in der besonders umkämpften Donbass-Region: "Dass die russische Seite in den letzten Monaten keine spektakulären Erfolge erzielen konnte, bedeutet nicht, dass es den Ukrainern gelungen wäre, die Lage an der Front zu stabilisieren. Der deutliche russische Vorteil, sowohl personell als auch materiell, macht sich bemerkbar. Die Verlegung von russischen Luftlandetruppen und Marineinfanterie in die Oblast Donezk deutet darauf hin, dass der Kreml offenbar die entscheidende Phase des Angriffs auf die Region Donezk vorbereitet. Somit geht die Sommerphase des russischen Feldzugs fließend in die Herbstphase über", notiert die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Nun ein Blick nach Frankreich. Dort will Premierminister Bayrou heute die Vertrauensfrage stellen. Es wird mit der Abwahl der Regierung gerechnet, da alle Oppositionsparteien angekündigt haben, Bayrou die Zustimmung zu verweigern. Die britische Zeitung THE GUARDIAN warnt davor, dass die Krise in der französischen Politik zu lange dauern könnte. "Das wird nur die Unterstützung für die nationalistische, einwanderungsfeindliche Rechte weiter anheizen und die erschöpften Mainstream-Parteien weiter diskreditieren. Angesichts der Stimmung in den sozialen Medien und einer wachsenden, dem US-amerikanischen Vorbild nachempfundenen rechtsextremen Medienlandschaft, die gegen Kriminalität, Einwanderung und den Islam wettert, scheinen Le Pen und ihr junger Protegé Jordan Bardella dem Machtgewinn immer näher zu kommen", befürchtet THE GUARDIAN aus London.
DER STANDARD aus Wien schreibt dazu: "Präsident Macron steht vor einem Scherbenhaufen. Die Schuld trägt er selbst: 2024 hatte er hoch gepokert und Neuwahlen angesetzt, die er prompt verlor. Jetzt betätigt sich auch sein Premierminister Bayrou als Zocker: Der Christdemokrat knüpft sein persönliches Schicksal an das Sparbudget; damit treibt er viele Menschen auf die Straße. Das wollen die Linke und die Rechte dafür nützen, den Premier im Parlament zu Fall zu bringen. Mit der raschen Nominierung eines linken Premiers könnte Macron die angekündigten Blockaden und Proteste ins Leere laufen lassen – eine sehr attraktive Option für den Präsidenten", findet DER STANDARD aus Österreich.
JIEFANG RIBAO aus Shanghai analysiert: "Auch wenn Präsident Macron im Amt bleiben könnte, ist er wieder einmal herausgefordert. Über die Machtverhältnisse hinaus ist das Land aktuell mit einem strukturellen Problem konfrontiert. Macron hat die Notwendigkeit der Reformen richtig erkannt, hat auch den Willen, diese durchzuführen. Nur: Er oder wer auch immer an der Macht ist, ist von diesem System gefesselt. Frankreich steckt in einem Dilemma."
Die französische Zeitung LES ECHOS prophezeit negative Auswirkungen auf die Wirtschaft, sollte die Regierung Bayrou stürzen: "Der Skandal besteht darin, dass dieses Chaos und dieser politische Unsinn wirtschaftliche Kosten verursachen. Und zwar nicht nur bei den Zinssätzen für Staatsanleihen – ein Thema, über das am meisten gesprochen wird. Die Verärgerung der Unternehmenschefs hat in den letzten Tagen mit der Rückkehr der Unsicherheit noch einmal deutlich zugenommen. Man muss kein Hellseher sein, um zu ahnen, dass das ohnehin schon schwache Wachstum dadurch nicht gestärkt wird. Das ist im besten Fall eine Verschwendung, im schlimmsten Fall fast ein Verbrechen", empört sich die Wirtschaftszeitung LES ECHOS.
Themenwechsel. In Norwegen wird heute ein neues Parlament gewählt. Die dänische Zeitung POLITIKEN sieht einen klaren Favoriten: "Premierminister Jonas Gahr Støre von der sozialdemokratischen Arbeiterpartei hat gute Aussichten für vier weitere Jahre an der Spitze der Regierung in Oslo. Gemeinsam mit Jens Stoltenberg dürfte er als Sieger aus dem Kampf gegen die bürgerliche Spitzenkandidatin Erna Solberg hervorgehen. Stärkste Partei im rechten Lager könnte die rechtspopulistische 'Fortschrittspartei' werden, und das entspricht dem Trend, der sich auch in den USA und anderen europäischen Ländern beobachten lässt. Doch eine neue Regierung zimmern zu müssen, wird nicht einfach, weil die Spannweite dann vom linken Rand bis zur ländlichen und traditionell EU-skeptischen Zentrumspartei reicht", heißt es bei POLITIKEN aus Kopenhagen.
DAGENS INDUSTRI aus dem Nachbarstaat Schweden betont den Zusammenhalt der nordischen Länder - unabhängig vom Wahlausgang in Norwegen. "Wenn die USA von ihrer historischen Rolle als westliche Schutzmacht Abschied nehmen und destruktive Kräfte immer koordinierter und aggressiver auftreten, gilt zunehmend das Recht des Stärkeren - und das nicht nur in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Wir nordischen Länder mögen Mitglieder in der NATO und einige von uns auch in der EU sein, aber die Möglichkeiten zur Einflussnahme für uns als Einzelstaaten schrumpfen. Statt zu betonen, was uns trennt, sollten wir uns daran erinnern, was wir gemeinsam haben: Wir sind stabile Demokratien mit ähnlicher Kultur, geringer Korruption und einer ähnlichen Haltung zum Klimawandel. Wir teilen geopolitische Interessen und die Haltung zu Russland. Es gibt also viel zu gewinnen von einer verstärkten Zusammenarbeit", hebt DAGENS INDUSTRI aus Stockholm hervor.
Zum letzten Thema: Papst Leo XIV. hat einen 2006 an Leukämie gestorbenen Teenager heilig gesprochen. Carlo Acutis galt als Computergenie und hat sein Wissen in den Dienst der katholischen Kirche gestellt. Der britische INDEPENDENT wirft einen kritischen Blick auf den Prozess der Heiligsprechung: "Um heilig gesprochen zu werden, müssen das Leben und die Schriften einer Person untersucht werden; Ärzte müssen Wunderbehauptungen untersuchen, denn vor der Heiligsprechung müssen zwei unerklärliche Heilungen von Krankheiten mit dem zukünftigen Heiligen in Verbindung gebracht werden. Zwei solche Heilungen wurden Carlo zugeschrieben, nachdem Menschen gebetet hatten, dass er sich für die Kranken einsetzen möge. All diese Untersuchungen kosten viel Geld, über das religiöse Orden zwar verfügen, Privatpersonen jedoch in der Regel nicht. Carlos trauernde Mutter hatte dieses Geld, also investierte sie in seine Heiligsprechung. Möge die Kirche einen anderen Weg finden, Menschen zu ehren, die keine finanzielle Maschinerie hinter ihrer Sache haben. Es muss doch noch andere Carlos geben", fordert THE INDEPENDENT aus London.