10. September 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen zur Parlamentswahl in Norwegen. Viele ausländische Zeitungen beschäftigen sich mit dem israelischen Angriff auf führende Mitglieder der militant-islamistischen Hamas in Katars Hauptstadt Doha.

Nach einem mutmaßlich israelischen Angriff auf ein Gebäude, in dem die politische Führung der Hamas untergebracht war, in Doha, Katar, Schäden zu sehen.
Im Mittelpunkt der Kommentare steht der israelische Luftschlag gegen führende Hamas-Mitglieder in Doha. (Jon Gambrell/AP/dpa)
Die türkische Zeitung HABERTÜRK vermutet: "Es geht nicht nur darum, die Hamas-Führung ins Visier zu nehmen. Natürlich hat Israel die Unterstützung der Hamas durch Doha nie akzeptiert. Aber mit diesem Angriff zielt Israel auch auf die Vermittlung Katars auf internationaler Ebene ab. Es genügt, Katar aus diesem Blickwinkel zu betrachten. In diesem Land haben die USA, Großbritannien, Frankreich und die Türkei Militärbasen. Der Luftwaffenstützpunkt Al Ubayd ist die größte Militäreinrichtung der USA im Nahen Osten. Israel greift also ein Land an, in dem sich ein solcher Stützpunkt befindet, und die Vereinigten Staaten billigen und unterstützen Israel in dieser Angelegenheit. Katars Rolle als Vermittler kann so nicht weitergehen", folgert HABERTÜRK aus Istanbul.
Die britische Zeitung THE TELEGRAPH aus London ist sich sicher: "Die Aussicht auf ein Friedensabkommen zur Beendigung des Gaza-Konflikts scheint nach dem israelischen Angriff auf hochrangige Hamas-Führer weiter denn je entfernt. Israel ist nie von der Einschätzung abgewichen, dass seine Sicherheit nur dann gewährleistet ist, wenn die Hamas vollständig vernichtet ist. Und diese Ansicht ist möglicherweise nicht falsch."
Israel habe seinen Ruf als kriegstreiberischer Staat weiter gefestigt, urteilt die israelische Zeitung HAARETZ: "Der Angriff in Katars Hauptstadt Doha war gefährlich und unnötig. Die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu bestätigte damit, was schon lange vermutet wurde: Sie will kein Waffenstillstandsabkommen in Gaza, das auch die Rückkehr der von der Hamas festgehaltenen Geiseln sichern würde. Das einzige Ziel ist die Fortsetzung des Krieges und - wenn möglich - dessen Ausweitung auf neue Fronten", notiert HAARETZ aus Tel Aviv.
Die chinesische Zeitung XINJINGBAO aus Peking glaubt: "Durch diesen eklatanten Verstoß gegen Völkerrechtsnormen hat Israel sein bereits stark ramponiertes Ansehen in der Welt weiter demontiert. Sollte Katar seine Vermittlerrolle nun aufgeben, wird voraussichtlich Ägypten an dessen Stelle treten, damit ein möglicher Friedensprozess nicht vollends zum Erliegen kommt."
Die niederländische Zeitung DE TELEGRAAF betont, Israel habe die Hamas-Führung in Katar schon "seit fast zwei Jahren im Visier. Nun entschied es sich, den Abzug zu betätigen - wohl wissend, dass damit eine diplomatische Lösung für Gaza in weite Ferne gerückt ist. Mit dem Angriff in Katar und der Evakuierungsanordnung für Gaza-Stadt am Tag davor hat Israel einen Waffenstillstand bis auf weiteres ausgeschlossen. Fast eine Million Palästinenser sollen rasch die 'Hauptstadt der Hamas' verlassen und in ein Gebiet an der Küste ziehen, das laut Hilfsorganisationen so viele Menschen nicht aufnehmen kann. Die Angehörigen der Geiseln befürchten nun zum wiederholten Mal, dass das Todesurteil für ihre Lieben gefällt ist", erläutert DE TELEGRAAF aus Amsterdam.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau spekuliert, die israelische Führung sei möglicherweise von Katars Rolle als Vermittler enttäuscht: "Die jüngsten Gespräche über die Freilassung der Geiseln scheiterten trotz Dohas Druck auf die Hamas. Das israelische Militärkommando rief nun die Bewohner von Gaza-Stadt zur Evakuierung auf – es wird in naher Zukunft ein Großangriff auf die Hauptstadt der Enklave erwartet. Das Schicksal der Geiseln gibt Anlass zur Sorge."
Die US-amerikanische Zeitung THE WALL STREET JOURNAL aus New York betont, es werde versucht, zwischen "den 'politischen' und 'militärischen' Führern der Hamas zu unterscheiden, aber beide sind Terroristen. Dass sie in Anzügen aus Luxushotels operieren, ändert nichts an der moralischen Bewertung." 
Die arabischsprachige Zeitung AL QUDS AL-ARABY aus London findet, der Angriff demonstriere auch "die katastrophale Weigerung, auf die Mittel der Politik zu setzen. Stattdessen stärkt er die Logik militärischer Überlegenheit - nicht nur mit Blick auf die palästinensischen Gebiete, sondern die arabische Welt insgesamt. Fügt man Netanjahus jüngste Drohungen gegen Ägypten hinzu, dann zielt Israel offenbar auf den Untergang der arabischen Souveränität insgesamt."
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona bilanziert auch mit Blick auf den Ukraine-Krieg: "Israel und Russland haben - jeder auf seine Weise - endgültig alle Brücken gesprengt, die zu einem Waffenstillstand oder einem Friedensabkommen in Gaza und in der Ukraine führen könnten. Der Frieden ist in beiden Fällen heute weiter entfernt denn je. Sowohl der israelische Regierungschef als auch der russische Präsident setzen ihre Interessen durch. Israel und Russland treiben ihre Kriegskampagnen unbeirrt voran." Das war LA VANGUARDIA.
Themenwechsel. Die finnische Zeitung HELSINGIN SANOMAT geht auf die Parlamentswahlen in Norwegen ein. Das Blatt stellt fest: "Premierminister Jonas Gahr Støre hat sich eine zweite Amtszeit sichern können. Seine sozialdemokratische Arbeiterpartei blieb mit rund 28 Prozent die stärkste Kraft, und die rotgrünen Parteien haben zusammen eine Mehrheit von zwei Stimmen im Parlament in Oslo. Am stärksten zulegen konnte die einwanderungsfeindliche Fortschrittspartei, die sich mit 24 Prozent mehr als verdoppelte. Im Gegenzug stürzte die konservative Høyre auf unter 15 Prozent ab, weshalb sich Parteichefin Erna Solberg nun mit Rücktrittsforderungen konfrontiert sieht. Dabei hatte es lange nach einer heftigen Niederlage für Støre ausgesehen. Der Meinungsumschwung wird unter anderem damit erklärt, dass der nach wie vor äußerst beliebte Jens Stoltenberg zum neuen Finanzminister ernannt wurde. Außenpolitisch profitierte die Regierung von der durch Trump ausgelösten Unruhe, die unentschlossene Wähler dazu brachte, für das erfahrene Duo Støre-Stoltenberg zu stimmen. Die meisten gehen davon aus, dass Støre eine Minderheitsregierung mit Unterstützung kleinerer linker Parteien bildet - doch werden diese ihre Bedingungen stellen", erwartet HELSINGIN SANOMAT aus Helsinki.
Die schwedische Zeitung DAGENS INDUSTRI nennt Gründe, warum das linke Lager die Parlamentswahlen in Norwegen gewonnen hat: "Die Ernennung von Jens Stoltenberg zum Finanzminister, seine effektive Steuerpolitik und die Unsicherheit in der Frage, wer bei einem konservativen Sieg an der Spitze der nächsten Regierung gestanden hätte - das sind nur einige davon. Tatsächlich wurde das Thema Vermögenssteuer im Wahlkampf heftig diskutiert, aber als sich Stoltenberg offen für eine Reform zeigte, beruhigte er viele Wähler der Mitte. Diese Gruppe war unzufrieden mit der rotgrünen Steuerpolitik, war aber auch nicht erfreut über die Aussicht, für konservative Parteien zu stimmen und dann womöglich Sylvi Listhaug von der rechtspopulistischen Fortschrittspartei als Premierministerin zu bekommen. Auch Schwedens Konservative sollte daraus ihre Lehre ziehen", empfiehlt DAGENS INDUSTRI aus Stockholm.
Die norwegische Zeitung DAGBLADET aus Oslo bilanziert den Ausgang der Abstimmung so: "Es war keine allzu große Überraschung, dass die rechtspopulistische Fortschrittspartei die stärkste Kraft innerhalb des konservativen Lagers wurde. Aber dass sie mehr Stimmen bekommen würde als die drei anderen Parteien zusammen, hatten wohl nur wenige erwartet. Das hätte bedeutet, dass die Partei bei einem bürgerlichen Wahlsieg mit Sylvi Listhaug die nächste Regierungschefin gestellt hätte. Allerdings trug genau dieses mögliche Szenario stark dazu bei, dass der sozialdemokratische Premier Jonas Gahr Støre weiter im Amt bleiben kann. Trotzdem waren noch nie so viele Parteien nötig, um im Parlament auf eine Mehrheit zu kommen. Dass die Arbeiterpartei ihr bestes Ergebnis seit 2013 erzielt hat, liegt auch an ihrer Fähigkeit, Sicherheit und Zuversicht in der Außen- und Sicherheitspolitik zu verbreiten", unterstreicht DAGBLADET.