10. Oktober 2025
Die internationale Presseschau

Die uns vorliegenden internationalen Zeitungen befassen sich insbesondere mit dem US-Friedensplan für den Gazastreifen:

Die leere Küstenregion in der Nähe von Gaza-Stadt. Man sieht nur einen Fahrradfahrer.
Ein Teil der israelischen Truppen hat sich wohl schon aus der Küstenregion von Gaza zurückgezogen. (AP / Abdel Kareem Hana)
Skeptisch ist die österreichische Zeitung DIE PRESSE: "Beendet ist der Krieg in Gaza mit dem Geisel-Deal leider noch nicht. Israel und die Hamas haben sich erst auf die erste Phase des 20-Punkte-Plans geeinigt, den Trump am Rande der UNO-Generalversammlung in New York vorgestellt hat. Der Teufel steckt im Detail. Die Hamas hat zunächst weder ihrer Entwaffnung noch ihrer Entmachtung öffentlich zugestimmt. Sie wird versuchen, in irgendeiner Form politisch und militärisch zu überleben. Das jedoch wäre für Israel inakzeptabel. Der Waffenstillstand bräche vermutlich sehr rasch wieder zusammen. Sollte der Friedensdeal jedoch zustandekommen, zerfällt mit hoher Wahrscheinlichkeit die israelische Koalitionsregierung. Im Fall eines Friedens steuert Israel auf Neuwahlen zu", prognostiziert die Wiener Zeitung DIE PRESSE.
Ähnlicher Meinung ist der Gastkommentator der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN: "Angesichts der humanitären Katastrophe in Gaza ist es zu begrüßen, wenn die Kämpfe zwischen Israel und der Hamas, wenn auch nur vorübergehend, tatsächlich gestoppt werden. Allerdings darf bezweifelt werden, wie groß das Interesse von Präsident Trump an einer dauerhaften Waffenruhe ist. Trump wollte kurz vor der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises sicher seine Leistung groß verkaufen. Aber durch die Freilassung der Geiseln und eine vorübergehende Waffenruhe wird sein Gesicht gewahrt. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Trump mit der Lage weiter ernsthaft beschäftigt, wenn Israel seine Angriffe auf Gaza – aus welchen Gründen auch immer – wieder beginnen würde", prognostiziert ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
"Der Friedensplan ist da, kommt auch der Frieden?", fragt die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO aus Schanghai und führt weiter aus: "Es wäre naiv zu glauben, dass Trumps Gaza-Abkommen das Fundament für einen dauerhaften Frieden geschaffen hätte. Dieser Krieg hat eine derartige Intensität und Brutalität erreicht, so dass das Vertrauen zwischen Israelis und Palästinensern jeder Grundlage entbehrt. Viele westliche Staaten haben einen Palästinenser-Staat anerkannt. Das zeigt das Streben nach Fairness und Gerechtigkeit. Langfristig kann so eine politische Basis für die endgültige Lösung der israelisch-palästinensischen Frage geschaffen werden."
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz hält fest: "Die Erfahrung zeigt, dass Hoffnung im Nahostkonflikt stets kurzlebig ist. Sollte es dem US-Präsidenten aber gelingen, aus der jetzigen Dynamik das Fundament für die Stabilisierung des Gazastreifens und eine künftige Friedensordnung zu schaffen, hätte er seinen ersehnten Nobelpreis wahrlich verdient."
Die französische Zeitung LE FIGARO notiert: "Im komplizierten Nahen Osten haben die einfachen Ideen des US-Präsidenten die Hamas dazu gezwungen, auf die Geiseln zu verzichten, ihren einzigen Trumpf im Machtkampf. Gestützt auf seine arabischen Verbündeten lässt Trump die Europäer, die künftig Einfluss nehmen wollen, außen vor – sie werden nur zur Finanzierung des Wiederaufbaus herangezogen. Trump und sein Umfeld sind von der friedensstiftenden Wirkung des Geldes überzeugt, berücksichtigen aber nun auch die nationalen Bestrebungen der Palästinenser. Dies ist der Schlüssel, um von einem Gefangenenaustausch zu einem echten Friedensprozess zu gelangen", meint der Pariser FIGARO.
Die israelische Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv äußert sich verhalten optimistisch: "Es sieht so aus, als würde der Krieg nach zwei Jahren und zwei Tagen endlich zu Ende gehen. Wir müssen Trump dankbar sein, denn ohne ihn wäre all dies nicht geschehen. Letztlich hat der israelische Ministerpräsident Netanjahu das Richtige getan, natürlich nachdem er alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hatte. Dies geschah nicht nur aufgrund des Drucks von Trump, sondern auch aufgrund der unerschütterlichen Unterstützung der Öffentlichkeit für ein Abkommen."
In einem Gastkommentar der NEW YORK TIMES heißt es: "Es ist unmöglich vorherzusagen, ob die hoffnungsvollen und vielversprechenden Schlagzeilen, die sich in Trumps Gaza-Initiative widerspiegeln, tatsächlich ein Ende des Krieges bringen werden, geschweige denn Impulse für einen umfassenderen Frieden setzen können. Es geht um einen grundsätzlichen Konflikt: Wie lassen sich die widersprüchlichen Ziele der Hamas und Israels miteinander vereinbaren? Aus diesem Grund sind alle bisherigen Bemühungen zur Entschärfung des Konflikts nie über die Anfangsphase hinausgekommen. Netanjahus Regierung will, dass die Hamas als militärische Organisation und als politische Einheit verschwindet. Die Hamas wiederum will ihre Waffen behalten, die einflussreichste Kraft im Gazastreifen bleiben und letztlich die palästinensische Nationalbewegung dominieren. Die vergangenen zwei Jahre haben deutlich gemacht, dass in einem Konflikt, der aus Sicht der Konfliktparteien als existenziell wahrgenommen wird, der Einfluss von Außenstehenden von Natur aus begrenzt ist", ist in der NEW YORK TIMES zu lesen.
Der britische GUARDIAN weist auf die schwierige Gemengelage hin: "Die verbleibenden Spannungen sind offensichtlich. Es besteht die Befürchtung, dass Israel seine Offensive wieder aufnehmen könnte, sobald die Geiseln freigelassen worden sind. Trump erklärte bereits, dass in Gaza 'die Hölle losbrechen' würde, wenn sein Wunsch nach Frieden nicht erfüllt würde. In Israel drohen die rechten Minister damit, die Regierung zu stürzen, wenn es einen Waffenstillstand geben sollte. Der US-Präsident will angeblich an diesem Wochenende zur Unterzeichnung eines Abkommens in die Region reisen. Trumps Einfluss könnte erforderlich sein, um ein Scheitern der Gespräche und neuerliche Kämpfe zu verhindern", betont der GUARDIAN aus London.
Die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA befasst sich mit den möglichen Motiven des israelischen Regierungschefs Netanjahu: "Wäre der Krieg nicht gewesen, wäre der israelische Premierminister längst wegen Korruption und Nichterfüllung seiner Verpflichtungen zur Sicherung des Staates gegen den Terroranschlag vom 7. Oktober angeklagt worden. Der Wunsch, einer Gefängnisstrafe zu entgehen, ist Motivation genug, Kriegsverbrechen zu begehen. Und der kompromisslose und gnadenlose Kampf gegen Israel ist die Grundlage der Politik der palästinensischen Radikalen. Die Entscheidung, eine Einigung zu erzielen, wurde mit Euphorie begrüßt. Man kann sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass die Freude nur zur Schau gestellt ist. Die führenden Politiker der zivilisierten Weltgemeinschaft haben bereits gelernt, dass der US-Präsident von Weihrauch profitiert", unterstreicht die Warschauer GAZETA WYBORCZA.
Der Gastkommentator der saudischen Zeitung ARAB NEWS aus Dschidda blickt auf die Lage der Palästinenser: "Die Dynamik zur Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung scheint unaufhaltsam zu sein. Der Völkermord im Gazastreifen hat schließlich auch die Zweifler davon überzeugt, dass Zurückhaltung und Zögern einen hohen Preis haben. Zu viele Länder haben zu lange gewartet, um den Palästinensern das zu gewähren, was ihnen zusteht: einen unabhängigen und lebensfähigen Staat. Trumps Friedensplan ist ein guter Anfang, aber nun muss alles für die Verwirklichung eines souveränen und lebensfähigen palästinensischen Staates getan werden", notiert ARAB NEWS aus Dschidda.
Die panarabische Zeitung SHARQ AL-AWSAT kommentiert: "Nach der Einigung stehen nun die arabischen Länder in der Verantwortung. Sie müssen die Bevölkerung Gazastreifens mit Hilfsgütern versorgen, einer möglichen weiteren Zerstörung des Küstengebiets vorbeugen und für eine Zweistaatenlösung arbeiten. Bei all dem ist die Hamas nur hinderlich. Insgesamt sind die Erfahrungen mit der Miliz katastrophal. Deshalb muss ihre Existenz wie auch die der anderen islamistischen Milizen im Interesse Palästinas, der Araber und der Welt beendet werden. Erst dann wird das Elend der Palästinenser ein Ende finden". unterstreicht SHARQ AL-AWSAT aus London.