31. Oktober 2025
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zum Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie dem Besuch von Bundeskanzler Merz in der Türkei. Zunächst aber geht es um die Parlamentswahl in den Niederlanden.

Ein Mann wird von Journalisten umringt.
Thema in den Zeitungen: Das Abschneiden von Rob Jetten und der Partei D66 bei der Wahl in den Niederlanden. (AFP / SIMON WOHLFAHRT)
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT bilanziert: "Im September stürmten rechtsextreme Aktivisten das Parteibüro von D66. Die Sicherheitsdienste warnten vor den Folgen einer 'Normalisierung rechtsextremen Gedankenguts' durch Äußerungen führender Politiker in Den Haag. Ein großer Teil des Parlaments war sich einig: Die demokratische Rechtsordnung steht unter Beschuss. Vor diesem Hintergrund ist es ein Glücksfall, dass ausgerechnet die angegriffene Partei als Gewinner aus der Wahl hervorging und höchstwahrscheinlich den Ministerpräsidenten stellen kann", findet DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz notiert: "Die Koalition habe sein Programm zum Stopp jeglicher Einwanderung nicht durchgesetzt, erklärte Wilders, nun müsse er eben selbst Regierungschef werden. Eine Zeit lang schien sein Kalkül aufzugehen, aber je näher die Neuwahl rückte, umso mehr dominierte ein anderes Bild: Wilders sei zu extrem, zu selbstverliebt und zu destruktiv, als dass man ihm politische Macht anvertrauen sollte. Die 13 Millionen Wahlberechtigten in den Niederlanden haben ihm nun offiziell das Vertrauen entzogen: Wilders ist der große Verlierer der Wahl, die er selbst provoziert hat", heißt es im TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
Die lettische Zeitung DIENA bemerkt: "Das schwache Abschneiden der PVV hat nicht zu einem Erstarken der traditionellen Parteien geführt - ganz im Gegenteil, sie verlieren nach wie vor Anhänger. Zu den zentralen Forderungen der D66 gehört ein Übergang zur direkten Demokratie, und das bedeutet, dass Referenden zu zentralen Fragen abgehalten werden sollen. Es wird interessant sein zu sehen, wie dieses Versprechen umgesetzt wird", betont DIENA aus Riga.
Die Zeitung SYDNEY MORNING HERALD aus Australien hebt hervor: "Auch wenn D66 ein gutes Wahlergebnis erzielt hat, kann die Partei das Amt des Regierungschefs noch nicht für sich beanspruchen. Jetten hat aber die Wähler zweifellos für sich gewonnen. Jetzt muss er nur noch einige Koalitionspartner überzeugen", erinnert der SYDNEY MORNING HERALD.
Die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN fordert: "Liberale dürfen nie aufhören, für ihre Überzeugungen zu kämpfen, so unwahrscheinlich ein Wahlsieg nach Ansicht von Experten auch sein mag. Während Wilders Schauermärchen über Migranten erzählte, verbreitete der 38-jährige Wahlsieger Rob Jetten Optimismus und sprach von weniger Bürokratie und mehr Wohnungsbau. Auch zu anderen zentralen Themen wie Pflege, Bildung und Klima bot seine Partei progressiven Pragmatismus. Das zeigt Liberalen in Europa, wie man für eine Überraschung sorgen und Wahlen gewinnen kann: Wähler belohnen Politiker, die Lösungen für Probleme präsentieren", meint SYDSVENSKAN aus Malmö.
Die spanische Zeitung EL PAÍS kommentiert: "Die politische Radikalisierung ist nicht unaufhaltsam. Genauso wichtig wie die Tatsache, dass jeder vierte Niederländer eine rechtsextreme Partei gewählt hat, ist die Frage, was die Vertreter der anderen drei Viertel tun werden, um eine Regierung zu bilden, die die Demokratie schützt und den Bürgern Zukunftsperspektiven bietet. Der Rest Europas wird dies aufmerksam beobachten." So weit EL PAÍS aus Madrid.
Einen "Hoffnungsschimmer für Europa" nennt die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA das Wahlergebnis und schreibt: "Nationalistische und populistische Parteien in Paris, Berlin und London könnten bald die Macht ergreifen. Es muss dringend ein Weg gefunden werden, dies zu verhindern. Die Erfahrungen der Niederlande könnten sich hierbei als wertvoll erweisen. Ein triumphierender Rob Jetten verkündete am Wahlabend, die Niederlande hätten 'ein Kapitel ihrer Geschichte' abgeschlossen – sie hätten Europa gezeigt, wie man den Populismus besiege. Der Erfolg der niederländischen Liberalen könnte sich aber noch als Strohfeuer erweisen, wenn sie das Problem nicht angehen, das Wilders bisher so viel Unterstützung eingebracht hat. Der rasante Anstieg der Einwandererzahlen hat eine schwere Wohnungskrise ausgelöst", mahnt RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die slowakische Zeitung PRAVDA moniert: "Es ist keine zu große Freude angebracht. Die Wilders-Partei ist noch immer stark und obendrein konkurrenzlos in ihrem Metier. Zum Durchschnaufen und für das beliebte Gerede über eine Rettung 'europäischer Werte' gibt es keinen Grund. Vor allem nicht, wenn wir zum Eingeständnis bereit sind, dass zu den Hauptthemen der Wahl nicht nur die Migration gehörte, sondern vor allem Fragen wie Wohnen und Wohnungsnot, also sogenannte 'Brot-Themen'. Wenn die liberalen Demokraten in Europa auf solche Themen nicht aus der Abgehobenheit ihrer überheblichen Exklusivität blicken würden, könnten sie schnell sehen, dass auch die Neigung der Wähler zu Extremen nicht immer einen wirklichen Extremismus bedeutet, sondern eine Antwort auf soziale Ungerechtigkeit ist", folgert PRAVDA aus Bratislava.
Das Treffen zwischen US-Präsident Trump und Chinas Präsident Xi ist Thema in der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN: "Trump bewertete das gestrige Treffen mit '12 von 10 Punkten' als erfolgreich, aber man kann nicht sagen, dass die USA von der jüngsten Verhandlung viel gewonnen hätten. Seit der chinesischen Exporteinschränkung für seltene Erden im April laufen die Gespräche nur noch zum Vorteil von China. Die Volksrepublik trifft mit ihren Druckmittel die empfindlichste Stelle der USA", stellt ASAHI SHIMBUN aus Tokio fest.
Die finnische Zeitung KARJALAINEN aus Joensuu urteilt: "Von einem echten Handelsabkommen kann keine Rede sein, denn die Verhandlungen dauern an. Aber letztlich gibt es keine Alternative, da die beiden Länder stark voneinander abhängig sind - und das gilt vor allem für die seltenen Erden aus China und hochentwickelte Mikrochips aus den USA", hebt KARJALAINEN aus Joensuu hervor.
Die tschechische Zeitung HOSPODARSKE NOVINY unterstreicht: "China hat planmäßig eine weltweite Dominanz auf dem Gebiet dieser Rohstoffe aufgebaut. Das ermöglichte es Peking, durch Ausfuhrkontrollen Druck auf Washington auszuüben. Und genauso könnte sich China auch jederzeit gegenüber Europa verhalten. Die Europäer haben dieses Problem seit langem erkannt, machen aber faktisch keine Fortschritte bei dessen Lösung", vermerkt HOSPODARSKE NOVINY aus Prag.
Die in Taipeh erscheinende Tageszeitung LIANHE BAO erklärt: "Berichten zufolge soll der US-Präsident zugestimmt haben, bestimmte Technologieeinschränkungen gegenüber China zu lockern und zugleich Waffenverkäufe an Taiwan zu verschieben. Dies zeigt, dass die USA in ihrer strategischen Prioritätensetzung wirtschaftliche Stabilität über das geopolitische Gleichgewicht stellen. Amerika betrachtet die Taiwan-Frage offenbar nicht mehr als außenpolitisches Kernanliegen. Für Peking ist das zweifellos ein Sieg. Für Taiwan jedoch ist Washingtons Ignoranz eine ernste Gefahr" warnt LIANHE BAO aus Taipeh.
Themenwechsel. Bundeskanzler Merz hat in Ankara den türkischen Präsidenten Erdoğan besucht. Die türkische Zeitung EVRENSEL kritisiert: "Die Türkei, die ihre Luftstreitkräfte mit europäischer Unterstützung modernisiert, ist ein wichtiger Markt für europäische Rüstungsunternehmen. Erdoğan und seine Regierung stellen kein Budget für die Bedürfnisse der Menschen, insbesondere für Bildung und Gesundheit. Dafür ziehen sie den Menschen mit immer neuen Steuern das Geld aus der Tasche, um es direkt für den Kauf von Waffen zu verwenden. Die Tatsache, dass Deutschland seine Vorbehalte gegen den Eurofighter-Verkauf zurückgenommen hat, zeigt einmal mehr, wie heuchlerisch es in Bezug auf Menschenrechte und Demokratie agiert. Denn die Situation hat sich nicht verbessert, die politische Unterdrückung in der Türkei wurde deutlich verschärft."