05. November 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit der Wahl des Bürgermeisters von New York, der Diskussion um den EU-Erweiterungsprozess und der bevorstehenden Weltklimakonferenz COP30.

Der zum Bürgermeister von New York gewählte Zohran Mamdani spricht nach seinem historischen Sieg zu seinen Anhängern
Der zum Bürgermeister von New York gewählte Zohran Mamdani spricht zu seinen Anhängern (picture alliance / Anadolu / Selcuk Acar)
Die NEW YORK TIMES gratuliert dem neuen Bürgermeister der Metropole, Zohran Mamdani, zu einem eindrucksvollen Wahlkampf: "Mamdani begann seine Kampagne mit wenig Bekanntheit, geschweige denn Unterstützung, und erregte die Aufmerksamkeit der New Yorker mit einer lebensfrohen Kampagne, die sich auf Social Media abspielte und auf die hohen Lebenshaltungskosten der Stadt konzentrierte. Nachdem er im Juni die Vorwahlen der Demokraten gewonnen hatte, ging er auf Kritiker zu und zeigte sich pragmatisch. Von Anfang bis Ende setzte er sich gegen das müde politische Establishment New Yorks durch und besiegte sowohl Technokraten, die mehr Erfahrung haben, als auch einen ehemaligen Gouverneur", hält die NEW YORK TIMES fest.
Das US-amerikanische WALL STREET JOURNAL unterstreicht: "Das Volk hat gesprochen, im Guten wie im Schlechten, und seine Wähler waren bereit, im Namen des Wandels ein Risiko mit Mamdanis radikalen Kurs einzugehen. Denn New York City befindet sich im Niedergang, seit Mike Bloomberg aus dem Amt schied und zwei Jahrzehnte weitgehend guter Regierungsführung zu Ende gingen. Bill de Blasio ließ die Kriminalität mit voller Wucht zurückkehren, und eine Reihe von Gouverneuren erhöhte die Steuern mehrfach. Obdachlose besetzen U-Bahnen und Straßenecken. Wohnraum ist für junge Menschen unerschwinglich. Diese Probleme zählen zu den Gründen für Mamdanis Wahlsieg, da die traditionellen Demokraten sie nicht angegangen sind", meint das WALL STREET JOURNAL, das in New York erscheint.
Der britische GUARDIAN blickt auf Mamdanis politische Vorhaben: "Nachdem er mehr als ein Jahr lang ehrgeizige Versprechen über einen Mietenstopp und kostenlose Kinderbetreuung wiederholt hat, steht Mamdani nun vor einer gewaltigen Aufgabe: Er muss diese Versprechen für New York City in die Tat umsetzen. Er plant, seine Agenda durch eine Erhöhung der Körperschaftssteuer und die Einführung einer Steuer von zwei Prozent für die reichsten New Yorker zu finanzieren. Dazu muss er jedoch mit der New Yorker Stadtpolitik zusammenarbeiten und der Gouverneurin von New York verhandeln, die sich gegen neue Einkommenssteuern ausgesprochen hat", betont der GUARDIAN aus London.
Die polnische GAZETA WYBORCZA betont: "Die Tatsache, dass der 34-Jährige von führenden Mitgliedern der Demokratischen Partei lange Zeit zurückgewiesen wurde und einige ihn gar nicht unterstützten – wie der jüdische Senatspräsident Chuck Schumer –, schien ihm nur zu helfen. Er schuf eine Anti-Establishment-Aura – mit einem gewissen Maß an Ausgewogenheit –, ähnlich derjenigen, die Donald Trump ausstrahlte, als er 2016 die republikanische Nominierung gegen die Parteispitze gewann", erinnert GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
"Mamdani bezeichnet sich selbst als 'Donald Trumps schlimmsten Alptraum'", ist in der italienischen Zeitung LA STAMPA zu lesen und diese führt weiter aus: "Am Wahltag nannte der US-Präsident wiederum Mamdani einen 'Kommunisten' und drohte, New York Milliarden von Dollar an Bundesmitteln zu streichen. Er drohte außerdem mit dem Einsatz von Bundestruppen zur Unterstützung von Abschiebungen und zur Wiederherstellung von 'Recht und Ordnung'. Trump sucht den direkten Kampf. Sein Kommunikationsteam könnte Mamdani nutzen, um die gesamte Demokratische Partei als 'kommunistisch' darzustellen und ihn zum Gesicht des demokratischen Sozialismus und der Antifa zu machen", vermutet LA STAMPA aus Turin.
Der Gastkommentator der japanischen ASAHI SHIMBUN stellt heraus: "Obwohl in der Gesellschaft Kritik an und Misstrauen gegen Trump wachsen, hat die Demokratische Partei das bislang nicht für sich nutzen können. Für sie könnte der Wahlsieg von Mamdani Keim für eine Veränderung werden, aber auch ein Anlass, die Partei noch tiefer zu spalten, was bereits während dieses Wahlkampfs in New York zu beobachten war. Jetzt ist der Moment, wo man hinsichtlich der Zwischenwahlen in einem Jahr die Veränderung der Demokraten aufmerksam verfolgen sollte." So weit ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Die EU-Kommission bescheinigt Montenegro, Albanien, Moldau und der Ukraine Fortschritte auf dem Weg zu einem Beitritt. Dazu schreibt die österreichische Tageszeitung DIE PRESSE: "Klare Mehrheiten der Bürger in so gut wie allen EU-Staaten sind gegen die Erweiterung. Sie wird man nur überzeugen können, wenn man ihnen die Angst vor einer gelähmten Union nimmt. Darum sollte die EU schleunigst klarmachen, dass neue Mitglieder vorerst nicht die vollen Rechte genießen werden. Klar: Teilnahme an allen Politiken, auch und vor allem an der Agrar- und Kohäsionspolitik. Aber kein Veto im Rat. Das müssen sie sich erst verdienen", fordert DIE PRESSE aus Wien.
Die slowenische Zeitung DNEVNIK fragt sich, wie groß die Gruppe der Länder sein wird, die tatsächlich in die EU aufgenommen wird: "Die Ukraine und Moldawien stehen vor einem ungarischen Veto, was es derzeit schwer vorstellbar macht, dass die beiden Staaten als erste der EU beitreten werden. Und Nordmazedonien wird durch Bulgarien blockiert. Mit einem eigenen Reformprozess wird die EU die Frage beantworten müssen, wie sie mit den neuen Mitgliedern lebensfähig bleiben will. Die europäische Öffentlichkeit, die der Erweiterung skeptisch gegenübersteht, muss davon überzeugt werden, dass die neuen Mitglieder eine Stärkung der Union und keine Bedrohung darstellen", findet DNEVNIK aus Ljubljana.
Die belgische Zeitung DE STANDAARD warnt: "Die Mitgliedstaaten machen zunehmend von ihrem Vetorecht Gebrauch. Was ist mit 29 oder mehr? Ein Schlussstrich unter die Einstimmigkeitsregel scheint der Weg zu sein, um zu verhindern, dass die EU verstummt. Nur: Alle derzeit 27 Mitgliedstaaten müssen dem zustimmen - was niemals passieren wird. Und wie kann sich die EU schützen, wenn früher oder später in Moldawien ein prorussischer Oligarch an die Macht kommt oder in Montenegro ein korrupter Premierminister die Oberhand gewinnt?", fragt DE STANDAARD aus Brüssel.
Die chinesische Tageszeitung JIEFANG RIBAO blickt auf die bevorstehende Weltklimakonferenz, die diesmal im brasilianischen Belém stattfinden wird: "Zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen steht die globale Kooperation beim Klimaschutz an einem Wendepunkt. Es ist an der Zeit, von einem konzeptionellen Konsens zur konkreten Umsetzung überzugehen. Die Tatsache, dass die Konferenz in diesem Jahr in der grünen Lunge der Welt stattfindet, lässt hoffen, dass den zuletzt weltweit ins Stocken geratenen Klimaschutzmaßnahmen neuer Schwung verliehen werden kann", hofft JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
"Die Hoffnung stirbt zuletzt", heißt es in der dominikanischen Zeitung EL CARIBE: "Denn die Realität sieht vielmehr so aus, dass wir von einem Klimagipfel zum nächsten pilgern, ohne Fortschritte zu erzielen. Der Grund ist vor allem, dass auf die hochtrabenden Worte keine Taten folgen und sich die Lage sogar immer weiter verschlechtert. Die Länder mit den größten Treibhausgasemissionen versprechen zwar eine Senkung, setzen dies aber nicht um. Schließlich meldet Brasilien, dass weniger als 60 Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme zugesagt haben, was von mangelndem Interesse zeugt", befürchtet EL CARIBE aus Santo Domingo.
Die brasilianische Zeitung O GLOBO schaut auf das Gastgeberland: "In Brasilien fehlt es nicht an Plänen, was zu tun wäre, sondern am nötigen Geld - und es fehlt der politische Wille. Auch hierzulande wird weiter nach Öl gebohrt, wenngleich es einen Strategieplan gegen die Entwaldung gibt. Brasilien hat die Chance, durch den Gipfel in Belém die Lücke zu füllen, die die USA und andere Großmächte hinterlassen haben. Aber auch für Brasilien gilt: Was in Belém beschlossen wird, muss in Brasília umgesetzt werden, und auf diesem Weg sind Hindernisse zu befürchten, die Umweltministerin Marina Silva nicht allein überwinden kann." Das war der Kommentar aus O GLOBO aus Rio de Janeiro. Damit endet die internationale Presseschau.