06. November 2025
Die internationale Presseschau

In den Kommentaren geht es heute um die Klimaziele der EU und die UNO-Klimakonferenz, die Sperre der Handelsplattform Shein in Frankreich und die Wahlen in den USA. Dort haben sich bei den Gouverneurswahlen zwei demokratische Kandidatinnen durchgesetzt und bei der Bürgermeisterwahl in New York der Demokrat Mamdani.

Ein Mann steht auf einer Bühne und fasst sich mit der rechten Hand aufs Herz. Es ist der neu gewählte New Yorker Bürgermeister Zohran Mamdani. Er hat einen Bart, hinter ihm ist ein Plakat mit seinem Vornamen aufgehängt.
Zohran Mamdani hat die Bürgermeisterwahl in New York gewonnen. (picture alliance / newscom / DEREK FRENCH)
Die US-Zeitung WASHINGTON POST bemerkt: "Dass ein amtierender Präsident solche Rückschläge erleidet, ist nicht ungewöhnlich, doch das Ausmaß des Stimmenverlusts für die Republikaner war bemerkenswert. Die meisten Wähler gaben in Nachwahlbefragungen an, mit ihrer Stimme eine Nachricht an Präsident Trump senden zu wollen. Die Wahl-Ergebnisse deuten darauf hin, dass Trump in der Einwanderungsfrage zu weit gegangen ist. Zeitweise versprach er, sich auf die Abschiebung gewalttätiger Krimineller zu konzentrieren, doch die Einwanderungs- und Zollbehörde ICE verhaftete stattdessen Kindermädchen und Gärtner. Videos von maskierten ICE-Beamten, die brutal gegen Frauen und Kinder vorgehen, haben viele hispanische und unabhängige Wähler abgestoßen", konstatiert die WASHINGTON POST.
Auch die Zeitung USA TODAY sieht die Verantwortung für die Wahlergebnisse bei Trump: "Diese Wahlen unterstreichen die einfache Tatsache, dass Trump seit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar große Anstrengungen unternommen hat, um die Amerikaner zu verärgern. Nachdem er am ersten Tag versprochen hatte, die Lebensmittelpreise und die Inflation zu senken, steigen diese an. Die Krankenversicherungsprämien schießen in die Höhe, und jetzt ist die Nahrungsmittelhilfe in der Schwebe, weil die Trump-Regierung die Finanzierung des Programms hinauszögert und Millionen von Amerikanern in Gefahr bringt, zu hungern. Die Republikaner haben Steuersenkungen für Milliardäre durchgesetzt, während sie Medicaid gekürzt und die ländlichen Krankenhäuser unter Druck gesetzt haben. Nichts von dieser Politik hat das Leben eines Durschnittsamerikaners verbessert", erklärt USA TODAY aus New York.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA meint: "Amerikas größte Stadt ist krank. U-Bahn, Tunnelanlagen und Infrastruktur sind so marode, dass es beängstigend ist, sie zu benutzen. Die Preise sind so hoch, dass ein Hamburger mit Pommes einen ruinieren kann. Doch vor allem ist der Kampf ums Überleben so gnadenlos, dass unzählige Menschen obdachlos werden und in tiefe psychische Not geraten. Ein Märchenleben für eine Handvoll Reicher und ein täglicher Überlebenskampf für Millionen. Die Menschen nicht nur in New York, sondern in den gesamten Vereinigten Staaten wollen so nicht weiterleben", urteilt RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
DER STANDARD aus Österreich resümiert: "Der erste größere Wahltag seit Donald Trumps Einzug ins Weiße Haus war ein Triumph für die demokratische Partei und eine Schlappe für den Möchtegern-Autokraten. Ein anderer Präsident würde jetzt über eine Kurskorrektur nachdenken, doch solche Einsicht ist Trump fremd. Mamdani mag sich selbst als Trumps Albtraum bezeichnen, aber er ist auch dessen Traumgegner, gegen den er die ganze Wucht seines Hasses richten kann. Der Big Apple wird viel Leid hinnehmen müssen: gestrichene Bundesgelder, brutale Razzien, Ermittlungen und Anklagen gegen Politiker und Beamtinnen. Aber die New Yorker haben klargemacht, dass sie für diesen Kampf bereit sind", unterstreicht DER STANDARD aus Wien.
Die australische Zeitung SYDNEY MORNING HERALD warnt: "Mamdani präsentierte sich als Retter der Stadt – trotz der Tatsache, dass viele seiner politischen Ziele wohl Wunschdenken bleiben werden. Die ehrgeizigen Wahlversprechen in die Tat umzusetzen – wenn die Freudentränen nach seiner mitreißenden Siegesrede getrocknet sind – wird die eigentliche Bewährungsprobe sein. New Yorks Bürger könnten bald von der Realität eingeholt werden", befürchtet der SYDNEY MORNING HERALD.
In Brüssel haben sich die Umweltminister der EU-Mitgliedsländer auf ein Klimaziel bis 2040 verständigt. Zu den schwierigen Verhandlungen schreibt die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen: "Nicht nur Ungarn war wie üblich extrem kritisch, sondern auch andere Länder sorgten für Probleme - darunter auch einige, von denen man es nicht erwartet hätte. Internen Quellen zufolge war es bis kurz vor dem Treffen unklar, ob Griechenland, Polen, Italien, Belgien oder Österreich zu einem Kompromiss bereit sein würden. Und jetzt muss dieser Kompromiss auch noch eine Mehrheit im EU-Parlament bekommen, damit er Gesetz wird."
Die Zeitung POSTIMEES aus Estland ergänzt: "Es gab mehr Skeptiker als früher, was den gesamten Prozess schwieriger machte. Es war die Angst der EU-Mitglieder zu spüren, dass ihre Wirtschaft im globalen Wettbewerb leidet. Polen und Lettland verwiesen auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, Deutschland und Frankreich auf die Handelskriege, andere kritisierten Klima-Zertifikate als Greenwashing oder klagten über hohe Energiepreise und zu häufig wechselnde Regeln. Klimapolitik wird auf diese Weise immer mehr zu einem Luxus, den sich nur diejenigen leisten können, deren Wirtschaft läuft. Und für Estland und weitere Länder ist die Sicherheit gerade die drängendere Frage als das Klima in ein paar Jahrzehnten. Das sollte man in Brüssel berücksichtigen", fordert POSTIMEES aus Tallinn.
Die australische Zeitung THE AUSTRALIAN zeigt sich skeptisch gegenüber dem Ziel einer Klimaneutralität: "Die Wähler werden erkennen, dass der Klimawahn zu einer parasitären grünen Religion geworden ist. Aktuell gibt Australien Milliarden für Subventionen erneuerbarer Energien aus, um deren Nutzung anzukurbeln; wir subventionieren Verbraucher, um Stromausfälle zu vermeiden; wir subventionieren Kohlekraftwerke, um die Stromversorgung aufrechtzuerhalten; und wir subventionieren ehemals profitable Branchen und Unternehmen, die es sich eigentlich nicht mehr leisten können, in Australien zu produzieren. Wenn die Regierung das Ziel der Klimaneutralität aufgeben will, dann besser früher als später." Soweit THE AUSTRALIAN aus Sydney.
Zur Klimakonferenz der UNO kommen die Ländervertreter in Brasilien zusammen. Die irische Zeitung IRISH INDEPENDENT vermerkt: "Donald Trump zog die USA aus dem UNO-Klima-Abkommen zurück, aber auch andere Länder haben ihre Versprechen nicht eingehalten oder gebrochen. Dennoch wäre es falsch, die UNO-Klimakonferenz als bloße Scheinveranstaltung abzutun. Sie bietet die Chance, höhere Maßstäbe zu setzen und unsere gemeinsame Verantwortung anzuerkennen. Die Entwicklungsländer – die zwar den geringsten Anteil der katastrophalen Folgen des Klimawandels verursacht haben, aber am stärksten darunter leiden – werden die Entwicklungen genau beobachten. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist nicht länger verhandelbar. Jetzt muss die Welt handeln", betont die Zeitung IRISH INDEPENDENT aus Dublin.
Zum Schluss noch ein Kommentar zur Sperrung der chinesischen Onlineplattform Shein in Frankreich. Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN sieht schwierige Zeiten auf den Onlinehändler zukommen: "Über Shein dachte man bislang nur, es sei ein Portal aus China, das weltweit billig Kleidung verkauft. Aber Sexpuppen mit kindlichem Gesicht anzubieten, ist eindeutig ein Gesetzesverstoß. Und dass Shein sogar Produkte anbietet, die als Waffen eingestuft werden, lässt erahnen, dass das Portal seine Geschäftsgebiete mittlerweile erheblich ausgeweitet hat. Auf keinen Fall darf diese Kriminalität unterstützt werden. Interessant wäre aber auch zu erfahren, wie diese Produkte nach Frankreich und in andere europäische Länder geliefert oder geschmuggelt werden. Die EU-Kommission untersucht den 'Fall Shein' bereits. Sollten aber auch noch einzelne Mitgliedsstaaten - wie jetzt Frankreich - den Handel mit der Plattform stärker regulieren, könnte es für Shein schwierig werden, weiter in Europa Geschäfte zu betreiben", das war NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio zum Ende der Internationalen Presseschau.