
DER STANDARD aus Österreich fasst zusammen: "Beim Bau von Schutzvorrichtungen gegen Luftschläge auf Energieanlagen soll bestochen worden sein. Es gab Verhaftungen, Minister müssen gehen. All das ist freilich Wasser auf die Mühlen der Kreml-Freunde, die nun einmal mehr fordern, keine weiteren EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine zu führen und dieser den Geldhahn zuzudrehen. Dabei gilt es gerade jetzt, die demokratischen Strukturen im Land zu stärken. So wie im Sommer, als die Unabhängigkeit des Nationalen Antikorruptionsbüros und der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft eingeschränkt werden sollte. Das konnte damals verhindert werden – durch Proteste auf den Straßen und Druck aus Europa. Letzterer kann aber nur greifen, wenn man die EU-Beitrittsambitionen der Ukraine prinzipiell unterstützt, statt das Land bei jeder Gelegenheit zu brüskieren“, unterstreicht DER STANDARD aus Wien.
Die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN führt aus: "Zwei verdächtigte Personen gehören zum inneren Kreis von Selenskyj. Der eine ist der Geschäftsmann Minditsch. Er ist nicht nur ein alter Freund des Präsidenten, sondern auch Teilhaber einer Firma, die Selenskyj Anfang der 2000er Jahre gründete. Der andere Hauptverdächtige ist Justizminister Haluschtschenko. Dass Personen nun aus Selenskyjs Umfeld der Korruption verdächtigt werden, ist an sich schon schlimm genug, aber für die Ukraine könnte das auch Auswirkungen auf heikle Verhandlungen über mehr Unterstützung haben. In dieser Woche diskutieren die EU-Kommission und Norwegens Finanzminister Stoltenberg über die Möglichkeiten, einen Riesenkredit über 100 Milliarden Euro zu beschaffen. Da sind Zweifel daran, dass das Geld auf dem richtigen Konto landet, das Letzte, was man jetzt brauchen kann", notiert SYDSVENSKAN aus Malmö.
"Die Ukraine hat seit Langem mit Korruption und Bestechung in großem Stil zu kämpfen", bemerkt die britische TIMES: "Ein Großteil der illegalen Praktiken stand in Verbindung mit Gangstern und Oligarchen im benachbarten Russland. Der russische Angriff auf die Ukraine hat allerdings nicht dazu geführt, dass dies in einem Ausbruch patriotischer Leidenschaft überwunden wurde. Eher haben sich die Möglichkeiten aus Mangel und Not Geld zu schlagen, vermehrt. Dazu gehören auch Bestechungsgelder, mit denen junge Männer vom Wehrdienst befreit werden. Versuche, diese Ställe auszumisten, hat es bisher nur sporadisch gegeben", beobachtet THE TIMES aus London.
Die ungarische Zeitung MAGYAR NEMZET hält den jüngsten Korruptionsfall für wenig überraschend: "Schließlich handelt es sich um den x-ten Skandal dieser Art in der Ukraine. Doch die russische Invasion 2022 hat Ungarns nordöstliches Nachbarland auf der europäischen Bühne nicht nur ungemein aufgewertet, sondern es zum Gegenstand eines regelrechten Liebesrausches seitens des europäischen Mainstreams gemacht. So hält man in Brüssel den EU-Beitritt Kiews im Jahr 2030 für möglich. Wäre da nicht das vermaledeite ungarische Veto: Die Regierung von Ministerpräsident Orban hält den EU-Beitritt der Ukraine für verfehlt", vermerkt MAGYAR NEMZET aus Budapest.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz wirft dem ukrainischen Präsident eine gewisse Nachlässigkeit vor: "Nichts deutet darauf hin, dass Selenskyj von kriminellen Machenschaften profitiert hat. Er verdient weiterhin hohen Respekt für seinen unermüdlichen Einsatz als Oberbefehlshaber unter dem konstanten Druck des russischen Ansturms. Aber seine mangelnde Aufmerksamkeit für das Krebsübel der Korruption und die Habgier von Vertrauten ist ein gravierendes Versäumnis. Allerdings sollten sich die Verbündeten Kiews auch da keine Illusionen machen: Der Kampf gegen die Korruption lässt sich nicht über Nacht gewinnen. Im Krieg, wenn große Geldströme fließen und kurze Entscheidungswege nötig sind, wird zwangsläufig unterschlagen, bestochen und verschwendet. Es gibt daher keinen Grund, die westliche Ukraine-Hilfe wegen des Skandals zu stoppen. Sie ist schließlich keine Mildtätigkeit, sondern dient eigenen Sicherheitsinteressen", stellt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG klar, und soviel zu diesem Thema.
In der Karibik verschärfen sich die Spannungen zwischen den USA und Venezuela. Beide Seiten fahren Militär auf. Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO vermutet, dass ein US-Angriff auf das lateinamerikanische Land bevorsteht: "Für die Bekämpfung des Drogenschmuggels hätten die USA keinen Flugzeugträger in die Gewässer vor Venezuela schicken müssen, zumal das Land nicht einmal die Hauptquelle für die in Amerika konsumierten Drogen ist. Es sieht stark nach einem Militärschlag gegen Venezuela aus, hinter dem mehrere strategische Ziele der Trump-Administration stecken dürften. Zum einen soll Chaos entstehen, bis die Maduro-Regierung stürzt. Ferner sollen die anderen links regierten Länder in Lateinamerika, etwa Brasilien und Kolumbien, dadurch gewarnt werden: 'Haltet euch an den amerikanischen Kurs, andernfalls werdet ihr bestraft'", mutmaßt JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN erläutert: "Die USA betrachten Gebiete wie die Karibik oder Lateinamerika traditionell sozusagen als ihren 'Hinterhof'. Vor diesem Hintergrund behandelt Trump dortige Vorfälle zunehmend wie innenpolitische Angelegenheiten. Der drastisch erhöhte Druck auf die Regierung in Caracas lässt vermuten, dass Washington das venezolanische Militär spalten will, was schließlich gar zu einem Putsch führen könnte. Aber wer auf Machthaber Maduro folgt, ist völlig unklar. Sollte das südamerikanische Land ins Chaos sinken, könnte ein langfristiges militärisches Engagement der USA unvermeidbar werden. Und das dürfte so gar nicht im Interesse Trumps und seiner Anhänger sein", meint ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Nun nach Frankreich, wo sich heute die islamistischen Terrorangriffe zum zehnten Mal jähren. Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN erinnert: "Am 13. November 2015 erlebte Frankreich einen der schlimmsten Terrorangriffe der jüngeren europäischen Geschichte. Es folgten weitere Anschläge, und in der europäischen Politik erlebten Populisten und Ultrarechte einen Aufschwung. Aber es gibt auch einen Lichtblick: Die Anschläge von Paris markieren den Beginn einer Intensivierung des Kampfs gegen den islamistischen Terror. Seit 2015 sind die Kontrollen an den europäischen Grenzen deutlich strenger geworden. Polizei und Ermittler sind besser ausgerüstet und haben erweiterte Vollmachten, allen Protesten von Datenschützern zum Trotz. Die internationale Zusammenarbeit ist intensiviert worden. Es ist schwieriger, an Waffen und Sprengstoffe zu gelangen. Heute wäre ein so großer und koordinierter Terrorangriff wie am 13. November 2015 in Paris kaum noch möglich“, ist AFTENPOSTEN aus Oslo überzeugt.
Die spanische Zeitung EL PERIODICO DE ARAGON ergänzt: "Der Kampf ist noch lange nicht vorbei, aber der islamistische Terror hat seither die Fähigkeit verloren, aus einem schwer erreichbaren Rückzugsgebiet etwa in Syrien und im Irak zu operieren. Es wäre allerdings naiv zu glauben, dass es keine anderen Rückzuggebiete für Al-Kaida oder den IS gäbe. Der Terrorismus hat außerdem eine weitere Dimension: eine zunehmende soziale, politische und kulturelle Radikalisierung. Je stärker eine Gesellschaft polarisiert ist, desto eher glauben Terroristen, Anschläge verüben zu dürfen. Der Terror wird nicht nur durch strenge Überwachungs- und Sicherheitsmaßnahmen besiegt, sondern indem man ihm die Grundlage für die Verbreitung seiner fundamentalistischen Propaganda entzieht", betont EL PERIODICO DE ARAGON aus Zaragoza, und damit endet die Internationale Presseschau.
