15. November 2025
Die internationale Presseschau

Die Zeitungen im Ausland kommentieren unter anderem die Affäre um den Sexualstraftäter Epstein sowie neue Spannungen zwischen China und Japan. Zunächst geht es aber um den Streit zwischen US-Präsident Trump und der britischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt BBC wegen eines irreführenden Berichts.

Blick auf das BBC-Gebäude am Tag der Pressekonferenz, während der die BBC-Führung zurücktrat. Zu sehen ist der BBC-Schriftzug an einer verglasten Gebäudehülle, im Vordergrund Mikros und Kameras.
Der Streit zwischen der britischen BBC und US-Präsident Trump wegen eines irreführenden Beitrags ist eins der Kommentarthemen im Ausland. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Vuk Valcic)
Die BBC hat sich inzwischen bei Trump entschuldigt, dieser droht aber nach wie vor mit einer Milliardenklage. "Längst geht es nicht mehr um die journalistische Fehlleistung. Vielmehr um die radikale Demontage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, meint das ST GALLER TAGBLATT aus der Schweiz: "So viel Prophetie sei erlaubt: Fällt die BBC, werden in Europa weitere öffentlich-rechtliche Medien in diesen Strudel geraten. Dies ist gefährlich. Nicht nur, weil ein über Jahrzehnte aufgebautes öffentliches Gut im politischen Furor über eine angebliche Parteilichkeit geschliffen werden soll. Ausgerechnet jene, die unabhängige Medien fordern, attackieren jene Kategorie von Medien, die quasi von Amtes wegen unabhängig zu sein haben. Gefährlich ist die Entwicklung auch, weil sie die angegriffenen Medienhäuser zu einem Bollwerkverhalten verleiten, das unfähig macht, angemessen mit Fehlern umzugehen: transparent und selbstkritisch. Nicht zuletzt solches Versagen ist es, das es Gegnern einfach macht, sich auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzuschießen", notiert das ST GALLER TAGBLATT.
"Es ist dies weder die erste noch die schwerste Krise der BBC, und sie zählt weiterhin zu den angesehensten Institutionen innerhalb und außerhalb des Landes", gibt die spanische Zeitung EL PAIS zu bedenken. "Aber der kritisierte Bericht handelt von Trumps Rolle bei dem Sturm auf das US-Kapitol, und durch die Konfrontation mit dem US-Präsidenten hat die Sache eine Dimension angenommen, die über die Landesgrenzen hinausreicht. Donald Trump wendet dieselben Einschüchterungstaktiken gegenüber allen Medien an, die ihm nicht genehm sind, indem er sie mit einer Klageflut überhäuft. Viele Unterstützer der Sendeanstalt sehen dahinter einen koordinierten Angriff durch das Weiße Haus und interne Gegner der BBC. Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, dass die Labour-Regierung von Keir Starmer der BBC zur Seite springt", unterstreicht EL PAIS aus Madrid.
Die italienische Zeitung LA STAMPA schreibt: "Trumps Angriff auf die BBC ist nur das jüngste Beispiel für seine Einschüchterungskampagne gegen die Medien - mit dem Unterschied, dass er diesmal ein internationales Ziel ins Visier genommen hat. Das ist auch deshalb wichtig, weil dieser Angriff Teil seiner Bemühungen ist, die Geschichte des 6. Januar 2021 umzuschreiben und den Sturm aufs Kapitol an diesem Tag als legitime Demonstration gegen die seiner Meinung nach betrügerische Wahl 2020 darzustellen - anstatt als vorsätzlich gewalttätigen Versuch, die amerikanische Verfassung nach einer freien und fairen Wahl zu stürzen. Trump ist noch nicht Stalin - aber seine Entschlossenheit, die Geschichte umzuschreiben, zeigt, dass er die gleiche Mentalität wie der sowjetische Diktator hat", konstatiert LA STAMPA aus Turin.
Die dänische Zeitung POLITIKEN befasst sich mit der Affäre um den Sexualstraftäter Epstein in den USA. "Es ist jetzt mehr als fünf Jahre her, dass der Geschäftsmann in der Untersuchungshaft starb, angeklagt wegen des Missbrauchs minderjähriger Mädchen. Aber wie ein Zombie steigt die Geschichte immer wieder aus dem Grab empor. In dieser Woche gab es erneut einen lauten Knall: Der US-Kongress veröffentlichte tausende E-Mails von Epstein, und in einigen wird angedeutet, dass Donald Trump mehr von den Übergriffen wusste, als er bislang eingeräumt hat. Dass die Maga-Anhänger nun rasend vor Wut über Trumps Verbindungen zu Epstein und seine wiederholten Vertuschungsversuche sind, ist erstaunlich. Sie wissen seit langem genau, was für eine unmoralische Person Trump ist. Der Epstein-Skandal könnte sich als Trumps Achillesferse erweisen. Denn er platziert den Präsidenten genau in dem Sumpf der amerikanischen Machtelite, den Trump angeblich bekämpfen wollte", prognostiziert POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die polnische GAZETA WYBORCZA beobachtet: "Der Epstein-Ausschuss im Kongress wird grundsätzlich von Republikanern kontrolliert. Warum also ermittelt der Ausschuss weiter und veröffentlicht Angelegenheiten, die Trump in ein negatives Licht rücken? Die einfachste Erklärung ist, dass die Republikaner verzweifelt versuchen, ein Gleichgewicht zwischen ihrer Loyalität zu Trump und den Erwartungen ihrer Wähler zu finden. Für Trump selbst gibt es in dieser Situation keinen guten Ausweg. Wenn er die Angelegenheit weiterhin vertuscht, riskiert er, die Verschwörungstheorien weiter anzuheizen, von denen er in der Vergangenheit so sehr profitiert hat. Und wenn er die Veröffentlichung aller Epstein-Dokumente zulässt – nun, was dann geschehen würde, ist völlig ungewiss. Die Zurückhaltung des US-Präsidenten deutet jedoch darauf hin, dass ihm die Angelegenheit mindestens unangenehm sein könnte. Immerhin: Solange die Dokumente nicht veröffentlicht werden, kann Trump jederzeit sein bewährtes Manöver einsetzen, das da heißt: Ablenkung." Das war GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Zu einem weiteren Thema. Zwischen China und Japan gibt es neue diplomatische Spannungen. Hintergrund ist eine Äußerung der japanischen Premierministerin Takaichi, bei einem möglichen Angriff Chinas auf Taiwan könne Japan sein Recht auf Selbstverteidigung geltend machen. Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN schreibt dazu: "Peking hat Takaichis Aussage offenbar so interpretiert, dass die neue Premierministerin sich von der absichtlich uneindeutigen Haltung ihrer Vorgänger in der Taiwanfrage verabschiedet. China scheint sehr verärgert zu sein. Es könnte sich aber auch um einen gut überlegten Schachzug Chinas handeln, mit dem die chinesische Führung den politischen Abstand zwischen Peking und Tokio auszuloten versucht. Ob die japanische Regierung angesichts dieser Strategie die aktuelle Lage unter Kontrolle bringen kann? Die Besonnenheit und die diplomatische Haltung der neuen Führung in Tokio stehen auf dem Prüfstand", ist ASAHI SHIMBUN aus Tokio überzeugt.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO stellt klar: "Gerade in der Taiwan-Frage lässt China nicht mit sich spaßen. Wir mahnen zur politischen Vernunft, die auch in Japan vertreten ist. Die bisherigen politischen Vereinbarungen bilden die stabile Grundlage für die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern. Ohne diese würde alles zusammenbrechen. Doch Premierministerin Takaichi scheint ihr Land auf den Weg des Rechtspopulismus zu führen. Das ist äußerst gefährlich. Wer mit dem Feuer spielt…" Das war HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Und zum Schluss kommentiert die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT das Votum im Europaparlament für eine Abschwächung des EU-Lieferkettengesetzes: "Dass in Europa kommerzielle Interessen die Oberhand über Moral und Ethik gewinnen, wurde bereits Anfang dieses Jahres deutlich. Zu der Zeit begann die Europäische Kommission, am Lieferkettengesetz zu rütteln - und damit an dem ehrgeizigen europäischen Versuch, künftig mehr Verantwortung für die Art und Weise zu übernehmen, wie wir unsere Waren in anderen Teilen der Welt herstellen lassen. Bei näherer Betrachtung befand die Kommission dieses Gesetz für problematisch: es enthalte zu viele Vorschriften und sei schlecht für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Nun hat sich auch eine Mehrheit des EU-Parlaments dieser unmoralischen Haltung angeschlossen. Die EU hat einen Rechtsruck vollzogen: Europa zuerst. Dass Europäer manchmal von Umweltverschmutzung, Kinderarbeit und sogar Todesopfern anderswo profitieren, ist zu einem untergeordneten Problem geworden", moniert DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.