17. November 2025
Die internationale Presseschau

Themen sind der Bürgerkrieg im nordostafrikanischen Sudan und die Lage im russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Zunächst geht es um die wachsenden Spannungen zwischen den USA und Venezuela.

Ein F/A-18E/F Super Hornet-Kampfflugzeug der US Navy landet auf dem Flugdeck des Flugzeugträgers USS Gerald R. Ford der Ford-Klasse in der Karibik.
Ein Thema in den Kommentaren: Das US-Militär zieht derzeit Kräfte in der Karibik zusammen. (picture alliance/ZUMAPRESS.com/Mc2 Triniti Lersch/U.S. Navy)
Die venezolanische Zeitung EL NACIONAL erläutert: "US-Präsident Donald Trump hat sich angeblich bereits entschieden - nur, wir wissen nicht wie. Mehr als zwei Monate ist es her, dass es in der Karibik zum ersten Mal zu einem Angriff der USA kam. Inzwischen ist dort der Flugzeugträger 'Gerald Ford' eingetroffen. In den vergangenen zehn Wochen wurden mehr als 20 mutmaßliche Drogenboote versenkt, wobei 80 Menschen ums Leben kamen. Das Maduro-Regime ruft dazu auf, sich auf eine imperialistische Aggression vorzubereiten, und die Lage ist nicht nur unsicher, sondern auch gefährlich. Was wären die Folgen einer direkten Intervention auf venezolanischem Territorium? Könnte sich daraus ein friedlicher, geordneter und demokratischer Machtwechsel ergeben? Das Regime vermeidet Verhandlungen über das, worüber es tatsächlich verhandeln könnte, nämlich einen Machtverzicht", schreibt EL NACIONAL aus Caracas.
Die österreichische Zeitung DER STANDARD aus Wien konstatiert: "Trump mimt erneut den harten Armeechef, indem er eine Militäraktion gegen Venezuela nicht klar ausschließt. Doch ein Einsatzbefehl hätte fatale Folgen für das Land und die Region. Denn mit dem Sturz des Diktators Nicolás Maduro ist noch keine Stabilität hergestellt. Ohne anhaltende US-Hilfe oder gar Truppen vor Ort wird es für die Opposition schwer werden, das Ruder zu übernehmen. Die Maduro-Getreuen werden nicht einfach verschwinden, das venezolanische Militär könnte sie unterstützen", gibt DER STANDARD zu bedenken.
Die türkische Zeitung STAR analysiert, warum der US-Präsident überhaupt Militäraktionen durchführen lässt: "Trump begründet dies mit dem Kampf gegen die Drogenkartelle. Das Ziel ist Lateinamerika. Als Streitmacht dient die USS Gerald R. Ford, der größte Flugzeugträger der Welt. Das US-Südkommando gab die Verlegung in die Karibik bekannt. Schließlich zählt der Schein. Im Rahmen der Operation 'South Spear', die die USA vor der Küste des ölreichen Venezuela unter dem Vorwand des 'Kampfes gegen Drogenkartelle' starteten, gab es inzwischen mehr als 20 Angriffe, bei denen 80 Menschen getötet wurden. Der zunehmende Druck auf Venezuela ist eine weitere Realität, mit der sich die USA auseinandersetzen müssen", vermerkt die Zeitung STAR aus Istanbul.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA schätzt: "Trump wird nicht die ganze Welt und erst recht nicht die Gegenseite minutengenau über seinen Plan informieren. Sollte Trump tatsächlich einen Angriff auf Venezuela beschließen, gäbe es drei mögliche Vorgehensweisen für das US-Militär. Erstens: Beschränkte Luftangriffe auf Ziele auf See oder an Land. Zweitens: Eine Luftlandung zur Gefangennahme von Präsident Maduro und Mitgliedern seines engsten Kreises. Dies würde dem Vorgehen in Panama 1989 ähneln, als die Amerikaner den Diktator Manuel Noriega in einer Blitzoperation stürzten. Drittens: Ein großangelegter Bodeneinsatz wie in Afghanistan oder im Irak, der nicht nur den Sturz der venezolanischen Regierung, sondern auch die Besetzung des Landes zum Ziel hätte", spekuliert NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER aus Zürich argumentiert: "An der militärischen und auch an der wirtschaftlichen Macht der USA kommt in Lateinamerika kein Land vorbei. Der Preis dafür ist, dass die Trump-Regierung jetzt nur noch die eigene Klugheit davor schützen kann, sich in Venezuela in einen zähen Krieg zu verstricken."
Themenwechsel. Die spanische Zeitung EL PAIS beschäftigt sich mit dem Bürgerkrieg im Sudan: "Die humanitäre Katastrophe hat ein Ausmaß erreicht, das sich nur noch schwer erfassen lässt. Fast 12 Millionen Menschen sind vertrieben worden oder auf der Flucht, davon 7,5 Millionen im eigenen Land und die meisten anderen in Nachbarländern, die fast genauso arm und konfliktgeschüttelt sind. UNO-Angaben zufolge leidet fast die Hälfte der Sudanesen an Hunger, und hinzu kommen Krankheiten wie Malaria und Cholera. Vor zweieinhalb Jahren zerbrach eine fragile Absprache zwischen der regulären Armee und Milizen, die seither um die Macht im Land kämpfen. Zu den letzten dramatischen Fällen gehörte die Eroberung der Stadt Al-Faschir durch die RSF-Miliz. Der Mangel an verlässlichen Informationen verhindert, dass sich die ohnehin durch zahlreiche Konflikte abgelenkte internationale Aufmerksamkeit ausreichend auf den Sudan konzentriert", notiert EL PAIS aus Madrid.
Auch die chinesische Zeitung XINJING BAO ist alarmiert: "Die Folgen des Machtkampfes zwischen der sudanischen Armee und der RSF-Miliz übertreffen die Vorstellungskraft. Der Tod von über 30 Tausend Zivilisten und die Massenflucht von über 1,5 Millionen Menschen zeigen das Ausmaß dieser humanitären Katastrophe. Trotz den bisherigen internationalen Vermittlungen gibt es keine Hoffnung auf Entspannung. Es ist Tatsache, dass sich die internationale Gemeinschaft zu wenig um die Lage im Sudan kümmert." Das war XINJING BAO aus Peking.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio moniert mit Blick auf das Treffen der G7-Außenminister in Kanada: "In der gemeinsamen Erklärung wurde die Lage im Sudan lediglich am Rande erwähnt - das ist zu wenig. Einen 'vergessenen Bürgerkrieg' darf es auf der Welt nicht geben. Um Menschenrechtsverletzungen zu stoppen, muss die internationale Gemeinschaft geschlossen handeln und ihre diplomatischen Bemühungen stärken."
Nun geht es um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Die schwedische Zeitung GÖTEBORGS-POSTEN befasst sich mit der Zunahme russischer Luftangriffe vor dem Winter: "Die Raketen richten sich gegen Wohnhäuser und zivile Infrastruktur, was allen humanitären Regeln widerspricht, aber schon immer typisch für die russische Kriegsführung war. Die russische Strategie besteht darin, dass man eher den Widerstandswillen der Ukrainer brechen will als Zentimeter um Zentimeter vorzurücken. Die europäischen Verteidigungsminister haben am Wochenende über die weitere Hilfe für die Ukraine diskutiert, und heute trifft Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Das ist nicht das erste Mal, aber seit die USA ihre direkte wirtschaftliche Unterstützung eingestellt haben, ruht die Verantwortung im Wesentlichen auf den Schultern der Europäer. Die Schlacht um die Ukraine wird in hohem Maße dadurch entschieden, ob Europa stark und einig genug ist, Kiew finanziell unter die Arme zu greifen. Tatsächlich ist die EU um ein Vielfaches reicher als Russland. Aber viele EU-Länder kämpfen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und gegen Politikverdrossenheit im eigenen Land, und einige wenige Mitglieder wie Ungarn versuchen, die gemeinsamen Anstrengungen aktiv zu sabotieren. Das ist eine Erklärung dafür, warum die EU-Führer so zurückhaltend sind und nach Wegen suchen, die Ukraine zu unterstützen, ohne dass es zu viel kostet", vermutet GÖTEBORGS-POSTEN.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA aus Rom erwartet: "Es wird ein schwieriger Winter für die Ukraine. Der Krieg hat sich in den vergangenen Wochen verschärft: Jede Nacht ist eine Nacht voller Sirenen und Bomben, unschuldiger ziviler Opfer und so schwer beschädigter Stromnetze, dass die Häuser in Kälte und Dunkelheit liegen. Es ist an der Zeit, auf den Plätzen und in den Entscheidungsgremien zu zeigen, dass uns dieser grausame Krieg nicht gleichgültig ist - jetzt, da der Zivilbevölkerung eine echte humanitäre Krise droht. Ja, es wird ein schwieriger Winter für die Ukraine. Aber wenn wir den Schleier der Gleichgültigkeit nicht lüften, werden die nächsten Winter für uns alle noch schlimmer werden", mahnt LA REPUBBLICA. Und mit diesem Kommentar endet die internationale Presseschau.