19. November 2025
Die internationale Presseschau

In den Kommentaren geht es unter anderem um den Besuch des saudischen Kronprinzen in Washington. Zentrales Thema auf den Meinungsseiten ist aber die Resolution zur Absicherung des US-Friedensplans für den Gazastreifen, die der UNO-Sicherheitsrat mit breiter Mehrheit verabschiedet hat. Die dänische Zeitung POLITIKEN meint:

Blick in den Saal des UN Sicherheitsrats am 22. September 2025.
Die Gaza-Resolution im UNO-Sicherheitsrat ist viel kommentiertes Thema in den Zeitungen aus dem Ausland. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
"Mit dieser Gaza-Resolution wird es schwierig, aber ohne sie wäre es unmöglich gewesen. Eine Abstimmungsniederlage hätte den Prozess in eine ausweglose diplomatische Sackgasse geführt, aber nun gibt es immerhin einen Rahmen für einen Waffenstillstand, eine Stabilisierung der Lage und den Wiederaufbau. Es gibt gerade keine realistische Alternative, wenn man verhindern will, dass Gaza wieder in einen Krieg zurückfällt. Dass die Resolution die Bezeichnung 'historisch' verdient hat, liegt vor allem an einem Satz: Zum ersten Mal seit vielen Jahren steht in einer Resolution des Sicherheitsrats, dass Reformen in den palästinensischen Behörden und Fortschritte beim Wiederaufbau die Grundlage für einen glaubwürdigen Weg zu palästinensischer Selbstbestimmung und zum Aufbau eines eigenen Palästinenserstaates schaffen können", bemerkt POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die spanische Zeitung EL PAIS findet: "Die Gaza-Resolution ist trotz vieler Unwägbarkeiten ein wichtiger Schritt für die Zukunft des palästinensischen Gebiets. Denn die internationale Gemeinschaft hat sich zum ersten Mal konkret darauf geeinigt, wie der Gazastreifen in den kommenden Jahren regiert werden soll. Wenn der palästinensisch-israelische Konflikt eines gezeigt hat, dann ist es, dass der Optimismus der Dokumente oft von der Realität zunichtegemacht wird. Dennoch ist es positiv, dass Bedingungen geschaffen werden, die Israel die absolute Kontrolle über Gaza, seine Bürger und seine Grenzen entziehen, und zwar mit der Unterstützung Washingtons, dem einzigen internationalen Akteur mit Ressourcen und Einfluss auf Israel", hält EL PAIS aus Madrid fest.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG zollt US-Präsident Trump Respekt: "Ausgerechnet dem undiplomatischen Präsidenten der USA ist ein Meisterstück der Diplomatie gelungen. Der Trump-Friedensplan ist jetzt in internationales Recht gegossen. Trump ist auch eine strategische Wende geglückt: Während Anfang Herbst der Druck auf die Israelis noch stetig zunahm, hat Trump es mit einigen geschickten Kniffen geschafft, die Verantwortung für die Zukunft Gazas vollständig der Hamas aufzuerlegen. Kein Wunder reagierte die Terrororganisation auf die Resolution ablehnend. Spielt sie bei Trumps Friedensplänen mit, wird sie entwaffnet. Stellt sie sich hingegen quer, so verletzt sie Völkerrecht und führt der Welt vor Augen, dass mit ihr ein Frieden unmöglich ist", notiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
Die israelische Zeitung HAARETZ sieht es so: "Dass Israels Ministerpräsident Netanjahu die Resolution begrüßt, belegt, dass sie nicht den geringsten Zwang für ein Ende der Besatzung des Gazastreifens enthält. Und die Formulierung zur möglichen Gründung eines palästinensischen Staates ist so vage, dass selbst Netanjahu davon unbeeindruckt blieb. In der Praxis entzieht die Resolution Gaza jegliche Souveränität und überträgt sie den USA – zwar nur für einen begrenzten Zeitraum, jedoch ohne Begrenzung der Macht. Es ist unklar, wie dies umgesetzt werden soll, da es keinen Zeitplan für den Abzug des israelischen Militärs, kein Zieldatum für den Einsatz einer alternativen palästinensischen Streitmacht und keinerlei Diskussion über das Westjordanland und die dortige gefährliche Eskalation der Gewalt gibt", hält HAARETZ aus Tel Aviv fest.
Die pan-arabische Zeitung AL QUDS moniert: "Der Großteil der Resolutionsbestimmungen spiegelt die Interessen Israels. Die USA haben dem Plan international den Anschein von Legitimität verschafft. Auch die Palästinensische Autonomiebehörde steht zu ihm. Die palästinensischen Widerstandsgruppen hingegen kritisieren den Plan, vor allem, weil er das legitime Recht auf Widerstand nicht achtet. So befinden sich diese Gruppen in einer äußerst schwierigen Lage, in der keine Entscheidung wirklich angemessen ist", heißt es in AL QUDS mit Sitz in London.
Die türkische Zeitung KARAR wirft ein: "Der umstrittenste Aspekt der Resolution ist, dass die Verantwortung für die Entwaffnung der Hamas einer internationalen Truppe überlassen werden soll, die in Abstimmung mit Israel und Ägypten arbeitet. Es steht zu befürchten, dass es zu Zusammenstößen zwischen den Truppen aus muslimischen Ländern und der Hamas kommen könnte. Es ist unklar, ob sich ein muslimisches Land mit dieser Aussicht an einer solchen Truppe beteiligen wird. Die Türkei sollte nur dann beitreten, wenn die Hamas mit politischen Mitteln zur Entwaffnung bewegt wird", verlangt KARAR aus Istanbul.
China hat sich bei der Abstimmung im UNO-Sicherheitsrat enthalten. TAKUNGPAO erläutert die Gründe dafür: "Mit der Resolution zum Gazastreifen wurde auch die Einrichtung einer internationalen Friedenstruppe genehmigt. Allerdings bleibt die Entschließung gerade in dieser entscheidenden Frage sehr vage. Zudem enthält sie weder ein ausdrückliches Bekenntnis zu einer Zweistaatenlösung noch einen klaren Zeitplan für den Rückzug der israelischen Streitkräfte. Beide Konfliktparteien haben ihre Unzufriedenheit mit der Resolution geäußert. Die Tatsache, dass sie derart hastig eingebracht und durchgepeitscht wurde, zeugt von fehlendem Respekt gegenüber den übrigen Mitgliedern des Sicherheitsrats", befindet TAKUNGPAO aus Hongkong.
Der australische SYDNEY MORNING HERALD kommentiert den Empfang für den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Weißen Haus. Es ist dessen erster US-Besuch seit der Ermordung des saudischen Journalisten und Regierungskritikers Khashoggi 2018. Das Blatt beobachtet: "Trump schien wenig Lust zu haben, den Mord an Khashoggi erneut aufzugreifen. Und das, obwohl die CIA zu dem Schluss gekommen war, dass bin Salman den Einsatz persönlich angeordnet hatte. 'Sowas passiert', sagte Trump, als ihn eine lästige Reporterin danach fragte. Das ölreiche Saudi-Arabien bringt Geld. Und der Kronprinz erhielt bei weitem den prächtigsten Empfang, den ein ausländischer Staatsgast während Trumps zweiter Amtszeit im Weißen Haus je erlebt hat. Der Tag verdeutlicht, wie unterschiedlich Trump diejenigen behandelt, die ihm etwas zu bieten haben und diejenigen, die für ihn verzichtbar sind. Wer in Trumps Welt Respekt will, muss einen Scheck mitbringen", schreibt der SYDNEY MORNING HERALD.
NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Japan vermutet ein weiteres Motiv des US-Präsidenten hinter dem pompösen Empfang: "Trump bereitet damit den Boden für ein weiteres seiner wichtigsten Ziele vor: Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien. Der pragmatische Präsident will auch das als seine große Leistung verkaufen. Allerdings gibt es keine Garantie dafür, dass das Ganze so gelingt wie Trump es sich vorgenommen hat. Denn Israel ist immer noch strikt gegen die Gründung eines Palästinenserstaates, während Saudi-Arabien dafür plädiert. Auch der geplante Verkauf von US-Kampfjets an Riad löst Diskussionen aus. Zum einen könnte Israel damit seine militärische Überlegenheit in Nahost verlieren. Zum anderen gibt es auch Sorgen, dass die US-Technologie damit auch nach China gelangt: Denn mit der Volksrepublik arbeitet Saudi-Arabien militärisch zusammen", bemerkt NIHON KEIZAI SHIMBUN; das Blatt erscheint in Tokio.
"Insgesamt ist eine gestärkte Beziehung zwischen den USA und Saudi-Arabien eine gute Nachricht", urteilt das WALL STREET JOURNAL: "Von China und Israel über den Jemen bis zum Iran gibt es vieles, was die Saudis für die USA tun können. Angesichts dessen, was Trump ihnen anbietet, sollte er jedoch sicherstellen, dass er nicht zu wenig verlangt", unterstreicht das WALL STREET JOURNAL aus New York, und damit endet die Internationale Presseschau.