22. November 2025
Die internationale Presseschau

Die Kommentare beschäftigen sich heute mit dem G20-Gipfel, mit dem größten Kernkraftwerk der Welt und der UNO-Klimakonferenz. Zunächst aber geht es um die Vorschläge der US-Regierung zu einem Kriegsende in der Ukraine.

Der ukrainische Präsident Selenskyj und US-Präsident Trump sitzen angespannt im Oval Office und gestikulieren mit den Händen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj und US-Präsident Trump bei einem Treffen im Februar. (IMAGO / ZUMA Press Wire / IMAGO / Jim LoScalzo-Pool)
Dazu schreibt die schwedische Zeitung EXPRESSEN aus Stockholm: "Am Donnerstag ist Thanksgiving, das Fest, an dem die Amerikaner bei einem Truthahnessen ihre Dankbarkeit erweisen. Aber es ist auch die Frist, die Trump der Ukraine eingeräumt hat, um den sogenannten Friedensplan der Amerikaner zu akzeptieren. In dem Fall wäre Putin derjenige, der am meisten Anlass zur Dankbarkeit hätte. Die 28 Punkte, die bislang bekannt wurden, enthalten unter anderem Forderungen an die Ukraine wie eine Aufgabe der gesamten Gebiete Donezk und Luhansk sowie der Krim. Außerdem soll die Ukraine ihre Streitkräfte erheblich verkleinern und weder in die NATO aufgenommen dürfen, noch dürfen dort NATO-Truppen stationiert werden. Im Gegenzug verspricht Russland, die Ukraine nicht wieder anzugreifen. Das ist kein Friedensplan, sondern eine Kapitulation", konstatiert EXPRESSEN aus Stockholm.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT befürchtet: "Sollte dieser Plan umgesetzt werden, könnte er Kiew nicht nur zur Kapitulation zwingen, sondern die Ukraine gänzlich von der geopolitischen Landkarte tilgen. Eine Rückkehr der Ukraine in den russischen Einflussbereich ist inakzeptabel. Stattdessen sollte das Land in die neue europäische Sicherheitsarchitektur integriert werden", fordert MÜSAVAT aus Baku.
Die finnische Zeitung KARJALAINEN betrachtet einen weiteren Aspekt: "Höchst problematisch ist auch, dass der Friedensprozess von einem Gremium unter Leitung von US-Präsident Trump überwacht werden soll. Für Europa ist es ebenso schwierig, Trump als unparteiischen Vermittler zu betrachten wie darauf zu vertrauen, dass Russland keine Nachbarländer mehr angreift. Es drängt sich unwillkürlich der Gedanke an das geheime Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts auf, in dem Nazi-Deutschland und die Sowjetunion Osteuropa 1939 nach Gutdünken unter sich aufteilten. Ein Nachgeben gegenüber Russland würde in die Katastrophe führen, denn wenn Moskau und Washington über die Köpfe der Europäer hinweg die Grenzen auf ihrem Kontinent neu bestimmen dürfen, hätte das verheerende Auswirkungen", prognostiziert KARJALAINEN aus Joensuu.
Die französische Zeitung LIBÉRATION findet: "Das schreckliche Ultimatum, das Trump an Selenskyj gerichtet hat, würde wohl auf Sizilianisch besser klingen: Der ukrainische Präsident hätte bis Donnerstag Zeit, ein 'Friedensabkommen' mit 28 Punkten zu unterzeichnen, von denen fast alle im Kreml ausgearbeitet wurden. Wenn jemand kein Abkommen schließen will, glaube er nicht, dass diese Person noch lange mit dabei sein werde, hatte der US-Präsident schon im März gedroht, als er begehrlich auf die Seltenen Erden der Ukraine blickte. Man könnte dazu die Filmmusik von 'Der Pate' einspielen, auch wenn die Corleones im Unterschied dazu einen gewissen Sinn für Ehre hatten", urteilt LIBÉRATION aus Paris.
In Südafrika hat am Morgen der G20-Gipfel begonnen, das Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer. Dazu erklärt JIEFANG RIBAO aus Shanghai: "Seit der Einrichtung dieses Formates im Jahr 1999 kommt der G20-Gipfel zum ersten Mal auf dem Boden Afrikas zusammen. Auch Russland schickt seinen Vertreter. Ausgerechnet die Vereinigten Staaten sind abwesend. Dies sollte die Laune des ehrgeizigen Gastgebers nicht trüben. Der afrikanische Kontinent und der Globale Süden wollen sich in den Mittelpunkt der Welt stellen, und sich hörbarer und sichtbarer machen. Sie wollen Solidarität, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Auf dem G20-Treffen wird über die Bewältigung von Katastrophen, Schuldenabbau und Energietransfers gesprochen. Der Boykott Washingtons und auch Argentiniens könnte Glück im Unglück bedeuten, weil man in vielen Fragen wohl mit weniger Hindernissen zu rechnen hat", hofft JIEFANG RIBAO aus Shanghai.
Die KLEINE ZEITUNG aus Österreich vermerkt: "Die G20-Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer repräsentiert mehr als 60 Prozent der Weltbevölkerung und mehr als vier Fünftel der globalen Wirtschaftsleistung. Wenn es also so etwas wie eine Weltregierung gibt, dann sind das die Treffen der G20. Über viele Jahre funktionierte das erstaunlich gut. Wenn die G20-Staaten nun in Südafrika zusammenkommen, ist davon aber nur wenig übrig. Nur 13 Länder werden auf höchster Ebene vertreten sein. Chinas Staatschef Xi und US-Präsident Trump haben abgesagt. In Südafrika manifestiert sich damit die neue Weltsicht: Der Glaube, dass Kooperation Vorteile für alle bringt zerbröselt, an seine Stelle tritt Trumps Nullsummenlogik. Gewinner gibt es dort nur, wenn es woanders auch Verlierer gibt", moniert die KLEINE ZEITUNG aus Graz.
Die US-Zeitung WASHINGTON POST mahnt: "Afrika zählt inzwischen 1,5 Milliarden Menschen, und diese Zahl dürfte sich bis 2070 verdoppeln. Es ist der jüngste Kontinent der Welt, mit der am schnellsten wachsenden Bevölkerung und einigen der dynamischsten Verbrauchermärkte. Als Reaktion auf den US-Boykott sagte der südafrikanische Außenminister Lamola, das Gipfeltreffen solle die klare Botschaft senden, dass die Welt mit oder ohne die USA weitermachen kann. Der Unterton ist nicht schwer zu erkennen: Es geht um Macht", ist in der WASHINGTON POST aus den USA zu lesen.
In Japan hat der Gouverneur der Präfektur Niigata die Wieder-Inbetriebnahme des größten Atomkraftwerks der Welt genehmigt. Die japanische Zeitung MAINICHI SHIMBUN ist skeptisch: "Nach dem Unfall in Fukushima im März 2011 wurden auch bei diesem AKW alle Reaktoren ausgeschaltet. Dass es bis zur Wiederinbetriebnahme so lange gedauert hat, liegt an den wiederholten Skandalen beim Betreiber Tepco: Zum Beispiel die ungenügenden Sicherheitsmaßnahmen, weswegen die Regierung 2021 sogar ein Betriebsverbot erlassen hat. Ein großes Problem ist, dass Tepco die Sicherheit weiter vernachlässigt. Am Donnerstag wurde ein neuer Skandal bekannt: Ein Mitarbeiter soll geheime Dokumente über Maßnahmen gegen Terroranschläge kopiert und mitgenommen haben. Das tiefe Misstrauen der Bevölkerung gegenüber Tepco darf nicht ignoriert werden", unterstreicht MAINICHI SHIMBUN aus Tokio.
Die Zeitung YOMIURI SHIMBUN, ebenfalls aus Japan, notiert dagegen: "Der Gouverneur will mit Sicherheitsmaßnahmen und Aufklärungsarbeiten das Vertrauen der Bevölkerung in die Kernkraft zurückgewinnen. Das ist ein großer Schritt. Denn dieses AKW ist das erste, das der Betreiber Tepco nach der Katastrophe in Fukushima wieder hochfährt. Der Kohleausstieg hat die Notwendigkeit der Atomenergie erhöht. Zudem wird die Strom-Nachfrage durch Künstliche Intelligenz auch künftig zunehmen. Insgesamt wird die Kernkraft als stabile Energie-Quelle die Wirtschaftskraft des Staates Japan stärken", erwartet YOMIURI SHIMBUN aus Tokio.
Die brasilianische Zeitung FOLHA DE SÃO PAULO schaut noch einmal auf die Weltklimakonferenz in Brasilien und zieht eine vorläufige Bilanz: "Der UNO-Klimagipfel COP30 in Belém war von einer ganzen Kette logistischer und struktureller Pannen überschattet, die schließlich auch noch in einem Brand gipfelte. Die Standort-Entscheidung zugunsten von Belém bot von Anfang an Anlass zur Sorge - eine mittelgroße Stadt mit einer mangelhaften Infrastruktur, die noch nie eine internationale Veranstaltung von vergleichbarer Größe ausgerichtet hatte. Hinzu kamen die prekäre Sicherheitslage vor Ort durch Demonstrationen, die unzureichende Kanalisation und die Gefahr von Stromschlägen durch eindringendes Regenwasser. Bereits im Vorfeld hatten zahlreiche Verhandlungsführer über logistische Probleme wie die hohen Preise für die Unterbringung geklagt und die Verlegung in eine andere Stadt gefordert. Am besten für Brasilien wäre es jetzt, wenn die COP30 im Amazonas zu einem spürbaren Fortschritt führt", meint die Zeitung FOLHA DE SÃO PAULO aus Brasilien zum Ende der Internationalen Presseschau.