04. Dezember 2025
Die internationale Presseschau

Die Verhandlungen über ein mögliches Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine dominieren die Zeitungskommentare. Im US-Bundesstaat Florida sollen heute nach übereinstimmenden Berichten die Gespräche fortgesetzt werden.

Das Bild zeigt zwei Verhandlungs-Delegationen an einem großen und ovalen weißen Tisch. Sie sitzen sich an den langen Enden gegenüber und lächeln sich freundlich an.
Die Gespräche im Kreml waren ohne greifbares Ergebnis geendet. (Alexander Kazakov/Sputnik, Kremlin Pool via AP/dpa-Bildfunk)
Das Treffen der US-Seite mit dem russischen Präsidenten Putin in Moskau war am Dienstag ohne greifbares Ergebnis geendet. Die Analyse in der polnischen RZECZPOSPOLITA lautet: "Putin hielt an seinen Forderungen fest. Er glaubt wohl, dass Russlands Wirtschaft – auf Kriegsbetrieb umgestellt – ihm letztlich den Sieg auf dem Schlachtfeld sichern wird. Die USA sind sich unsicher, wie lange sie es sich noch leisten können, in endlosen Gesprächen mit Putin festzustecken und damit ihr Hauptproblem – nämlich die Rivalität mit China – zu vernachlässigen. Daher das bizarre Verhalten der USA und ihre Versuche, den Konflikt unter Umgehung der Europäer schnell zu beenden", befürchtet die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
"Vielleicht ist es an der Zeit, zu dem Schluss zu kommen, dass Putin keinen Frieden will", heißt es im WALL STREET JOURNAL aus den USA. "Er will die Ukraine. Denn wo sind Putins Zugeständnisse? Er will den gesamten Donbass im Osten der Ukraine schlucken und Kiew die militärische und sicherheitspolitische Unterstützung der Verbündeten verweigern, die nötig wären, um sich in Zukunft zu schützen. Putin will den Anschein erwecken, als würde er verhandeln, und die Treffen mit dem US-Sonderbeauftragten Witkoff helfen ihm, diesen Schein aufrechtzuerhalten. Währenddessen versucht er, einen Keil zwischen Trump und Europa zu treiben." So weit das WALL STREET JOURNAL, das in New York erscheint.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA aus Rom präzisiert: "Putin versucht, Europa die Schuld für ein Scheitern der Verhandlungen zu geben, um dies zum Auslöser für eine so tiefe Spaltung zwischen den USA und der EU zu machen, dass die NATO auseinanderbricht."
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO aus Shanghai wirft ein: "Wie hätte Witkoff im Kreml auch erfolgreich sein können? Russland und die Ukraine liegen in wesentlichen Punkten so weit auseinander, dass die Aussicht auf Frieden getrübt ist. Putin wird die Kampfhandlungen so lange fortsetzen lassen, bis das gesamte Donbass-Gebiet unter russischer Kontrolle ist."
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT aus Baku verweist darauf, dass ... "... laut US-Außenminister Rubio die eigentlichen Streitpunkte ein Fünftel der Gebiete von Donezk sind, die von der ukrainischen Armee kontrolliert werden, und eine künftige Sicherheitszone. Das zeigt, dass über konkrete territoriale Fragen verhandelt wird. Diese Tatsache und auch die Beschleunigung des diplomatischen Tempos deuten darauf hin, dass das weitere Schicksal des Ukraine-Konflikts besiegelt ist."
Im britischen Guardian lesen wir: "Es mag noch nicht zutreffen, dass die USA unter Trump an einem schicksalhaften Scheideweg stehen, an dem sie sich zwischen Europa und der Ukraine auf der einen Seite und Russland auf der anderen Seite entscheiden müssen. Aber dieser Moment rückt näher als jemals zuvor seit 1945. Die Tragödie besteht darin, dass die Geschichte Europa eine Rolle bei der Unterstützung der Ukraine zugeteilt hat, die es letztlich nicht in erfüllen kann."
Die EU-Kommission hat einen Vorschlag zur Nutzung von russischem Staatsvermögen für die Ukraine vorgelegt. Dazu meint THE TELEGRAPH aus London: "Die europäischen Regierungen können noch einen Trumpf ausspielen, um ihre einstige Relevanz zurückzugewinnen. Derzeit sind insgesamt rund 230 Milliarden Euro an russischem Staatsvermögen bei Finanzinstituten auf dem Kontinent eingefroren. Der verfügbare Betrag entspricht etwa 140 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts der Ukraine. Sollten russische Vermögenswerte in dieser Größenordnung verwendet werden, um die Ukraine neu zu bewaffnen, könnten sie den Verlauf des Krieges verändern. Besser noch, Wladimir Putin würde zum ersten Aggressor in der Geschichte werden, der gezwungen wird, den Widerstand gegen seine Aggression selbst zu finanzieren. Und das russische Volk würde erkennen, dass seine eigenen Ressourcen dazu verwendet werden, die Munition zu kaufen, die seine Soldaten töten", erwartet THE TELEGRAPH aus London.
Die Tokioter Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN verweist darauf, dass Belgien, wo die russischen Zentralbankgelder liegen, dem Plan nicht zugestimmt hat. "Auch wenn die EU das juristische Risiko für Belgien mindern könnte, besteht immer noch die Gefahr, dass Belgien ins Visier von russischen Sabotagen gerät. Moskaus Ziel ist, dass die Angst der europäischen Bürger wächst und sich die Öffentlichkeit gegen die Ukraine-Hilfe richtet. Und dagegen kann die EU kaum angehen."
Die spanische Zeitung EL PAÌS aus Madrid kommentiert die Kriegsdrohung des russischen Präsidenten gegen Europa. "Die Aussage Putins, sein Land sei bereit, ab sofort gegen Europa in den Krieg zu ziehen, muss sehr ernst genommen werden. Ohne Alarmismus oder Panikmache, sondern als das, was sie ist: als eine Herausforderung für die europäische Sicherheit. Putin hat wiederholt gezeigt, dass er ein Alles-oder-Nichts-Spieler ist und selten blufft."
"Diese Rhetorik sollte nicht allzu wörtlich genommen werden", meint hingegen die finnische Zeitung KARJALAINEN. "Solche Drohungen sind Teil von Putins zynischem Spiel, um Europa unter Druck zu setzen. In fast vier Jahren Krieg hat Russland zuletzt nur wenige Gebiete erobern können und dabei hohe Verluste erlitten. Putin wird nur dann von seinen Forderungen abrücken, wenn die russische Wirtschaft kollabiert. Solange aber die EU, China und Indien weiterhin Öl und Gas aus Russland beziehen, ist das eher nicht zu erwarten. Erst gestern konnte sich die EU darauf verständigen, diese Importe in knapp zwei Jahren zu beenden - und bis dahin ist der Krieg möglicherweise schon vorbei." Das war KARJALAINEN aus Joensuu.
Die Außenminister der NATO-Staaten haben sich in Brüssel einmal mehr mit der Lage in der Ukraine befasst. Anstelle von US-Außenminister Rubio nahm sein Stellvertreter Landau an dem Treffen teil. "Amerikas Interesse an einem starken transatlantischen Bündnis verflüchtigt sich zusehends", meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. "Mit Blick auf Europas Sicherheit ist dies alarmierend. Obwohl die EU der weitaus wichtigste Handelspartner der USA ist, verbindet die Regierung Trump mit dem alten Kontinent nur ein geringes strategisches Interesse. In Russland scheint sie keine Gefahr für die internationale Stabilität zu erkennen, sondern primär ein künftiges Geschäftsfeld. So spiegelt auch der jüngste Ukraine-Plan mehr Trumps pekuniäre Interessen als den Willen zur Schaffung einer robusten Sicherheitsarchitektur in Europa", resümiert die NZZ aus der Schweiz.
US-Präsident Trump empfängt heute seine Amtskollegen aus dem Kongo und Ruanda in Washington, um ein Friedensabkommen zu ratifizieren, das der Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo ein Ende setzen soll. Die NEW TIMES aus Ruanda geht darauf noch nicht ein und wirft stattdessen ein Schlaglicht auf Belgien, zu dem Ruanda die diplomatischen Beziehungen abgebrochen hatte. "Belgien verhält sich nach wie vor so, als könne es stellvertretend für Europa Zentralafrika verstehen und deuten – eine Rolle, die es aus seiner kolonialen Vergangenheit übernommen hat und die in europäischen Kreisen selten hinterfragt wird. Seit Jahrzehnten prägen belgische Beamte die europäische Politik gegenüber Ruanda, Burundi und der Demokratischen Republik Kongo. Dieser alte Reflex führt dazu, dass in Europa das Verständnis für die Region abnimmt. Unsere Region hat sich weiterentwickelt. Belgien hingegen nicht. Ruanda erwartet nicht, dass Brüssel in regionalen Konflikten vermittelt. Diese Ära ist längst vorbei. Aber Ruanda würde eine konstruktive Beziehung zu einem ehrlichen Partner begrüßen. Sollte Belgien jedoch weiterhin an simplen Narrativen festhalten, wird es eine ehemalige Macht bleiben, die noch immer redet, lange nachdem andere aufgehört haben zuzuhören."