06. Dezember 2025
Die internationale Presseschau

Heute unter anderem mit Stimmen zum Eurovision Song-Contest, zur FIFA-Veranstaltung zur Auslosung der Vorrunden-Begegnungen bei der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft und zur Verabschiedung des Rentenpakets durch den Bundestag.

Gianni Infantino und Donald Trump stehen auf einer Bühne vor zwei Lostöpfen. Trump ist dabei, ein Los zu öffnen. Infantino zeigt auf ihn.
FIFA-Präsident Gianni Infantino (l.) und US-Präsident Donald Trump bei der Auslosung der Gruppen für die Fußball-WM 2026 in den USA und Kanada (picture alliance / ANP / Koen van Weel)
Die russische Zeitung KOMMERSANT wertet die Abstimmung als Erfolg für die Regierungskoalition - aber auch für Bundeskanzler Merz persönlich: "Friedrich Merz befand sich in einer äußerst schwierigen Lage. Die Sicherung des Rentenniveaus ist für die SPD ein zentrales Thema, und die Parteiführung lehnte eine erneute Prüfung der Gesetzesinitiative kategorisch ab. Gestern erlebte der Kanzler dann eine angenehme Überraschung: Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte für die Rentenreform. Für die Sozialdemokraten, die Union und Friedrich Merz persönlich war die Annahme der Reform eine ernsthafte Bewährungsprobe, die sie allem Anschein nach erfolgreich bestanden haben", fasst der KOMMERSANT aus Moskau zusammen.
Die norwegische Zeitung DAGSAVISEN beschäftigt sich mit dem Eurovision Song Contest und der Entscheidung, Israel die Teilnahme daran zu ermöglichen. Die Zeitung fordert, Norwegen solle sich aus dem Wettbewerb zurückziehen: "Seit dem Frühjahr findet in Norwegen ein berechtigter Kulturkampf mit dem Ziel statt, unsere nationale Rundfunkanstalt NRK zu einem Boykott Israels zu bewegen. Mehrere hundert norwegische Kulturschaffende haben den Aufruf unterschrieben, Israel von dem Wettbewerb auszuschließen - andernfalls solle sich die NRK zurückziehen. Die NRK wäscht dagegen ihre Hände in Unschuld. Tatsache ist, dass im Gaza-Krieg zehntausende Palästinenser getötet wurden und Israels Premier vom Internationalen Strafgerichtshof als Kriegsverbrecher gesucht wird. Für uns steht deshalb fest, dass Norwegen nicht auf einer Bühne mit Israel stehen sollte - aus moralischen Gründen, aber auch aus Rücksicht auf die anderen Teilnehmer und die Integrität des Wettbewerbs", notiert DAGSAVISEN aus Oslo.
In Spanien hat die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt TVE angekündigt, keine Teilnehmer zu dem Wettbewerb zu schicken und den ESC auch nicht zu übertragen. Die Zeitung DIARIO DE SEVILLA vermutet dahinter eine Strategie der spanischen Regierung, die sich auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens in Spanien zeige: "Die sozialistisch geführte Regierung von Pedro Sánchez verfolgte von Anfang an die Strategie, alle Aspekte des öffentlichen Lebens zu politisieren, was die Konfrontation zwischen den Parteien verstärkt und zu ständigen Spannungen in der Gesellschaft geführt hat. Jetzt ist auch noch der ESC an der Reihe. Ganz abgesehen von der geopolitischen Situation oder einer Bewertung des israelischen Vorgehens im Gaza-Krieg ist klar, dass eine solche Politisierung des Wettbewerbs auch innenpolitische Vorteile bringen soll. Auf diese Weise wird eine Debatte angeheizt, die auf ein enormes Medienecho stoßen wird", lautet die Mutmaßung der spanischen Zeitung DIARIO DE SEVILLA.
Auch die öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft in Irland, RTÉ, hat angekündigt, den ESC zu boykottieren. Die in Dublin erscheinende IRISH TIMES glaubt, es könnte ein Abschied für längere Zeit werden: "Es ist unklar, was in Gaza geschehen müsste, damit RTÉ zum ESC zurückkehrt. Der im Oktober in Kraft getretene Waffenstillstand hat weder das Töten von Zivilisten noch die anhaltende humanitäre Krise beendet. Es ist daher möglich, dass Irland, das seit der Teilnahme des Sängers Butch Moore im Jahr 1965 stets einen Vertreter entsandt hat, für längere Zeit nicht mehr beim ESC vertreten sein wird", stellt die IRISH TIMES fest.
EL MUNDO aus Madrid kommentiert die Auslosung der Vorrunden-Begegnungen für die Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr. Die spanische Zeitung kritisiert vor allem den Veranstalter, die FIFA, und wie ihr Präsident Infantino auf offener Bühne US-Präsident Trump umschmeichelte. EL MUNDO schreibt: "Trump, Trump und nur Trump. Der Protagonist der WM-Auslosung in Washington war nicht der Fußball, sondern der Präsident der Vereinigten Staaten. Persönlichkeiten wie ihn bezeichnet man in diesem Land als 'larger-than-life', größer als das Leben, und die Inszenierung rund um seine Person und seine Obsessionen hat deutlich gemacht, dass die kommenden Monate ganz von seiner Präsenz geprägt sein werden", hält EL MUNDO aus Madrid fest.
Der britische TELEGRAPH aus London spricht davon, dass sich FIFA-Präsident Infantino bei der Veranstaltung gegenüber Trump erniedrigt habe: "Der FIFA-Präsident hat in der Vergangenheit zwar schon so manchen Unsinn von sich gegeben, aber das hier war etwas ganz anderes. Selbst wenn man wegsehen wollte, war es schwer, den Blick von einer solch spektakulären Zurschaustellung von Unterwürfigkeit abzuwenden, die weltweit übertragen wurde."
Und die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN kritisiert, dass Trump mit dem neu geschaffenen Friedenspreis der FIFA ausgezeichnet wurde: "Diese Preisverleihung für Trump fand zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt statt. Denn die USA stehen kurz vor einer großen militärischen Operation gegen Venezuela – offiziell wegen des Drogenhandels, in Wirklichkeit wohl wegen des anti-amerikanischen Maduro-Regimes. Trump hat bereits mehrfach Schiffe vor Venezuela attackieren lassen, wobei viele Menschen ums Leben kamen. Diese Tatsache wird vom Fußball-Weltverband komplett ignoriert. Die offensichtliche Schmeichelei gegenüber dem mächtigen Trump bedeutet für die FIFA den endgültigen Verlust ihrer moralischen Autorität", findet ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Die türkische Zeitung MILLIYET schaut auf die Gespräche zwischen den USA und Russland zur Beendigung des Krieges in der Ukraine. Sorge macht sich die Zeitung vor allem um die Rolle Europas dabei: "Europa sieht folgendes Bild: Moskau denkt, diesen Krieg nicht verlieren zu können und wird deshalb keine Zugeständnisse für den Frieden machen. Deshalb konzentrierten sich die westlichen Akteure beim letzten NATO-Treffen in Brüssel mehr auf 'Abschreckung' als auf 'Frieden'. Schließlich sind wir mit einem Europa konfrontiert, dessen Schicksal mit dem der Ukraine verknüpft ist. Ironischerweise ist ausgerechnet dieses Europa, dessen Zukunft fraglich ist, zum entscheidenden Akteur in diesem Krieg geworden." Zu dieser Schlussfolgerung kommt MILLIYET aus Istanbul.
Die aserbaidschanische Zeitung ADALET geht davon aus, dass Russlands Präsident Putin ohnehin andere Pläne hat, als der Ukraine einen annehmbaren Friedensplan anzubieten: "Putin erklärte während seines Besuchs in Indien, dass der Donbass in jedem Fall befreit werde. Es bleibt unklar, auf welche Logik und welches Völkerrecht er seine Aussage stützt. Und US-Präsident Donald Trump versucht offenbar, sich mithilfe der Ukraine-Krise bei Putin beliebt zu machen", vermutet ADALET aus Baku.
DE STANDAARD aus Brüssel geht auf das Vorhaben der EU ein, der Ukraine in Europa angelegte russische Staatsgelder zur Verfügung zu stellen. Belgien kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, da dort der Großteil dieses Geldes angelegt wurde. DE STANDAARD findet, die "Gier nach russischem Vermögen" lasse derzeit alle Hemmungen fallen: "Mächtige Länder und die Kommission unterstützen die abenteuerliche Idee, die Rechtsordnung mit Füßen zu treten, und es gelten nur noch Eigeninteressen. Vielleicht hat Belgiens Regierungschef Bart de Wever es geschafft, nach den Gesprächen mit Ursula von der Leyen und Friedrich Merz nicht wie ein russischer oder amerikanischer Agent zu wirken, sondern zu verdeutlichen, worum es wirklich geht: Europa muss die Reihen schließen und sich ungeachtet aller Risiken solidarisch zeigen, die Rechtsstaatlichkeit achten und allen Bürgern klarmachen, dass eine Niederlage der Ukraine die unmittelbare Bedrohung für uns erhöht. Das Überleben der Ukraine darf aber nicht allein in den Händen Belgiens liegen", mahnt DE STANDAARD aus Brüssel. Und damit endet die internationale Presseschau.