
"Das Dokument der Trump-Regierung gibt der europäischen Integration die Schuld für die größten Probleme des Kontinents. Außerdem heißt es darin, die Europäische Union untergrabe die politische Freiheit und Souveränität in Europa. Nach der Rede von JD Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar und dem demütigenden 28-Punkte-Plan für die Ukraine hätten wir es alle kommen sehen müssen. Trotzdem sind die neuen Worte schockierend. Die Sicherheitsstrategie ist das eindeutige Signal dafür, wie brutal und rein geschäftlich Washington mit Europa interagieren will. Wenn Washington das nächste Mal die Daumenschrauben anzieht, sollte die EU bereit sein, zurückzuschlagen. Zunächst sollte sie das Handelsabkommen aussetzen. Denn nur eine entschlossene Reaktion wird in den USA Wirkung zeigen", empfiehlt der GUARDIAN aus London.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA meint: "Vieles deutet darauf hin, dass die Reaktionen in Europa im üblichen hysterischen Tonfall verharren werden. Jenseits der üblichen Klagen und Beleidigungen wird sich zweifellos auch ein historischer Moment deutscher Führungsrolle in Europa herauskristallisieren. In Berlin ist bereits die Rede davon, dass Deutschland mehr Verantwortunf übernehmen soll. Diese Vision hat jedoch, wie alle Pläne zur Ablösung des amerikanischen Westens durch das heutige Europa, eine fundamentale Schwäche: einen Mangel an realer Macht. Das magische Denken der europäischen Eliten beruht auf dem Glauben, dass alles, was sie sagen oder verkünden, sofort zur harten Realität wird. Doch ohne Macht sind all diese Erklärungen heute wertlos“, erläutert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Das ST. GALLER TAGBLATT aus der Schweiz befindet: "Hinter den Kulissen tobt bereits ein Machtkampf um das Erbe von Trump. Die Aussagen von JD Vance und Marco Rubio deuten darauf hin, dass potenzielle Trump-Nachfolger einen extremen Anti-EU-Kurs steuern werden. Die nächste Generation der 'Make America Great Again'-Aushängeschilder wird das neue Strategiepapier ernst nehmen."
Die türkische Zeitung CUMHURIYET hält fest: "Die Vereinigten Staaten sehen eine lang andauernde Konfrontation mit ihrem Hauptrivalen China voraus. Sie wollen sie ohne Krieg führen. Stattdessen will Washington die 'amerikanische Abschreckung' erhöhen. Ein weiteres Ziel ist es, eine 'vereinte Wirtschaftsmacht' gegen China zu schaffen. Dazu soll Indien als Partner gewonnen werden. Trumps Nationale Sicherheitsstrategie lässt sich als Strategie des Kampfes der USA gegen China zusammenfassen", meint CUMHURIYET aus Istanbul.
Die norwegische Zeitung DAGBLADET stellt fest: "Trump stößt sich ganz besonders an der Neigung des Westens, sich an demokratische Spielregeln zu halten sowie den Rechtsstaat und eine liberale Weltordnung zu respektieren. Er will in einer Welt herrschen, die wieder in die Interessensphären von Großmächten aufgeteilt wird. Statt nach Europa wendet Trump in seiner Sicherheitsstrategie den Blick nach Lateinamerika, wo es Öl und Rohstoffe gibt und nicht so viel demokratischer Widerstand zu erwarten ist. Der Einsatz der Marine vor der Küste Venezuelas ist angeblich ein Krieg gegen den Drogenhandel, aber es kann kein Zweifel daran bestehen, dass das eigentliche Ziel die reichen Ölvorräte des Landes sind", ist DAGBLDET aus Oslo überzeugt.
Die brasilianische Zeitung O GLOBO schreibt zu dem US-amerikanischen Vorgehen in der Karibik: "Angeblich führen die USA vor der Küste von Venezuela einen 'Krieg gegen den Drogenterrorismus'. Diese Formulierung soll die Diktatur von Nicolás Maduro in die Ecke der Drogenkartelle rücken und den tödlichen Aktionen einen Anschein von Legalität verleihen. Aber diese Darstellung ist verlogen. Drogenhändler sind gewöhnliche Kriminelle, und die Angriffe auf ihre angeblichen Boote sind skandalöse Verstöße gegen das Völkerrecht. US-Außenminister Marco Rubio stammt aus kubanischen Exil-Kreisen und träumt von einem Sturz der linken Regimes in Kuba und Venezuela. Trump wiederum hat sich von der Idee hinreißen lassen, für einen vergleichsweise geringen Aufwand einen außenpolitischen Triumph einzufahren. Aber so leicht lässt sich ein Regimewechsel eben nicht erzwingen", konstatiert O GLOBO aus Rio de Janeiro.
Die dänische Zeitung KRISTELIGT DAGBLAD geht auf den Sturz von Syriens Machthaber Assad vor einem Jahr ein: "Nach 53 Jahren Diktatur war das eine historische Zäsur. Rebellen übernahmen die Macht, befreiten die Gefangenen des Regimes und zündeten den Präsidentenpalast an. Die Freude der Bevölkerung über das Ende eines der repressivsten Regimes der Welt war enorm. Der einstige Dschihadist und neue Staatslenker Al-Scharaa signalisiert, dass sich das neue Syrien von Russland und dem Iran abwenden und Teil der prowestlichen Gemeinschaft im Nahen Osten werden will. Auf seiner Charme-Offensive in Washington und in europäischen Hauptstädten wurde er von Regierungschefs begeistert empfangen. Das bedeutet nicht, dass die Syrer jetzt in Freiheit und Wohlstand leben. Es gab auch Blut und Gewalt. Der Westen darf sich nicht blenden lassen. Er muss die neue Regierung daran erinnern, dass dieser Weg fortgeführt werden muss - und dass die Minderheiten im Land gleichberechtigter Bestandteil der neuen Nation sein müssen", mahnt KRISTELIGT DAGBLAD aus Kopenhagen.
Die panarabische Zeitung AL ARABY AL-JADEED mit Sitz in London kommentiert: "So unterschiedlich ihre Lebensumstände auch sind, für die meisten Syrer beginnt ihre Rückkehr zu politischer Mündigkeit mit dem Sturz des Assad-Regimes. Und so unterschiedlich ihre Vorstellungen im Einzelnen auch sein mögen, sie alle sind bestrebt, die nationale Identität neu zu definieren und gemeinsame Visionen von ihrem Land zu entwickeln - nun endlich, nachdem das Hindernis beseitigt wurde, das diesem Anliegen sechs lange, bittere Jahrzehnte im Wege gestanden hatte. So ist der Tag der Befreiung für die meisten Syrer auch ein Datum, an dem sie der Hölle entkommen sind. Wenn die Syrer die neue Führung bei allen Vorbehalten im Einzelnen unterstützen, drücken sie damit vor allem aus, dass sie nicht mehr in die Vergangenheit zurückkehren wollen", vermerkt AL-ARABY AL-JADEED.
Abschließend zum Besuch von Bundesaußenminister Wadephul in China. Der CDU-Politiker holt seine Reise nach. Die zunächst für Oktober anberaumte Visite hatte Wadephul mit der Begründung abgesagt, dass Peking ihm außer einem Treffen mit seinem Amtskollegen Wang keine Termine bestätigt hatte. Die Zeitung JIEFANG RIBAO aus Schanghai führt aus: "Schön, dass Herr Wadephul doch kommt. In einer Zeit, in der die transatlantischen Beziehungen immer weniger verlässlich geworden sind, erscheint die Frage noch dringlicher: Wie sollen die Beziehungen zwischen China und Europa weitergehen? Die Ungewissheit wird immer größer. Sei es, was die interne Wettbewerbsfähigkeit betrifft, oder überregionale Fragen wie den Ukraine-Krieg. Auch innerhalb Deutschlands sind sich Wirtschaft und Politik bei Richtungsfragen uneinig. Vor diesem Hintergrund sollte der deutsche Außenminister den Besuch in China als Chance nutzen, um einige Fehlkurse zu korrigieren. Die Welt heute braucht mehr Gewissheit und Stabilität", betont die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO.
HUANQIU SHIBAO aus der chinesischen Hauptstadt Peking ergänzt: "Angesichts der hohen Kosten in Sektoren wie Energie, Umwelttransaktionen sowie für die Konkurrenzfähigkeit der Industrie braucht Deutschland gerade einen Partner wie China. Die deutsche Regierung sollte endlich den Eiertanzkurs verlassen und das Land aus der Wirtschaftsrezession holen. In vielen Bereichen verfügen unsere beiden Länder über eine gute, ausbaufähige Grundlage."
