17. Dezember 2025
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zu den Ukraine-Gesprächen in Berlin, zur Abkehr der EU-Kommission vom Verbrenner-Aus und zur Präsidentenwahl in Chile.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, geben im Bundeskanzleramt am Rande des Ukraine-Gipfels eine Pressekonferenz.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, geben im Bundeskanzleramt am Rande des Ukraine-Gipfels eine Pressekonferenz. (Kay Nietfeld / dpa)
Die österreichische Zeitung DER STANDARD schreibt zu den Berliner Gesprächen über den Ukraine-Friedensplan: "Die Dynamik der Verhandlungen hat in Berlin gewiss neuen Schwung bekommen. Gleichzeitig aber gilt: Auch wenn die Ukraine, die Europäer und die USA ihre Standpunkte annähern, wird es letztlich der Aggressor Russland sein, der über ein Ende des Krieges entscheidet. Und das bisherige Mantra Moskaus ist hinlänglich bekannt: Russland will seine Ziele durchsetzen – wenn möglich mit Diplomatie, wenn nötig mit Gewalt. Dem deutschen Kanzler Friedrich Merz ist es immerhin gelungen, das von den USA in ihrer jüngsten Sicherheitsstrategie geschmähte Europa wieder auf die Bühne der Diplomatie zurückzuholen. Schon alleine das muss als Erfolg gewertet werden", stellt DER STANDARD fest.
In Berlin wurden auch Sicherheitsgarantien - ähnlich der Beistandsverpflichtung der NATO-Staaten - in Aussicht gestellt, wie die aserbaidschanische Zeitung ADALET hervorhebt: "Die Ukraine ist kein NATO-Mitglied und ein Beitritt in naher Zukunft ist unwahrscheinlich. Daher kann ein solches Versprechen der USA bezüglich der Sicherheit der Ukraine nicht ewig gelten. Ohne NATO-Mitgliedschaft sind solche formalen Zusagen wirkungslos. Beim Treffen zwischen ukrainischen und US-amerikanischen Vertretern in Berlin sollen bereits 90 Prozent der Punkte für einen Frieden vereinbart worden sein. Das Hauptproblem sind die verbleibenden zehn Prozent, die mit dem Verlust der territorialen Integrität der Ukraine zusammenhängen", lautet die Einschätzung von ADALET aus Baku.
Die taiwanesische Zeitung ZHONGGUO SHIBAO zweifelt an möglichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine: "Hat der ukrainische Präsident Selenskyi seinen leichtfertigen Verzicht auf die NATO-Mitgliedschaft womöglich inzwischen bereits wieder bereut? Es ist mehr als fraglich, ob sich sein Land auf die halbherzigen Sicherheitsgarantien der USA im Ernstfall wirklich verlassen kann. Bislang hat kein einziger NATO-Soldat an der Seite der ukrainischen Streitkräfte gekämpft, die seit Beginn des Krieges ganz allein den Blutzoll entrichten. Auch was den Konflikt zwischen China und Taiwan betrifft, ist das einzige, was US-Präsident Trump dabei interessiert, die hochentwickelte Chipindustrie unseres Landes", betont ZHONGGUO SHIBAO aus Taipeh.
Die polnische RZECZPOSPOLITA meint: "Was vom zu Ende gehenden Jahr in Erinnerung bleiben sollte, sind nicht einzelne Erklärungen, sondern langfristige Veränderungen. Die wichtigste ist das Ende des Westens, wie wir ihn kennen. Obwohl Russland eine existenzielle Bedrohung für das vereinte Europa darstellt, hat Amerikas Präsident Trump nicht nur immer wieder signalisiert, dass er bereit ist, die Ukraine dem Kreml zu überlassen, sondern auch rechtsextreme Gruppierungen unterstützt, die – wie die deutsche AfD – die Europäische Union zerstören wollen. Trump hat die transatlantischen Beziehungen untergraben. Dies hat in diesem Jahr zu einem Umdenken innerhalb der Europäischen Union geführt. Insbesondere Deutschland unter der Leitung von Friedrich Merz hat beschlossen, erstmals die Führung in Europa zu übernehmen", beobachtet die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Thema in der französischen Zeitung LIBÉRATION ist die von der EU-Kommission empfohlene Abkehr vom Verbrenner-Aus: "Als Brüssel gestern angesichts der Krise, in der sich der Automobilsektor in Europa befindet, darauf verzichtete, den Herstellern vorzuschreiben, bis 2035 vollständig auf Elektroautos umzusteigen, gab es dem Druck der Deutschen, der Rechten und der extremen Rechten nach. Sie hatten gefordert, weiter einen begrenzten Anteil an Verbrennungsmotoren zuzulassen, um der chinesischen Konkurrenz entgegenzuwirken. Das ist zwar nicht das Ende des Green Deals, sondern nur eine vorübergehende Verlangsamung. Aber Brüssel neigt derzeit dazu, in Sachen Umwelt stark auf die Bremse zu treten", kritisiert LIBÉRATION aus Paris.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz sieht es so: "Die Automobilindustrie leidet weniger unter der Regulierung als unter deren ständiger Anpassung. Konsumenten sind bereits heute unsicher, ob sie aufs Elektroauto setzen sollen. Ein endloses Hin und Her bei den politischen Vorgaben verstärkt ihr Zögern. Vor allem aber verliert die Politik das Vertrauen der Öffentlichkeit, wenn sie an Zielen festhält, die sich im gesetzten Zeitrahmen ganz offensichtlich nicht einhalten lassen. Es braucht deshalb vor allem eines: den Mut, diese Realitäten zu benennen. Nur so lässt sich ein glaubwürdiger und mehrheitsfähiger Weg im Klimaschutz finden", unterstreicht die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN führt aus: "Zu den so genannten 'Verbrennern' gehören in der EU auch die Hybrid- und die Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge. Der EU-Vorschlag bedeutet für die japanischen Hersteller wie Toyota oder Honda deshalb Rückenwind, denn ihre Stärke liegt in der hocheffizienten, umweltfreundlichen Hybrid-Technologie. Der Druck aus China, wie etwa vom führenden Elektroauto-Hersteller BYD, wird allerdings immer größer. Mit dem plötzlichen Kurswechsel in Brüssel können die Autobauer, sowohl aus Europa als auch aus den USA und aus Japan, aber Zeit gewinnen. Sie sollten sie nutzen, um die Entwicklung von Fahrzeugen der nächsten Generationen voranzutreiben", empfiehlt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die kolumbianische Zeitung EL PAIS beschäftigt sich mit dem Wahlsieg des rechtsgerichteten Politikers Kast bei der Präsidentenwahl in Chile: "Obwohl José Antonio Kast versuchte, sich bei seinem dritten Anlauf auf das Präsidentenamt gemäßigter als früher zu präsentieren, ist seine Wahl der deutlichste Rechtsruck, den Chile seit seiner Rückkehr zur Demokratie 1990 erlebt hat. Bislang steht nur fest, dass Kast den Schulterschluss mit anderen autoritären Führern des Kontinents wie Donald Trump in den USA oder Nayib Bukele in El Salvador sucht und dass er einst seine Bewunderung für Augusto Pinochet äußerte, obwohl Chile noch immer unter den Folgen der Diktatur leidet. Der übrige Kontinent wird die Amtsführung von Kast genau beobachten, aber die chilenische Bevölkerung hat eine demokratische Entscheidung getroffen, die es zu respektieren gilt", meint EL PAIS aus Cali.
Die chilenische Zeitung EL MOSTRADOR erläutert: "Natürlich könnte man von einer Protestwahl aufgrund von Unzufriedenheit mit der scheidenden linken Regierung sprechen. Aber das greift zu kurz. Chile hat in den Jahrzehnten nach der Diktatur viele Erfolge erzielt, aber zugleich hat die soziale Ungleichheit zugenommen. Für die einen waren die Massenproteste 2019 gegen die Ungleichheit ein ungerechtfertigter Aufstand gegen die enormen Fortschritte, für die anderen waren sie der Ausdruck einer Unzufriedenheit über ein überholtes und reformbedürftiges Modell. Das ist es, was inzwischen den politischen Wettbewerb prägt, und dieser Streit wird mit den Wahlen 2025 nicht abgeschlossen sein", prophezeit EL MOSTRADOR aus Santiago de Chile.
US-Präsident Trump hat sich in den sozialen Medien beleidigend über den getöteten Hollywood-Regisseur Reiner geäußert. Die NEW YORK TIMES beklagt einen Verlust von Anstand und Manieren in den USA: "Derzeit zeigt sich dies in jedem grotesken Social-Media-Beitrag, in jeder Kabinettssitzung, die wie in Nordkorea der Verehrung Trumps geweiht ist, in jeder Zeremonie zur Unterzeichnung von Durchführungsverordnungen, die ihn wie einen chinesischen Kaiser erscheinen lassen soll, in jeder schmeichlerischen Erwähnung des Friedens, den er angeblich der Welt gebracht hat, in jedem zwielichtigen Geschäft, das seine Familie abschließt, um sich zu bereichern; in jeder huldigenden Versammlung von Tech-Milliardären im Weißen Haus, in jedem ausländischen Staatschef, der sich erniedrigt, um willkürliche Zölle zu vermeiden – in all dem werden unsere Standards als Nation herabgewürdigt, unsere Manieren barbarisiert."