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Die Jagd soll grüner werden

Johannes Remmel, Umweltminister in Nordrhein-Westfalen, will das Jagdrecht nachhaltiger und ökologischer ausgestalten. Aber noch bevor ein Entwurf vorliegt, ist die Jägerlobby auf dem Plan - der Minister fühlt sich falsch verstanden.

Von Susanne Kuhlmann | 19.12.2012
    Dass Jägerei viel mehr bedeutet, als Beute zu erlegen, werden Jäger nicht müde zu betonen. Die Jagd stellt eine der ältesten Techniken der Menschheit dar, das, was die Natur bietet, zu nutzen. Wildfleisch ist Ökofleisch, und in unserer Kulturlandschaft wird auch künftig Jagd gebraucht. Das sagt Johannes Remmel, Umweltminister in Nordrhein-Westfalen und will das Jagdrecht reformieren. Noch existiert kein Entwurf, aber bereits ein heftig ausgetragener Austausch von Argumenten. Susanne Kuhlmann hat sie erfragt.

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    Das Jagdhornblasen gehört zur Tradition der Jägerei wie Bleimunition, Fallenjagd und Hundeausbildung mit lebenden Enten. Gegen das Jagdhornblasen hat niemand etwas, aber vieles andere soll überdacht werden. Das Ziel der rot-grünen Regierung Nordrhein-Westfalens: Ein nachhaltiges und ökologisches Jagdgesetz, so Umweltminister Johannes Remmel.

    "Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir eine stärkere Diskussion auch öffentlich haben: Wie sieht das mit dem Tierschutz aus? Also zukünftige Jagdhundeausbildung. Sollen wir die Ausbildung weiter an lebenden Enten machen? Das muss man wissenschaftlich untersuchen. Auch Fallenjagd ist sehr umstritten. Da meine ich schon, dass stärker Tierschutzaspekte eine Rolle spielen müssen."

    Die Jägerlobby des Landes ist auf der Hut. Sie lud den Minister zum Landesjägertag ein und versuchte, Landtagsmitglieder davon zu überzeugen, dass die Hundeausbildung mit Ente unbedenklich ist. Die Ente komme dabei nicht zu Schaden. Ihr werde lediglich eine Papiermanschette um einen ihrer Flügel gelegt, um sie für eine Weile am Fliegen zu hindern; wasserlösliches Papier, wie Georg Kurella betont, der stellvertretende Präsident des Landesjagdverbandes.

    "Diese Ente wird zu Wasser gelassen und schwimmt von den Menschen erst mal weg. Wenn die Ente weg ist und der Hund sie nicht mehr sieht, wird der Hund angesetzt an der Stelle, wo die Ente zu Wasser gelassen wurde. Mit seiner sehr feinen Nase arbeitet er auf dem Wasser die Schwimmspur der Ente aus, findet die Ente im Schilf. Nach einigen Minuten ist die Manschette kaputt, löst sich auf, die Ente ist voll flugfähig und ist weg."

    Auch beim Thema Fallen wollen die Jäger beim bisherigen Verfahren bleiben. Es geht um Predatoren, also Beutegreifer wie Fuchs oder Marder, die bodenbrütende Vögel und Niederwild wie Hase und Rebhuhn gefährden. Filme der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigen, was in den Fallen passiert.

    " Wenn Sie Kastenfallen nehmen, die dunkel sind und Marder oder Fuchs drin saß, der rumorte ein bisschen rum, suchte nach einem Ausweg, fand keinen, rollte sich ein und schlief. - Wird schon wieder besser werden.
    Der Stress in den Fallen ist für die meisten Tiere, die gefangen werden, gering. Und sind es Predatoren, die der Bejagung unterliegen und auch bejagt werden müssen, dann werden sie getötet nach den Grundsätzen der Waidgerechtigkeit."

    Drittes Ärgernis: die Bleimunition. Umweltminister Remmel will die Einführung bleifreier Munition weiter diskutieren. Es werden Alternativen gebraucht, sagt auch Thorsten Wiegers vom Naturschutzbund Nabu.

    "Blei ist ein Schwermetall. Blei in der freien Landschaft führt zu Bodenbelastung, Belastungen in der Natur überhaupt. Blei als Schwermetall reichert sich in der Nahrungskette an und deshalb sollten Alternativen genutzt werden."

    Auch auf diese Kritik sind die Jäger vorbereitet. Blei habe ein hohes spezifisches Gewicht und erfülle seinen Zweck schnell und sicher, sagen sie. Versuche mit anderen Geschossen seien bisher unbefriedigend verlaufen. Aber über Wasserflächen ist Bleimunition bereits verboten.

    Noch hat das nordrhein-westfälische Umweltministerium kein Eckpunktepapier zur Jagdrechtnovelle vorgelegt, geschweige denn einen Entwurf. Aber manche Jäger beschimpfen Umweltminister Johannes Remmel schon jetzt als Ideologen, der im Verein mit Naturschutzverbänden die Jagd am liebsten abschaffen möchte. So weit geht der Landesjagdverband zwar nicht. Aber er kündigt an, sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu wehren, sollte es zum Paradigmenwechsel kommen. Das wäre der Fall, wenn das "bewährte Jagdrecht", wie die Jäger sagen, einem "ökologischen Jagdrecht" weichen müsste. Der Minister – er ist auch Schirmherr der alljährlichen Wildwochen des Landes, einer Vermarktungskampagne – fühlt sich falsch verstanden.

    "Ich bin schon der Meinung, dass im Vorfeld mit bestimmten Positionen hausieren gegangen worden ist, ohne dass wir in irgendeiner Weise diese Positionen eingenommen hätten.
    Wir wollen weder die Jagd verbieten, noch sie überregulieren. Es geht darum, sie teilweise neu zu begründen, aber auch Dinge, die sich verändert haben, stärker zu betonen."

    Strittig ist unter anderem, auf welche Arten künftig Jagd gemacht werden darf, wie häufig die Treffsicherheit von Jägern trainiert werden muss und wer die Experten für den Natur- und Artenschutz sind: Jäger oder Umweltschützer. Es wird also noch dauern, bis der Streit um die geplante Jagdrechtnovelle in Nordrhein-Westfalen abgeblasen werden kann.