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Die kanadische Band Stars
Alles ist verloren

Stars aus Montreal machen seit 14 Jahren Indie-Pop. Ihr neues Album trägt den sarkastisch gemeinten Titel "No One Is Lost". Die Songs ziehen hin und wieder dezent Richtung Tanzfläche - was auch daran liegt, dass der Proberaum über einer Schwulendisko liegt und die Wände dünn sind.

Von Andreas Zimmer |
    Seit rund 14 Jahren veröffentlichen Stars aus dem kanadischen Montreal nun schon Alben. Für die neue CD "No One Is Lost" gab es die erste Umbesetzung in der Band: einen neuen Gitarristen. Ein Mann, der Dinge anpackt, wie Sängerin Amy Millan begeistert feststellt. Beispielsweise die kaputte Heizung im Proberaum
    "We have a new guitar-player. His name is Christopher McCarron. First time in 14 years we had somebody new come along and write with us. And he happens to be incredibly good at building and fixing and we were complaining about how cold it was in the studio and he said: well why don't we just change the baseboard heaters?"
    Aber Christopher McCarron, so der Name des Stars-Neuzugangs, kann noch mehr. Er hat auch das neue Mischpult verkabelt und mit etwas Know-how ein komplettes Studio im Proberaum eingerichtet. Mit dem Nachteil, dass die Beats der darunterliegenden Disco ganz oft zu hören waren. Laut Amy der größte Einfluss auf das Songwriting.
    "I think that the biggest influence on the record was the fact that we were recording and writing on top of a gay disco called The Royal Phoenix. So between Wednesday and Sunday it will get quite loud coming downstairs from the club. So the gay Disco-beats were coming up through the floor into our space."
    Keine tief greifende Neuorientierung
    Neuer Gitarrist, neues Studio, neue Einflüsse durch Discobeats. All das lässt die Erwartungshaltung wachsen in Hinblick auf eine soundtechnische Neuerfindung von Stars. Aber so deutlich ist der Wandel dann doch nicht. Vielmehr ist der musikalische Gesamteindruck aller elf Songs etwas zurückgenommener als in der Vergangenheit. Sängerin Amy findet den neuen Sound allerdings "freier". Das eigene Studio habe unabhängiger gemacht. Und wie bisher auch gehe es um Stimmungen.
    "It's not just one mood. It's all moods. It's the ups and the downs of the sun coming up and the sun going down. And also because we had our own studio we didn't have the confiance of only being in a place for a certain time because that's when the engineers are there, we didn't have the confiance of paying somebody 600 Dollar a day. We had a lot of freedom."
    Ok, ok. Auf dem neuen Stars-Album "No One Is Lost" gibt es dann doch zwei oder drei Songs, die etwas mehr Richtung Tanzfläche zielen, eine neue Richtung eröffnen. Auch das Cover-Artwork ist neon-farbiger geraten als bei früheren Veröffentlichungen. Aber eine tief greifende Neuorientierung kann man in den gitarrenbasierten Popstücken von Stars nicht erkennen. Eher nur vorsichtiges Erkunden neuer musikalischer Facetten.
    Nur als Trost gemeint
    Traditionell greifen Stars in den Texten zu ihren Alben immer Themen auf, die die Band während des Komponierens beschäftigen. Bisher wurden Romantik, politische Unzufriedenheit, Trauer und der Nachwuchs beleuchtet. Auf der neuen CD "No One Is Lost" regiert die Wut. Songschreiberin Amy bezeichnet den Albumtitel als dreiste Lüge. "Niemand ist verloren" sei eigentlich nur als Trost gemeint.
    "Well... It's an outright lie. But for a moment we can believe that it's true: come on everybody, let's pretend no one is lost. When we know everybody is lost. But all together now: no one is lost. Doesn't that make you feel good? And anyway, if anyone is lost, together then maybe we aren't lost."
    Amy Millans Sarkasmus zeigt an, dass Stars diesmal echt zu knabbern haben an der politischen und der persönlichen Situation. Dabei geht die Band auf "No One Is Lost" textlich so offen wie selten zuvor zu Werke. Vorsicht ist dabei ein gestriges Konzept für die Band. Stars 2014 verlassen die Kuschelecke. Zumindest textlich. Und das ist dann doch noch etwas definitiv Neues bei den Kanadiern.
    "I don't see that in pop music. If you want to be careful that's totally fine but I don't see that as the role of Stars is to make sure you're careful. Our role in your life is the parts where you're not careful."