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Die Karriere eines Krieges

Die Karriere eines Krieges verfolgt Elfriede Jelinek in ihrem neuen Hörspiel "Bambiland". Die im vergangenen Jahr mit dem Nobelpreis geehrte Autorin hat ihn aus ihrem gleichnamigen Theaterstück und Splittern dreier Monologe zusammengesetzt. Wie bei dem Hörspiel "Jackie", für das Jelinek im vergangenen Jahr den Hörspielpreis der Kriegsblinden erhielt, führte auch bei "Bambiland" Karl Bruckmaier Regie.

Von Frank Olbert |
    Frank Olbert: Herr Bruckmaier, was reizt sie an Elfriede Jelineks Texten?
    Karl Bruckmaier: Es ist immer eine Herausforderung an sich selber als Regisseur mit sprachlich so komplexen Texten, wie mit denen von Frau Jelinek zu arbeiten, weil man neue Methoden und neue Wege suchen muss, wie man den Text in eine radiotaugliche Form bringen kann.
    Frank Olbert: Das Stück wird als ein Hörspiel über die Karriere eines Krieges angekündigt. Was ist das für eine Karriere?
    Karl Bruckmaier: Frau Jelinek hat sich in der Zeit, als der Kriegszustand im Irak akut wurde, einer totalen Mediensituation ausgesetzt. Sie hat dann Texte aus Nachrichtensendungen, aus Fernsehberichten, aus Zeitungen kombiniert mit dem Theaterstück "Die Perser" von Aischylos und anderen Materialien. Sie hat all diese Elemente zu einer langen Suada unter dem Namen "Bambiland" vereinigt. Hinzu kommen Monologe, die unter dem Titel "Babel" in demselben Buch abgedruckt sind. In dem Text wird der Krieg aber nicht geschildert, sondern es ist eine sprachliche Sezierung der Vorgänge, der Gedanken, der Hintergründe, der möglichen Auswirkungen auf den seelischen Zustand des Menschen und auf den konkreten politischen und sozialen Zustand einer Gesellschaft.
    Frank Olbert: War die Herausforderung, diese Suada, von der sie sprachen, zu strukturieren?
    Karl Bruckmaier: Ganz genau. Das war das Hauptanliegen.
    Frank Olbert: Wie sind Sie vorgegangen?
    Karl Bruckmaier: Das hat mit dem generellen Nachdenken über das Hörspiel und seine Möglichkeiten jetzt in der Gegenwart zu tun. Das Hörspiel hat sich in den letzten zehn bis zwanzig Jahren in eine Richtung entwickelt, in der das Material und eine bestimmte Musikalisierung eine große Rolle spielen. O-Töne werden auf eine ganz neue Art verwendet, neue Rekombinationsmöglichkeiten eingesetzt. Mein Interesse ist es, mich wieder mehr auf die Sprache zu konzentrieren. Mich haben beim Lesen des Textes verschiedene Typen angesprungen. Da erschloss es sich mir, dass eine Möglichkeit der Realisation ist, die Stärken des Hörspiels zu nutzen und den Text auf verschiedene Typen aufzuspalten und sie miteinander in Kommunikation treten zu lassen. Denn das, was da als ein innerer Monolog erscheint, ist eigentlich ein Zwiegespräch zwischen verschiedenen Haltungen.
    Elfriede Jelineks Hörspiel "Bambiland" in der Regie von Karl Bruckmaier sendet Bayern2Radio in drei Teilen am 18. und am 25. November, sowie am 2. Dezember, jeweils um 20.30 Uhr.