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Die Katastrophe kam danach

Im März 2000 standen die verheerenden Überschwemmungen in Mosambik weltweit im Mittelpunkt des Interesses der Medien. Zwei Monate später war das Wasser wieder abgelaufen und die Weltöffentlichkeit richtete ihre Kameras auf die nächste Katastrophe. In Mosambik begann unterdessen ein Streit um den Wiederaufbau der zerstörten Städte und Dörfer.

Von Dirk Asendorpf | 14.06.2005
    März 2000. Deutschlandfunk. Die Nachrichten:

    " In Mosambik sind inzwischen eine Million Menschen wegen der andauernden Überschwemmungen obdachlos. Diese Zahl nannte Staatspräsident Chissano. Er wandte sich heute mit einer Bitte um Hilfe an die internationale Öffentlichkeit. Nach seinen Worten harren noch immer tausende Menschen auf Hausdächern und Bäumen aus. Sie könnten nur mit zusätzlichen Hubschraubern gerettet werden. Die Zahl der Todesopfer geben offizielle Stellen mit rund zweihundert an. Als Soforthilfe stellt Deutschland zunächst vier Millionen Mark zur Verfügung. "

    März 2000. Die Überschwemmungskatastrophe im südlichen Afrika war Topthema auch in den Nachrichten des Deutschlandfunks. Außergewöhnlich ergiebige Regenfälle waren mit einem Zyklon zusammengetroffen und hatten in Mosambik selbst kleine Flüsse in riesige Seen verwandelt. Seit zwei Wochen stand eine Fläche von der Größe der Schweiz unter Wasser. Als die Rettungshubschrauber der Bundeswehr eintrafen, waren bereits über 500 Menschen ertrunken, und noch immer harrten Tausende in Baumkronen, auf Hausdächern und Hügeln aus. Die Fernsehbilder der dramatischen Rettungsaktionen gingen um die Welt und die Sonderkonten von Hilfsorganisationen füllten sich reichlich. Allein in Deutschland wurden in wenigen Tagen 50 Millionen Mark gespendet.

    Zwei Monate später war das Wasser wieder abgelaufen, die Weltöffentlichkeit richtete ihre Kameras auf die nächste Katastrophe und in Mosambik begann ein Streit um den Wiederaufbau der zerstörten Städte und Dörfer.

    Die Flutopfer wollten sich nur unter bestimmten Bedingungen in höher gelegene Gebiete umsiedeln lassen, berichtete der Reporter von Radio Maputo aus der Krisenprovinz Gaza. Sie fordern den Bau von Brunnen, einer Grundschule und einer Straßenanbindung.

    Im Kleinen hat Mosambik bereits hinter sich, was große Teile Südasiens noch vor sich haben. Auch für die Opfer des verheerenden Tsunami flossen die Spenden reichlich. Über 500 Millionen Euro kamen allein in Deutschland zusammen, insgesamt sind es viele Milliarden Dollar. Für die erste Nothilfe wurde nur ein Bruchteil davon verbraucht, der große Rest fließt in Wiederaufbau und Prävention. Möglichst gerecht soll es dabei zugehen und möglichst nachhaltig sollen die betroffenen Gebiete vor der nächsten Katastrophe geschützt werden. So ist es in Tausenden Projektanträgen und politischen Stellungnahmen zu lesen. Ob das in Asien klappen wird, lässt sich heute noch nicht beurteilen. Deshalb lohnt der Blick auf Mosambik, die ehemalige portugiesische Kolonie am Südostzipfel Afrikas, in der die große Flut jetzt fünf Jahre zurück liegt.
    "Ich glaube schon, dass wir heute besser vorbereitet sind. Jedes Jahr stellen wir einen Katastrophenschutzplan für drei Szenarien auf: Dürre, Überschwemmungen, Zyklone. Und deshalb können wir jetzt nicht mehr so wie früher von den Ereignissen überrascht werden."

    Elias Cangela demonstriert Optimismus. Als Beamter der mosambikanischen Katastrophenschutzbehörde ist er für alle Notfall-Vorbereitungen in drei Distrikten der Provinz Inhambane zuständig - ein Gebiet von der Größe Hessens. Seine Arbeitsbedingungen stehen in krassem Widerspruch zu der gewaltigen Aufgabe. In Cangelas Büro, einem Nebenraum des Sozialamts in der Kleinstadt Vilankulo, gibt es weder Strom noch einen Telefonanschluss. Und die Aktenstapel sind unter einer Plastikplane verborgen. Denn das Wellblechdach hat mehrere faustgroße Löcher.

    " Die nationale Katastrophenschutzbehörde hat hier vor Ort keinerlei technisches Gerät, weder einen Traktor, noch ein Fahrrad oder Motorrad. Wenn ich in der Stadt einen Termin habe, muss ich zu Fuß gehen. Gestern bin ich aus einem Dorf am Rio Save zurückgekommen, 117 Kilometer entfernt. Erst hundert Kilometer auf der Nationalstraße, dann muss man ein Buschtaxi für weitere 17 Kilometer nehmen. Aber wenn es regnet, dann fährt es einfach nicht. Manchmal muss ich unterwegs übernachten, denn 30 Kilometer kann man ja nicht an einem Tag hin und zurück schaffen und dann auch noch die Arbeit im Dorf erledigen. "

    Auf der Straße vor Cangelas Büro rumpeln unterdessen die gut klimatisierten Geländewagen internationaler Hilfsorganisationen vorbei. An bunten Aufklebern ist leicht zu erkennen, wem sie gehören: Care, Dänischer Entwicklungsdienst, US-AID, Jesus Alive, Deutsche Welthungerhilfe.

    Seit der Überschwemmungskatastrophe ist Mosambik zum Lieblingsland der Entwicklungshilfe geworden. Es gehört zu den zehn ärmsten Staaten der Welt, bietet für die ausländischen Organisationen aber günstige Arbeitsbedingungen. Klima und Landschaft sind angenehm, die Nähe zum reichen Südafrika erleichtert die Logistik, und der Staat macht kaum Vorgaben. 150 Hilfsorganisationen haben sich in der Hauptstadt Maputo zu einem Dachverband zusammengeschlossen, und das sind noch längst nicht alle. Auch staatliche Entwicklungshilfe fließt reichlich nach Mosambik. 700 Millionen Euro im Jahr sind es seit der Flut, ein großer Teil davon geht direkt an die Staatskasse.

    Bei Elias Cangela allerdings kommt fast nichts davon an. In den ersten Monaten eines Jahres hat der Distriktbeauftragte für den Katastrophenschutz keinen einzigen Dollar in der Kasse, denn Ende Dezember muss er alles Restgeld abgeben, die erste Zahlung für das neue Jahr kommt aber erst im April. Leider fällt die mittellose Zeit exakt auf die Monate, in denen immer wieder Zyklone und Überschwemmungen auftreten. Cangela hätte allen Grund, neidische Blicke auf die schicken Autos der ausländischen Hilfsorganisationen zu werfen, die vor seinem Büro vorbeifahren. Doch das weist er weit von sich.

    " Ich kann mich über die Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen wirklich nicht beschweren, wir arbeiten sehr gut zusammen. Wenn sie für eines ihrer Programme in ein Dorf fahren, dann sagen sie mir Bescheid und ich kann sie darum bitten, mich mitzunehmen. Eigentlich müssten wir als Regierung ja immer zuerst da sein, die Probleme identifizieren und die Daten erheben. Wenn es zum Beispiel in einem Dorf Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung gibt und eine Organisation helfen will, dann müssen wir als Regierung zunächst informiert werden. Ohne Fahrzeug bekomme ich das ja nicht direkt mit. Die Hilfsorganisation berichtet mir also davon. Wir organisieren dann eine Versammlung, auf der wir das Problem zusammen besprechen und nach einer Lösung suchen. "

    Zum Beispiel in Rumba Tsatsa. Hier hatte die Flut vor fünf Jahren viele Häuser und die Dorfschule zerstört. Jetzt entsteht ein Neubau aus Stein, der dem nächsten Zyklon trotzen soll. Einige Männer aus dem Dorf sind gerade dabei, die Außenwände zu verputzen. Auf einer Versammlung hatten sie sich zu solchen Arbeitseinsätzen verpflichtet.

    Etwas abseits steht Rafael Namoso im Schatten eines Cashew-Baumes, einer der beiden Lehrer. Er ist erst 24 Jahre alt, hat selber die Schule nur bis zur achten Klasse besucht und ist bereits Direktor der Grundschule.

    " Ein bis zwei Wochen, nachdem die Flut vorbei und das Wasser abgelaufen war, hatten wir die Klassenräume wieder aufgebaut - mit lokalen Materialien, Holz, Lehm und Stroh. Aber immer wenn es regnet, haben wir ein Problem. Dann wird es in den Klassenräumen nass und wir können keinen Unterricht abhalten. Jetzt hilft die Bevölkerung beim Bau des Steinhauses mit. Die Frauen bringen das Wasser , die Männer helfen bei den Bauarbeiten."

    Ohne Hilfe von außen wäre das nicht passiert. Das staatliche Bildungsministerium hat im besten Fall genug Geld, um den Lehrern ihr Gehalt von rund 75 Euro im Monat zu bezahlen und für die Schüler ein paar Hefte und Bücher zu liefern. Die Menschen in den Dörfern des mosambikanischen Hinterlandes sind so arm, dass schon der Kauf eines Sacks Zement ihre Möglichkeiten übersteigt. Organisiert und finanziert wird der Schulbau von Rumba Tsatsa von der Deutschen Welthungerhilfe. Dieter Krebs, der Projektleiter, lebt schon seit 20 Jahren in Mosambik, zunächst als Kooperant der DDR für den Aufbau des sozialistischen Bruderlandes, seit der Wende als Entwicklungshelfer. Sehr viele gut gemeinte Projekte hat er daran scheitern sehen, dass die Bevölkerung nicht einbezogen war. Eigeninitiative ist für ihn deshalb die entscheidende Voraussetzung sinnvoller Hilfe.

    " Wenn sich herausstellt, dass die Initiative dieser Bevölkerungsgruppe nachlässt, dann haben wir auch schon mal einfach abgebrochen: Das Fundament stehen lassen und sind zur nächsten gegangen. Da werden Zeichen gesetzt. Das spricht sich rum, hier braucht man nicht unbedingt ein Radio. Die Menschen hören das, sie hören auch hin. Und ich denke, das ist nicht eine Diffamierung dieser Menschen. Aber Erziehung muss sein."

    In der Sprache der Entwicklungszusammenarbeit heißt so etwas Hilfe zur Selbsthilfe. Man könnte es auch Bevormundung nennen. Doch schließlich müssen sich die Hilfsorganisationen gegenüber ihren Spendern und Zuschussgebern im Norden rechtfertigen - und nicht gegenüber der Bevölkerung im Süden. Kein Wunder, dass sie ihr Geld am liebsten dort ausgeben, wo sie die Projektziele mit großer Wahrscheinlichkeit erreichen können.

    Und so drängeln sich die Hilfsorganisationen um die besten Plätze für die Nothilfe und den Wiederaufbau. Dass sie sich dabei auch schnell gegenseitig auf die Füße treten, hat Dieter Krebs während der Überschwemmungskatastrophe in Mosambik erlebt. Die staatlichen Institutionen waren mit der Koordinierung der Hilfe vollkommen überfordert, und die ausländischen Helfer waren nicht an einen Tisch zu bekommen.

    " Es gab Organisationen, die ich jetzt nicht unbedingt nennen möchte, die das einfach nicht für nötig erachtet haben. Und das haben wir als Behinderung empfunden. Diese Organisationen sind in unsere Bereiche eingedrungen, haben dort Baumaterial verteilt an Menschen, die bereits schon Hilfe hatten. Und das hat uns schon Kopfzerbrechen gemacht. Es ist eben auch so, dass zwischen den Organisationen Konkurrenzkampf entsteht. Und es muss Disziplin herrschen, wenn solche Katastrophen sind. Da muss Disziplin gewahrt werden und dann hilft man den Menschen vor Ort am besten."

    Häufig klappt das nicht. Und dann entscheidet jede Hilfsorganisation allein, welche Hilfe sie für sinnvoll hält. Welche Folgen das haben kann, hat José Chuva untersucht. Der Ethnologe und Soziologe arbeitet an der Universität Beira und leitet ein kleines kulturhistorisches Institut.

    " Es gibt oft ein Problem mit den humanitären Hilfseinsätzen. Während der Flut im Jahr 2000 haben die Japaner elektrische Reistöpfe, echte Luxusgeräte, in den Búzi-Distrikt geschickt. Die Bauern dort konnten überhaupt nichts damit anfangen, denn bei ihnen gibt es ja keinen Strom. Einfache Blechtöpfe wären viel nützlicher gewesen. Klar, dass die Bauern dann versucht haben, die elektrischen Töpfe so gut wie möglich zu verkaufen. Hilfe ist sehr willkommen. Aber man müsste die Dorfbewohner vorher erst einmal fragen, welche Bedürfnisse sie denn eigentlich haben, also zum Beispiel, welche Art von Töpfen oder welche Kleider sie wirklich brauchen. Zum Beispiel Hosen: Für einen Bauern ist es ein Skandal, wenn eine Frau eine Hose anzieht. Dann sieht sie aus wie eine Städterin und für die Bauern bedeutet das: wie eine Prostituierte. Die Frauen können also keine Hosen anziehen, nur die Männer haben etwas von den verteilten Hosen. Das ist natürlich ein Problem und führt zu Ehestreit."

    Manche Hilfsorganisation arbeitet völlig an den Interessen der Menschen vorbei. Und manche Menschen nutzen die Ahnungslosigkeit der Hilfsorganisationen zum eigenen Vorteil. Und so häufen sich die Berichte über Flutopfer, die sich von verschiedenen Organisationen gleich mehrfach retten und umsiedeln ließen. Jedes Mal gab es eine Erstausstattung an Lebensmitteln, Kleidern und Baumaterial.

    " Länder, die wie Mosambik sehr arm sind und häufig Unterstützung brauchen, die Menschen entwickeln da eine Technologie, aus dieser Notsituation können sie schon Nutzen ziehen. Es entsteht Korruption und Bereicherung, die aber nicht das eigentliche Problem löst. Es ist wirklich störend."

    Noch immer werden auf Mosambiks Märkten Reissäcke aus einer gewaltigen japanischen Hilfslieferung zu Niedrigstpreisen verkauft. Einheimische Reisbauern können damit nicht konkurrieren. Und so bleibt - trotz guter landwirtschaftlicher Beratung - manches Feld unbestellt. Der Ethnologe José Chuva hat den Zorn der Bauern erlebt, als er für eine Studie über die Folgen der Überschwemmung durch die Dörfer gezogen ist.

    " Wenn die ausländischen Organisationen mit allen möglichen Hilfsgütern kommen, die die Leute vor Ort nicht haben. Es ist doch klar, dass dann eine gewisse Unzufriedenheit entsteht. Die Hilfsorganisationen und die lokale Verwaltung arbeiten nebeneinander her. Beziehungsweise: Die Verwaltung macht eigentlich nichts. Aber die ausländische Hilfsaktion dauert ja nur eine bestimmte Zeit und dann ist sie zu Ende. Wenn die Hilfsorganisation geht, gibt es plötzlich überhaupt nichts mehr. Denn von der Verwaltung ist nichts zu erwarten. Das führt zu großen Problemen."

    Auf dem Weg über den Rio Búzi. Die beiden Fährleute werfen ihren uralten Dieselmotor an, um zwei Geländewagen eines Hilfsprojekts auf die andere Flussseite zu bringen. Träge plätschert das braune Wasser um die Fähre. Jetzt lässt der Rio Búzi nichts davon ahnen, wie gefährlich er werden kann. Doch Anfang 2000 war er am frühen Morgen über die Ufer getreten und hatte den gesamten Distrikt überschwemmt. Die Dorfbewohner wurden im Schlaf überrascht, eine Vorwarnung hatte es nicht gegeben.

    Neun Dörfer auf beiden Seiten des Rio Búzi haben inzwischen ein Katastrophenschutzkomitee gebildet. Mit 3,5 Millionen Euro war die deutsche GTZ beteiligt. Sogar eine zweitägige Katastrophenschutzübung mit Vorwarnungen, Rettungsbooteinsatz und Feldlazarett haben die Hilfsorganisationen durchgeführt. Evaluierungsberichte bestätigen die erfolgreiche Umsetzung "dorforientierter Katastrophenvorsorge".

    Damit passt das Projekt am Rio Búzi zu den Zielsetzungen der Vereinten Nationen, die auf großen internationalen Konferenzen in Bonn und Kobe festgelegt wurden. Weltweit sind Zahl und Ausmaß von Naturkatastrophen in den letzten zehn Jahren steil angestiegen. Während das in den reichen Industriestaaten vor allem zu wirtschaftlichen Verlusten führte, stammten 95 Prozent aller Getöteten aus armen Ländern - wobei die über 200.000 Opfer der Tsunami-Katastrophe noch nicht einmal mitgezählt sind.

    Lucas Renço, der Bürgermeister des Búzi-Distrikts, ist auf Einladung der GTZ zu den Konferenzen nach Bonn und Kobe geflogen. Jetzt sitzt er wieder an seinem Schreibtisch im schlichten Rathaus von Búzi. Ihm ist völlig klar, dass er bei der Entwicklung seines Distrikts auf die ausländischen Hilfsorganisationen angewiesen ist - und dass er sie zu nichts zwingen kann.

    " Unsere Haltung muss die des Dialogs sein. Ohne Zweifel hat es den ein oder anderen Vorschlag von außen gegeben, der nicht in unser Konzept gepasst hätte und den wir deshalb nicht befolgen wollten. Wenn so ein Fall eintritt, dann sprechen wir miteinander, versuchen, unsere Positionen zu klären, zu einer gemeinsamen Lösung zu finden und das Projekt zu beginnen."

    Und wer hat in solch einer Auseinandersetzung das letzte Wort? Der Bürgermeister?

    " Nicht immer. Wir müssen einfach über die verschiedenen Interessen verhandeln."

    Neun gut vorbereitete Dörfer entlang des Rio Búzi sind natürlich nur ein Anfang. Wie in den meisten Entwicklungsprojekten wird auch hier darauf gesetzt, dass das gute Beispiel Schule macht. Doch wenig spricht dafür, dass das passieren wird. Denn der Distrikt wurde nicht ausgewählt, weil er typisch für Mosambik wäre oder der Katastrophenschutz hier besonders schwer zu organisieren ist. Eher im Gegenteil: hier sind die Voraussetzungen ungewöhnlich günstig. Die Dörfer liegen in der Nähe von Beira, der zweitgrößten Stadt Mosambiks. Der Rio Búzi ist zwar hochwassergefährdet, im Unterschied zu anderen großen Flüssen liegt sein Einzugsgebiet aber im Inland. Vorwarnungen sind deshalb nicht auf eine - kaum existierende -Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten angewiesen. Und so engagiert wie Lucas Renço ist kaum ein anderer Bürgermeister im Land.

    " Für die Menschen war die Katastrophe erst nach der Katastrophe."

    Der Soziologe Elisio Macamo hat für ein Forschungsprojekt der Universität Bayreuth die große Flut und ihre Folgen in seiner südmosambikanischen Heimatstadt Xai-Xai untersucht. Dabei ist er auf einen wesentlichen Unterschied in der Sichtweise der Bevölkerung und der Hilfsinstitutionen gestoßen.

    " Als das Wasser da war, war das keine Katastrophe. Aber für die staatlichen Institutionen war das die Katastrophe. Und dann waren die da, all die Rettungsdienste und die Nichtregierungsorganisationen. Alle Leute waren da in einer Zeit, in der sie von niemandem gebraucht wurden. So sagt die lokale Bevölkerung. Denn sie wissen, wie sie das machen. Sie akzeptieren auch, dass einige Leute ums Leben kommen, aber das ist halt so, das ist normal. Und zwar, weil sie immer diese Erwartung haben, dass nach dem Abzug des Wassers, sie eine gute Ernte haben werden. Das Problem dieser 2000er Überschwemmung war, dass nach dem Abzug des Wassers eine große Dürre eingetreten ist und sie konnten dann eben nicht das tun, was sie früher gemacht haben, nämlich eine große Ernte erzielen. Und dann war eben eine Katastrophe da. Und diese staatlichen Institutionen waren nicht mehr da."