Donnerstag, 16. Mai 2024

Archiv


Die Kosten von Atomstrom

Die Atomenergie hat in den Anfangsjahren Subventionen erhalten und wird auch weiterhin Staatsgelder bekommen, sagt Greenpeace. Damit sei die Kernenergie nicht billiger als erneuerbare Energien.

Von Dieter Nürnberger | 03.09.2009
    Dieter Nürnberger in unserem Berliner Studio, für was ist denn da Geld in welchen Mengen geflossen?

    Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat heute – laut eigenen Angaben – erstmals eine umfassende Bilanz zur Förderung oder auch Subventionierung der Atomkraft vorgelegt. Durchgeführt wurde die Untersuchung vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag von Greenpeace. Und die hierin genannten Zahlen setzen sich zusammen aus direkten Finanzhilfen des Bundes, hier dominieren vor allem Forschungsausgaben. Es geht des weiteren um Kosten für den Betrieb von Atommülllagerstätten wie Asse oder auch Morsleben, aufgelistet werden auch Ausgaben des Bundes für die Stilllegung ostdeutscher Atommeiler. Hinzu kämen Steuervergünstigungen, beispielsweise eine Nichtbesteuerung bis 2006 im Vergleich zu anderen Energieträgern. Das alles sind die wichtigsten Punkte – und letztendlich beziffert Greenpeace die Kosten der Atomkraft in Deutschland auf die riesige Summe von knapp 260 Milliarden Euro. Das seien Ausgaben der vergangenen Jahrzehnte sowie schon feststehende Kosten für die nahe Zukunft. Andree Böhling stellte diese Bilanzierung heute Vormittag in Berlin vor.

    "Unsere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die staatliche Förderung der Atomkraft bis 2008 auf mindestens 165 Milliarden Euro beziffert werden muss. Und dass bereits heute künftige staatliche Ausgaben von mindestens 92,5 Milliarden Euro feststehen. Diese Summe der staatlichen Förderung liegt somit bei knapp 260 Milliarden Euro. Dabei sind noch nicht einmal jene Kosten berücksichtigt, die extern anfallen. Hier geht es insbesondere um eine fehlende Haftpflichtversicherung – zur Deckung eines möglichen Gaus eines Atomkraftwerkes."

    Die Umweltschutzorganisation macht dies auch ganz konkret an Einzelbeispielen fest. Das berühmt-berüchtigte Lager für schwach-radioaktive Abfälle in Asse etwa. Hier steht ja eine umfassende Sanierung noch aus, das Lager droht abzusaufen. Sebastian Schmidt vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft macht folgende Rechnung auf.

    "Das Lager Asse wurde ja sehr lange von der Gesellschaft für Strahlenforschung betrieben. 2008 wurde dann diese Betriebsgenehmigung entzogen. Nun wird es vom Bundesamt für Strahlenschutz verwaltet. In der Vergangenheit sind hier Kosten von 290 Millionen Euro angefallen. Durch das Missmanagement der Vergangenheit ist allerdings zu erwarten, dass noch einiges hinzukommt. Das Bundesumweltministerium glaubt, dass es rund zwei Milliarden Euro sein werden. Erst im Herbst werden allerdings verschiedene Schließungskonzepte vorliegen, dann erst wird man sehen, was letztendlich wirklich dabei herauskommt."

    Greenpeace hat sich auch den Subventionsbericht der Bundesregierung angeschaut. Der erscheint ja seit Ende der 60er-Jahre, verantwortlich ist das Bundesfinanzministerium. Und da stehe tatsächlich auch eine Angabe zur Subventionierung der Kernenergie drin, sagt Andree Böhling.

    "In diesen Subventionsberichten werden die verschiedenen Subventionen einzelner Wirtschaftsbereiche dargelegt. Dort finden Sie bis zum 20. Subventionsbericht, aktuell ist derzeit der 21., in der Summe staatliche Hilfen für die Atomenergie von weniger als 200 Millionen Euro. Das waren damals staatlich festgeschriebene Hilfen für die Landwirtschaft nach dem Super-Gau in Tschernobyl."

    Greenpeace erhebt mit dieser Studie zu den Kosten der Kernenergie keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ganz im Gegenteil, man habe nur belastbare Zahlen verwendet, es sei sogar eher eine konservative Rechnung. Zudem seien einige Posten in der Auflistung auch nur schwer zu recherchieren gewesen, weil es an Offenheit fehle. Fazit also: Der Strom aus der Kernkraft sei alles andere als billig, besonders auch dann, wenn mit anderen Summen, etwa der Förderung der Erneuerbaren Energien - hier geht Greenpeace von rund 30 Milliarden Euro aus - verglichen werde. Das Fazit von Greenpeace:

    "Wir brauchen endlich eine wirklich transparente Bilanzierung seitens der Bundesregierung. Mit dem vereinbarten Atomausstieg muss natürlich auch die Subventionierung beendet werden. Das Verursacherprinzip muss auch für die Betreiber der Atomkraft gelten. Deswegen müssen die Energiekonzerne verpflichtet werden, die bekannten und auch künftigen Kosten der Atomkraft – wie beispielsweise die Kosten für die Sanierung des Endlagers in Asse – selbst zu tragen. In diesem Fall tragen die Verursacher bislang nur eine Summe, die 0,04 Prozent der Kosten entspricht. Den Rest muss der Steuerzahler bezahlen."

    Mit diesen Zahlen im Rücken, bleibt Greenpeace natürlich bei ihrer Ablehnung der Kernenergie, es wird ein Atomausstieg bis 2015 gefordert.