Doris Gercke, "Die Frau vom Meer", Hoffmann und Campe Jörg Juretzka, "Sense", Rotbuch Krimi 1109 Stephen King, "Riding the Bullet", www.SimonSays.com Louis P. Laskey, "Herz auf Eis", Haffmanns Henning Mankell, "Mittsommerrmord", Paul Zsolnay Verlag Walter Mosley, "Socrates in Watts", Unionsverlag
F: Wieder Erwarten ist das Jahrtausend also angebrochen und alles ist wie es immer war, die Welt um kein kleines bißchen besser und deshalb gibt es auch im 21. aller Jahrhunderte noch .... * Musik: Hitchcock, Music to be murdered by (Track 18); ab 0'45" darüber *
M1: ... die Krimikolumne.
AA: Guten Tag..
M2: ... und hört, hört, da ist auch noch unser Rezensent.
F: Die Krimikolumne live aus dem 21. Jahrhundert ... heute mit richtig dicken Büchern und ... wir wollen ja die Welt verbessern ... fast lauter Lobeshymnen. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Wir beginnen mit nutzlosem Lob.
M1: Ohne große Werbung ist das Buch schon 2 Wochen nach Erscheinen auf Platz 2 der Bestsellerlisten. Und schon jammern die Leser, daß es nach 602 Seiten schon zu Ende ist. Alles in dem Buch ist traurig: Der ermittelnde Kommissar treibt Raubbau mit seiner Gesundheit. Die Landschaft, in der das Buch spielt, ist so trist, das selbst der Autor aus ihr flüchtete und seitdem in Mozambique lebt.
F: Jetzt weiß jeder Krimifreund, wovon wir reden.
M1: Von "Mittsommermord", dem fünften und neuesten Krimi des schwedischen Bestsellerautors Henning Mankell.
M2: Der Erfolg von Mankell ist eigentlich einigermaßen merkwürdig. Denn Mankell verzichtet auf all das, was einen erfolgreichen Krimi landläufig ausmacht: Es gibt kein illustres Ambiente, wie bei Donna Leon, der Krimi spielt im düsteren, verregneten Südschweden. Der Kommissar lebt allein, hat keine nennenswerten Laster und Mankells Erzählstil umständlich zu nennen ist fast schon eine Untertreibung.
F: Nehmen wir den einfachen Fall, Wallander - so heißt Mankells Kommissar - ruft vom Tatort aus sein Team an. Sofort wird er dem ersten erzählen, wo er sich befindet, was passiert sei und daß er jetzt noch alle anderen anrufen werde, worauf Wallander erneut das Telefon ergreifen wird, um seinem zweiten Inspektor anzurufen, und ihm zu erzählen, wen er gerade angerufen habe, wo er sich befinde, was passiert sei und wen er jetzt noch anrufen werde.
M1: Und so weiter
M2: ... aber das Geheimnis von Mankell ist: Man folgt jeder dieser ausschweifenden Schilderungen mit einer ungezügelten Spannung, die sich über die ersten paar hundert Seiten des Buches so lange aufbaut, bis man die letzten 100 auf jeden Fall, ohne Rücksicht auf die Tageszeit und ohne Unterbrechung in einem Stück lesen wird.
F: Und schlimmer noch: Wahre Mankell-Fans bedauern schon am Anfang eines jeden neuen Krimis, daß sie hinterher wieder nichts mehr von ihm zu lesen haben werden.
M1: Und irgendwann in nicht allzuferner Zukunft werden sie auch nichts mehr zu lesen bekommen. Denn Kommissar Wallander geht es im neuesten Krimi gesundheitlich schon ziemlich mies. Von Frau, Freundin und Tochter verlassen, (der Vater ist in den zwei Jahren seit dem letzten Band auch gestorben) und die politische Stimmung im Staate Schweden nicht die beste, hat er sich Diabetes zugelegt und kommt dank seines Falles nicht zur Behandlung:
M2: 3 Jugendliche sind verschwunden. Nur der Leser weiß - dank eines Intros - daß die drei Opfer eines perfekt geplanten Mordes sind. Die Polizei ermittelt nicht einmal richtig, bis Svedberg, einer von Wallanders Kollegen, ebenfalls Opfer eines Mordes wird ... und ... Svedberg hatte heimlich am Fall der drei verschwundenen Jugendlichen gearbeitet.
F: Perfekt an Mankell ist seine Ökonomie, sein scheinbar völlig kunstloses, beiläufiges Erzählen, das den Leser immer eine Spur klüger sein läßt als die Hauptperson ... bis sich im letzten Viertel des Buches die Verhältnisse meist umkehren ... der instinktsichere Wallander mehr weiß als alle Leser, die ihm nur noch mühsam hinterherhecheln.
AA: Es reicht langsam ... genug des Lobes. F. Meint unser Rezensent zu "Mittsommermord", dem hierzulande fünften, im Szolnay-Verlag erschienenen Kriminalroman von Henning Mankell.
AA: Aber ein klasse Buch. Besser sogar noch als der letzte Mankell.
M1: ... und das will ja was heißen. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
F: Lobeshymnen, die die Welt nicht braucht. Teil 2.
M2: Noch mehr Exemplare als Henning Mankell verkauft derzeit nur Stephen King. Stephen Kings neue Erzählung "Riding the Billet" gehört freilich aus 2 Gründen nicht in diese Krimi-Kolumne:
F: Erstens ist die 67-seitige Erzählung kein Krimi, sondern eine einfache Horrorgeschichte. * Zuspielung Godzilla-Musik (Track 1); darüber die nächsten Texte *
M2: ... und zweitens ist die Horrorgeschichte nicht mal ein Buch.
M2: Trotzdem: ein Welterfolg war das Opusculum schon am ersten Verkaufstag: Es war am 14. März um O Uhr 1. "Riding the Bullet", die neueste Erzählung von Stephen King wurde vom Verlag Simon an Schuster als als Datei ins Internet geestellt. Am ersten Tag brachte es diese Datei, die für 2 Dollar 50 beim Verlag Simon and Schuster und kostenlos bei einigen anderen Internet-Adressen zu beziehen ist, auf 400.000 "Downloads".
F: ... sprich verkaufte Exemplare.
M2: Die Geschichte von "Riding the Bullet" ist dabei so trivial, wie der Vertriebsweg originell ist: Der Student Alan Parker,
F: ... was für ein Name ...
M2: Der Student Alan Parker erfährt, daß seine Mutter mit einem Schlaganfall in einem 120 Meilen entfernten Krankenhaus liegt. Sein Auto ist kaputt. Er beschließt, sich als Tramper auf die Reise nach New England zu begeben. Da der Autor der Geschichte Stephen King heißt, ist der Fahrer des Autos natürlich ...
F: ... darf ich raten? Ein Geist? M2. Genau.
M1: Welch originelle Idee.
M2: ... da Stephen King letztes Jahr bei einem Autounfall fast ums Leben kam, handelt seine neueste Horrorgeschichte vom Autofahren und ist durchsetzt von existentiellen Kindheitserinnerungen an Achterbahnen und ähnliche Angsterlebnisse.
M1: Na super. Und wie soll man eine Achterbahn rezensieren?
M2: Wer einen Computer besitzt, kann das digitale Werk auch wirklich lesen. Wer einen Macintosh-Computer besitzt, bleibt momentan noch außen vor (so wie der Macintosh-Benutzer Stephen King selbst). Wer keine Kreditkarte hat, kann sich das Werk allerdings nicht leisten. Und leihen kann man sich "Riding the Bullet" erst recht nicht, denn durch einen technischen Trick läßt sich die Datei nicht ausdrucken.
F: Unser Rezensent meint zu "Riding the Bullet" von Stephen King", erschienen als erstes rein elektronisches Buch beim amerikanischen Verlag Simon and Schuster, unter der Internetadresse "SimonSays.com".
AA: Kein Buch, kein Fazit. Mein Computer kennt nur Fakten: Also. Die Geschichte vom King hat 16.000 Worte.
M1: Interessant.
AA: Diese Krimikolumne hingegen hat 18.000 Anschläge ... und ist kostenlos.
M2: Aber nicht von Stephen King. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
F: Gibts denn schon wieder keine ordentlichen deutschen Krimis?
M2: Will jemand so was lesen? - Bitte ...
M1: Wir fangen mit dem besten an, was die deutsche Krimi-Produktion derzeit zu bieten hat. Und wie schon so oft, hat das in der Krimireihe des Rotbuch-Verlages eine publizistische Heimat gefunden. Das Highlight aus der Frühjahrskollektion des Rotbuch-Verlages heißt:
M2: Sense.
F: Wie? Sense?
M2: "Sense" heißt der neue Band von Jörg Juretzka, der schon mit seinem Erstling "Prickel" vor zwei Jahren den Deutschen-Krimi-Preis einsackte.
F: Wie heißt der?
M2: Deutscher-Krimi-Preis
F: Nein, der andere ...
M2: Jörg Juretzka. Und sein Detektiv heißt Kristof Kryzinsky ... mit K.
F: Und wie klingt der?
M2: Es geht los wie ein Gedicht. Nämlich so: * Zuspielung Godzillausik *
M1: "Tot! Er war tot. Deshalb antwortete er nicht. Im ersten Moment fühlte ich mich wie ein Idiot. Ich hatte Kaffee und Eier gekocht, Toast getoastet, ein paar Frühstücksutensilien gespült und mit dem Ellenbogen etwas Platz geschaffen. Und während ich so hantierte, hatte ich gleichzeitig einen eindringlichen an Vernunft und gesunden Menschenverstand apellierenden Monolog gehalten, wie ihn selbst ein Gewerkschaftler mit politischen Ambitionen und zehn Pils unterm Hemd nicht besser hingekriegt hätte. Und alles für einen Toten, ich Idiot." * (Ende der Musik) *
F: Der Tote, mit dem hier Sense ist, heißt Sacha Sentz (mit T-Z) und ist - wie es bei Juretzka (Juretzka auch mit T-Z) heißt - "der verspielte Prinzgemahl der Duisburger Spielautomaten-Königin". "Verspielt" ist überhaupt vielleicht das richtige Wort, um Juretzkas Erzählweise zu beschreiben.
M1: Juretzka ist keine Pointe zu schade und er versucht schneller zu erzählen als der alte Toyota von Kryszinsky fährt. Und das geht so.
M2: 2. Seite: Nachdem der ziemlich übernächtigte Kryszynski einen Anruf bekommen hat und ins Auto gesprungen ist, muß er sofort nacheinander 5 Informationen verarbeiten. Namlich, daß es
F: erstens
M2: regnet.
F: zweitens
M2: sein Fuß auf dem Gaspedal liegt
F: drittens
M2: er die Kontrolle über seinen Toyota verloren hat
F: viertens
M2: beide (also Toyota und Detektiv Kryszinsky) etwas gerammt haben
F: fünftens
M2: Kryszinsky noch hackevoll von letzter Nacht ist
F: Und diesen Moment schildert Juretzka so: Zitat:
M1: "Als ich damit durch war, mit dem Bearbeiten dieser Informationen, waren wir schon 200 Meter weiter und um eine rasche Entscheidung verlegen. Wir, mein Auto und ich waren bald 300 Meter weiter, und das obendrein im vierten Gang, womit wir uns, realistisch betrachtet, recht flott einer Vorentscheidung näherten. 400 Meter, mittlerweile, weiter im Vierten bei Vollgas, und die Situation bekam Züge einer gewissen Irreversibilität. Unumkehrbahrkeit, zu Deutsch. Und es wäre wirklich schwer gefallen umzukehren, bei 500 Meter, bei Endgeschwindigkeit, rein schon vom fahrerischen Aspekt her."
F: Angesichts solch temporeicher Zitate meint unser Rezensent zu "Sense" von Jörg Juretzka, erschienen im Rotbuch-Verlag.
AA: Aufhören. Kapitulation. Aber ein gutes Buch. Schnell und dreckig wie sein Held. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Ansonsten steckt der deutsche Krimi in diesem Jahrhundert noch etwas in der Krise. Wer keine Frau ist, bekommt keinen Verlagsvertrag. Außerdem gehören die Beschreibung von Gewichtsproblemen und Gelegenheitsliebhabern inzwischen zur Standardausrüstung deutscher Krimiautorinnen - da schmeißt man sich an das Cosmopolitan-Publikum heran, daß es den Lektorinnen eine Freude ist ...
AA: ... mir weniger.
F: Meint unser misogyner Rezensent. Aber welcher deutsche Mann - Rezensenten ausgenommen - liest noch Krimis? M1. Eine wohltuende Ausnahme unter den übergewichtigen und weniggeliebten Mordfalllöserinnen war immer die etwas behäbige Bella Block von Doris Gercke, die nicht erst duch die Verfilmungen mit Hannelore Hoger berühmt wurde. "Die Frau vom Meer" heißt der neueste, bei Hoffmann und Campe erschienene Bella Block-Krimi von Doris Gercke.
M2: Eine Frau, geschieden, 3 Kinder, Hamburger Vorort, hat offensichtlich ihre 3 Kinder umgebracht. Jedenfalls deuten alle Indizien darauf hin, das sie die Mörderin ist. Sie bestreitet das auch gar nicht, weil sie nämlich vor Gericht überhaupt nichts sagt.
F: Daraufhin wird von einem mißtrauischen Polizeipsychologen Bella Block, die Lyrikliebhaberin, auf die Gerichtsverhandlung angesetzt. Bella Block klaut aus der Bibliothek der Verdächtigen daraufhin ein Lyrikbändchen, das im Fortlauf des Krimis an passenden Stellen immer wieder zitiert werden kann.
M1: Krimis und Lyrik passen sowenig zusammen wie Männer und Frauen.
F: Bei der Gercke eigentlich schon.
M1: Viel schlimmer als die Gedichte stören die eingearbeiteten Traumsequenzen das Erzählen. Immer schon war in den Bella Block-Krimis der Fall zwar ziemlich sekundär, jetzt aber ist - nicht zuletzt durch das Schweigen der Hauptverdächtigen - jede erzählerische Dynamik zum Erliegen gekommen. Wenn die Gercke das Experiment wagen wollte, einen durch und durch statischen Krimi zu schreiben, so ist ihr das Experiment gelungen, aber der Krimi mußraten.
AA: Was soll da ein Rezensent noch sagen?
F: Fragt sich unser Rezensent angesichts des Bella-Block-Krimis "Die Frau vom Meer" von Doris Gercke, der gerade bei Hoffmann und Campe erschienen ist. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M1: Noch ein Krimi.
M2: Noch ein deutscher Krimi.
F: Noch ein deutscher Krimi von einem Mann.
M2: "Herz auf Eis" heißt ein Krimi eines gewissen Louis P. Laskey, der gerade in der ehemals Qualität versprechenden Krimireihe bei Haffmann erschienen ist.
M1: "Quast und Quimby" heißt das ermittelnde, nicht unorginelle Detektivduo. Und ihr Fall hat zumindest einen originellen Einstieg.
M2: Im Büro von "Quast und Quimby" taucht die übliche, atemberaubende Frau auf und, ohne daß sie jemand dazu aufgefordert hätte, spricht sie einen folgenschweren Satz gelassen aus: F. "Ich habe meinen Geliebten umgebracht."
M1: "Tee oder Kaffee?"
M2: ... erwidert darauf de verdutzte Quimby vom Detektivbüro "Quimby und Quast"
F: "Ich habe meinen Geliebten umgebracht."
M2: ... wiederholt darauf die Besucherin. Die Leiche habe sie, die sie einige Semester Medizin studiert habe, fein säuberlich zerstückelt und in handlichen Päckchen in diversen Tierkrematorien verbrennen lassen. Dann sagt die Dame noch:
F: "Ich muß jetzt leider gehen. Sie werden von mir hören."
M2: ... und zack, ist man auf Seite 3 mittendrin in der schönsten Krimihandlung voller Rätsel und Laster.
AA: Gut gemacht.
F: Lobt unser Rezensent den Erstling "Herz auf Eis" von Louis P Laskey, erschienen bei Haffmans und verspricht:
AA: Schmuddelunterhaltung auf hohem Nivau. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Die gute Nachricht zum Schluß.
F: Der Schweizer Unionsverlag, der sich in den letzten Jahren vor allem um Neuübersetzungen von Chester Himes verdient gemacht hat, hat eine großangelegte Krimireihe gestartet. Sie heitßt "metro" und wird herausgegeben von dem kompetenten Krimi-Fachmann Thomas Wörtche "metro" ist mit 5 kosmopolitischen Bänden gestartet, die allesamt empfehlenswert sind. AA. Die Zeit drängt; ein halbdutzend Titel bitte im Schnelldurchlauf!
M1: Jean-Claude Izzo - "Total Cheops"
M2: ... spielt in Marseille; einige Millionen Einwohner.
M1: Helen Zahavi - "Donna und der Fettsack"
M2: ... spielt in London; noch mehr Millionen Einwohner.
M1: Christopher G. Moore - "Haus der Geister"
M2: ... spielt in Bangkok; so viel Einwohner, daß sie niemand zählen kann
M1: Rebecca Bradley & Steward Sloan - "Tmutma"
M2: ... spielt in Hongkong; der vollsten Millionenstadt der Welt.
M1: Stan Jones - "Weißer Himmel / Schwarzes Eis"
M2: ... spielt in Chukchi, Alaska, 2000 Einwohner.
M1: ... und die ganze Reihe des Unionsverlages heißt "metro".
AA: Allesamt ziemlich lesenswert.
F: ... glaubt unser Rezensent aus informierter Quelle zu wissen, aber ob der das alles gelesen hat, daran haben wir mal unsere Zweifel.
AA: Halt einer fehlt noch.
M1: Und zwar "Socrates in Watts" von Walter Mosley, einem der Lieblingsautoren von Bill "Smokin'" Clinton.
M2: "Socrates in Watts" spielt in South Central, Los Angeles, also da wo man - zumindest von der Lebensqualität her - kaum tiefer sinken kann. Ebenda lebt Socrates Fortlow, ein farbiger Hüne, der 27 Jahre im Knast saß und jetzt ein ordentlicher Mensch werden will. Mit Socrates Fortlow will - der mehrfach von Hollywood verfilmte Krimi-Star Mosley - seine Bekanntheit als Autor ausnutzen, um Geschichten der amerikanischen Farbigen von "ganz unten" zu erzählen. Er will jemandem Würde geben, der von der Welt verschmäht wurde: Einem farbigen Mörder und Vergewaltiger. Keine Geringere als Pieke Biermann hat den Krimi ins Deutsche übertragen. Aus ihrem Nachwort:
F: "Dieses Buch, so könnte man sagen, berichtet von einem Mann, der aus dem Gefängnis entlassen ist und in einer Stadt steht und wieder anständig sein will. Man hätte damit allerdings Alfred Döblin paraphrasiert, sder 1929 einen Roman eröffnet. ... Sicher ist Socrates Fortlow eine universale Kunstfigur wie Franz Biberkopf. Beide sind verschmähte und deshalb für ihre Autoren Protagonisten des ewigen Kampfes um Würde, Überleben, Menschsein und Moral."
AA: Diesem Nachwort der Übersetzerin habe ich nichts hinzuzufügen.
F: ... meint unser Rezensent zu "Socrates in Watts" von Walter Mosley, erschienen in der ambitionierten neuen Krimi-Reihe "metro" des Schweizer Unionsverlages. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, *
M1: Damit kommen wir zum Ende der Krimikolumne und dem hier üblichen Hinweis, daß in Amerika natürlich schon wieder ein neuer Kinky Friedman-Krimi erschienen ist. Er heißt "Spanking Watson", was soviel heißt wie "Watsch'n für Watson". Eine solche hätte zwar eigentlich unser Rezensent verdient ...
AA: Ok, mein Geld ist verdient, das reicht; mehr von Kinky bald in dieser Kolumne.
F: Wieder Erwarten ist das Jahrtausend also angebrochen und alles ist wie es immer war, die Welt um kein kleines bißchen besser und deshalb gibt es auch im 21. aller Jahrhunderte noch .... * Musik: Hitchcock, Music to be murdered by (Track 18); ab 0'45" darüber *
M1: ... die Krimikolumne.
AA: Guten Tag..
M2: ... und hört, hört, da ist auch noch unser Rezensent.
F: Die Krimikolumne live aus dem 21. Jahrhundert ... heute mit richtig dicken Büchern und ... wir wollen ja die Welt verbessern ... fast lauter Lobeshymnen. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Wir beginnen mit nutzlosem Lob.
M1: Ohne große Werbung ist das Buch schon 2 Wochen nach Erscheinen auf Platz 2 der Bestsellerlisten. Und schon jammern die Leser, daß es nach 602 Seiten schon zu Ende ist. Alles in dem Buch ist traurig: Der ermittelnde Kommissar treibt Raubbau mit seiner Gesundheit. Die Landschaft, in der das Buch spielt, ist so trist, das selbst der Autor aus ihr flüchtete und seitdem in Mozambique lebt.
F: Jetzt weiß jeder Krimifreund, wovon wir reden.
M1: Von "Mittsommermord", dem fünften und neuesten Krimi des schwedischen Bestsellerautors Henning Mankell.
M2: Der Erfolg von Mankell ist eigentlich einigermaßen merkwürdig. Denn Mankell verzichtet auf all das, was einen erfolgreichen Krimi landläufig ausmacht: Es gibt kein illustres Ambiente, wie bei Donna Leon, der Krimi spielt im düsteren, verregneten Südschweden. Der Kommissar lebt allein, hat keine nennenswerten Laster und Mankells Erzählstil umständlich zu nennen ist fast schon eine Untertreibung.
F: Nehmen wir den einfachen Fall, Wallander - so heißt Mankells Kommissar - ruft vom Tatort aus sein Team an. Sofort wird er dem ersten erzählen, wo er sich befindet, was passiert sei und daß er jetzt noch alle anderen anrufen werde, worauf Wallander erneut das Telefon ergreifen wird, um seinem zweiten Inspektor anzurufen, und ihm zu erzählen, wen er gerade angerufen habe, wo er sich befinde, was passiert sei und wen er jetzt noch anrufen werde.
M1: Und so weiter
M2: ... aber das Geheimnis von Mankell ist: Man folgt jeder dieser ausschweifenden Schilderungen mit einer ungezügelten Spannung, die sich über die ersten paar hundert Seiten des Buches so lange aufbaut, bis man die letzten 100 auf jeden Fall, ohne Rücksicht auf die Tageszeit und ohne Unterbrechung in einem Stück lesen wird.
F: Und schlimmer noch: Wahre Mankell-Fans bedauern schon am Anfang eines jeden neuen Krimis, daß sie hinterher wieder nichts mehr von ihm zu lesen haben werden.
M1: Und irgendwann in nicht allzuferner Zukunft werden sie auch nichts mehr zu lesen bekommen. Denn Kommissar Wallander geht es im neuesten Krimi gesundheitlich schon ziemlich mies. Von Frau, Freundin und Tochter verlassen, (der Vater ist in den zwei Jahren seit dem letzten Band auch gestorben) und die politische Stimmung im Staate Schweden nicht die beste, hat er sich Diabetes zugelegt und kommt dank seines Falles nicht zur Behandlung:
M2: 3 Jugendliche sind verschwunden. Nur der Leser weiß - dank eines Intros - daß die drei Opfer eines perfekt geplanten Mordes sind. Die Polizei ermittelt nicht einmal richtig, bis Svedberg, einer von Wallanders Kollegen, ebenfalls Opfer eines Mordes wird ... und ... Svedberg hatte heimlich am Fall der drei verschwundenen Jugendlichen gearbeitet.
F: Perfekt an Mankell ist seine Ökonomie, sein scheinbar völlig kunstloses, beiläufiges Erzählen, das den Leser immer eine Spur klüger sein läßt als die Hauptperson ... bis sich im letzten Viertel des Buches die Verhältnisse meist umkehren ... der instinktsichere Wallander mehr weiß als alle Leser, die ihm nur noch mühsam hinterherhecheln.
AA: Es reicht langsam ... genug des Lobes. F. Meint unser Rezensent zu "Mittsommermord", dem hierzulande fünften, im Szolnay-Verlag erschienenen Kriminalroman von Henning Mankell.
AA: Aber ein klasse Buch. Besser sogar noch als der letzte Mankell.
M1: ... und das will ja was heißen. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
F: Lobeshymnen, die die Welt nicht braucht. Teil 2.
M2: Noch mehr Exemplare als Henning Mankell verkauft derzeit nur Stephen King. Stephen Kings neue Erzählung "Riding the Billet" gehört freilich aus 2 Gründen nicht in diese Krimi-Kolumne:
F: Erstens ist die 67-seitige Erzählung kein Krimi, sondern eine einfache Horrorgeschichte. * Zuspielung Godzilla-Musik (Track 1); darüber die nächsten Texte *
M2: ... und zweitens ist die Horrorgeschichte nicht mal ein Buch.
M2: Trotzdem: ein Welterfolg war das Opusculum schon am ersten Verkaufstag: Es war am 14. März um O Uhr 1. "Riding the Bullet", die neueste Erzählung von Stephen King wurde vom Verlag Simon an Schuster als als Datei ins Internet geestellt. Am ersten Tag brachte es diese Datei, die für 2 Dollar 50 beim Verlag Simon and Schuster und kostenlos bei einigen anderen Internet-Adressen zu beziehen ist, auf 400.000 "Downloads".
F: ... sprich verkaufte Exemplare.
M2: Die Geschichte von "Riding the Bullet" ist dabei so trivial, wie der Vertriebsweg originell ist: Der Student Alan Parker,
F: ... was für ein Name ...
M2: Der Student Alan Parker erfährt, daß seine Mutter mit einem Schlaganfall in einem 120 Meilen entfernten Krankenhaus liegt. Sein Auto ist kaputt. Er beschließt, sich als Tramper auf die Reise nach New England zu begeben. Da der Autor der Geschichte Stephen King heißt, ist der Fahrer des Autos natürlich ...
F: ... darf ich raten? Ein Geist? M2. Genau.
M1: Welch originelle Idee.
M2: ... da Stephen King letztes Jahr bei einem Autounfall fast ums Leben kam, handelt seine neueste Horrorgeschichte vom Autofahren und ist durchsetzt von existentiellen Kindheitserinnerungen an Achterbahnen und ähnliche Angsterlebnisse.
M1: Na super. Und wie soll man eine Achterbahn rezensieren?
M2: Wer einen Computer besitzt, kann das digitale Werk auch wirklich lesen. Wer einen Macintosh-Computer besitzt, bleibt momentan noch außen vor (so wie der Macintosh-Benutzer Stephen King selbst). Wer keine Kreditkarte hat, kann sich das Werk allerdings nicht leisten. Und leihen kann man sich "Riding the Bullet" erst recht nicht, denn durch einen technischen Trick läßt sich die Datei nicht ausdrucken.
F: Unser Rezensent meint zu "Riding the Bullet" von Stephen King", erschienen als erstes rein elektronisches Buch beim amerikanischen Verlag Simon and Schuster, unter der Internetadresse "SimonSays.com".
AA: Kein Buch, kein Fazit. Mein Computer kennt nur Fakten: Also. Die Geschichte vom King hat 16.000 Worte.
M1: Interessant.
AA: Diese Krimikolumne hingegen hat 18.000 Anschläge ... und ist kostenlos.
M2: Aber nicht von Stephen King. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
F: Gibts denn schon wieder keine ordentlichen deutschen Krimis?
M2: Will jemand so was lesen? - Bitte ...
M1: Wir fangen mit dem besten an, was die deutsche Krimi-Produktion derzeit zu bieten hat. Und wie schon so oft, hat das in der Krimireihe des Rotbuch-Verlages eine publizistische Heimat gefunden. Das Highlight aus der Frühjahrskollektion des Rotbuch-Verlages heißt:
M2: Sense.
F: Wie? Sense?
M2: "Sense" heißt der neue Band von Jörg Juretzka, der schon mit seinem Erstling "Prickel" vor zwei Jahren den Deutschen-Krimi-Preis einsackte.
F: Wie heißt der?
M2: Deutscher-Krimi-Preis
F: Nein, der andere ...
M2: Jörg Juretzka. Und sein Detektiv heißt Kristof Kryzinsky ... mit K.
F: Und wie klingt der?
M2: Es geht los wie ein Gedicht. Nämlich so: * Zuspielung Godzillausik *
M1: "Tot! Er war tot. Deshalb antwortete er nicht. Im ersten Moment fühlte ich mich wie ein Idiot. Ich hatte Kaffee und Eier gekocht, Toast getoastet, ein paar Frühstücksutensilien gespült und mit dem Ellenbogen etwas Platz geschaffen. Und während ich so hantierte, hatte ich gleichzeitig einen eindringlichen an Vernunft und gesunden Menschenverstand apellierenden Monolog gehalten, wie ihn selbst ein Gewerkschaftler mit politischen Ambitionen und zehn Pils unterm Hemd nicht besser hingekriegt hätte. Und alles für einen Toten, ich Idiot." * (Ende der Musik) *
F: Der Tote, mit dem hier Sense ist, heißt Sacha Sentz (mit T-Z) und ist - wie es bei Juretzka (Juretzka auch mit T-Z) heißt - "der verspielte Prinzgemahl der Duisburger Spielautomaten-Königin". "Verspielt" ist überhaupt vielleicht das richtige Wort, um Juretzkas Erzählweise zu beschreiben.
M1: Juretzka ist keine Pointe zu schade und er versucht schneller zu erzählen als der alte Toyota von Kryszinsky fährt. Und das geht so.
M2: 2. Seite: Nachdem der ziemlich übernächtigte Kryszynski einen Anruf bekommen hat und ins Auto gesprungen ist, muß er sofort nacheinander 5 Informationen verarbeiten. Namlich, daß es
F: erstens
M2: regnet.
F: zweitens
M2: sein Fuß auf dem Gaspedal liegt
F: drittens
M2: er die Kontrolle über seinen Toyota verloren hat
F: viertens
M2: beide (also Toyota und Detektiv Kryszinsky) etwas gerammt haben
F: fünftens
M2: Kryszinsky noch hackevoll von letzter Nacht ist
F: Und diesen Moment schildert Juretzka so: Zitat:
M1: "Als ich damit durch war, mit dem Bearbeiten dieser Informationen, waren wir schon 200 Meter weiter und um eine rasche Entscheidung verlegen. Wir, mein Auto und ich waren bald 300 Meter weiter, und das obendrein im vierten Gang, womit wir uns, realistisch betrachtet, recht flott einer Vorentscheidung näherten. 400 Meter, mittlerweile, weiter im Vierten bei Vollgas, und die Situation bekam Züge einer gewissen Irreversibilität. Unumkehrbahrkeit, zu Deutsch. Und es wäre wirklich schwer gefallen umzukehren, bei 500 Meter, bei Endgeschwindigkeit, rein schon vom fahrerischen Aspekt her."
F: Angesichts solch temporeicher Zitate meint unser Rezensent zu "Sense" von Jörg Juretzka, erschienen im Rotbuch-Verlag.
AA: Aufhören. Kapitulation. Aber ein gutes Buch. Schnell und dreckig wie sein Held. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Ansonsten steckt der deutsche Krimi in diesem Jahrhundert noch etwas in der Krise. Wer keine Frau ist, bekommt keinen Verlagsvertrag. Außerdem gehören die Beschreibung von Gewichtsproblemen und Gelegenheitsliebhabern inzwischen zur Standardausrüstung deutscher Krimiautorinnen - da schmeißt man sich an das Cosmopolitan-Publikum heran, daß es den Lektorinnen eine Freude ist ...
AA: ... mir weniger.
F: Meint unser misogyner Rezensent. Aber welcher deutsche Mann - Rezensenten ausgenommen - liest noch Krimis? M1. Eine wohltuende Ausnahme unter den übergewichtigen und weniggeliebten Mordfalllöserinnen war immer die etwas behäbige Bella Block von Doris Gercke, die nicht erst duch die Verfilmungen mit Hannelore Hoger berühmt wurde. "Die Frau vom Meer" heißt der neueste, bei Hoffmann und Campe erschienene Bella Block-Krimi von Doris Gercke.
M2: Eine Frau, geschieden, 3 Kinder, Hamburger Vorort, hat offensichtlich ihre 3 Kinder umgebracht. Jedenfalls deuten alle Indizien darauf hin, das sie die Mörderin ist. Sie bestreitet das auch gar nicht, weil sie nämlich vor Gericht überhaupt nichts sagt.
F: Daraufhin wird von einem mißtrauischen Polizeipsychologen Bella Block, die Lyrikliebhaberin, auf die Gerichtsverhandlung angesetzt. Bella Block klaut aus der Bibliothek der Verdächtigen daraufhin ein Lyrikbändchen, das im Fortlauf des Krimis an passenden Stellen immer wieder zitiert werden kann.
M1: Krimis und Lyrik passen sowenig zusammen wie Männer und Frauen.
F: Bei der Gercke eigentlich schon.
M1: Viel schlimmer als die Gedichte stören die eingearbeiteten Traumsequenzen das Erzählen. Immer schon war in den Bella Block-Krimis der Fall zwar ziemlich sekundär, jetzt aber ist - nicht zuletzt durch das Schweigen der Hauptverdächtigen - jede erzählerische Dynamik zum Erliegen gekommen. Wenn die Gercke das Experiment wagen wollte, einen durch und durch statischen Krimi zu schreiben, so ist ihr das Experiment gelungen, aber der Krimi mußraten.
AA: Was soll da ein Rezensent noch sagen?
F: Fragt sich unser Rezensent angesichts des Bella-Block-Krimis "Die Frau vom Meer" von Doris Gercke, der gerade bei Hoffmann und Campe erschienen ist. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M1: Noch ein Krimi.
M2: Noch ein deutscher Krimi.
F: Noch ein deutscher Krimi von einem Mann.
M2: "Herz auf Eis" heißt ein Krimi eines gewissen Louis P. Laskey, der gerade in der ehemals Qualität versprechenden Krimireihe bei Haffmann erschienen ist.
M1: "Quast und Quimby" heißt das ermittelnde, nicht unorginelle Detektivduo. Und ihr Fall hat zumindest einen originellen Einstieg.
M2: Im Büro von "Quast und Quimby" taucht die übliche, atemberaubende Frau auf und, ohne daß sie jemand dazu aufgefordert hätte, spricht sie einen folgenschweren Satz gelassen aus: F. "Ich habe meinen Geliebten umgebracht."
M1: "Tee oder Kaffee?"
M2: ... erwidert darauf de verdutzte Quimby vom Detektivbüro "Quimby und Quast"
F: "Ich habe meinen Geliebten umgebracht."
M2: ... wiederholt darauf die Besucherin. Die Leiche habe sie, die sie einige Semester Medizin studiert habe, fein säuberlich zerstückelt und in handlichen Päckchen in diversen Tierkrematorien verbrennen lassen. Dann sagt die Dame noch:
F: "Ich muß jetzt leider gehen. Sie werden von mir hören."
M2: ... und zack, ist man auf Seite 3 mittendrin in der schönsten Krimihandlung voller Rätsel und Laster.
AA: Gut gemacht.
F: Lobt unser Rezensent den Erstling "Herz auf Eis" von Louis P Laskey, erschienen bei Haffmans und verspricht:
AA: Schmuddelunterhaltung auf hohem Nivau. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, ausblenden *
M2: Die gute Nachricht zum Schluß.
F: Der Schweizer Unionsverlag, der sich in den letzten Jahren vor allem um Neuübersetzungen von Chester Himes verdient gemacht hat, hat eine großangelegte Krimireihe gestartet. Sie heitßt "metro" und wird herausgegeben von dem kompetenten Krimi-Fachmann Thomas Wörtche "metro" ist mit 5 kosmopolitischen Bänden gestartet, die allesamt empfehlenswert sind. AA. Die Zeit drängt; ein halbdutzend Titel bitte im Schnelldurchlauf!
M1: Jean-Claude Izzo - "Total Cheops"
M2: ... spielt in Marseille; einige Millionen Einwohner.
M1: Helen Zahavi - "Donna und der Fettsack"
M2: ... spielt in London; noch mehr Millionen Einwohner.
M1: Christopher G. Moore - "Haus der Geister"
M2: ... spielt in Bangkok; so viel Einwohner, daß sie niemand zählen kann
M1: Rebecca Bradley & Steward Sloan - "Tmutma"
M2: ... spielt in Hongkong; der vollsten Millionenstadt der Welt.
M1: Stan Jones - "Weißer Himmel / Schwarzes Eis"
M2: ... spielt in Chukchi, Alaska, 2000 Einwohner.
M1: ... und die ganze Reihe des Unionsverlages heißt "metro".
AA: Allesamt ziemlich lesenswert.
F: ... glaubt unser Rezensent aus informierter Quelle zu wissen, aber ob der das alles gelesen hat, daran haben wir mal unsere Zweifel.
AA: Halt einer fehlt noch.
M1: Und zwar "Socrates in Watts" von Walter Mosley, einem der Lieblingsautoren von Bill "Smokin'" Clinton.
M2: "Socrates in Watts" spielt in South Central, Los Angeles, also da wo man - zumindest von der Lebensqualität her - kaum tiefer sinken kann. Ebenda lebt Socrates Fortlow, ein farbiger Hüne, der 27 Jahre im Knast saß und jetzt ein ordentlicher Mensch werden will. Mit Socrates Fortlow will - der mehrfach von Hollywood verfilmte Krimi-Star Mosley - seine Bekanntheit als Autor ausnutzen, um Geschichten der amerikanischen Farbigen von "ganz unten" zu erzählen. Er will jemandem Würde geben, der von der Welt verschmäht wurde: Einem farbigen Mörder und Vergewaltiger. Keine Geringere als Pieke Biermann hat den Krimi ins Deutsche übertragen. Aus ihrem Nachwort:
F: "Dieses Buch, so könnte man sagen, berichtet von einem Mann, der aus dem Gefängnis entlassen ist und in einer Stadt steht und wieder anständig sein will. Man hätte damit allerdings Alfred Döblin paraphrasiert, sder 1929 einen Roman eröffnet. ... Sicher ist Socrates Fortlow eine universale Kunstfigur wie Franz Biberkopf. Beide sind verschmähte und deshalb für ihre Autoren Protagonisten des ewigen Kampfes um Würde, Überleben, Menschsein und Moral."
AA: Diesem Nachwort der Übersetzerin habe ich nichts hinzuzufügen.
F: ... meint unser Rezensent zu "Socrates in Watts" von Walter Mosley, erschienen in der ambitionierten neuen Krimi-Reihe "metro" des Schweizer Unionsverlages. * Musikschnitt auf: John Zorn, James Bond Theme, *
M1: Damit kommen wir zum Ende der Krimikolumne und dem hier üblichen Hinweis, daß in Amerika natürlich schon wieder ein neuer Kinky Friedman-Krimi erschienen ist. Er heißt "Spanking Watson", was soviel heißt wie "Watsch'n für Watson". Eine solche hätte zwar eigentlich unser Rezensent verdient ...
AA: Ok, mein Geld ist verdient, das reicht; mehr von Kinky bald in dieser Kolumne.