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Die künstliche Aufpeppung von Thunfischsalat

Argwohn ist gerade dann angebracht, wenn ein Stück Thunfisch-Filet oder -Steak den Verbraucher regelrecht anstrahlt, wenn es eine besonders intensive rote Farbe hat, ähnlich wie die von Himbeeren oder angeschnittenen Wassermelonen. Immer dann, warnten niedersächsische Lebensmittelprüfer schon im vergangenen Sommer - immer dann liege der Verdacht nahe, dass der Fisch künstlich eingefärbt wurde. Und zwar durch die Verwendung von Kohlenmonoxid als Verpackungsgas. Oder durch die Behandlung des Fleisches mit Rauch, der als "gereinigt" bezeichnet wird und praktisch nur Kohlenmonoxid enthält.

Von Volker Mrasek |
    Bei jeder zweiten untersuchten Probe fanden die Tester Hinweise auf die verbotene Farb-Manipulation.

    Ein halbes Jahr später zeigt sich: Der Pfusch ist offenbar noch immer stark verbreitet. Das bestätigen neue Analysen. Diesmal nicht aus Niedersachsen, wo zuletzt kein knallroter Thun mehr im Handel auftauchte. Sondern aus Baden-Württemberg. Auch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe wendet inzwischen eine geeignete Untersuchungsmethode an. Ergebnis:

    In 14 von 35 Fischproben wurden Gehalte über 200 Mikrogramm pro Kilogramm Fischmuskulatur nachgewiesen. Gehalte von mehr als 200 Mikrogramm können nicht natürlich bedingt sein, sondern sind als Ergebnis einer Behandlung mit Kohlenmonoxid anzusehen. In sieben Proben lagen sogar Gehalte über 1.000 Mikrogramm pro Kilogramm vor.

    Die Beanstandungsquote beträgt damit 40 Prozent! Es könnte sein, dass die künstlich aufgepeppte Ware dort auf den Markt kommt, wo die regionale Lebensmittelkontrolle noch nicht nach ihr fahndet.

    Doch welche Produkte genau sind betroffen? Nach Angaben aus Karlsruhe handelt es sich um vakuumverpackten, tiefgefrorenen Thunfisch, um Steaks und Filets. Anbieter seien sowohl inländische wie auch ausländische Firmen. Die Rohware stamme in der Regel aus dem asiatischen Raum, zum Beispiel aus Vietnam oder Indonesien. In einem Fall fiel auch ein Schwertfisch-Steak durch stark überhöhte Konzentrationen von Kohlenmonoxid auf.

    Aus Sicht der Lebensmittelprüfer ist die Schönfärberei nicht zu tolerieren:

    Auch wenn für den Verbraucher durch das Kohlenmonoxid allein keine Gesundheitsgefahr besteht, wird er über die tatsächliche Qualität des Produktes getäuscht.

    Die rote Farbe sei bei Thunfisch vor allem ein Frischemerkmal. Unbehandelter Fisch werde rasch braun oder grau und vom Verbraucher dann mit gutem Grund abgelehnt.

    Eine Behandlung mit Kohlenmonoxid dagegen stabilisiert die rote Farbe und täuscht daher einen ,guten’ Frischezustand vor, selbst wenn das Fischfleisch qualitativ verschlechtert oder gar verdorben ist.

    Die Farbauffrischung birgt damit auch ein Gesundheitsrisiko für den Käufer solcher Produkte. Gerade von Thunfisch ist bekannt, dass bei seinem Verderb schnell große Mengen Histamin entstehen können. Das ist ein Abbauprodukt von Eiweiß im Fischfleisch. In höheren Konzentrationen führt Histamin zu einer Vergiftung, es können starke allergische Reaktionen auftreten. Dazu zählen Hautrötungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel.

    Fisch, der schon älter ist, aber wegen des Kohlenmonoxids noch immer gut aussieht, könnte also viel Histamin enthalten, ohne dass der Verbraucher etwas davon ahnt. Ob allerdings schon Histamin-Vergiftungen durch den Verzehr von geschöntem Thunfisch aufgetreten sind, lässt sich schwer sagen. In Deutschland sind solche Erkrankungen nicht meldepflichtig.