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Die Kurve noch gekriegt

Die mögliche Schließung der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg ist vom Tisch. Allerdings müsse die Attraktivität der Hochschule als Forschungs- und Lehrstätte ausgebaut werden, sagt selbst der Präsident.

Von Verena Herb |
    Wilfried Seidel ist seit knapp sechs Wochen im Amt: Als Präsident der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität. Eine neue Aufgabe, die auch viele Herausforderungen mit sich bringt, erklärt der 60-jährige Mathematiker. Er will die HSU neu positionieren, ihr Profil schärfen:

    "Der Schwerpunkt ist eindeutig: Wir müssen die Attraktivität der Universität als Forschungs- und Lehrstätte – ob steigern weiß ich nicht – aber zumindest einmal erhalten und in einigen Punkten ausbauen. Dort wo wir, sagen wir einmal, noch etwas schwächer sind."

    Unipräsident Seidel trägt keine Uniform, war nie Berufssoldat – und leitet nun eine der beiden Bundeswehruniversitäten in Deutschland. Als im Sommer die Gerüchte über eine mögliche Schließung der Hamburger Hochschule aufkamen, war er noch nicht im Amt – doch mit den Nachwehen hat er nach wie vor zu kämpfen. Er hätte diese Position nicht angenommen, wenn er nicht wüsste, dass er etwas aufbauen könne, sagt Seidel.
    Außerdem:

    "Sie können die Uhr danach stellen nach diesem Gerücht. Jedes Mal wenn es eine Bundeswehrreform gibt, kommt natürlich als erstes eine der Universitäten wird geschlossen."

    Doch ganz so gelassen wie der Herr Professor sich gibt, haben das manche Mitarbeiter und Studenten nicht gesehen. Christian Herrgott, Sprecher des Studentischen Konvents an der Helmut-Schmidt-Universität erzählt, dass die Aufregung und Verunsicherung vor ein paar Monaten groß gewesen sei. Zum Glück sei die Schließung aber jetzt kein Thema mehr:

    "Nach dem Bericht der Weise-Kommission wo ganz klar formuliert ist, dass die beiden Universitäten und nicht nur eine sondern beide Universitäten der Bundeswehr, also Hamburg und München, ne klare Zukunftsperspektive haben, und natürlich das Attraktivitätskriterium der Bundeswehr- oder der Streitkräfte insgesamt sind. Deswegen sind die Schließungsgerüchte meiner Meinung nach vom Tisch. Und wir sollten, denke ich, wieder Ruhe in die Universität einkehren lassen und uns stärker darauf fokussieren, wie wir die Universität weiter entwickeln können."

    Denn fest steht: Sollte die Bundeswehrreform wie geplant durchgeführt werden, wird es zukünftig weniger Soldaten und somit weniger Offiziere geben. Und weniger Offiziere bedeutet weniger Studierende. Schließlich dient die Helmut-Schmidt-Universität allein der akademischen Ausbildung der Streitkräfte. Präsident Wilfried Seidel:

    "Natürlich könnte, wenn man die Sache nur bürokratisch aufzieht, dann könnte tatsächlich eine Verkleinerung der Studentenzahlen auf uns zukommen. Ich glaube es aber in Wirklichkeit nicht. Ich glaub, das wäre auch kurzsichtig gedacht. Ich mein: Natürlich, die Bundeswehr wird verkleinert. So weit ist zu erwarten. Es ist noch nicht mal sicher, ob und vor allen Dingen kennen wir die Zahlen noch nicht."

    Studierendenvertreter Christian Herrgott plädiert jedoch schon jetzt für eine Neuausrichtung der Universität. So stehe die HSU in Konkurrenz zu großen Wirtschaftsunternehmen, die guten Studienanwärtern Stipendien und Gehalt anbieten – wo die sich aber nicht, wie bei einem Studium bei der Bundeswehr - 13 Jahre verpflichten müssen. Das schrecke nun mal viele ab. Die Bundeswehr-Universität müsse neue Anreize schaffen und sich auch für zivile Studenten öffnen. Ihm schwebt da eine besondere Idee vor. Die HSU:

    "Müsse sich weiterentwickeln zur Universität des Bundes und andere Ressorts mit hier rein nehmen. Dass wir nicht nur für das Verteidigungsministerium Studenten ausbilden und Studierende hier haben, sondern auch für andere Ministerien – Auswärtiges Amt, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Innenministerium... das kann man sich alles vorstellen. Dass man hier andere Studiengänge aufbaut."

    Die Universitätsleitung sei dieser Idee nicht abgeneigt, weiß Christian Herrgott – wenngleich eine solche Umstrukturierung wohl noch in weiter Ferne liegt. Und so meint auch Präsident Wilfried Seidel:

    "Es wird nicht eine Neuausrichtung in dem Sinn, in dem die gesamte HSU neu ausgerichtet würde. Das könnte ich nicht, das wollte ich auch nicht."

    Die Fokussierung auf den Forschungsstandort HSU habe deshalb erst einmal Priorität. Das unterstützt auch der studentische Konvent, so Christian Herrgott

    "Ich kann nur exzellente Lehre machen, wenn ich auch exzellente Forschung nebenbei habe. Und es muss zu einer Aufwertung der Forschung kommen, so dass es gleich nebeneinander steht: Lehre und Forschung. Denn wie gesagt, wenn ich hier sehr gute Forscher habe, dann bringen die auch Lehre auch ganz anders rüber."