"Rothschilds Violine" heißt die eine Oper von Wenjamin Fleischman. Allerdings war es dem jungen russischen Komponisten nicht vergönnt, sie fertig zu stellen. Das übernahm nach Fleischmans frühem Tod sein Lehrer Dmitri Schostakowitsch. Von Schostakowitsch stammt auch das zweite Werk dieser CD. Genau genommen ist seine Oper "Die Spieler" allerdings kein wirklicher Einakter. Vielmehr handelt es sich um ein Opernfragment.
Beide Werke hat das Royal Liverpool Philharmonic Orchestra jetzt herausgebracht. Diese Neuerscheinung möchte ich Ihnen vorstellen. Am Mikrofon begrüßt Sie Falk Häfner.
" Musikbeispiel: Wenjamin Fleischman: instrumentales Intermezzo aus der Oper "Rothschilds Geige" "
Jüdische Volksmusik durchzieht Wenjamin Fleischmans Einakter "Rothschilds Geige". Es ist ein Werk, das Fleischman 1939, also noch während seines Studiums bei Dmitri Schostakowitsch begann. 26 Jahre alt war der hoffnungsvolle Komponist aus Twer bei Moskau da. Und nur zwei weitere Jahre blieben ihm. Denn kurz nachdem er sich 1941 freiwillig zur Roten Armee gemeldet hatte, fiel er im Gefecht mit den Deutschen.
Seine Frau Ludmilla brachte die unvollendete Partitur der Oper zum Leningrader Komponistenverband. Und dort blieb das Werk bis 1943 unbeachtet liegen, doch dann erbat Schostakowitsch in einem Brief das Fragment:
"Ich mache mir große Sorgen um Fleischman. Ich bedaure, dass ich sein Werk `Rothschilds Geige` nicht mitgenommen habe. Ich würde es hier abschließen und orchestrieren. Teurer Freund, sollte `Rothschilds Geige` im Komponistenverband liegen, passen Sie gut auf sie auf. Oder besser noch: kopieren sie sie und schicken sie sie mir zu. Ich mag das Werk sehr und ich habe große Angst, dass es verschwindet."
Wie verbunden sich Schostakowitsch mit seinem Schüler Fleischman fühlte, zeigt dieser Brief. Denn es war das einzige Mal, dass Schostakowitsch Musik eines anderen Komponisten zu Ende komponierte.
Im Original vorhanden waren der Klavierauszug, den Fleischmann noch selbst geschrieben hatte. Als Orchesterpartitur existierten allerdings nur Skizzen. Schostakowitsch ergänzte sie und fügte auch noch weitere Instrumente in den Satz ein. Hörbar sind viele Ähnlichkeiten mit Schostakowitschs eigener Musik. Möglicherweise resultiert das aus Schostakowitschs Erweiterungen. Aber ohnehin waren die beiden Künstler einander musikalisch sehr nahe.
Erst 1968 wurde "Rothschilds Geige" im Leningrader Konservatorium uraufgeführt. Auf die Spielpläne der Opernhäuser indes hat es die nur 37minütige Oper nie geschafft, obwohl die Musik mit ihrer Volksverbundenheit und ihrem Hang zum Sentimentalen gewiss die russische Seele zu rühren im Stande gewesen wäre.
Hier die Klage des Protagonisten Bronza, der sein Schicksal, seine Armut und sein fortwährendes Pech beklagt und geradezu badet in seiner eigenen depressiven Stimmung.
" Musikbeispiel: Wenjamin Fleischman: ‚ Bronzas Klage' aus der Oper "Rothschilds Geige" "
Als Vorlage zur Oper "Rothschilds Geige" von Wenjamin Fleischman diente eine Geschichte von Anton Tschechow. Beschrieben wird darin der Sargtischler Bronza, der an nichts mehr Freude hat: Das Geld reicht hinten und vorne nicht; seine Frau ist todkrank und stirbt und nicht mal das Geigespielen kann ihn mehr aufmuntern. Das Klezmerorchester, in dem er spielt, hat er deshalb verlassen. Sein Musikerkollege Rothschild versucht ihn zurückzuholen. Aber Bronza jagt ihn weg. Beim zweiten Versuch, Bronza zum Geigen zu überreden, wirkt dieser milder. Aber statt mit zur Orchesterprobe zu kommen, übergibt Bronza seine Geige an Rothschild und dieser beginnt zu spielen...
Ein typischer Opernstoff, reich an dramatischen Momenten, ist das freilich nicht. Es ist das Psychogramm eines Menschen - oder mehr noch: Die Beschreibung eines Lebens, das nie einen Sinn zu haben gehabt scheint. Fleischmanns Musik nimmt denn auch eine stetige Kurve nach unten: von anfänglicher, spielerischer Heiterkeit über Aufbegehren und Klagen Bronzas bis zum Aufgeben. Gekonnt entwirft Fleischman ein Kaleidoskop von Stimmungen und mischt dabei traditionellen Klezmer mit Elementen der Klassischen Moderne, würzt mit harmonischen Reibungen und fängt den überschäumenden Frohsinn gleich zu Beginn ab mit cantablen Klagen, die er Bronza und seine Frau singen lässt.
Schostakowitsch, der die Oper fertig gestellt hat, belässt es am Ende nicht im Resignativen. Im Gegenteil. Er komponierte eine opulent instrumentierte, immer mehr anschwillende Coda, die mit ihren harmonischen Verschränkungen und motivischen Brüchen beinah Mahlersche Dimensionen annimmt.
" Musikbeispiel: Wenjamin Fleischman: instrumentale Coda aus der Oper "Rothschilds Geige" "
Eine bessere Visitenkarte als eine solche Einspielung kann ein Orchester nicht abgeben: Die Musiker des Royal Liverpool Philharmonic verfügen über eine auffällig homogene, dicht geführte Streichergruppe, die einen Klang wie einen dicht gewebten Teppich entfalten kann. Dazu kommt eine brillante Bläserfraktion, die gerade diesem Finale immense Strahlkraft verleiht. und: Die Liverpooler verstehen es zu begleiten. Gerade, wenn nur ein zarter Stimmensatz in der Partitur die Vokalparts begleitet, nehmen sich die Musiker dezent zurück und verstehen sich aufs instrumentale "Mitsingen". Das alles führt der erst 31jährige Dirigent Vasily Petrenko mit erstaunlicher Souveränität. (Er ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin Dirigenten Kirill Petrenko, mit dem ihn lediglich sein Nachname verbindet!) Auf dem schmalen Grat zwischen Pathos und Kitsch bewegt sich Vasily Petrenko souverän. Erst seit 2006 ist er Chefdirigent des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra. Die Aufnahme allerdings wirkt, als musiziert hier ein eingespieltes Team.
Das gilt auch für Schostakowitschs unvollendete Oper "Die Spieler". Das Sujet dazu stammt von Nikolai Gogol. Schostakowitsch wagt hier ein Experiment. Denn das originale Theaterstück (und keine bearbeitete Fassung) diente ihm als Libretto. Schostakowitsch wollte jedes einzelne Wort so vertonen, wie es Gogol für sein Theaterstück geschrieben hatte. Aber es gab noch einen anderen, pragmatischeren Grund dafür: Schostakowitschs Librettist Alexander Preis stand schlichtweg nicht zur Verfügung. dass aus der Vertonung schließlich doch nichts wurde, war absehbar: Gogols "Spieler"-Text war einfach zu lang. Und noch ein weiteres Manko hatte das Libretto: Es gibt darin keinerlei Frauenrollen. So erstellte Schostakowitsch zwar aus dem vorhandenen Material einen Klavierauszug; die über den ersten Akt nicht hinaus kam.
In der Oper "Der Spieler" geht es um den Trickbetrüger Icharjow, der mit gezinkten Karten viel Geld gemacht hat. Er trifft auf ein Grüppchen krimineller Berufskollegen. Und als die im gemeinsamen Glückspiel bemerken, mit welcher Raffinesse Icharjow zu Werke geht, geben sie sich zu erkennen und bieten ihm - nicht ganz selbstlos- die Freundschaft an.
Weiter ist Schostakowitsch mit der Vertonung der Geschichte nicht gekommen - so fehlt auch die eigentliche Handlung, wie das vermeintliche Team einen weiteren Coup inszeniert, letztendlich aber doch Icharjow prellt und schließlich dazu bringt, das Spielen ganz aufzugeben.
" Musikbeispiel: Dmitri Schostakowitsch - Ausschnitt aus der Oper "Die Spieler" "
Anders als bei seiner Oper "Die Nase" oder der "Lady Macbeth von Mzensk", mit denen Schostakowitsch bei der stalinistischen Führung gehörig in Misskredit geraten war, lehnt er sich hier musikalisch nicht so weit aus dem Fenster. Fast durchgehend ist die Partitur in einem rezitativischen Parlando gehalten, fast so, wie es bei barocken Opern der Fall ist: Der Text dominiert die Musik und ein nur kleiner Streichersatz mit einem Klavier dienen als basso continuo. Auffallend, wie genau die Musiker hier mit den Sängern arbeiten: mit Oper hat das nur noch bedingt zu tun: hier spielen die Musiker des Liverpool Philharmonic über weite Passagen hin Kammermusik. Dazu kommt ein junges, versiertes Sängerensemble, z.B. der polnische Bass Jacek Janiszewski oder der slowakische Tenor Michal Lehotsky, die diese beiden Opernfragmente überzeugend und in Originalsprache umsetzen.
Es wäre vermessen, von der Veröffentlichung dieser CD mit "Rothschilds Geige" von Wenjamin Fleischman und Dmitri Schostakowitschs " Spielern" zu erwarten, dass die beiden Werke nunmehr zum Standard-Repertoire von Opernhäusern avancieren. Aber den Anstoß zu liefern, dass sich das eine oder andere Theater vielleicht doch einmal an diese ungewöhnlichen Stücke wagt - dieses Potential hat die Doppel-CD des Labels "AVIE records" in jedem Falle. Und weitere, unbekannte Facetten Schostakowitschs und seines Schülerkreises zu beleuchten, das ist auch nach dem Schostakowitsch-Jahr eine lohnendes Unternehmen - meint Falk Häfner, der sich damit verabschiedet.
Titel: Wenjamin Fleischman: "Rothschilds Violine"
Dmitri Schostakowitsch: "Die Spieler"
Mitwirkende: Michal Lehotsky, Tenor
Jacek Janiszewski, Bass u.a.
Orchester: Royal Liverpool Philharmonic Orchestra
Leitung: Vasily Petrenko
Label: "AVIE records"
Bestellnr.: AV 2121
Beide Werke hat das Royal Liverpool Philharmonic Orchestra jetzt herausgebracht. Diese Neuerscheinung möchte ich Ihnen vorstellen. Am Mikrofon begrüßt Sie Falk Häfner.
" Musikbeispiel: Wenjamin Fleischman: instrumentales Intermezzo aus der Oper "Rothschilds Geige" "
Jüdische Volksmusik durchzieht Wenjamin Fleischmans Einakter "Rothschilds Geige". Es ist ein Werk, das Fleischman 1939, also noch während seines Studiums bei Dmitri Schostakowitsch begann. 26 Jahre alt war der hoffnungsvolle Komponist aus Twer bei Moskau da. Und nur zwei weitere Jahre blieben ihm. Denn kurz nachdem er sich 1941 freiwillig zur Roten Armee gemeldet hatte, fiel er im Gefecht mit den Deutschen.
Seine Frau Ludmilla brachte die unvollendete Partitur der Oper zum Leningrader Komponistenverband. Und dort blieb das Werk bis 1943 unbeachtet liegen, doch dann erbat Schostakowitsch in einem Brief das Fragment:
"Ich mache mir große Sorgen um Fleischman. Ich bedaure, dass ich sein Werk `Rothschilds Geige` nicht mitgenommen habe. Ich würde es hier abschließen und orchestrieren. Teurer Freund, sollte `Rothschilds Geige` im Komponistenverband liegen, passen Sie gut auf sie auf. Oder besser noch: kopieren sie sie und schicken sie sie mir zu. Ich mag das Werk sehr und ich habe große Angst, dass es verschwindet."
Wie verbunden sich Schostakowitsch mit seinem Schüler Fleischman fühlte, zeigt dieser Brief. Denn es war das einzige Mal, dass Schostakowitsch Musik eines anderen Komponisten zu Ende komponierte.
Im Original vorhanden waren der Klavierauszug, den Fleischmann noch selbst geschrieben hatte. Als Orchesterpartitur existierten allerdings nur Skizzen. Schostakowitsch ergänzte sie und fügte auch noch weitere Instrumente in den Satz ein. Hörbar sind viele Ähnlichkeiten mit Schostakowitschs eigener Musik. Möglicherweise resultiert das aus Schostakowitschs Erweiterungen. Aber ohnehin waren die beiden Künstler einander musikalisch sehr nahe.
Erst 1968 wurde "Rothschilds Geige" im Leningrader Konservatorium uraufgeführt. Auf die Spielpläne der Opernhäuser indes hat es die nur 37minütige Oper nie geschafft, obwohl die Musik mit ihrer Volksverbundenheit und ihrem Hang zum Sentimentalen gewiss die russische Seele zu rühren im Stande gewesen wäre.
Hier die Klage des Protagonisten Bronza, der sein Schicksal, seine Armut und sein fortwährendes Pech beklagt und geradezu badet in seiner eigenen depressiven Stimmung.
" Musikbeispiel: Wenjamin Fleischman: ‚ Bronzas Klage' aus der Oper "Rothschilds Geige" "
Als Vorlage zur Oper "Rothschilds Geige" von Wenjamin Fleischman diente eine Geschichte von Anton Tschechow. Beschrieben wird darin der Sargtischler Bronza, der an nichts mehr Freude hat: Das Geld reicht hinten und vorne nicht; seine Frau ist todkrank und stirbt und nicht mal das Geigespielen kann ihn mehr aufmuntern. Das Klezmerorchester, in dem er spielt, hat er deshalb verlassen. Sein Musikerkollege Rothschild versucht ihn zurückzuholen. Aber Bronza jagt ihn weg. Beim zweiten Versuch, Bronza zum Geigen zu überreden, wirkt dieser milder. Aber statt mit zur Orchesterprobe zu kommen, übergibt Bronza seine Geige an Rothschild und dieser beginnt zu spielen...
Ein typischer Opernstoff, reich an dramatischen Momenten, ist das freilich nicht. Es ist das Psychogramm eines Menschen - oder mehr noch: Die Beschreibung eines Lebens, das nie einen Sinn zu haben gehabt scheint. Fleischmanns Musik nimmt denn auch eine stetige Kurve nach unten: von anfänglicher, spielerischer Heiterkeit über Aufbegehren und Klagen Bronzas bis zum Aufgeben. Gekonnt entwirft Fleischman ein Kaleidoskop von Stimmungen und mischt dabei traditionellen Klezmer mit Elementen der Klassischen Moderne, würzt mit harmonischen Reibungen und fängt den überschäumenden Frohsinn gleich zu Beginn ab mit cantablen Klagen, die er Bronza und seine Frau singen lässt.
Schostakowitsch, der die Oper fertig gestellt hat, belässt es am Ende nicht im Resignativen. Im Gegenteil. Er komponierte eine opulent instrumentierte, immer mehr anschwillende Coda, die mit ihren harmonischen Verschränkungen und motivischen Brüchen beinah Mahlersche Dimensionen annimmt.
" Musikbeispiel: Wenjamin Fleischman: instrumentale Coda aus der Oper "Rothschilds Geige" "
Eine bessere Visitenkarte als eine solche Einspielung kann ein Orchester nicht abgeben: Die Musiker des Royal Liverpool Philharmonic verfügen über eine auffällig homogene, dicht geführte Streichergruppe, die einen Klang wie einen dicht gewebten Teppich entfalten kann. Dazu kommt eine brillante Bläserfraktion, die gerade diesem Finale immense Strahlkraft verleiht. und: Die Liverpooler verstehen es zu begleiten. Gerade, wenn nur ein zarter Stimmensatz in der Partitur die Vokalparts begleitet, nehmen sich die Musiker dezent zurück und verstehen sich aufs instrumentale "Mitsingen". Das alles führt der erst 31jährige Dirigent Vasily Petrenko mit erstaunlicher Souveränität. (Er ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin Dirigenten Kirill Petrenko, mit dem ihn lediglich sein Nachname verbindet!) Auf dem schmalen Grat zwischen Pathos und Kitsch bewegt sich Vasily Petrenko souverän. Erst seit 2006 ist er Chefdirigent des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra. Die Aufnahme allerdings wirkt, als musiziert hier ein eingespieltes Team.
Das gilt auch für Schostakowitschs unvollendete Oper "Die Spieler". Das Sujet dazu stammt von Nikolai Gogol. Schostakowitsch wagt hier ein Experiment. Denn das originale Theaterstück (und keine bearbeitete Fassung) diente ihm als Libretto. Schostakowitsch wollte jedes einzelne Wort so vertonen, wie es Gogol für sein Theaterstück geschrieben hatte. Aber es gab noch einen anderen, pragmatischeren Grund dafür: Schostakowitschs Librettist Alexander Preis stand schlichtweg nicht zur Verfügung. dass aus der Vertonung schließlich doch nichts wurde, war absehbar: Gogols "Spieler"-Text war einfach zu lang. Und noch ein weiteres Manko hatte das Libretto: Es gibt darin keinerlei Frauenrollen. So erstellte Schostakowitsch zwar aus dem vorhandenen Material einen Klavierauszug; die über den ersten Akt nicht hinaus kam.
In der Oper "Der Spieler" geht es um den Trickbetrüger Icharjow, der mit gezinkten Karten viel Geld gemacht hat. Er trifft auf ein Grüppchen krimineller Berufskollegen. Und als die im gemeinsamen Glückspiel bemerken, mit welcher Raffinesse Icharjow zu Werke geht, geben sie sich zu erkennen und bieten ihm - nicht ganz selbstlos- die Freundschaft an.
Weiter ist Schostakowitsch mit der Vertonung der Geschichte nicht gekommen - so fehlt auch die eigentliche Handlung, wie das vermeintliche Team einen weiteren Coup inszeniert, letztendlich aber doch Icharjow prellt und schließlich dazu bringt, das Spielen ganz aufzugeben.
" Musikbeispiel: Dmitri Schostakowitsch - Ausschnitt aus der Oper "Die Spieler" "
Anders als bei seiner Oper "Die Nase" oder der "Lady Macbeth von Mzensk", mit denen Schostakowitsch bei der stalinistischen Führung gehörig in Misskredit geraten war, lehnt er sich hier musikalisch nicht so weit aus dem Fenster. Fast durchgehend ist die Partitur in einem rezitativischen Parlando gehalten, fast so, wie es bei barocken Opern der Fall ist: Der Text dominiert die Musik und ein nur kleiner Streichersatz mit einem Klavier dienen als basso continuo. Auffallend, wie genau die Musiker hier mit den Sängern arbeiten: mit Oper hat das nur noch bedingt zu tun: hier spielen die Musiker des Liverpool Philharmonic über weite Passagen hin Kammermusik. Dazu kommt ein junges, versiertes Sängerensemble, z.B. der polnische Bass Jacek Janiszewski oder der slowakische Tenor Michal Lehotsky, die diese beiden Opernfragmente überzeugend und in Originalsprache umsetzen.
Es wäre vermessen, von der Veröffentlichung dieser CD mit "Rothschilds Geige" von Wenjamin Fleischman und Dmitri Schostakowitschs " Spielern" zu erwarten, dass die beiden Werke nunmehr zum Standard-Repertoire von Opernhäusern avancieren. Aber den Anstoß zu liefern, dass sich das eine oder andere Theater vielleicht doch einmal an diese ungewöhnlichen Stücke wagt - dieses Potential hat die Doppel-CD des Labels "AVIE records" in jedem Falle. Und weitere, unbekannte Facetten Schostakowitschs und seines Schülerkreises zu beleuchten, das ist auch nach dem Schostakowitsch-Jahr eine lohnendes Unternehmen - meint Falk Häfner, der sich damit verabschiedet.
Titel: Wenjamin Fleischman: "Rothschilds Violine"
Dmitri Schostakowitsch: "Die Spieler"
Mitwirkende: Michal Lehotsky, Tenor
Jacek Janiszewski, Bass u.a.
Orchester: Royal Liverpool Philharmonic Orchestra
Leitung: Vasily Petrenko
Label: "AVIE records"
Bestellnr.: AV 2121