Der Herero-Aufstand im Januar 1904 führte zu einem Kolonialkrieg, der besonders rücksichtslos geführt wurde. In seinem Verlauf kamen zehntausende Hereros, Namas und Damaras ums Leben. Manche Historiker bewerten das Vorgehen der Schutztruppe gegen die Aufständischen in Deutsch-Südwestafrika aus heutiger Sicht als Völkermord. Der Krieg zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat tiefe Spuren hinterlassen. Jedes Jahr erinnern die Hereros mit großen Feierlichkeiten in Okahandja an das Geschehen von damals.
Reverend Boas Tjingaete steht mit seiner Familie am Grab des Vaters. Seit zehn Jahren liegt er begraben auf dem Friedhof in Okahandja, gleich hinter der Kirche der Rheinischen Mission. Auf den benachbarten Gräbern sind die Namen von Hereros und Deutschen in Stein gemeißelt. Sie tragen das Todesdatum 1904.
Wir sind alle gekommen, um an dieses Ereignis zu erinnern, nicht nur um meines Vater zu gedenken, sondern auch all der anderen. Diese Gedenkfeier ist für uns und für alle Menschen.
Männer in Uniformen und Frauen in festlichen Kleidern umrunden die Gräber ihrer Vorfahren. Sie beten und singen, auch für die Deutschen.
Was mich sehr beeindruckt, ist die versöhnliche Atmosphäre, die hier herrscht, das finde ich ganz toll. Alle Hereros, denen ich hier begegnet bin, sagen, dass man aus unserer Geschichte lernen müsse und Konflikte dieser Art vermeiden müsse. Kein Rassenhass, keine Feindseligkeit, nix - im Gegenteil. Ich finde, dass die Deutschen da sehr hinterher hinken.
Gerhard Seyfried hat vor einem Jahr seinen Roman "Herero" veröffentlicht. Der als Sponti der 68er-Bewegung bekannte Polit-Cartoonist überraschte die Leser mit seinen detailreichen Schilderungen des Krieges. Seyfried ist mit einem Fernsehteam nach Okahandja gekommen. Das Gedenkjahr 2004 ist von großem Medieninteresse und Häuptlinge wie Kuaima Riruako und sein Berater Professor Mburumba Kerina nutzen das Forum, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Kerina:
Bedauerlicherweise lehnt es die deutsche Regierung ab, ihre moralische Verpflichtung gegenüber diesem Land zu akzeptieren. Wir fordern kein Geld, um uns als Hereros die Taschen zu füllen. Wir fordern Reparationen, die unseren Leuten helfen wieder auf die Beine zu kommen, insbesondere in den ländlichen Regionen, wo die namibische Regierung nicht das Geld hat und nicht in der Lage ist, die Lebensbedingungen unseres Volkes zu verbessern.
Von den Gräbern zieht die Gemeinschaft weiter zum Festplatz: Truppenspieler in abgetragenen Uniformen begleiten den Zug. Im Stechschritt marschieren sie auf und ab. Sie brüllen Befehle, nennen sich General, Oberst und Hauptmann. Erklärungen für dieses Schauspiel liefert die geteilte Geschichte der Hereros und Deutschen. Eine Geschichte voller Widersprüche und Gemeinsamkeiten.
Gehe ich zurück in die Geschichte, dann kommt alles zurück, was meine Großmutter mir erzählt hat. Sie war verheiratet mit Karl Friedrich Knäbele, meinem Großvater aus Oberndorf am Neckar und hatte fünf Kinder. Wenn man dann sagt, dass Liebe nicht über der Farbengrenze gehen kann, dann denke ich: Es ist doch möglich, weil er bis zum Ende dann doch, vielleicht waren sie geschieden durch das Apartheidsystem, aber sie hat noch immer seine Kleidung gewaschen oder meine Mutter... Dann hat er immer mit Liebe gefragt, wie es geht.
Adelheid Ndjavera kam in den achtziger Jahren in die DDR. Die DDR unterstützte damals massiv die namibische Unabhängigkeitsbewegung SWAPO und bildete Hunderte von SWAPO-Kadern aus. Mit der Unabhängigkeit Namibias kehrte Adelheid Ndjavera zurück in ihre Heimat. Heute lehrt die Dozentin an der Universität in Windhoek Englisch. Die Hererofrau trägt ein weit schwingendes, rot-schwarzes Kleid über einer Vielzahl von Unterröcken, dazu eine Kopfbedeckung, die Rinderhörnern nachempfunden ist. Die typische Tracht stammt aus der viktorianischen Zeit, als die Missionarsfrauen die Hereros einkleideten. Die ersten Missionare der Rheinischen Mission machten sich schon Anfang des 19. Jahrhunderts auf, das südliche Afrika zu christianisieren. Ihnen folgten bald Siedler und Händler.
Im April 1883 ging der Bremer Großkaufmann Adolf Lüderitz in der Bucht Angra Pequena vor Anker. Durch ein Täuschungsmanöver erwarb er weite Teile der Küste und des Umlands. Das Beispiel machte Schule. Vielfach übervorteilten die Siedler ihre Vertragspartner und tauschten Land gegen Alkohol, Waffen und Tand.
Der Betriebsamkeit der Deutschen Kolonialvereine folgte die Schutztruppe. 1884 hisste das deutsche Kaiserreich seine Flagge in der neuen Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Die Unterhändler der Reichsregierung schlossen mit den Häuptlingen sogenannte Schutzverträge ab. Auch Herero-Chief Samuel Maharero unterschrieb. Andere wie Hendrik Witbooi widersetzten sich. Der Nama-Häuptling sollte mit seiner Skepsis gegenüber der Kolonialmacht Recht behalten.
Als 1896 eine Rinderpest ausbrach, waren die Hereros gezwungen, ihr Weideland zu verkaufen. Um das Elend abzumildern, richtete der Oberbefehlshaber der deutschen Schutztruppen, Leutwein, unterstützt von Missionaren Reservate für die Hereros ein. Das missfiel den Siedlern und Händlern, die das Land für sich beanspruchten. Als am 11. Januar 1904 eine Abordnung von Waterberg-Hereros in Okahandja gegen willkürlich gezogene Grenzen ihres Reservats protestierten, eskalierte die Situation. Häuptling Samuel Maharero erteilte den Befehl zum Aufstand. Seine Parole:
Ich kämpfe, tötet alle Deutschen!
Wer den ersten Schuss abgab, ist in der historischen Forschung umstritten. Fest steht, dass die Ermordung eines deutschen Händlers in Okahandja eine entscheidende Rolle spielte. Von den Deutschen zur Rede gestellt, antworteten die Hereros, dass dies die Kriegserklärung sei. So begann ein Kolonialkrieg, dessen lange Schatten bis in die Gegenwart das Verhältnis zwischen Deutschland und Namibia belasten.
In diesem Krieg verbündeten sich verschiedene Gruppen der Hereros und der Nama gegen die deutsche Kolonialmacht. In einem Brief appellierte Samuel Maharero an Hendrik Witbooi:
Lass uns lieber zusammen sterben und nicht sterben durch Misshandlung, Gefängnis und auf allerlei andere Weise.
Zur Niederschlagung des Herero-Aufstands entsandte das Deutsche Reich im Juni 1904 ein Expeditionskorps unter Führung von Generalleutnant Lothar von Trotha nach Südwestafrika. Am 11. August verloren die Hereros die Entscheidungsschlacht am Waterberg. Wer nicht bei Kampfhandlungen ums Leben kam, lief Gefahr auf der Flucht in der Omaheke-Wüste zu verdursten. Anfang Oktober erteilte General von Trotha seinen berüchtigten Schießbefehl bzw. Vernichtungsbefehl:
Ich, der große General der deutschen Soldaten, sende diesen Brief an das Volk der Herero. Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet, gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen (...) Das Volk der Herero muß jetzt das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem großen Rohr dazu zwingen. Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero, mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh, erschossen. Ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volk zurück oder lasse auf sie schießen.
Auf Veranlassung des Generalstabs mußte General von Trotha seine Proklamation vom 2. Oktober zwei Monate später ausdrücklich zurücknehmen. Doch insgesamt wurden mindestens zwei Drittel des Herero-Volkes ausgelöscht. Im Süden des Landes führten die Nama ihren Guerillakrieg bis 1907 weiter.
Am Ende des Krieges waren alle afrikanischen Völker weitgehend entrechtet. Überlebende deportierten die Kolonialherren in entlegene Reservate. Mit dem Ersten Weltkrieg endete nach gut dreißig Jahren die deutsche Kolonialzeit - eine Zeit, die den Menschen viel Leid gebracht hatte und zugleich bemerkenswerte Fortschritte. Was die Infrastruktur des Landes betrifft, so wurde der Grundstein für ein modernes Namibia in Deutsch-Südwestafrika gelegt.
Die südafrikanische Mandatsmacht übernahm von den Deutschen das System der Rassentrennung und nannte die Reservate nun "Homelands" – Heimatländer. Ihre Bewohner waren vor allem eins: billige Arbeitskräfte für die Diamanten- und Kupferminen, auf den Farmen und im Eisenbahnbau.
Ab Ende der 50er Jahre formierte sich der politische Widerstand gegen das Apartheidregime. Im Norden Südwestafrikas begann die SWAPO, die Südwestafrikanische Volksorganisation, einen Guerillakrieg, der nach viel Blutvergießen und langem diplomatischen Tauziehen auf internationaler Bühne schließlich zur Unabhängigkeit führte. Bei den ersten Wahlen 1989 errang die SWAPO die absolute Mehrheit, ihr Führer Sam Nujoma wurde einstimmig zum Präsidenten der Republik Namibia gewählt. Bis heute ist er im Amt - nicht unbedingt zur Freude der führenden Repräsentanten des Volkes der Herero.
In Namibia ist das Volk der Ovaherero von den Vereinten Nationen und anderen auswärtigen Mächten in einen Einheitsstaat gezwungen worden. Die ethnischen Konflikte, ausgelöst durch die Mehrheitsherrschaft, haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Falls wir uns als Namibier nicht zusammenraufen, um Stammeskonflikte zu verhindern, wird die Situation zu einer offenen Auseinandersetzung führen. Die namibische Verfassung wurde schon zu Gunsten eines Mannes und seiner Partei verändert.
Beim Hererofest in Okahandja hält Chief Kuaima Riruako, wie erwartet, eine polemische Rede. Seine scharfzüngige Kritik zielt auf Präsident Sam Nujoma, dem durch Verfassungsänderung zu einer dritten Amtszeit verholfen wurde. Seit Wochen hält Riruako Politiker und Journalisten mit seiner zündelnden Rhetorik in Atem. Er beklagt die politische und wirtschaftliche Benachteiligung der Hereros, die heute nur noch sieben Prozent der namibischen Bevölkerung ausmachen. Im Zentrum seiner Polemik steht die Landfrage.
Wenn die Regierung Land kauft, dann gibt sie es an die Menschen, die nie Land verloren haben. Und selbst wenn die Deutschen Land an die Regierung zurückgäben, würde die uns das Land wegnehmen und ihren eigenen Leuten geben. Und das ist nun wirklich falsch.
Seit der Unabhängigkeit ringt Namibia um eine Landreform, an der alle politischen Parteien und zahlreiche gesellschaftlichen Gruppen beteiligt sind. Pfarrer Hanns Lessing hat als Dozent der Vereinigten Evangelischen Mission acht Jahre im Land gelebt und den Prozess über die Jahre verfolgt. Er kennt die Probleme der Landreform.
Die Menschen vor 100 Jahren waren nicht in Staaten organisiert, sondern sie waren organisiert durch ihre Lebensform. Und ihre Lebensform war eben das Züchten von Rindern, und viele Bevölkerungsgruppen sind von Wasserstelle zu Wasserstelle, von Weideland zu Weideland gezogen. Das heißt man kann 1904 nicht von einem klar umgrenzten Hereroland reden, sondern in dem gleichen Land haben viele Vertreter anderer Völker gewohnt. Deswegen hat man bei der Landkonferenz 1991 gesagt, alles Land in Namibia gehört allen Menschen.
Das Problem ist nur, dass sich nach wie vor über die Hälfte des fruchtbaren Bodens in Zentralnamibia in den Händen von etwa 4200 weißen Farmern befindet. Der Rest ist kommunales Gebiet, genutzt von Kleinbauern. Die Strategie der Regierung, weißen Farmern Land abzukaufen, um es an landlose Schwarze zu geben, geht bislang nicht auf.
Die Übergriffe auf weiße Farmer in Simbabwe heizen die Diskussion um die Landverteilung zusätzlich an. Vor gut einem Jahr kündigte Sam Nujoma an, nicht-namibische Farmer zu enteignen. Hererochief Riruako stieß ins gleiche Horn, als er beim Hererotag 2002 einen simbabwischen Weg prophezeite, falls die Hereros nicht bald für die kolonialen Verbrechen entschädigt würden. Seine Forderung nach einem eigenen förderalen Staat der Hereros sorgte für neuen Zündstoff.
Auch in parlamentarischen Kreisen erntet Riruako, der selbst als Abgeordneter der Oppositionspartei DTA mit über die Verfassung abgestimmt hat, nur Ablehnung für seinen Vorstoß.
Es ist ganz sicher kontraproduktiv. Und ich glaube auch nicht, dass dieser Gedanke von den Ovaherero mitgetragen wird, (....) denn auch die Ovaherero wissen, man kann nicht an den Wurzeln sägen, auf dem der Baum steht und man kann (...) die unabhängige Republik Namibia, die wir solange und so blutig erkämpft haben, jetzt nicht in Gefahr stellen. Ich glaube Riruako handelt sehr fahrlässig hier und er verletzt sicherlich den Gedanken der nationalen Versöhnung.
Klaus Dierks war zehn Jahre Vizeminister für Verkehr und Kommunikation. Als SWAPO-Mitglied hat er für die Unabhängigkeit des Landes gekämpft. Der gebürtige Berliner Ingenieur kam in den sechziger Jahren nach Namibia. Er ist verheiratet mit Karen von Bremen, einer Nachfahrin deutscher Missionare. Beide sehen als Deutsch-Namibier ihre besondere Verantwortung im Versöhnungsprozess.
Man kann nicht immer nur sagen, die SWAPO-Regierung muss tolerant sein, sie muss uns schützen, sie muss uns alles erlauben, aber auf der anderen Seite denkt man gar nicht daran diesen schwarzen Mehrheitsstaat oder wie viele immer noch sagen diese Jungs und die Kaffern, die uns jetzt regieren, die nehmen wir nicht ernst. Man kann nationale Versöhnung nicht so betreiben, das ist ne zweispurige Autobahn, die Versöhnung muss von beiden Seiten kommen.
Die Gräber der deutschen Soldaten, Schutztruppennostalgie und deutschtümelnde Sprüche im Gästebuch sind manchen Kräften aus dem politischen Umfeld der regierenden SWAPO ein Dorn im Auge. Beim Hererotag in Okahandja vertritt Arnold Tjihuiko das "Gedenk-Komitee für 2004".
Du kannst die Wunden nur schließen und heilen, wenn du akzeptierst, dass es Wunden sind. Es gibt viele unbekannte Gräber im ganzen Land. Wir wollen sie finden und den Toten dort die letzte Ruhe geben... Zum Beispiel Omakari, das ist ein Ort, an dem wir gerne den Tag erleben würden, an dem Deutsche und Hereros zusammenkommen, sich die Hand geben, beten, dass so etwas nicht wieder geschieht.
In Tjihuikos Worten schwingt Bitterkeit mit.
Wie kannst du jemandem vergeben, der sich nicht entschuldigt hat. Es ist nur ein kleines Wort: Es tut mir leid. Ich weiß nicht, warum die deutsche Regierung das so extrem schwierig findet. Und deshalb haben wir das Gefühl, dass die Deutschen und die deutsche Regierung uns Schwarze nicht als Mitmenschen betrachtet. Sie sehen uns als Tiere, als Objekte. Das ist schmerzhaft.
Eine Entschuldigung der deutschen Regierung für das, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts in deutschem Namen in Südwestafrika geschah, steht bis heute aus. Wer sich entschuldigte, war eine Gruppe Parlamentarier unter der Leitung der heutigen Afrika-Beauftragten der Bundesregierung, Uschi Eid.
Alle Fraktionen des deutschen Bundestages haben bei einem sehr langen und intensiven Gespräch mit den Hereros unter Leitung des Paramount-Chief Riruako sich entschuldigt. Und ich hätte es gut gefunden, wenn sowohl damals beim ersten Besuch des Bundeskanzlers Kohl als auch bei dem Besuch des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eine Entschuldigung ausgesprochen worden wäre. Das ist nicht der Fall. Insofern ist diese Frage immer noch offen.
Die rot-grüne Regierungskoalition tut sich schwer in Sachen Namibia. Bei der Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban erkannte Außenminister Joschka Fischer zwar die besondere Schuld Deutschlands an, ließ dem aber keine Entschuldigung folgen. Als er im Oktober letzten Jahres nach Namibia reiste, begründete er seine Zurückhaltung. Er werde "keine Äußerung vornehmen, die entschädigungsrelevant wäre."
Die Forderung nach Entschädigung hängt wie ein Damoklesschwert über dem Versöhnungsprozess. Im September 2001 hatten Vertreter der Hereros in den USA eine Sammelklage gegen deutsche und multinationale Unternehmen eingereicht. Sie fordern zwei Milliarden US-Dollar Wiedergutmachung für Völkermord und Zwangsarbeit. Die gleiche Summe verlangen die Kläger auch von der deutschen Regierung als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Würde sich die Bundesregierung offiziell für die kolonialen Verbrechen entschuldigen, könnten daraus Schadensersatzforderungen abgeleitet werden.
Ich finde es auch bedauerlich, dass es diese Schadensersatzklage gibt. Ich hätte eine politisch-moralisch ethische Auseinandersetzung mit dieser Frage für gut gefunden und auch für das richtige Mittel. Die Bundesregierungen seit 1989 sind sich ihrer besonderen Verantwortung gegenüber Namibia bewusst. Und man muss sagen, dass Namibia zum größten Entwicklungshilfe-Empfängerland auf dem afrikanischen Kontinent geworden ist umgerechnet mit über 11 Euro der Pro-Kopf-Bevölkerung. Nur ich persönlich habe eigentlich Probleme das materiell aufzurechen. Das geht mir eigentlich völlig gegen den Strich, weil es fast unangemessen ist angesichts des Völkermordes.
Der schwierige Umgang mit der eigenen Geschichte überschattet den 100. Jahrestag des Herero-Aufstands in Namibia wie in Deutschland.
Nicht wenige Namibier stimmt es eher traurig, dass heute Wunden wieder aufgerissen werden, die längst verheilt schienen - 100 Jahre nach dem Herero-Aufstand.
Reverend Boas Tjingaete steht mit seiner Familie am Grab des Vaters. Seit zehn Jahren liegt er begraben auf dem Friedhof in Okahandja, gleich hinter der Kirche der Rheinischen Mission. Auf den benachbarten Gräbern sind die Namen von Hereros und Deutschen in Stein gemeißelt. Sie tragen das Todesdatum 1904.
Wir sind alle gekommen, um an dieses Ereignis zu erinnern, nicht nur um meines Vater zu gedenken, sondern auch all der anderen. Diese Gedenkfeier ist für uns und für alle Menschen.
Männer in Uniformen und Frauen in festlichen Kleidern umrunden die Gräber ihrer Vorfahren. Sie beten und singen, auch für die Deutschen.
Was mich sehr beeindruckt, ist die versöhnliche Atmosphäre, die hier herrscht, das finde ich ganz toll. Alle Hereros, denen ich hier begegnet bin, sagen, dass man aus unserer Geschichte lernen müsse und Konflikte dieser Art vermeiden müsse. Kein Rassenhass, keine Feindseligkeit, nix - im Gegenteil. Ich finde, dass die Deutschen da sehr hinterher hinken.
Gerhard Seyfried hat vor einem Jahr seinen Roman "Herero" veröffentlicht. Der als Sponti der 68er-Bewegung bekannte Polit-Cartoonist überraschte die Leser mit seinen detailreichen Schilderungen des Krieges. Seyfried ist mit einem Fernsehteam nach Okahandja gekommen. Das Gedenkjahr 2004 ist von großem Medieninteresse und Häuptlinge wie Kuaima Riruako und sein Berater Professor Mburumba Kerina nutzen das Forum, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Kerina:
Bedauerlicherweise lehnt es die deutsche Regierung ab, ihre moralische Verpflichtung gegenüber diesem Land zu akzeptieren. Wir fordern kein Geld, um uns als Hereros die Taschen zu füllen. Wir fordern Reparationen, die unseren Leuten helfen wieder auf die Beine zu kommen, insbesondere in den ländlichen Regionen, wo die namibische Regierung nicht das Geld hat und nicht in der Lage ist, die Lebensbedingungen unseres Volkes zu verbessern.
Von den Gräbern zieht die Gemeinschaft weiter zum Festplatz: Truppenspieler in abgetragenen Uniformen begleiten den Zug. Im Stechschritt marschieren sie auf und ab. Sie brüllen Befehle, nennen sich General, Oberst und Hauptmann. Erklärungen für dieses Schauspiel liefert die geteilte Geschichte der Hereros und Deutschen. Eine Geschichte voller Widersprüche und Gemeinsamkeiten.
Gehe ich zurück in die Geschichte, dann kommt alles zurück, was meine Großmutter mir erzählt hat. Sie war verheiratet mit Karl Friedrich Knäbele, meinem Großvater aus Oberndorf am Neckar und hatte fünf Kinder. Wenn man dann sagt, dass Liebe nicht über der Farbengrenze gehen kann, dann denke ich: Es ist doch möglich, weil er bis zum Ende dann doch, vielleicht waren sie geschieden durch das Apartheidsystem, aber sie hat noch immer seine Kleidung gewaschen oder meine Mutter... Dann hat er immer mit Liebe gefragt, wie es geht.
Adelheid Ndjavera kam in den achtziger Jahren in die DDR. Die DDR unterstützte damals massiv die namibische Unabhängigkeitsbewegung SWAPO und bildete Hunderte von SWAPO-Kadern aus. Mit der Unabhängigkeit Namibias kehrte Adelheid Ndjavera zurück in ihre Heimat. Heute lehrt die Dozentin an der Universität in Windhoek Englisch. Die Hererofrau trägt ein weit schwingendes, rot-schwarzes Kleid über einer Vielzahl von Unterröcken, dazu eine Kopfbedeckung, die Rinderhörnern nachempfunden ist. Die typische Tracht stammt aus der viktorianischen Zeit, als die Missionarsfrauen die Hereros einkleideten. Die ersten Missionare der Rheinischen Mission machten sich schon Anfang des 19. Jahrhunderts auf, das südliche Afrika zu christianisieren. Ihnen folgten bald Siedler und Händler.
Im April 1883 ging der Bremer Großkaufmann Adolf Lüderitz in der Bucht Angra Pequena vor Anker. Durch ein Täuschungsmanöver erwarb er weite Teile der Küste und des Umlands. Das Beispiel machte Schule. Vielfach übervorteilten die Siedler ihre Vertragspartner und tauschten Land gegen Alkohol, Waffen und Tand.
Der Betriebsamkeit der Deutschen Kolonialvereine folgte die Schutztruppe. 1884 hisste das deutsche Kaiserreich seine Flagge in der neuen Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Die Unterhändler der Reichsregierung schlossen mit den Häuptlingen sogenannte Schutzverträge ab. Auch Herero-Chief Samuel Maharero unterschrieb. Andere wie Hendrik Witbooi widersetzten sich. Der Nama-Häuptling sollte mit seiner Skepsis gegenüber der Kolonialmacht Recht behalten.
Als 1896 eine Rinderpest ausbrach, waren die Hereros gezwungen, ihr Weideland zu verkaufen. Um das Elend abzumildern, richtete der Oberbefehlshaber der deutschen Schutztruppen, Leutwein, unterstützt von Missionaren Reservate für die Hereros ein. Das missfiel den Siedlern und Händlern, die das Land für sich beanspruchten. Als am 11. Januar 1904 eine Abordnung von Waterberg-Hereros in Okahandja gegen willkürlich gezogene Grenzen ihres Reservats protestierten, eskalierte die Situation. Häuptling Samuel Maharero erteilte den Befehl zum Aufstand. Seine Parole:
Ich kämpfe, tötet alle Deutschen!
Wer den ersten Schuss abgab, ist in der historischen Forschung umstritten. Fest steht, dass die Ermordung eines deutschen Händlers in Okahandja eine entscheidende Rolle spielte. Von den Deutschen zur Rede gestellt, antworteten die Hereros, dass dies die Kriegserklärung sei. So begann ein Kolonialkrieg, dessen lange Schatten bis in die Gegenwart das Verhältnis zwischen Deutschland und Namibia belasten.
In diesem Krieg verbündeten sich verschiedene Gruppen der Hereros und der Nama gegen die deutsche Kolonialmacht. In einem Brief appellierte Samuel Maharero an Hendrik Witbooi:
Lass uns lieber zusammen sterben und nicht sterben durch Misshandlung, Gefängnis und auf allerlei andere Weise.
Zur Niederschlagung des Herero-Aufstands entsandte das Deutsche Reich im Juni 1904 ein Expeditionskorps unter Führung von Generalleutnant Lothar von Trotha nach Südwestafrika. Am 11. August verloren die Hereros die Entscheidungsschlacht am Waterberg. Wer nicht bei Kampfhandlungen ums Leben kam, lief Gefahr auf der Flucht in der Omaheke-Wüste zu verdursten. Anfang Oktober erteilte General von Trotha seinen berüchtigten Schießbefehl bzw. Vernichtungsbefehl:
Ich, der große General der deutschen Soldaten, sende diesen Brief an das Volk der Herero. Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet, gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen (...) Das Volk der Herero muß jetzt das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem großen Rohr dazu zwingen. Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero, mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh, erschossen. Ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volk zurück oder lasse auf sie schießen.
Auf Veranlassung des Generalstabs mußte General von Trotha seine Proklamation vom 2. Oktober zwei Monate später ausdrücklich zurücknehmen. Doch insgesamt wurden mindestens zwei Drittel des Herero-Volkes ausgelöscht. Im Süden des Landes führten die Nama ihren Guerillakrieg bis 1907 weiter.
Am Ende des Krieges waren alle afrikanischen Völker weitgehend entrechtet. Überlebende deportierten die Kolonialherren in entlegene Reservate. Mit dem Ersten Weltkrieg endete nach gut dreißig Jahren die deutsche Kolonialzeit - eine Zeit, die den Menschen viel Leid gebracht hatte und zugleich bemerkenswerte Fortschritte. Was die Infrastruktur des Landes betrifft, so wurde der Grundstein für ein modernes Namibia in Deutsch-Südwestafrika gelegt.
Die südafrikanische Mandatsmacht übernahm von den Deutschen das System der Rassentrennung und nannte die Reservate nun "Homelands" – Heimatländer. Ihre Bewohner waren vor allem eins: billige Arbeitskräfte für die Diamanten- und Kupferminen, auf den Farmen und im Eisenbahnbau.
Ab Ende der 50er Jahre formierte sich der politische Widerstand gegen das Apartheidregime. Im Norden Südwestafrikas begann die SWAPO, die Südwestafrikanische Volksorganisation, einen Guerillakrieg, der nach viel Blutvergießen und langem diplomatischen Tauziehen auf internationaler Bühne schließlich zur Unabhängigkeit führte. Bei den ersten Wahlen 1989 errang die SWAPO die absolute Mehrheit, ihr Führer Sam Nujoma wurde einstimmig zum Präsidenten der Republik Namibia gewählt. Bis heute ist er im Amt - nicht unbedingt zur Freude der führenden Repräsentanten des Volkes der Herero.
In Namibia ist das Volk der Ovaherero von den Vereinten Nationen und anderen auswärtigen Mächten in einen Einheitsstaat gezwungen worden. Die ethnischen Konflikte, ausgelöst durch die Mehrheitsherrschaft, haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Falls wir uns als Namibier nicht zusammenraufen, um Stammeskonflikte zu verhindern, wird die Situation zu einer offenen Auseinandersetzung führen. Die namibische Verfassung wurde schon zu Gunsten eines Mannes und seiner Partei verändert.
Beim Hererofest in Okahandja hält Chief Kuaima Riruako, wie erwartet, eine polemische Rede. Seine scharfzüngige Kritik zielt auf Präsident Sam Nujoma, dem durch Verfassungsänderung zu einer dritten Amtszeit verholfen wurde. Seit Wochen hält Riruako Politiker und Journalisten mit seiner zündelnden Rhetorik in Atem. Er beklagt die politische und wirtschaftliche Benachteiligung der Hereros, die heute nur noch sieben Prozent der namibischen Bevölkerung ausmachen. Im Zentrum seiner Polemik steht die Landfrage.
Wenn die Regierung Land kauft, dann gibt sie es an die Menschen, die nie Land verloren haben. Und selbst wenn die Deutschen Land an die Regierung zurückgäben, würde die uns das Land wegnehmen und ihren eigenen Leuten geben. Und das ist nun wirklich falsch.
Seit der Unabhängigkeit ringt Namibia um eine Landreform, an der alle politischen Parteien und zahlreiche gesellschaftlichen Gruppen beteiligt sind. Pfarrer Hanns Lessing hat als Dozent der Vereinigten Evangelischen Mission acht Jahre im Land gelebt und den Prozess über die Jahre verfolgt. Er kennt die Probleme der Landreform.
Die Menschen vor 100 Jahren waren nicht in Staaten organisiert, sondern sie waren organisiert durch ihre Lebensform. Und ihre Lebensform war eben das Züchten von Rindern, und viele Bevölkerungsgruppen sind von Wasserstelle zu Wasserstelle, von Weideland zu Weideland gezogen. Das heißt man kann 1904 nicht von einem klar umgrenzten Hereroland reden, sondern in dem gleichen Land haben viele Vertreter anderer Völker gewohnt. Deswegen hat man bei der Landkonferenz 1991 gesagt, alles Land in Namibia gehört allen Menschen.
Das Problem ist nur, dass sich nach wie vor über die Hälfte des fruchtbaren Bodens in Zentralnamibia in den Händen von etwa 4200 weißen Farmern befindet. Der Rest ist kommunales Gebiet, genutzt von Kleinbauern. Die Strategie der Regierung, weißen Farmern Land abzukaufen, um es an landlose Schwarze zu geben, geht bislang nicht auf.
Die Übergriffe auf weiße Farmer in Simbabwe heizen die Diskussion um die Landverteilung zusätzlich an. Vor gut einem Jahr kündigte Sam Nujoma an, nicht-namibische Farmer zu enteignen. Hererochief Riruako stieß ins gleiche Horn, als er beim Hererotag 2002 einen simbabwischen Weg prophezeite, falls die Hereros nicht bald für die kolonialen Verbrechen entschädigt würden. Seine Forderung nach einem eigenen förderalen Staat der Hereros sorgte für neuen Zündstoff.
Auch in parlamentarischen Kreisen erntet Riruako, der selbst als Abgeordneter der Oppositionspartei DTA mit über die Verfassung abgestimmt hat, nur Ablehnung für seinen Vorstoß.
Es ist ganz sicher kontraproduktiv. Und ich glaube auch nicht, dass dieser Gedanke von den Ovaherero mitgetragen wird, (....) denn auch die Ovaherero wissen, man kann nicht an den Wurzeln sägen, auf dem der Baum steht und man kann (...) die unabhängige Republik Namibia, die wir solange und so blutig erkämpft haben, jetzt nicht in Gefahr stellen. Ich glaube Riruako handelt sehr fahrlässig hier und er verletzt sicherlich den Gedanken der nationalen Versöhnung.
Klaus Dierks war zehn Jahre Vizeminister für Verkehr und Kommunikation. Als SWAPO-Mitglied hat er für die Unabhängigkeit des Landes gekämpft. Der gebürtige Berliner Ingenieur kam in den sechziger Jahren nach Namibia. Er ist verheiratet mit Karen von Bremen, einer Nachfahrin deutscher Missionare. Beide sehen als Deutsch-Namibier ihre besondere Verantwortung im Versöhnungsprozess.
Man kann nicht immer nur sagen, die SWAPO-Regierung muss tolerant sein, sie muss uns schützen, sie muss uns alles erlauben, aber auf der anderen Seite denkt man gar nicht daran diesen schwarzen Mehrheitsstaat oder wie viele immer noch sagen diese Jungs und die Kaffern, die uns jetzt regieren, die nehmen wir nicht ernst. Man kann nationale Versöhnung nicht so betreiben, das ist ne zweispurige Autobahn, die Versöhnung muss von beiden Seiten kommen.
Die Gräber der deutschen Soldaten, Schutztruppennostalgie und deutschtümelnde Sprüche im Gästebuch sind manchen Kräften aus dem politischen Umfeld der regierenden SWAPO ein Dorn im Auge. Beim Hererotag in Okahandja vertritt Arnold Tjihuiko das "Gedenk-Komitee für 2004".
Du kannst die Wunden nur schließen und heilen, wenn du akzeptierst, dass es Wunden sind. Es gibt viele unbekannte Gräber im ganzen Land. Wir wollen sie finden und den Toten dort die letzte Ruhe geben... Zum Beispiel Omakari, das ist ein Ort, an dem wir gerne den Tag erleben würden, an dem Deutsche und Hereros zusammenkommen, sich die Hand geben, beten, dass so etwas nicht wieder geschieht.
In Tjihuikos Worten schwingt Bitterkeit mit.
Wie kannst du jemandem vergeben, der sich nicht entschuldigt hat. Es ist nur ein kleines Wort: Es tut mir leid. Ich weiß nicht, warum die deutsche Regierung das so extrem schwierig findet. Und deshalb haben wir das Gefühl, dass die Deutschen und die deutsche Regierung uns Schwarze nicht als Mitmenschen betrachtet. Sie sehen uns als Tiere, als Objekte. Das ist schmerzhaft.
Eine Entschuldigung der deutschen Regierung für das, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts in deutschem Namen in Südwestafrika geschah, steht bis heute aus. Wer sich entschuldigte, war eine Gruppe Parlamentarier unter der Leitung der heutigen Afrika-Beauftragten der Bundesregierung, Uschi Eid.
Alle Fraktionen des deutschen Bundestages haben bei einem sehr langen und intensiven Gespräch mit den Hereros unter Leitung des Paramount-Chief Riruako sich entschuldigt. Und ich hätte es gut gefunden, wenn sowohl damals beim ersten Besuch des Bundeskanzlers Kohl als auch bei dem Besuch des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eine Entschuldigung ausgesprochen worden wäre. Das ist nicht der Fall. Insofern ist diese Frage immer noch offen.
Die rot-grüne Regierungskoalition tut sich schwer in Sachen Namibia. Bei der Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban erkannte Außenminister Joschka Fischer zwar die besondere Schuld Deutschlands an, ließ dem aber keine Entschuldigung folgen. Als er im Oktober letzten Jahres nach Namibia reiste, begründete er seine Zurückhaltung. Er werde "keine Äußerung vornehmen, die entschädigungsrelevant wäre."
Die Forderung nach Entschädigung hängt wie ein Damoklesschwert über dem Versöhnungsprozess. Im September 2001 hatten Vertreter der Hereros in den USA eine Sammelklage gegen deutsche und multinationale Unternehmen eingereicht. Sie fordern zwei Milliarden US-Dollar Wiedergutmachung für Völkermord und Zwangsarbeit. Die gleiche Summe verlangen die Kläger auch von der deutschen Regierung als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Würde sich die Bundesregierung offiziell für die kolonialen Verbrechen entschuldigen, könnten daraus Schadensersatzforderungen abgeleitet werden.
Ich finde es auch bedauerlich, dass es diese Schadensersatzklage gibt. Ich hätte eine politisch-moralisch ethische Auseinandersetzung mit dieser Frage für gut gefunden und auch für das richtige Mittel. Die Bundesregierungen seit 1989 sind sich ihrer besonderen Verantwortung gegenüber Namibia bewusst. Und man muss sagen, dass Namibia zum größten Entwicklungshilfe-Empfängerland auf dem afrikanischen Kontinent geworden ist umgerechnet mit über 11 Euro der Pro-Kopf-Bevölkerung. Nur ich persönlich habe eigentlich Probleme das materiell aufzurechen. Das geht mir eigentlich völlig gegen den Strich, weil es fast unangemessen ist angesichts des Völkermordes.
Der schwierige Umgang mit der eigenen Geschichte überschattet den 100. Jahrestag des Herero-Aufstands in Namibia wie in Deutschland.
Nicht wenige Namibier stimmt es eher traurig, dass heute Wunden wieder aufgerissen werden, die längst verheilt schienen - 100 Jahre nach dem Herero-Aufstand.