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Die Legende lebt!

Astronomie. - Palomar hat unter Astronomen einen magischen Klang. Das 60 Jahre alte Teleskop in den Bergen zwischen Los Angeles und San Diego rangiert heute auf Platz 20 der Rangliste, dennoch werden hier noch wichtige Beobachtungen gemacht.

Von Dirk Lorenzen |
    Ein Berg, 1800 Meter hoch, ein Stück südöstlich von Los Angeles. Auf dem Gipfel thront weithin sichtbar ein strahlend weißes rundes Gebäude mit mächtiger Kuppel: Palomar Mountain Observatory – ein Name, der für Astronomen bis heute magischen Reiz hat:

    "Let's go up and have a look at the telescope."

    Die schmale gebogene Treppe führt von der Eingangstür auf den Teleskopboden. Plötzlich öffnet sich der Kuppelraum 40 Meter hoch und der Blick fällt auf eine riesige hufeisenförmige Stahlmontierung, in die das Teleskop eingehängt ist.

    "This is the Hale telescope."

    Das Hale-Teleskop, benannt dem Palomar-Gründer George Ellery Hale, ist das Herzstück des Palomar Observatory – und nicht irgendein Teleskop. Fast ein halbes Jahrhundert lang war es mit seinen 5 Metern Spiegeldurchmesser das größte Instrument, mit dem die Astronomen weltweit gearbeitet haben. 1949 ging es in Betrieb – und Scott Kardel zeigt am Rand der Kuppel auf ein großes Pult mit altmodischen Schaltern und Anzeigen.

    ""In front of us is the old control desk. This is where the night assistents would work all night long, working the controls to move the telescopes."

    In nächtlicher Kälte steht heute niemand mehr am Teleskop. Die Forscher steuern das Instrument jetzt per Computer von einem beheizten Kontrollraum aus. Für die moderne Astronomie ist Palomar ein legendärer Ort. Auf Palomar wurden die riesigen Ausmaße des Kosmos entdeckt, die geheimnisvollen Quasare enträtselt und der Entwicklungsweg der Sterne offen gelegt. Alles hier atmet Geschichte – aber das Instrument ist alles andere als ein Museumsstück. Kardel:

    "Palomar ist ein altes Teleskop verglichen mit den Geräten in Hawaii oder Chile. Aber zugleich ist es ein sehr modernes Teleskop. Wir haben neueste Steuerungstechnik. Die Kameras und Messinstrumente sind brandneu – und im nächsten Jahr werden wir vieles wieder modernisieren. Es ist wirklich ein Schlachtross – ein großes, robustes Teleskop; damals geradezu mit Liebe gebaut. Jetzt führen wir hier teilweise Beobachtungen des Universums durch, die niemand anders in der Welt macht – und das mit einem Teleskop, das seit 60 Jahren in Betrieb ist."

    Was die Größe angeht, wurde Palomar mittlerweile von der Weltspitze auf Platz 20 durchgereicht. Aber das ändert nichts an der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit des Teleskops, das zum California Institute of Technology gehört. In diesen Nächten beginnt wieder der reguläre Einsatz, nachdem die Ingenieure einige Wochen lang die Halterung des Spiegels generalüberholt haben. Scott Kardel:

    "Wir beobachten buchstäblich alles von Asteroiden, die nah an der Erde vorbeiziehen, bis hin zu fernen Quasaren – und so gut wie jedes Objekt dazwischen. Wir untersuchen die Atmosphäre von Uranus und Neptun, wie Sterne entstehen und ob sie Planeten haben. Ein sehr ambitioniertes Programm hier auf Palomar widmet sich dem Tod von Sternen."

    Das Instrument ist bestens ausgestattet, um zum Beispiel gewaltige Explosionen in Milliarden Lichtjahren Entfernung im Detail zu verfolgen oder das Innere von Sternhaufen in der Milchstraße genau zu erkunden. Kein Wunder, dass Palomar völlig überbucht ist.