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Die letzten Regenwälder auf Tasmanien

Lange Zeit galt die australische Insel Tasmanien, im Südosten des Landes gelegen, als Refugium für die Natur. Und der Regenwald der Insel barg so manchen Schatz. So wurde dort die älteste lebende Pflanze der Erde entdeckt. Doch auch der Regenwald selbst wurde entdeckt, und zwar von der Holzindustrie. Gegen die zunehmende Abholzung protestieren seit Wochen bereits Umweltschützer aus mehreren Ländern der Erde, die sich eine Baumschutzstation in 65 Metern Höhe eingerichtet haben.

Von Martin Labadz |
    Als Florian Asis Schulz im tasmanischen Styx-Tal ankam, war er einfach überwältigt von der einzigartigen Natur des Regenwaldes:

    Man sieht in der Entfernung irgendwo den Styx-River. Man sieht aus der Walddecke herausragend diese 400 Jahre alten Bäume, was wirklich faszinierend ist. Man sieht Kakadus, gelbe, weiße und schwarze vorbeifliegen.

    Der 25-jährige Student aus Lüneburg ist einer von rund 15 Umweltschützern, die überwiegend aus Japan, Kanada, Belgien und Australien kommen. Mit deren Hilfe wollen die australische Umweltschutzorganisation "The Wilderness Society" und Greenpeace die Zerstörung der letzten tasmanischen Urwälder aufhalten. Beide Umweltschutzorganisationen zeigen sich besorgt über Einschlagkonzessionen, die die tasmanische Regierung kürzlich vergeben hat. Dadurch kann die größte Forstgesellschaft für Naturwälder in Tasmanien, Gunns Limited, mit ihren Maschinen nun auch im bis jetzt noch verschont gebliebenen Styx-Tal roden:

    Wir protestieren hier gegen die Zerstörung der größten und ältesten Hartholzbäume der Welt, erklärt Geoff Law, Kampagnenleiter von "The Wilderness Society". Sie sind mehr als 400 Jahre alt und wachsen in Gegenden, die niemals zuvor eine Axt gesehen haben. Bäume mit einem Durchmesser von fünf Metern und einer Höhe von über 80 Metern.

    Auf drei Plattformen haben die Umweltschützer im November vergangenen Jahres in 65 Metern Höhe ihre Proteststation aufgebaut.
    Für Florian Asis Schulz ist die Protestaktion im Styx-Tal eine High-Tech-Baumbesetzung:

    Wir haben dort unser Satellitentelefon, Laptop, Solarpanele und sind per Satellitenkommunikation, per Satellitentelefon mit der Presse weltweit in Kontakt gewesen.

    Von dort oben aktualisieren sie das Internettagebuch der Station oder geben Interviews per Satellitentelefon. Unten am Boden arbeiten die Versorgungskräfte: In der Feldküche, an den Infoständen oder an der Satellitenanlage.

    Das Styx-Tal liegt 70 Kilometer westlich der tasmanischen Hauptstadt Hobart und beheimatet die größten Hartholzbäume der Welt – einige sind höher als ein 25-stöckiges Hochhaus. Diese sollen jetzt durch ein spezielles Rodungsverfahren – das so genannte Clearfelling – in die Sägemühlen von Gunns gelangen und zu Holzchips verarbeitet werden. Im Anschluss daran schafft die Brandrodung und das Auslegen von Giftködern Platz für Monokulturen. Hauptabnehmer der Holzchips sind japanische Firmen. Deutsche Kunden sind den Umweltschützern derzeit nicht bekannt:

    Wir wissen nicht, wer diese Firmen sind. Wir versuchen aber, das herauszufinden. Daher müssen wir mehr Nachforschungen darüber anstellen, welche Firmen in Deutschland Furnier-Holz als tasmanische Eiche einkaufen. Diese wird in Europa oft auch als Land-Eiche angeboten.

    Rebecca Hubbard, Greenpeace-Kampagnenleiterin bei der "Global Rescue Station", appelliert indes an die Deutsche Bank. Diese halte ungefähr fünf Prozent der Aktien der Firma Gunns und solle daher ihre Beteiligung bei der Forstfirma beenden.

    Deren Pressesprecher für den Bereich Umwelt, Ronald Weichert, sieht dagegen keine Bedenken in der Zusammenarbeit mit Gunns. Die Deutsche Bank setze bei derartigen Projektfinanzierungen Umweltgutachten voraus. Gunns erfülle diese Anforderungen. Zu den konkreten Vorwürfen der Umweltschützer wollte sich Weichert jedoch nicht äußern.
    Geoff Law und Rebecca Hubbard kritisieren jedoch, dass lediglich für die Produktionsstandorte von Gunns Umweltgutachten erstellt wurden. Gebiete, in denen noch eine natürliche Vegetation vorherrsche und eingeschlagen wird, seien in dem Bericht gar nicht erst erwähnt.

    Die Umweltschützer fordern daher die Einrichtung des Styx-Valley of the Giants National Park, der Nationalpark im Tal der Giganten. Dieser soll dann zusammen mit anderen Nationalparks unter das UNESCO Schutzprogramm der "Tasmanian World Heritage Area" gestellt werden.

    Werden diese Forderungen nicht erfüllt, wollen Greenpeace und The Wilderness Society mit ihrem Prostest auf der Global Rescue Station so lange fortfahren, bis sich ein Entgegenkommen der tasmanischen Regierung abzeichnet.
    Ende März soll eine erste Bilanz gezogen werden. Geoff Law:

    Wir werden weiter Druck machen und andere Proteste hier in Tasmanien und in anderen Regionen organisieren. Wir tun unser Bestes, um die Angelegenheit im Blickpunkt der Öffentlichkeit zu halten.