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Die Licht- und Ladestation

Der Elektromobilität wird nach Einschätzung vieler Experten die Zukunft gehören. Doch Millionen Elektroautos müssen auch aufgeladen werden. In Berlin hofft man auf ein kostengünstiges Modell.

Von Wolf-Sören Treusch | 30.04.2013
    "So, der erste Schritt ist tatsächlich, den Stecker ins Fahrzeug zu stecken …"

    Ein scheinbar herkömmlicher Ladevorgang eines Elektroautos. Das Besondere daran ist die Zapfsäule: es ist eine Straßenlaterne. Henning Heppner von ‚ebee Smart Technologies’ ist überzeugt: auch viele Berliner Straßenlaternen könnten zu Stromtankstellen für Elektroautos umgerüstet werden.

    "Ja, der Trick ist dabei, dass man diese Laternen-Mastklappe austauscht, dahinter verbirgt sich die elektrische Verkabelung der Laterne, in Berlin ist es auch so, dass es eine Extra Phase gibt, eine Reservephase, um tatsächlich auch den Strom zu liefern für den Ladepunkt. Es ist also ein sehr minimaler Installationsaufwand, wir gehen so von 15 Minuten aus, den man tatsächlich nur braucht, um diesen Ladepunkt zu installieren, und dann eine funktionsfähige Ladesäule hier zu haben."

    Ein ordentlicher Zähler rein, fertig ist die Stromtankstelle. Nicht mal 1.000 Euro würde es kosten, eine Straßenlaterne auf diese Art umzurüsten, sagt der Start-Up-Unternehmer, eine herkömmliche Ladestation koste wegen der notwendigen Tiefbauarbeiten um ein Vielfaches mehr.
    Das klingt verlockend. Findet auch die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Auch wenn Friedemann Kunst, Abteilungsleiter Verkehr, gleich ein wenig auf die Euphoriebremse tritt.

    "Es gibt in der Regel bei Beleuchtungsmasten eine Klappe, die den Zugang zu den Kabeln zulässt und die für die Wartung erforderlich ist, da kann man nicht anschließen, das würde bis zum Arbeitsschutz eine Reihe von Problemen bringen, wir müssen uns also beschränken auf Masten, die zwei Klappen haben, und die gibt es schon mal gar nicht so häufig."

    Aber in einer Großstadt wie Berlin immer noch häufig genug. Der Verkehrsexperte schätzt: mindestens 20.000 der etwa 270.000 Straßenlaternen in der Hauptstadt ließen sich zum Ladepunkt für Elektroautos umrüsten. Die ersten paar Dutzend werden bis Jahresende umfunktioniert. Sie sind Teil einer europaweiten Ausschreibung, die die Senatsverwaltung vorgenommen hat. Damit will sie die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte von 100 auf 300 erhöhen.

    "Von einer ganz konventionellen Ladesäule, die das Maximum anbietet an verschiedenen Steckern, Stromniveaus usw. bis hin zu Vorrichtungen an vorhandenen Beleuchtungsmasten, da gibt es auch unterschiedliche Möglichkeiten, all das wollen wir ausprobieren und unter dem Gesichtspunkt des geeigneten Standorts und natürlich der Kostengunst untersuchen."

    Nicht mit dabei beim Bieterverfahren ist das Berliner Start-Up-Unternehmen Ubitricity. Und das, obwohl Geschäftsführer Knut Hechtfischer überzeugt ist, die mit Abstand kostengünstigste, vor allem aber smarteste Variante im Portfolio zu haben:

    "Wer Strom abrechnen will, braucht einen Stromzähler, und wer nicht nur an einem Ort lädt, sondern an mehreren, der sollte, meinen wir, nicht an jedem Ort einen Stromzähler vorsehen, sondern einen haben, zum Beispiel im Kabel, und die Einmalkosten für die Hardware und die laufenden Kosten für den Betrieb dann auch nur einmal zahlen und nicht an jedem Ort, an dem er lädt. Das nutzt im Grunde genommen die intelligenten Vorteile mobiler Elektronik, smart ins Netz kommt man heute mit dem Smartphone, und wenn Sie so wollen künftig ins Stromnetz mit dem Smartcable."

    Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt findet diesen Ansatz so interessant, dass Ubitricity – obwohl im Bieterverfahren nicht beteiligt – fünf Straßenlaternen umrüsten wird. Und zwar früher als alle anderen: in den kommenden Wochen. Das Geld dafür kommt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Friedemann Kunst von der zuständigen Berliner Senatsverwaltung ist die Bandbreite der Angebote sehr Recht.

    "Das ist ja im Moment ein ganz großes Experimentierfeld, und wenn man an der Stelle nicht aufpasst, dann legt man auf eine bestimmte Technik sich zu früh fest und investiert möglicherweise auch in die falsche Technologie, das wollen wir vermeiden."


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