Im Gedicht "Der Knabe im Moor", das euch auch in einem Video präsentiert wurde, wird die düstere, unheimliche Stimmung im Moor lebendig. Annette von Droste-Hülshoff beschreibt das Moor in ihrem Gedicht aus der Sicht eines Jungen, der das Moor durchquert. Die Umgebung wird plastisch und die Fantasie des Jungen lässt Geister und finstere Gestalten erscheinen.
Dass das Moor im Gegensatz auch ein friedlicher Ort sein kann, in dem seltene Tiere und Pflanzenarten heimisch sind, wird oft vergessen. Viele Mythen ranken sich um diesen Ort. Wir fragten, was euch am Mythos Moor fasziniert und waren gespannt, ob uns auch Gedichte erreichen, die sich nicht nur mit der unheimlichen Seite des Moores beschäftigen, sondern auch seine anderen Facetten hervorheben.
Bleibenden Eindruck hat bei euch vor allem das "Kind von Windeby" hinterlassen. Die meisten Gedichte, die uns erreicht haben, waren inspiriert von der Moorleiche aus dem Archäologischen Landesmuseum Schleswig. Das Moor spielt bei euch eine wichtige Rolle als Zeuge der Zeit, als Ort der Geschichte. Aber natürlich fanden auch Moorhexen, Moorgeister und die Tiere des Moores den Weg in eure Gedichte. Das Moor scheint Menschen seit Jahrhunderten in seinen Bann zu ziehen - alle Gedichte, die uns erreicht haben, spiegeln das eindrucksvoll wider.
Die Jury hat die fünf besten Gedichte ausgewählt. Wir gratulieren allen Gewinnern!
Hier sind die Texte der Leitmotivrundengewinner aus dem Februar 2012:
Requiem
Ich bin es, erinner dich,
hör gut zu
wenn die Seele spricht,
ich warte auf dich
Tag und Nacht,
wenn kein Stern mehr am Himmel wacht,
dann bin ich dir immer nah
im Sturm, im Wind und immer da.
In stillen Nächten fließe ich,
wie Tropfen heiß auf dein Gesicht
drum komm zu mir,
so schön der Ort
wo ich warte immerfort.
Meine Schwestern locken dich
lachen laut in dein Gesicht,
erwachen sanft aus ihrem Schlummer,
wohl genährt von eurem Kummer,
wir tanzen bis zum Morgenrot,
die Sonne ist des Zwielichts Tod.
Und wenn der neue Tag beginnt,
erweckt sanft Mann und Frau und Kind,
möcht ich, dass du eines weißt,
denn ich bin das, was Hoffnung heißt,
durch deine Hand im Moor versunken,
in meinem Schmerz darin ertrunken.
(Julia Fourate aus Nordhofen, Mons-Tabor-Gymnasium, Klasse: 11, Muttersprache: deutsch)
Dornröschen im Moor
Es ging ein Mädchen durch den Wald
von keinem Mensch bewacht.
Im Schatten ward ihr Angst und Bang
so düster war die Nacht.
Wo niemand ist, kann Übel sein.
Kein Mensch war hier zu sehn.
Doch sie war mutig, wagte sich
bis raus ins Moor zu gehn.
Es tröstet sie die Stille hier
fern von der großen Stadt.
Ein Stück von Glauben keimt, dass hier
die Welt noch Schönheit hat.
Der Vater nie hier draußen war.
Nie Mutter dies gesehn.
Nur Großvater, der Alte sagt:
"Gefährlich, aber schön."
Sie zieht sich ihre Schuhe aus,
so weich, das grüne Moos.
Und ihr wird klar, im Weitergehn,
sie ist die Schuhe los.
Geht sie auch barfuß durch den Schlamm,
sie wollt nicht andders gehen.
Auf diese Art hat die Natur
ihr Herz noch nie gesehn.
Sie freut sich jeder Blume hier.
Und dort ein alter Steg.
Es fasziniert sie jeder Stein.
Sie schaut nicht auf den Weg...
(Anna-Lena Finger-Verbücheln aus Wallerfangen, Saarlouiser Gymnasium am Stadtgarten, Jahrgangsstufe: 12, Muttersprache: deutsch)
Auf der Schatzinsel
Totenstille herrscht im Moor
Stickiger Dunst dampft empor
Düstrer Schatten in der Flor
Long John Silver tritt hervor
Holzbein-Tocken erklingt dumpf
Kein Luftzug mehr in dem Sumpf
Gänsehaut erfasst den Rumpf
Fauler Ast, modernder Stumpf
Wilde Enten wittern Gefahr
Die Bedrohung ist ganz nah
Aufschreckende Vogelschar
Schwärzt den Himmel ganz und gar
Ein Gestank von faulem Ei
Zieht aus dem Morast herbei
Giftig grüne Walachei
Weit entfernter Todesschrei
Ungeheuer ist erschreckt
Junger Hawkins sich versteckt
Von den Binsen gut verdeckt
Der Pirat verlässt den Fleck
Mit ihm ist der Nebel fort
Sonne auf dem Kopfe dorrt
Friedlich wird nun dieser Ort
Abenteuer dauert fort
(Madeleine Jordan aus Bernau, Paulus-Praetorius-Gymnasium Bernau, Jahrgangsstufe: 13, Muttersprache: deutsch)
Moorgedanken
Und wieder versunken
Im Moormeer
Langsam: mein Fußabdruck – nicht mehr
Nur braun
Irgendwo dazwischen ertrunken:
Ein einsamer Buchstabenbröckel
Und wieder erblindet
Im Nebel
Schattententakel wie Knebel:
So stumm
Syntax die alles verbindet
Jetzt kreischt sie nur Dunkelheitsschwärze
Und wieder versunken
In Moor mehr:
Gedanken
(Anna Neocleous aus Rietberg, Gymnasium Nepomucenum Rietberg, Jahrgangsstufe: 13, Muttersprache: deutsch/griechisch)
Ein Kinderschuh im Moor
Die stille Kühle in dem Wald
war wie ein Paradies für mich
wenn es sich zu verstecken galt
vor all dem, was war unerträglich
Ich sah dich wie du spieltest dort
dein blondes Haar, dein Sonntagskleid
die Herzen von aller Last befreit
doch bald schon warst du einfach fort
Du sahst den Bläuling, liefst ihm nach
liefst weiter, liefst aus meiner Sicht
ein Schrei, dein helles Lachen brach
ich war erstarrt, bewegen konnte ich mich nicht
Der helle Rock im Moor versunken
hilflos starrte ich dich an
mir war, als wären es schon Stunden
bevor ich wieder zu mir kam
Die Tränen in den Kinderaugen
der angsterfüllte Todesblick
du dachtst, du könntest mir vertrauen
ich lief, doch kam zu spät zurück
Die Rettung nahte nun vergebens
ich spürte nur die gräulich' Ruh
sie raubte mir den Sinn des Lebens
ich fand nur noch ein einz'gen Schuh
(Cornelia Bühmann aus Schleswig, Berufsbildendes Zentrum Schleswig, Jahrgangsstufe: 12, Muttersprache: deutsch)
Dass das Moor im Gegensatz auch ein friedlicher Ort sein kann, in dem seltene Tiere und Pflanzenarten heimisch sind, wird oft vergessen. Viele Mythen ranken sich um diesen Ort. Wir fragten, was euch am Mythos Moor fasziniert und waren gespannt, ob uns auch Gedichte erreichen, die sich nicht nur mit der unheimlichen Seite des Moores beschäftigen, sondern auch seine anderen Facetten hervorheben.
Bleibenden Eindruck hat bei euch vor allem das "Kind von Windeby" hinterlassen. Die meisten Gedichte, die uns erreicht haben, waren inspiriert von der Moorleiche aus dem Archäologischen Landesmuseum Schleswig. Das Moor spielt bei euch eine wichtige Rolle als Zeuge der Zeit, als Ort der Geschichte. Aber natürlich fanden auch Moorhexen, Moorgeister und die Tiere des Moores den Weg in eure Gedichte. Das Moor scheint Menschen seit Jahrhunderten in seinen Bann zu ziehen - alle Gedichte, die uns erreicht haben, spiegeln das eindrucksvoll wider.
Die Jury hat die fünf besten Gedichte ausgewählt. Wir gratulieren allen Gewinnern!
Hier sind die Texte der Leitmotivrundengewinner aus dem Februar 2012:
Requiem
Ich bin es, erinner dich,
hör gut zu
wenn die Seele spricht,
ich warte auf dich
Tag und Nacht,
wenn kein Stern mehr am Himmel wacht,
dann bin ich dir immer nah
im Sturm, im Wind und immer da.
In stillen Nächten fließe ich,
wie Tropfen heiß auf dein Gesicht
drum komm zu mir,
so schön der Ort
wo ich warte immerfort.
Meine Schwestern locken dich
lachen laut in dein Gesicht,
erwachen sanft aus ihrem Schlummer,
wohl genährt von eurem Kummer,
wir tanzen bis zum Morgenrot,
die Sonne ist des Zwielichts Tod.
Und wenn der neue Tag beginnt,
erweckt sanft Mann und Frau und Kind,
möcht ich, dass du eines weißt,
denn ich bin das, was Hoffnung heißt,
durch deine Hand im Moor versunken,
in meinem Schmerz darin ertrunken.
(Julia Fourate aus Nordhofen, Mons-Tabor-Gymnasium, Klasse: 11, Muttersprache: deutsch)
Dornröschen im Moor
Es ging ein Mädchen durch den Wald
von keinem Mensch bewacht.
Im Schatten ward ihr Angst und Bang
so düster war die Nacht.
Wo niemand ist, kann Übel sein.
Kein Mensch war hier zu sehn.
Doch sie war mutig, wagte sich
bis raus ins Moor zu gehn.
Es tröstet sie die Stille hier
fern von der großen Stadt.
Ein Stück von Glauben keimt, dass hier
die Welt noch Schönheit hat.
Der Vater nie hier draußen war.
Nie Mutter dies gesehn.
Nur Großvater, der Alte sagt:
"Gefährlich, aber schön."
Sie zieht sich ihre Schuhe aus,
so weich, das grüne Moos.
Und ihr wird klar, im Weitergehn,
sie ist die Schuhe los.
Geht sie auch barfuß durch den Schlamm,
sie wollt nicht andders gehen.
Auf diese Art hat die Natur
ihr Herz noch nie gesehn.
Sie freut sich jeder Blume hier.
Und dort ein alter Steg.
Es fasziniert sie jeder Stein.
Sie schaut nicht auf den Weg...
(Anna-Lena Finger-Verbücheln aus Wallerfangen, Saarlouiser Gymnasium am Stadtgarten, Jahrgangsstufe: 12, Muttersprache: deutsch)
Auf der Schatzinsel
Totenstille herrscht im Moor
Stickiger Dunst dampft empor
Düstrer Schatten in der Flor
Long John Silver tritt hervor
Holzbein-Tocken erklingt dumpf
Kein Luftzug mehr in dem Sumpf
Gänsehaut erfasst den Rumpf
Fauler Ast, modernder Stumpf
Wilde Enten wittern Gefahr
Die Bedrohung ist ganz nah
Aufschreckende Vogelschar
Schwärzt den Himmel ganz und gar
Ein Gestank von faulem Ei
Zieht aus dem Morast herbei
Giftig grüne Walachei
Weit entfernter Todesschrei
Ungeheuer ist erschreckt
Junger Hawkins sich versteckt
Von den Binsen gut verdeckt
Der Pirat verlässt den Fleck
Mit ihm ist der Nebel fort
Sonne auf dem Kopfe dorrt
Friedlich wird nun dieser Ort
Abenteuer dauert fort
(Madeleine Jordan aus Bernau, Paulus-Praetorius-Gymnasium Bernau, Jahrgangsstufe: 13, Muttersprache: deutsch)
Moorgedanken
Und wieder versunken
Im Moormeer
Langsam: mein Fußabdruck – nicht mehr
Nur braun
Irgendwo dazwischen ertrunken:
Ein einsamer Buchstabenbröckel
Und wieder erblindet
Im Nebel
Schattententakel wie Knebel:
So stumm
Syntax die alles verbindet
Jetzt kreischt sie nur Dunkelheitsschwärze
Und wieder versunken
In Moor mehr:
Gedanken
(Anna Neocleous aus Rietberg, Gymnasium Nepomucenum Rietberg, Jahrgangsstufe: 13, Muttersprache: deutsch/griechisch)
Ein Kinderschuh im Moor
Die stille Kühle in dem Wald
war wie ein Paradies für mich
wenn es sich zu verstecken galt
vor all dem, was war unerträglich
Ich sah dich wie du spieltest dort
dein blondes Haar, dein Sonntagskleid
die Herzen von aller Last befreit
doch bald schon warst du einfach fort
Du sahst den Bläuling, liefst ihm nach
liefst weiter, liefst aus meiner Sicht
ein Schrei, dein helles Lachen brach
ich war erstarrt, bewegen konnte ich mich nicht
Der helle Rock im Moor versunken
hilflos starrte ich dich an
mir war, als wären es schon Stunden
bevor ich wieder zu mir kam
Die Tränen in den Kinderaugen
der angsterfüllte Todesblick
du dachtst, du könntest mir vertrauen
ich lief, doch kam zu spät zurück
Die Rettung nahte nun vergebens
ich spürte nur die gräulich' Ruh
sie raubte mir den Sinn des Lebens
ich fand nur noch ein einz'gen Schuh
(Cornelia Bühmann aus Schleswig, Berufsbildendes Zentrum Schleswig, Jahrgangsstufe: 12, Muttersprache: deutsch)