Die Lyrix-Gewinner im Januar 2010

Im Januar hatten wir euch aufgefordet, uns Gedichte zu einem der meist beschriebenen Themen der Lyrik zuzusenden - der "Liebe".

    "Erklär mir, Liebe" hieß das erste Leitmotiv zum Start der dritten Runde von lyrix. Drei recht unterschiedliche Liebesgedichte hatten wir euch als Inspirationsquelle zur Verfügung gestellt. Ebenson vielfältig waren auch die mehr als 180 Einsendungen. Einige von euch schrieben über die Liebe an sich oder fragten danach, was sie überhaupt sei. Andere richteten sich an geliebte Personen, sprachen von glücklicher und unglücklicher Liebe, von Hoffnung und Verzweiflung.

    Parallel zur lyrix-Jury hat eine zweite Jury in Heidelberg unter der Leitung des städtischen Theaters vorerst 20 Texte bestimmt, die über die kommenden Monate verteilt in der aktuellen Produktion "Erklär mir, Liebe" auf die Bühne gebracht werden. Mehr hierzu auf der Internetseite des Heidelberger Theaters.

    Hier folgen nun wie immer die lyrix-Monatsgedichte und die Namen der Gewinnerinnen und Gewinner aus dem In- und Ausland.

    Vielen Dank für eure Einsendungen und herzlichen Glückwunsch!


    Liebesworte

    Die schneegedämpfte Stadt lässt dich verschwimmen
    Das letzte herbstfarbene Blatt ist längst aufgelesen
    und zurückgeblieben ist nur dein Fuflabdruck im Weifl
    neben den Klauen eines zum Sterben gebliebenen Zugvogels
    Im eintönigen Fallen der Flocken ein frostiger Kuss ñ
    Das ‹berbleibsel hoffnungsvoller Worthülsen
    Unerfüllt die Erwartungen an eine Liebe
    Im selbstgeschaffenen Leistungsdruck der Bilderbuchklischees
    Im Schornsteinrufl einer laternendurchzogenen Winternacht
    lassen wir los und straucheln einsam zurück in unser Dunkel
    Am Morgen schon hat die Sonne die Spuren der Begegnung
    In Tau verwandelt und du ertränkst dich im nächsten Liebesroman


    (Jonas Kohnen aus Ludwigshafen, Heinrich-Böll-Gymnasium, Jahrgangsstufe 11, Muttersprache: deutsch)


    Bitte gib mir.

    Gib mir Worte, zu beschreiben, was ich fühle
    Silben, Verse, zu umreißen, was ich will
    Gib mir Metren zum Vertreiben dieser Kühle
    Die ich einsam denkend spüre, beißend, still.
    Gib mir Federn, um dir Briefe zuzusenden
    Tinte, Farben, zu skizzieren, wer wir sind
    Gib mir Messer, um die Fesseln zwischen Händen
    zu zerfasern, gib mir Freiheit wie der Wind.
    Gib mir Löwenzahn, um Zukunft auszustreuen
    Rosen, Tulpen, zu erkennen, was vergeht
    Gib mir Buße, meine Taten zu bereuen
    Leid, Erfahrung, um zu schätzen, was besteht.
    Gib mir Wurzeln, meinen Weg nicht zu verlieren
    Äste, Blätter, zu entfalten meinen Geist
    Gib mir Flügel, meinen Pfad zu variieren
    Sei das Feuer, wenn mein Innerstes vereist.
    Gib mir Liebe, wenn ich glaube, zu erblinden
    Sei das Wasser, wenn mein Blütenwerk verwelkt
    Gib mir Kraft, den Weg zu dir zurückzufinden
    Bitte gib mir. Sei der Inhalt meiner Selbst.


    (Judith Gerten aus Pulheim, Geschwister Scholl Gymnasium, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch)



    Gewittersturm

    In meiner Stirn gewittern die Gedanken
    Und kreisen um verblasste Zärtlichkeiten,
    Darin wir einst als Lichterpaar versanken.

    Ein Tanz auf einem Grat aus Unklarheiten,
    In filigranen, dornbesetzten Ranken,
    Wenn körperlose Blitze durch mich gleiten.

    So wie die Wahngesichte eines Kranken
    Verzerren sich die Bilder alter Zeiten,
    Und alle Wirklichkeit gerät ins Wanken.

    Fortuna spielt auf geisterhaften Saiten,
    Der bleiche Himmel tritt aus seinen Schranken
    - In Wind und Donner eingefasste Weiten.

    Ein Kalkrubin erhebt sich in den blanken
    Gestirnen aus verfälschten Zärtlichkeiten ...
    Und über mir gewittern die Gedanken.


    (Kai-Oliver Gutacker aus Niddatal, Sankt-Lioba-Schule, Jahrgangsstufe 13, Muttersprache: deutsch)


    Traum

    Mir träumt' ich sei ein Schmetterling,
    mein Wind: der Atem dein.
    Du warst mein Garten, meine Welt,
    bei dir nur wollt' ich sein.

    Mein Flügel war mit Glas gespickt,
    das schmerzte, feuergleich.
    Ich trank mich satt und löschte mich
    an deiner Augen Teich.

    Nach Atem rang ich, todgeweiht,
    denn Gift hing in der Luft.
    Rettung kam mir ganz allein
    von deiner Lippen Duft.

    Lass mich an deiner Wange ruh'n,
    nun Liebster ist es Zeit.
    Umfange mich mit festem Griff,
    denn dir bin ich geweiht.

    Du Herztyrann, komm töte mich,
    reiß mir die Flügel ab.
    Dann bleib ich dein für alle Zeit,
    dein Lächeln sei mein Grab.


    (Mandy Zitouni aus Dossenheim, Johann- Phillip- Reis- Schule Weinheim, Jahrgangsstufe 13 Muttersprache: deutsch)


    Blütenglut

    Dort stehst du festlich,
    In grüner Flur.
    Ein Farbklecks,
    In der rauen Welt.
    Im Abendwind
    Wiegst du dich
    Sanft,
    Er streichelt dich.
    Du bist so wunderbar
    Entzückend,
    So süßen Duft
    Verströmend.
    Dein Kleid in Falten,
    Mich betörend,
    In diesem glühend blut`gen Rot.
    Durch deine Schönheit,
    Wie durch Opium betäubt,
    Entrückt mein Geist.
    Ein aufleuchtend
    Zartes Blümlein,
    Verletzlich
    Und doch provokant.
    Nähm ich dich,
    Welktest du dahin
    Und würdest getrennt von deiner Heimat
    Mir entgehen.
    Oh, lieber steh ich hier,
    Verweil in deinem Anblick,
    Auf dass auch du
    Mich einst bemerkst.


    (Reinhild Lohan aus Bitterfeld, Europäisches Gymnasium Waldenburg, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch)


    Erklär mir Liebe
    Liebe
    ist das Beste, was man den anderen geben kann.
    Liebe
    ist der Weg zum Paradies.
    Liebe
    ist das Beste auf der Welt.
    Erklär mir Liebe
    Liebe
    kann man nicht sehen, aber fühlen.
    Liebe
    ist das Gefühl, das man nicht gut erklären kann.
    Liebe
    ist, wenn man das Herz einem anderen schenkt.
    Erklär mir Liebe
    Liebe
    ist der Weg.
    Liebe
    ist Leben und Tod.
    Liebe
    ist Ende und Ewigkeit.
    Liebe erklärt man nicht


    (Isabella Wallwitz aus São Paulo, Brasilien, Colegio Visconde de Porto Seguro, Jahrgangsstufe 5, Muttersprache: portugiesisch)


    Im Herzen Spuren
    meine Gedanken
    sind die Schatten deiner Füße
    deine Blicke besiegen selbst des Honigs Süße
    worauf ich dann mit Tränen büße
    die Winde zersausen dein Haar
    dein Lächeln
    einfach wunderbar
    selbst deine Augen scheinen zu lachen
    auch wenn neben dir die Bäume krachen
    doch in einer Sturmesnacht
    hast du wohl zuletzt gelacht
    du bist nie zurückgekommen
    hast nie des Hauses Tür erklommen
    der Grund meiner Tränen
    ist dein Verschwinden
    viel zu lange musste ich mich überwinden
    um zu erkennen
    dass wir uns lieben
    wie ein Vulkan
    als wir die Wangen aneinander rieben
    für immer wollte ich

    an deiner Seite bleiben
    mich immer wieder
    an deiner Schulter reiben
    jetzt will ich nur noch vergessen
    doch es geht nicht
    ich bin zu versessen
    auf dich
    ich wünsche dich zurück
    in mein Leben
    ins Glück
    ich wünschte
    ich könnte zu dir schweben
    selbst müsste ich endlos lange Brücken weben

    irgendwann
    werde ich dich erreichen
    dich finden
    mich nie mehr
    aus deinen Armen winden
    denn in meinem Herzen Murren
    du hast hinterlassen tiefe Spuren


    (Nina Rastinger aus Gmunden, Österreich, Bundesgymnasium Gmunden, Jahrgangsstufe 8, Muttersprache: deutsch)


    Liebe
    Ich sehe dich nicht mehr,
    wenn ich die Augen schlie?e,
    und ich weine.
    Ohne dich,
    verliere ich mein Welt.
    Nicht nur einen Augenblick,
    Ein Lächeln,
    einen Satz,
    hast du mir geschenkt.
    Und die Wörter kommen nicht mehr,
    aber ich will dir so viel sagen!
    Du umarmst sie,
    ich schaue weg
    und tue so,
    als ob es nichts wäre.
    Ich fühle nicht,
    bin müde von Lügen,
    ich gehe weg.
    Doch lass mich nicht gehen…


    (Beatriz Albuquerque aus Amadora, Portugal, Oficinas de S. Jose, Jahrgangsstufe 10, Muttersprache: portugiesisch)


    Liebe??

    Was ist Liebe?
    Manche sagen, Liebe ist alles.
    Andere sagen, Liebe bringt nur Schmerzen.
    Und es gibt auch die, die meinen,
    Dass Liebe nichts bedeutet.
    Aber wer hat Recht?
    Existiert Liebe?
    Ist sie gut?
    Schlecht?
    Meiner Meinung nach...
    Weiß ich nichts.
    Ich kann nur die Menschen beobachten.
    Ich kann sie nicht fühlen...
    Denn sie verletzen mich.
    Ich kann sie nicht hören...
    Denn sie lügen mich an.
    Und ich kann sie überhaupt nicht verstehen.
    Und ich mache meine Augen zu.
    Denn ich nachdenken muss...
    Was ist Liebe?
    Wer hat Recht?
    Was nutzt sie?
    Wer antwortet mir?
    Vielleicht fühle ich zuviel.
    Vielleicht fühle ich nicht genug.
    Was weiß ich?
    Einfach nichts!

    Ich will nur in diesem Leben glücklich sein.


    (Camila Baptista aus Lissabon, Portugal, Deutsche Schule Lissabon, Jahrgangsstufe 9, Muttersprache: portugiesisch)


    Hass oder Liebe

    "Ich hasse dich"
    Dass das nicht wahr ist,
    weißt du sicher.
    Aber liebe ich dich?
    "Ich hasse dich"
    Ist alles, was ich dir sagen kann
    Ohne mich selbst zu belügen,
    Ohne dich zu belügen.
    Eigentlich weiß ich nicht,
    Was lieben bedeutet
    Sag mir mal,
    wie ich dich lieben soll
    wie ich fühlen kann,
    dass ich dich liebe,
    dass ich dir "Ich liebe dich" sagen soll
    "Ich hasse dich"
    Ist alles, was ich jetzt sagen kann
    Aber ich liebe dich...


    (Felícia Marques aus Odivelas, Portugal, Deutsche Schule Lissabon, Jahrgangsstufe 10, Muttersprache: portugiesisch)