Donnerstag, 28. März 2024


Die lyrix-Gewinner im November

Im November wollten wir von euch wissen, was euer Bauch zu euch spricht und ob ihr auf euren Bauch hört. Hier sind die fünf Gewinergedichte zum Leitmotiv "Bauchgefühl".

10.12.2008
    Den Ratschlag "Hör auf deinen Bauch" hat jeder schon gehört. Doch der Bauch kann sich in den unterschiedlichsten Situationen äußern und sich aus verschiedensten Gründen regen. Ihr habt uns viele Gedichte gesendet, häufig wurde darin das Bauchgefühl durch fliegende Schmetterlinge und einem Kribbeln aus Liebe ausgelöst. Doch nicht immer war das Gefühl von Freude begleitet, oft war es schmerzhaft, weil die Liebe verloren war oder nicht erwidert wurde. Euer Bauchgefühl meldete sich in euren Gedichten aber auch bei Wut im Bauch, bei Aufregung, bei Freude oder bei dunklen Vorahnungen.

    Hier sind die Namen der November-Gewinner und -Gewinnerinnen, deren Bauchgefühl die Jury überzeugt hat. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch!

    Im Dezember lautet das lyrix-Leitmotiv übrigens: "Die Macht der Medien"


    Bauchfreiheit

    zensur
    für das gefühl ?
    man glaubt
    an seinen Kopf,
    der träume entbehrt.
    An die Kraft,
    die aufrecht gehen lässt,
    die Disziplin,
    den Anstand im Kopf,
    die unterkühlte Stirn
    - denn heute fühlt
    man nicht mehr.

    einbahnstraße für die träume
    pressefreiheit ? abgeschafft;
    man funktioniert,
    reflektiert,
    ignoriert
    die wut ?
    wozu hat man
    seine leber?


    Daniel Hektor aus Augsburg, Gymnasium bei St. Anna, Augsburg, Jahrgangsstufe 10, Muttersprache Deutsch


    bauchgefühl

    eintauchen in welten
    rosagefärbt

    das unendlich weite
    gefühlsreich fangen

    als ich dich sah

    umdrehungen
    wie auf einem kinderkarussel
    mit rosafarbenen
    antikpferdchen

    gedanken an
    alles und nichts
    taumeln ekstasiert
    während jeder ewig
    scheinenden sekunde

    wenn ich dich sah


    Lisa-Marie Kuich aus Schnaittach, Christoph-Jacob-Treu Gymnasium Lauf a. d. Peg., Jahrgangsstufe 12, Muttersprache Deutsch


    Herz verloren

    Bei deinem Anblick
    fährt mein Herz Aufzug
    tief hinunter in den Magen.

    Doch wie wild wehrt es sich
    gegen diesen Ort
    versucht laut pochend,
    zurück zu kommen.

    Wie wild auch wehrt sich
    mein Magen gegen diesen Inhalt
    der so ungewohnt
    sprudelnd,
    kochend,
    unruhig
    sich ausbreitet,
    allumfassend ist;
    herausdrängt,
    doch von der Zunge,
    der rationalen,
    zurückgehalten wird.

    Wie ein Schlag in die Bauchgegend
    nimmt der Blick
    in deine Teddybären-Augen
    mir den Atem
    lässt mich sprachlos,
    fassungslos,
    stumm
    hinter dir herblicken.

    Am Ende bleibt
    ein bitterer Geschmack im Mund.
    Für diesmal
    hat die Magensäure gesiegt
    und das Herz verdaut.


    Christina Lotter aus Bamberg, Franz-Ludwig-Gymnasium Bamberg, Jahrgangsstufe 13, Muttersprache Deutsch


    Ehrliche Wut

    Wenn nach außen schöne Fassade glänzt,
    Tatsächlich aber die Ehrlichkeit schwänzt,
    Dann spür ich sie gut,
    Meine Wut.

    Wenn dein Mund, das was er spricht,
    Nicht widerspiegelt im Gesicht,
    Dann steigt sie auf wie Rauch,
    Meine Wut im Bauch.

    Wenn Werte sich nur rhetorisch gut machen,
    Und mir gefriert im Bauch schon das Lachen,
    Dann hilft nur noch Mut
    Gegen die Wut.

    Dann möcht’ ich mich gegen lügende Münder verwahren,
    keine rhetorischen Werte erfahren,
    keine Fassade nur schön verputzt
    Und kein Lachen, schon zehn Mal benutzt.


    Kathrin Schiffer aus Düsseldorf, St. Ursula Gymnasium, Jahrgangsstufe 8, Muttersprache Deutsch


    Anorexia

    Kalt wie eine Eiskönigin
    Ehrfurcht gebietend, durch Disziplin
    Geliebte verneign sich voller Scham
    Das Bauchgefühl als mein Untertan

    Nur der Kopf ist Träger der Krone
    komplette Kontrolle, Stolz durch Verzicht
    sie sind das blutige Blau und die Wonne,
    die meinen Eiskristallkörper durchmisst

    Stechender Schmerz im knurrenden Magen
    pusht mich auf den höchsten Königsthron
    Der Bauch stellt mir animalische Fragen
    und frisst nun eiskalten Schnee als Lohn

    Hart ist meine Welt, doch härter ist's draußen
    drum schließ ich mich ein in meinem Palast
    Ihr habt keine Ahnung von Schönheit, Banausen!
    Eiskalt bis zum Ende, egal was ihr macht


    Arina Vogelbacher aus Waghäusel, Copernicus-Gymnasium Philippsburg, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache Deutsch