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Die Macht der Kurve

Die Macht der Kurve. Dieses Thema wird den deutschen Fußball durch das Jahrzehnt begleiten. Und vermutlich spürt kein Verein diese Macht so sehr wie der FC Hansa. Der Rostocker Zweitligist muss im Hinspiel der Relegation um den Klassenerhalt am Freitag in Ingolstadt auf seine Fans verzichten, zudem muss er 35.000 Euro Strafe zahlen.

Von Ronny Blaschke |
    Es sind die Konsequenzen eines beängstigenden Feuerwerks. Rostocker Fans hatten am Sonntag während des letzten Saisonspiels in Düsseldorf Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geworfen und damit unter anderem ihren eigenen Torwart verletzt. In der Nacht vor der 1:3-Niederlage war es zu Ausschreitungen von Rostockern gekommen. 159 Personen wurden festgenommen.

    Könnten die eigenen Fans den FC Hansa in die Drittklassigkeit stürzen? Ein Teil der Rostocker Anhänger verdeutlicht, dass eine dauerhafte Befriedung auf Jahre hinaus unmöglich ist, ganz gleich, wie drastisch die Strafen ausfallen. Als die Feuerwerkskörper explodierten, klatschten Hunderte in der Rostocker Kurve. Außerdem zeigt sich, wie Missmanagement jene Auswüchse begünstigen kann. Am vergangenen Mittwoch hatte die Rostocker Polizeidirektion zu einer Tagung gegen Gewalt geladen. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister erschien, ebenso wie Rostocks Senator für Inneres - Hansa schickte zur Diskussion nur seinen Pressesprecher. Innenminister Lorenz Caffier kritsierte am Montag das Verhalten des Klubs scharf. Sind die Funktionäre unfähig für eine zufriedenstellende Kommunikation oder muss ein verschuldeter Fußballklub zwangsläufig überfordert sein mit dieser Dimension?

    Seit Jahren beeinflussen Rostocker Fans die Politik des Vereins, daran haben auch personengebundene Tickets oder das erzwungene Fernbleiben eigener Fans beim Spiel in St. Pauli nichts geändert. Anhänger hatten 2007 durch Demonstrationen versucht, den Verkauf der Stadion-Namensrechte zu verhindern. Anhänger haben 2009 den Sicherheitsbeauftragten durch Stimmungsboykott zum Rücktritt gedrängt. Ist der Klub erpressbar geworden?

    Der FC Hansa will die Kommunikation mit seinen Fans zurückfahren und sich Beratung von außen suchen. Ein sozialpädagogisches Fanprojekt, das sich um Gewalt- und Extremismusprävention kümmert, nahm seine Arbeit 2007 auf. Seit Anfang der 90er-Jahre war die Finanzierung immer wieder an Kommune oder Land gescheitert. Es wird Jahre dauern, um diese Zeit aufzuholen. Eine Zeit, die Rostock den Profifußball kosten könnte.