"Borroroola, etwa 900 Kilometer süd-östlich von Darwin. Wylie Colvin ist im Reich von "Gudanji", der Regenbogenschlange. Barfuß, in löchrigen Jeans und sein schneeweißes Haar unter einem suppenschüsselgroßen Hut verborgen, erzählt der 80-jährige Aborigine aus der Traumzeit. Als die Regenbogenschlange Wirbelstürme, Ozeane und Flussläufe schuf bevor sie selbst zu Wasser wurde: Zu dem Fluss der heute Macarthur River heißt und sich durch das hügelige Buschland Nordaustraliens windet."
"An der Biegung des Flusses haben schon Wylies Urahnen gefischt, hier hat er seinen Kindern und Enkelkindern das Schwimmen beigebracht. Doch da, wo heute noch Schildkröten, Fischschwärme und Seekühe ungestört in den Mangroven leben, werden bald gigantische Schaufelbagger buchstäblich Berge versetzen."
"Flussabwärts liegt eine der weltgrößten Zink- und Bleiminen. Sie soll vergrößert und auf Tagebau umgestellt werden, aber der Macarthur River ist im Weg: Die wertvollsten Vorkommen liegen unter dem Wasserlauf. Doch Brian Hearne, der Chef der Mine, hat eine Lösung. Warum nicht den Fluss auf einer Strecke von fünf Kilometern einfach umleiten ?
Die Mine wäre nicht mehr profitabel, wenn wir weiter nur unter Tage fördern würden. Der Fluss ist dem Fortschritt einfach im Weg. Wir werden einen Kanal um die Mine herumbauen, eine Menge Bäume pflanzen und dafür sorgen, dass
das Leben hier weitergeht wie bisher."
Die Regierung im Nordterritorium hat den Plänen der ausländischen Minenbetreiber zugestimmt. Naturschützer sind entsetzt. "Das ist Öko-Harakiri", wettert Stuart Blanch vom australischen Umweltbüro. Jedes Jahr, zur Regenzeit, tritt der Macarthur River über seine Ufer. Ein Überfluten der ausgebauten Mine genüge - und die Tier- und Pflanzenwelt der ganzen Gegend wäre vergiftet.
"Damit betreten wir gefährliches Neuland. Nie zuvor wurde in Australien das Umleiten eines Flusses genehmigt - schon gar nicht wenn die Gefahr besteht, dass er dadurch mit Schwermetallen verseucht wird. Die Aussicht auf enorme Profite macht die Politiker blind. Sie gefährden unzählige Arten, die für Fischer und die Ureinwohner lebenswichtig sind - und die Touristen zu uns locken."
Vier Ureinwohnerstämme, die entlang des Macarthur-Flusses leben, zogen gegen den Ausbau der Mine vor Gericht, doch ihre Klage wurde abgewiesen. Die bergbaufreundliche Regierung Nordaustraliens bekam recht. In sechs Monaten muss der Aborigine Jacob Lansen hilflos mitansehen wie bei der Umleitung des Macarthur Rivers Gudanji, der legendären Regenbogenschlange, der Schwanz abgeschnitten wird.
"Wir haben alles verloren. Es gibt nichts mehr für das wir kämpfen könnten. Wir sind Opfer des Rohstoff-Booms. Für uns gibt es hier keine Zukunft mehr. Die hat man unserem Stamm genommen."
Seit den Neunzigern erlebt Australien sein Wirtschaftswunder. 15 Jahre ungebremstes Wachstum, dank einer weltweiten, unersättlichen Nachfrage nach Rohstoffen. Kohle, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Uran - Milliardengewinne, die nur ausgegraben werden müssen. Doch das schnelle Geld heiligt immer öfter die Mittel: Vorschriften werden umgangen, Umweltauflagen ignoriert und die Bedenken von Ureinwohnern nicht ernst genommen.
Robin Bhar vom Bergbauverband gibt offen zu, dass zehntausende Arbeitsplätze und Australiens Ruf als der verlässlichste Steinbruch der Welt vielen Unternehmen wichtiger sind.
"Es wäre töricht großen, internationalen Rohstoff-Unternehmen das Leben in Australien unnötig schwer zu machen. Wir operieren in einem globalen Markt. Wenn diese Bergbaukonzerne hier nicht mehr fördern können, dann gehen sie eben nach Südafrika oder Afrika. Das, was sie wollen gibt es auch woanders.
Am Macarthur River zerstört Australiens Rohstoff-Boom ein Stück unberührte Natur, in Mount Isa macht er die Menschen krank. Die 21.000 Einwohner der Minenstadt im Hinterland von Brisbane sitzen auf einer wahren Goldgrube: Auf gewaltigen Adern voller Zink, Kupfer, Silber und Blei. Jetzt aber fürchten die Anwohner, dass die Bodenschätze, die Mt Isa reich gemacht haben, ihre Kinder vergiften."
Bonnie Hare macht sich Sorgen. Sie kam Ende der Neunziger nach Mt Isa, in den Minen verdiente ihr Mann Steve, ein Ingenieur, viermal mehr als in Sydney. Ihre sechsjährige Tochter Stella ist in Mt Isa geboren. Doch Stella tut sich schwer in der Schule, sie hat Sprachstörungen und Schwierigkeiten sich zu konzentrieren. Und sie ist nicht alleine. Tests haben ergeben: Hunderte Kinder in Mt Isa haben zu viel Blei im Blut. Manchmal zehnmal mehr als sie sollten. Dazu wurden bei Stella alarmierend hohe Spuren zehn weiterer Schwermetalle gefunden - darunter Arsen und Kadmium.
"Die Kinder sind krank. Das muss aufhören. Für uns Eltern ist das alles wie ein Alptraum, aus dem man nicht aufwachen kann. Alles, was meine Tochter in ihrem Körper hat, ist das, was sie aus den Minen holen."
Die Mine in Mt Isa gehört dem anglo-schweizerischen Rohstoff-Riesen Xstrata. Jede Minute macht der Konzern dort fast 2000 Euro Gewinn. Doch die Mine ist auch Australiens größte Blei-Dreckschleuder. Immer mehr Arbeiterfamilien ziehen deshalb weg aus Mt Isa, ihrer Kinder wegen. Sie fordern strengere Umweltauflagen für Xstrata. Chris Natt, der zuständige, staatliche Bergbauminister wollte davon nichts wissen. Er genehmigte einen Ausbau der Mine.
"Der Bergbau ist nun einmal das Rückgrat unserer Wirtschaft, ein Großteil der Einnahmen kommen aus den Minen. Solange der Boom anhält sollten wir uns davon eine Scheibe abschneiden. Das gibt Arbeit und Geld für Großprojekte. Deshalb müssen wir als Regierung den Bergbau auch weiter unterstützen.
Alles Gute kommt von unten: Je mehr Bodenschätze in Australien gefördert werden, behaupten Kritiker, desto mehr verkaufe das Land auch seine Seele. Die Macht der Minenkonzerne wird immer größer. Aber eine ungebremst boomende Rohstoff-Industrie um jeden Preis könnte Australiens gutem Ruf auf lange Sicht teuer zu stehen kommen."
"An der Biegung des Flusses haben schon Wylies Urahnen gefischt, hier hat er seinen Kindern und Enkelkindern das Schwimmen beigebracht. Doch da, wo heute noch Schildkröten, Fischschwärme und Seekühe ungestört in den Mangroven leben, werden bald gigantische Schaufelbagger buchstäblich Berge versetzen."
"Flussabwärts liegt eine der weltgrößten Zink- und Bleiminen. Sie soll vergrößert und auf Tagebau umgestellt werden, aber der Macarthur River ist im Weg: Die wertvollsten Vorkommen liegen unter dem Wasserlauf. Doch Brian Hearne, der Chef der Mine, hat eine Lösung. Warum nicht den Fluss auf einer Strecke von fünf Kilometern einfach umleiten ?
Die Mine wäre nicht mehr profitabel, wenn wir weiter nur unter Tage fördern würden. Der Fluss ist dem Fortschritt einfach im Weg. Wir werden einen Kanal um die Mine herumbauen, eine Menge Bäume pflanzen und dafür sorgen, dass
das Leben hier weitergeht wie bisher."
Die Regierung im Nordterritorium hat den Plänen der ausländischen Minenbetreiber zugestimmt. Naturschützer sind entsetzt. "Das ist Öko-Harakiri", wettert Stuart Blanch vom australischen Umweltbüro. Jedes Jahr, zur Regenzeit, tritt der Macarthur River über seine Ufer. Ein Überfluten der ausgebauten Mine genüge - und die Tier- und Pflanzenwelt der ganzen Gegend wäre vergiftet.
"Damit betreten wir gefährliches Neuland. Nie zuvor wurde in Australien das Umleiten eines Flusses genehmigt - schon gar nicht wenn die Gefahr besteht, dass er dadurch mit Schwermetallen verseucht wird. Die Aussicht auf enorme Profite macht die Politiker blind. Sie gefährden unzählige Arten, die für Fischer und die Ureinwohner lebenswichtig sind - und die Touristen zu uns locken."
Vier Ureinwohnerstämme, die entlang des Macarthur-Flusses leben, zogen gegen den Ausbau der Mine vor Gericht, doch ihre Klage wurde abgewiesen. Die bergbaufreundliche Regierung Nordaustraliens bekam recht. In sechs Monaten muss der Aborigine Jacob Lansen hilflos mitansehen wie bei der Umleitung des Macarthur Rivers Gudanji, der legendären Regenbogenschlange, der Schwanz abgeschnitten wird.
"Wir haben alles verloren. Es gibt nichts mehr für das wir kämpfen könnten. Wir sind Opfer des Rohstoff-Booms. Für uns gibt es hier keine Zukunft mehr. Die hat man unserem Stamm genommen."
Seit den Neunzigern erlebt Australien sein Wirtschaftswunder. 15 Jahre ungebremstes Wachstum, dank einer weltweiten, unersättlichen Nachfrage nach Rohstoffen. Kohle, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Uran - Milliardengewinne, die nur ausgegraben werden müssen. Doch das schnelle Geld heiligt immer öfter die Mittel: Vorschriften werden umgangen, Umweltauflagen ignoriert und die Bedenken von Ureinwohnern nicht ernst genommen.
Robin Bhar vom Bergbauverband gibt offen zu, dass zehntausende Arbeitsplätze und Australiens Ruf als der verlässlichste Steinbruch der Welt vielen Unternehmen wichtiger sind.
"Es wäre töricht großen, internationalen Rohstoff-Unternehmen das Leben in Australien unnötig schwer zu machen. Wir operieren in einem globalen Markt. Wenn diese Bergbaukonzerne hier nicht mehr fördern können, dann gehen sie eben nach Südafrika oder Afrika. Das, was sie wollen gibt es auch woanders.
Am Macarthur River zerstört Australiens Rohstoff-Boom ein Stück unberührte Natur, in Mount Isa macht er die Menschen krank. Die 21.000 Einwohner der Minenstadt im Hinterland von Brisbane sitzen auf einer wahren Goldgrube: Auf gewaltigen Adern voller Zink, Kupfer, Silber und Blei. Jetzt aber fürchten die Anwohner, dass die Bodenschätze, die Mt Isa reich gemacht haben, ihre Kinder vergiften."
Bonnie Hare macht sich Sorgen. Sie kam Ende der Neunziger nach Mt Isa, in den Minen verdiente ihr Mann Steve, ein Ingenieur, viermal mehr als in Sydney. Ihre sechsjährige Tochter Stella ist in Mt Isa geboren. Doch Stella tut sich schwer in der Schule, sie hat Sprachstörungen und Schwierigkeiten sich zu konzentrieren. Und sie ist nicht alleine. Tests haben ergeben: Hunderte Kinder in Mt Isa haben zu viel Blei im Blut. Manchmal zehnmal mehr als sie sollten. Dazu wurden bei Stella alarmierend hohe Spuren zehn weiterer Schwermetalle gefunden - darunter Arsen und Kadmium.
"Die Kinder sind krank. Das muss aufhören. Für uns Eltern ist das alles wie ein Alptraum, aus dem man nicht aufwachen kann. Alles, was meine Tochter in ihrem Körper hat, ist das, was sie aus den Minen holen."
Die Mine in Mt Isa gehört dem anglo-schweizerischen Rohstoff-Riesen Xstrata. Jede Minute macht der Konzern dort fast 2000 Euro Gewinn. Doch die Mine ist auch Australiens größte Blei-Dreckschleuder. Immer mehr Arbeiterfamilien ziehen deshalb weg aus Mt Isa, ihrer Kinder wegen. Sie fordern strengere Umweltauflagen für Xstrata. Chris Natt, der zuständige, staatliche Bergbauminister wollte davon nichts wissen. Er genehmigte einen Ausbau der Mine.
"Der Bergbau ist nun einmal das Rückgrat unserer Wirtschaft, ein Großteil der Einnahmen kommen aus den Minen. Solange der Boom anhält sollten wir uns davon eine Scheibe abschneiden. Das gibt Arbeit und Geld für Großprojekte. Deshalb müssen wir als Regierung den Bergbau auch weiter unterstützen.
Alles Gute kommt von unten: Je mehr Bodenschätze in Australien gefördert werden, behaupten Kritiker, desto mehr verkaufe das Land auch seine Seele. Die Macht der Minenkonzerne wird immer größer. Aber eine ungebremst boomende Rohstoff-Industrie um jeden Preis könnte Australiens gutem Ruf auf lange Sicht teuer zu stehen kommen."