"Es spricht Amun-Re, der Herr des Himmels: Ich habe meiner Tochter das Königtum der Beiden Länder und das Amt des Attum gegeben, so wie sie liebt, möge sie leben."
Inschrift auf einem Obelisken im Tempel von Karnak.
"Als Hatschepsut auf die Welt kam, war ein großes, mächtiges ägyptisches Reich im östlichen Mittelmeerraum etabliert, und sie konnte sich ins gemachte Nest setzen und ihre Politik in andere Richtungen, in andere Themengebiete vorantreiben."
Privatdozent Doktor Martin Stadler, Ägyptologe, Universität Würzburg. Königinnen hatten wie die Könige in ihrem Amt eine Art göttliche Stellung. Marianne Schnittger, Archäologin und Autorin.
"Sie gehörten dem göttlichen Bereich an. Das sieht man vor allem an den Insignien, die sie tragen. Sie tragen den göttlichen Uräus, das ist die aufgerichtete Kobra, die ist am Diadem, an der Krone oder an der Haube befestigt und soll dem König Schutz gewähren und sie entleihen den Göttern auch Kopfputz, zum Beispiel die Falkenfedern des Gottes Amun oder die ganze Geierhaube der Göttin Nechbet oder die Kuhhörner der Göttin Hartur."
Sie ist eine der schillernsten Königinnen des Alten Ägypten: Hatschepsut. Um ihre Geburt um 1500 vor Christus rankt sich der Mythos, der auch der christlichen Weihnachtsgeschichte zugrunde liegt - und zwar ist es ein Mythos, bei dem der höchste Gott, also in diesem Fall Amun-Re, beschließt, einen Thronfolger zu zeugen. Das tut er mit der noch regierenden Königin, praktischerweise eine Jungfrau, da der ihr angetraute König noch ein Kleinkind ist. So stellt der Mythos sicher, dass es sich bei dem Thronfolger um einen Gottessohn handelt.
"Dieser Geburtsmythos hat dann eine ganz bemerkenswerte Entwicklung. Er wird von fast allen nachfolgenden Königen auch erzählt und geht dann bis in die ptolomäisch-römische Zeit, also da sind wir dann schon im 4. Jahrhundert bis in die ersten Jahrhunderte nach Christus."
Ägypten ist ein reiches Land. Zwar gibt es auch Hungersnöte durch Misswirtschaft und trockene Sommer, aber im allgemeinen haben die Menschen genug zum Leben.
"Die Menschen lebten, das ist eigentlich durchgängig durch die gesamte ägyptische Geschichte so, vor allen Dingen bäuerlich. Die Grundlage der ägyptischen Wirtschaft war die Landwirtschaft. Die Fellachen, deren Lebensweise man sogar bis heute noch beobachten kann, das hängt ab von der Bewässerung. Die Menschen waren abhängig von den Nilfluten, der den frischen Schlamm und Morast über die Äcker breitete, und das war, was im wesentlichen das bäuerliche Jahr regelte und davon hingen die Bauern ab. Sie lebten sehr einfach, aber doch ohne größere Hungersnöte zu leiden, wenn der Zentralstaat funktionierte."
Damals wie auch heute gilt, wer es schafft, als Beamter unterzukommen, ist ein gemachter Mann:
"Die Beamtenelite lebte natürlich anders. Es gibt auch Texte, in denen dann berichtet wird, dass man möglichst versuchen soll, ein fleißiger Schüler zu sein und schreiben zu lernen - und nicht dann ein Bauer werden zu müssen, weil der Bauer ja schließlich im Schweiße seines Angesichts arbeiten muss. Es gab hier auch schon gewisse Tendenzen zu sagen, ich möchte Beamter werden, da habe ich ein bequemeres Leben."
Wie die Königstochter Hatschepsut in diesem Wüstenstaat aufwuchs, ist nicht überliefert. Sie heiratet - wie in den ägyptischen Herrscherdynastien üblich - ihren Halbbruder Tutmoses II.
"Sie hatte keinen Sohn, und Tutmoses II., vor seinem frühen Tod, zeugte noch einen Sohn, den späteren Tutmoses III. Und der muss noch sehr, sehr klein gewesen sein, man schätzt vielleicht zwei, drei Jahre. Und da sie wahrscheinlich schon während der Regierungszeit von Tutmoses II., ihrem Brudergemahl, sich eingeschaltet hatte in die Regierungsgeschäfte, war es klar, dass sie Regentin wurde, obwohl sie nicht die Mutter dieses Kindes war. Sie hat dann, und das ist eben das ganz, ganz neue, plötzlich beschlossen, sie wartet nicht ab, bis Tutmoses III. volljährig ist, und tritt dann ab, sondern sie hat im Regierungsjahr zwei Tutmoses III. und ihres eigenen oder im Regierungsjahr sieben, das weiß man nicht genau, sich zusätzlich krönen lassen."
"Ich habe dir gegeben die Jahre der Ewigkeit, indem du erschienen bist in der Königsherrschaft über die Beiden Länder wie Re."
Karnak, Rote Kapelle, Sanktuar, Südwand.
"Und jetzt gab es eine ganz ungewöhnliche Situation: Man hatte zwei Könige nebeneinander. Und man kann natürlich davon ausgehen, dass sie, bis Tutmoses III. volljährig war, allein regiert hat, aber wie dann die Aufteilung war, das können wir nur raten."
Tutmoses III. ging als erfolgreicher Kriegsherr mit 17 Feldzügen in dem vorderasiatischen Gebiet in die Geschichte ein. Es könnte sein, dass sie ihm später das Militär überließ und sie im Innern das Land regierte.
"Hatschepsut war außerordentlich aktiv. Und entgegen früherer Einschätzung war sie nicht nur die reine Friedensfürstin. Sie hat tatsächlich auch Kriege geführt und vor allem im nubischen Raum einen Feldzug vielleicht sogar selbst geleitet. Es blieb aber die Grenzen weitgehend ruhig dank der erfolgreichen Feldzüge ihres Vaters Tutmoses I. und sie konnte sich anderen Dingen widmen, zum Ruhm, wie sie immer wieder betont, ihres Gottes Amun: So die Handelsbeziehungen ausbauen, vor allem ein gigantisches Bauprogramm durchziehen. Ihr immer wieder betontes Ziel war es, Tempel für ihren Gott Amun zu errichten, und das hat sie nicht nur in Karnak sondern auch im übrigen Ägypten getan."
Hatte bislang nur der gottähnliche König Zugang zum Tempel und Kultbild des Gottes Amun - selbst Priester handelten nur als Vertreter - brachte sie den Gott zu dem einfachen Volk.
"Sie ließ eine Kultstatur des Gottes Amun auf einer von Priestern getragenen Prozessionsbarke aus dem Tempel hinausbringen und das Volk an den festlichen Prozessionen teilhaben. Wir begegnen einem ähnlichen Gedanken heute noch im Fronleichnamszug."
Ihre Darstellung ändert sich: Während sie zu Beginn ihrer Regentschaft noch als Frau im Kleid mit Königsinsignien gezeigt wird, erscheint sie später als Mann.
" Im wesentlichen geht es offenbar darum, eine ungewöhnliche Situation für das ägyptische Weltbild..."
...nämlich die Selbstinthronisierung…
"...soweit wie möglich normal darstellen zu lassen."
Über ihren Tod war bis Juni 2007 wenig bekannt. Schon Howard Carter hatte das Grab ihrer Amme entdeckt, dem zweiten Skelett daneben aber wenig Bedeutung beigemessen. Erst eine DNA-Analyse vor einem Jahr brachte dann die Gewissheit, der zweite Leichnam in dem Grab ist der ihre.
"Nach dem derzeitigen Stand scheint es so zu sein: Hatschepsut stirbt nach 22 Jahren Regierung. Damit bleibt Tutmoses III. übrig. Erst 20 Jahre nach diesem Ereignis, nach dem Tode Hatschepsut, scheint es so zu sein, dass die Auslöschung ihres Namens begonnen hat. Es ist natürlich sehr rätselhaft, warum erst 20 Jahre, nachdem Hatschepsut schon tot war, dann plötzlich ihr Name ausgelöscht werden soll."
Die älteste, sehr romanhafte These, unterstellt einen Rachefeldzug Tutmoses III. Das gilt heute als unwahrscheinlich, da Tutmoses als Leiter des Militärs schon wesentlich früher hätte eingreifen können. Heute vermuten die Forscher, dass dynastische Überlegungen eine Rolle spielten, zum Beispiel ob noch weitere Familienmitglieder aus der Familie der Hatschepsut den Thron hätten anstreben können.
Unbestreitbar bleibt: Zu Lebzeiten dieser großen Königin blieb Tutmodes III. nur eine Nebenrolle. Heute wird sie von der Wissenschaft beurteilt…
"...als eine Frau, die als einzige 22 Jahre als König regiert hat und das erfolgreich. Ich glaube, es gibt keine Konkurrenz für sie."
Marianne Schnittger: Hatschepsut. Eine Frau als König von Ägypten
Philipp von Zabern, Mainz 2008, 29,90 Euro
Inschrift auf einem Obelisken im Tempel von Karnak.
"Als Hatschepsut auf die Welt kam, war ein großes, mächtiges ägyptisches Reich im östlichen Mittelmeerraum etabliert, und sie konnte sich ins gemachte Nest setzen und ihre Politik in andere Richtungen, in andere Themengebiete vorantreiben."
Privatdozent Doktor Martin Stadler, Ägyptologe, Universität Würzburg. Königinnen hatten wie die Könige in ihrem Amt eine Art göttliche Stellung. Marianne Schnittger, Archäologin und Autorin.
"Sie gehörten dem göttlichen Bereich an. Das sieht man vor allem an den Insignien, die sie tragen. Sie tragen den göttlichen Uräus, das ist die aufgerichtete Kobra, die ist am Diadem, an der Krone oder an der Haube befestigt und soll dem König Schutz gewähren und sie entleihen den Göttern auch Kopfputz, zum Beispiel die Falkenfedern des Gottes Amun oder die ganze Geierhaube der Göttin Nechbet oder die Kuhhörner der Göttin Hartur."
Sie ist eine der schillernsten Königinnen des Alten Ägypten: Hatschepsut. Um ihre Geburt um 1500 vor Christus rankt sich der Mythos, der auch der christlichen Weihnachtsgeschichte zugrunde liegt - und zwar ist es ein Mythos, bei dem der höchste Gott, also in diesem Fall Amun-Re, beschließt, einen Thronfolger zu zeugen. Das tut er mit der noch regierenden Königin, praktischerweise eine Jungfrau, da der ihr angetraute König noch ein Kleinkind ist. So stellt der Mythos sicher, dass es sich bei dem Thronfolger um einen Gottessohn handelt.
"Dieser Geburtsmythos hat dann eine ganz bemerkenswerte Entwicklung. Er wird von fast allen nachfolgenden Königen auch erzählt und geht dann bis in die ptolomäisch-römische Zeit, also da sind wir dann schon im 4. Jahrhundert bis in die ersten Jahrhunderte nach Christus."
Ägypten ist ein reiches Land. Zwar gibt es auch Hungersnöte durch Misswirtschaft und trockene Sommer, aber im allgemeinen haben die Menschen genug zum Leben.
"Die Menschen lebten, das ist eigentlich durchgängig durch die gesamte ägyptische Geschichte so, vor allen Dingen bäuerlich. Die Grundlage der ägyptischen Wirtschaft war die Landwirtschaft. Die Fellachen, deren Lebensweise man sogar bis heute noch beobachten kann, das hängt ab von der Bewässerung. Die Menschen waren abhängig von den Nilfluten, der den frischen Schlamm und Morast über die Äcker breitete, und das war, was im wesentlichen das bäuerliche Jahr regelte und davon hingen die Bauern ab. Sie lebten sehr einfach, aber doch ohne größere Hungersnöte zu leiden, wenn der Zentralstaat funktionierte."
Damals wie auch heute gilt, wer es schafft, als Beamter unterzukommen, ist ein gemachter Mann:
"Die Beamtenelite lebte natürlich anders. Es gibt auch Texte, in denen dann berichtet wird, dass man möglichst versuchen soll, ein fleißiger Schüler zu sein und schreiben zu lernen - und nicht dann ein Bauer werden zu müssen, weil der Bauer ja schließlich im Schweiße seines Angesichts arbeiten muss. Es gab hier auch schon gewisse Tendenzen zu sagen, ich möchte Beamter werden, da habe ich ein bequemeres Leben."
Wie die Königstochter Hatschepsut in diesem Wüstenstaat aufwuchs, ist nicht überliefert. Sie heiratet - wie in den ägyptischen Herrscherdynastien üblich - ihren Halbbruder Tutmoses II.
"Sie hatte keinen Sohn, und Tutmoses II., vor seinem frühen Tod, zeugte noch einen Sohn, den späteren Tutmoses III. Und der muss noch sehr, sehr klein gewesen sein, man schätzt vielleicht zwei, drei Jahre. Und da sie wahrscheinlich schon während der Regierungszeit von Tutmoses II., ihrem Brudergemahl, sich eingeschaltet hatte in die Regierungsgeschäfte, war es klar, dass sie Regentin wurde, obwohl sie nicht die Mutter dieses Kindes war. Sie hat dann, und das ist eben das ganz, ganz neue, plötzlich beschlossen, sie wartet nicht ab, bis Tutmoses III. volljährig ist, und tritt dann ab, sondern sie hat im Regierungsjahr zwei Tutmoses III. und ihres eigenen oder im Regierungsjahr sieben, das weiß man nicht genau, sich zusätzlich krönen lassen."
"Ich habe dir gegeben die Jahre der Ewigkeit, indem du erschienen bist in der Königsherrschaft über die Beiden Länder wie Re."
Karnak, Rote Kapelle, Sanktuar, Südwand.
"Und jetzt gab es eine ganz ungewöhnliche Situation: Man hatte zwei Könige nebeneinander. Und man kann natürlich davon ausgehen, dass sie, bis Tutmoses III. volljährig war, allein regiert hat, aber wie dann die Aufteilung war, das können wir nur raten."
Tutmoses III. ging als erfolgreicher Kriegsherr mit 17 Feldzügen in dem vorderasiatischen Gebiet in die Geschichte ein. Es könnte sein, dass sie ihm später das Militär überließ und sie im Innern das Land regierte.
"Hatschepsut war außerordentlich aktiv. Und entgegen früherer Einschätzung war sie nicht nur die reine Friedensfürstin. Sie hat tatsächlich auch Kriege geführt und vor allem im nubischen Raum einen Feldzug vielleicht sogar selbst geleitet. Es blieb aber die Grenzen weitgehend ruhig dank der erfolgreichen Feldzüge ihres Vaters Tutmoses I. und sie konnte sich anderen Dingen widmen, zum Ruhm, wie sie immer wieder betont, ihres Gottes Amun: So die Handelsbeziehungen ausbauen, vor allem ein gigantisches Bauprogramm durchziehen. Ihr immer wieder betontes Ziel war es, Tempel für ihren Gott Amun zu errichten, und das hat sie nicht nur in Karnak sondern auch im übrigen Ägypten getan."
Hatte bislang nur der gottähnliche König Zugang zum Tempel und Kultbild des Gottes Amun - selbst Priester handelten nur als Vertreter - brachte sie den Gott zu dem einfachen Volk.
"Sie ließ eine Kultstatur des Gottes Amun auf einer von Priestern getragenen Prozessionsbarke aus dem Tempel hinausbringen und das Volk an den festlichen Prozessionen teilhaben. Wir begegnen einem ähnlichen Gedanken heute noch im Fronleichnamszug."
Ihre Darstellung ändert sich: Während sie zu Beginn ihrer Regentschaft noch als Frau im Kleid mit Königsinsignien gezeigt wird, erscheint sie später als Mann.
" Im wesentlichen geht es offenbar darum, eine ungewöhnliche Situation für das ägyptische Weltbild..."
...nämlich die Selbstinthronisierung…
"...soweit wie möglich normal darstellen zu lassen."
Über ihren Tod war bis Juni 2007 wenig bekannt. Schon Howard Carter hatte das Grab ihrer Amme entdeckt, dem zweiten Skelett daneben aber wenig Bedeutung beigemessen. Erst eine DNA-Analyse vor einem Jahr brachte dann die Gewissheit, der zweite Leichnam in dem Grab ist der ihre.
"Nach dem derzeitigen Stand scheint es so zu sein: Hatschepsut stirbt nach 22 Jahren Regierung. Damit bleibt Tutmoses III. übrig. Erst 20 Jahre nach diesem Ereignis, nach dem Tode Hatschepsut, scheint es so zu sein, dass die Auslöschung ihres Namens begonnen hat. Es ist natürlich sehr rätselhaft, warum erst 20 Jahre, nachdem Hatschepsut schon tot war, dann plötzlich ihr Name ausgelöscht werden soll."
Die älteste, sehr romanhafte These, unterstellt einen Rachefeldzug Tutmoses III. Das gilt heute als unwahrscheinlich, da Tutmoses als Leiter des Militärs schon wesentlich früher hätte eingreifen können. Heute vermuten die Forscher, dass dynastische Überlegungen eine Rolle spielten, zum Beispiel ob noch weitere Familienmitglieder aus der Familie der Hatschepsut den Thron hätten anstreben können.
Unbestreitbar bleibt: Zu Lebzeiten dieser großen Königin blieb Tutmodes III. nur eine Nebenrolle. Heute wird sie von der Wissenschaft beurteilt…
"...als eine Frau, die als einzige 22 Jahre als König regiert hat und das erfolgreich. Ich glaube, es gibt keine Konkurrenz für sie."
Marianne Schnittger: Hatschepsut. Eine Frau als König von Ägypten
Philipp von Zabern, Mainz 2008, 29,90 Euro