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Die Marinade macht’s

Ernährungswissenschaft. – Grillfleisch ist schon mehrfach in die Diskussion geraten, weil durch das scharfe Anbraten krebserregende Stoffe entstehen sollen. Eine Stuttgarter Lebensmittelchemikerin hat jetzt herausgefunden, dass eine Gruppe dieser krebserregenden Stoffe durch Kräutermarinaden stark verringert wird.

Von Volker Mrasek |
    Wenn Chemiker ihre Substanzen und Lösungen im Erlenmeyer-Kolben zusammenschütten, dann kochen sie, wie sie sagen. Wenn Monika Gibis dagegen ihre Experimente durchführt, brät sie. In den Fluren hängt dann schwer der Duft von frisch zubereiteten Hamburgern. Die Lebensmittelchemikerin hat ein Faible für die braun gebrutzelten Rindfleisch-Taler. Ein wissenschaftliches Faible. Gibis:

    "Ein Hamburger besteht aus reinem Rindfleisch. Es ist entsehnt, bindegewebsarm, hat um die 20 Prozent Fett. Von den Untersuchungen her ist es eben halt das beste Produkt, weil es immer einheitlich ist. Es ist immer definiert. Wir nehmen eine Charge und können dann sehr genau eben halt Untersuchungen durchführen.""

    Monika Gibis brät ihre Hamburger in der Versuchsmetzgerei der Universität Hohenheim. Und was sie dabei herausgefunden hat, das taugt endlich einmal zu einer guten Nachricht zu Zeiten des Gammelfleisch-Skandals. Wenn man Hamburger mit einer Kräuter-Marinade bestreicht, bevor man sie brät, sind sie am Ende womöglich gesünder. Denn sie enthalten dann nicht mehr so viel von einer Stoffgruppe, die Experten als heterocyclische aromatische Amine kennen. Diese Substanzen haben sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen. Es besteht der Verdacht, dass sie auch beim Menschen so wirken. Und:

    "Wir nehmen praktisch diese Stoffe immer eigentlich zu uns, wenn wir gebratenen Fisch oder Fleisch verzehren. Die Gefahr besteht eigentlich darin, dass die Produkte überhitzt werden. Umso dunkler ein Produkt ist, desto mehr dieser Substanzen entstehen."

    Wird Fleisch erhitzt, dann reagieren darin enthaltene Zucker und Eiweißbestandteile miteinander. Lebensmittelchemiker sprechen von der Maillard-Reaktion. Sie sorgt für die Bräunung und das kräftige Aroma, die sich beim Braten oder Grillen einstellen. Doch lässt man das Fleisch zu lange in der Pfanne oder über der Holzkohle, dann entstehen die unerwünschten Amine. Von Gewürzen wusste Monika Gibis, dass sie zum Teil große Mengen Antioxidanzien enthalten. Das sind Natursubstanzen mit einer Schutzwirkung für den Körper. Sie sind imstande, schädliche Zellgifte zu neutralisieren. Vitamin E ist zum Beispiel ein solches Schutzmolekül. Monika Gibis malte sich jedenfalls aus, dass Gewürze auch im Kampf gegen die krebserregenden Amine von Nutzen sein könnten. Gibis:

    "Wir haben vor allen Dingen mit Rosmarin-Extrakt gearbeitet. Knoblauch. Dann haben wir Traubenkern-Extrakt eingesetzt. Hibiskus-Extrakt haben wir eingesetzt. Und was haben wir noch eingesetzt?""

    Bärlauch war auch noch dabei. Die Lebensmittelchemikerin bestrich die Hamburger von beiden Seiten mit den verschiedenen Gewürz-Extrakten und briet sie dann. Mit dem Ergebnis, ...

    "... dass eine deutliche Reduktion eintritt dieser heterozyklisch-aromatischen Amine. Also, wir haben halt dann eine Analyse durchgeführt und haben dann gesehen, dass wir fast bei allen Extrakten ähnliche Effekte hatten - bei haushaltsüblicher Zubereitung. Das heißt für uns: Die Produkte haben eine angenehme braune Farbe."

    Die marinierten Hamburger enthielten am Ende 50 bis 90 Prozent weniger Amine, verglichen mit den unbehandelten Proben. Gibis:

    "Man kann davon ableiten, dass bestimmte Gewürze einen wirklich positiven Einfluss auf den Gehalt der heterozyklisch-aromatischen Amine haben. Dass wir wirklich eine Abnahme dieser Substanzen haben. Und dadurch eine verminderte Aufnahme, eine verminderte Exposition gegenüber einer möglichen Krebsgefahr."

    Und auch das kann die Hohenheimer Lebensmittelchemikerin sagen: Die Rosmarin- und Bärlauch-Burger schmecken gar nicht mal so übel. Ein bisschen würziger natürlich. Aber durchaus gut, wie anschließende Verkostungen ergaben. Lediglich die Hibiskus-Marinade war ein bisschen sauer. Monika Gibis hält ihre Ergebnisse im Übrigen für übertragbar und rät Verbrauchern nun, auch andere Fleischprodukte zu marinieren:

    "Steaks oder so beim Grillen - Es ist sicher vorteilhaft, wenn sie mariniert sind."